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Marktübersicht IR-Kompaktkameras

Thermografie im Taschenformat

Professionelle Thermografiekameras lokalisieren Wärmebrücken an der Hausfassade oder im Dachbereich, potenzielle Schimmelstellen oder Lecks in der Gebäudehülle zuverlässig, kosten aber schnell mehrere tausend Euro. Thermografie-Kompaktkameras für Einsteiger machen die Wärmebildtechnik mit Preisen zwischen 250 und 2.500 Euro erschwinglicher, flexibler und mobiler. Aktuelle Modelle unterscheiden sich aber in vielen Details, wie dieser Vergleich zeigt.

Kompakt, mobil und einfach bedienbar

Neue Infrarot-Detektoren mit Abmessungen von nur wenigen Millimetern haben es möglich gemacht, dass die einst hochsensible und voluminöse Messtechnik inzwischen in ein streichholzschachtelgroßes Gehäuse passt. Auch die integrierte Optik wurde kompakter: Während in hochwertigen IR-Kameras große, schwere und teure Germanium-Linsen mit fokussierbarer Optik verbaut sind, verfügen IR-Kameras der Kompaktklasse meist nur über winzige Silizium-Objektive mit fester Brennweite. Letzteres erübrigt eine Fokussierung auf das Objekt, sodass man nur noch den Auslöseknopf drücken muss. Das suggeriert Einfachheit und erweitert das Spektrum potenzieller Zielgruppen.

Die meisten Anbieter handgeführter Wärmebildkameras listen deshalb mehrere ultrakompakte Modelle für die Hosen- oder Hemdentasche in ihrem Portfolio. Seek Thermal, Teledyne Flir, Testboy und andere offerieren beispielsweise Kompaktkameras für Einsteiger mit der Optik, Größe und Bedienung eines Outdoor-Smartphones. In Smartphones integrierte Wärmebilddetektoren, wie zum Beispiel von AGM Mobile, Blackview, Doogee oder Ulefone Mobile, verknüpfen Funktionen eines robusten Outdoor- oder Rugged-Smartphones mit einer Thermografiekamera.

Ein anderes Konzept verfolgen IR-Kameraaufsätze. Das sind IR-Kameras ohne Display, die für die Wärmebildanzeige ein Smartphone oder Tablet nutzen. Diese Kameraaufsätze von Fluke, Hikmicro, Teledyne Flir, Seek Thermal oder Testboy werden einfach mit einem Android- oder iOS-Mobilgerät verbunden und verwandeln es mit einer dazugehörigen App in eine nahezu vollwertige Wärmebildkamera.

Auf die inneren Werte kommt es an

Damit man bei dieser Vielzahl an unterschiedlichen Bauformen und Modellen nicht die Übersicht verliert, sollte man vor der Auswahl grundlegende Kameraparameter miteinander vergleichen. Dazu zählt zunächst die radiometrische Auflösung des Infrarotdetektors. Ähnlich wie bei einer konventionellen Digitalkamera gibt sie an, über wie viele Messpixel in X- und Y-Richtung der Detektor verfügt. Bei kompakten IR-Kameras für Einsteiger reicht die Auflösung von 160 × 120 bis 320 × 240 IR-Pixeln. Kameras mit geringerer Auflösung – zum Beispiel 80 × 60 IR-Pixel – sind nicht sinnvoll.

Ein weiterer wichtiger Kameraparameter ist das Sichtfeld. Dieser Wert gibt in vertikaler und horizontaler Richtung den Erfassungsbereich der mitgelieferten Optik an. Auch die geometrische Auflösung (IFOV, Instantaneous Field of View) entscheidet über die Bildqualität und ist abhängig vom Objektiv.

Weitere wichtige Größen sind der messbare Temperaturbereich, der im technischen Bereich zwischen minus 20 und plus 400 Grad Celsius und mehr liegen sollte sowie der sogenannte NETD-Wert (Noise Equivalent Temperature Difference). Er gibt als weiterer wichtiger Kameraparameter die thermische Empfindlichkeit und damit die kleinste Temperaturdifferenz an, die vom Infrarotdetektor erfasst werden kann. Sie liegt bei Einsteigerkameras zwischen 0,07 und 0,04 Kelvin. Je niedriger dieser Wert ist, desto geringer ist das sogenannte Bildrauschen, das die Bildqualität beeinträchtigt. Zu den Kameraeinstellmöglichkeiten sollten mindestens eine exakte Eingabe des materialabhängigen Wärmeabstrahl-Kennwerts (Emissionsgrad) und der reflektierten Umgebungstemperatur gehören. Die Kamera-
optik verfügt meist über eine feste Brennweite, eine Wechseloptik bietet keines der hier vorgestellten Modelle.

Beim Gehäuse sollte man neben den kompakten Abmessungen auf ein geringes Gewicht und „Baustellentauglichkeit“ achten. So sollte das Gehäuse mindestens über die Schutzklasse IP 54 verfügen (staub- und spritzwassergeschützt). Bei IR-Kameraaufsätzen sollte man bedenken, dass diese den Akku des Mobilgerätes schnell „leersaugen“ können. Zum Standardzubehör gehören ein Netzteil oder ein kombiniertes USB- und Ladekabel und ein Transportbehälter, meist eine Tasche. Achten sollte man auch darauf, welche integrierten Analysefunktionen die Kamera bietet und ob eine Analysesoftware für die Wärmebildauswertung und die Erstellung von Thermografieberichten mitgeliefert wird oder optional erhältlich ist.

Was IR-Kompaktkameras für Einsteiger können

Zu den wichtigsten Vorzügen im Vergleich zu Profimodellen zählen – neben dem erheblich geringeren Preis – die kompakten Abmessungen, das geringe Gewicht, die relativ unempfindliche Technik und die einfache Bedienung. Da man die Kameras schnell in die Hosen- oder Hemdentasche stecken, am Handgelenk oder um den Hals tragen kann, lassen sie sich praktisch immer und überallhin mitnehmen. Nützlich ist auch die Kombination von IR-Kamera- mit Smartphone- oder Tabletfunktionen, weil man damit die aufgenommenen Wärmebilder unmittelbar mit den entsprechenden Apps verarbeiten, auf einer Web-Plattform mit anderen teilen oder per E-Mail versenden kann. Die Detektorauflösungen liegen mindestens bei 160 × 120 IR-Pixeln, was einfache Anwendungen ermöglicht, etwa die Ortung von Wärmelecks oder Luftleckagen bei der Differenzdruckmessung (Blower-Door-Test).

Mit technischen Tricks und Zusatzfunktionen wie dem Resolution Enhancement oder der Überlagerung von visuellem Bild und IR-Aufnahme lassen sich bei einigen Modellen zusätzlich die IR-Auflösung, respektive der Bildkontrast und damit die Erkennbarkeit von Temperaturunterschieden und Objekten verbessern. Einige Modelle verfügen mit 320 × 240 IR-Pixeln und mehr über höhere Auflösungen auf, zum Beispiel Seek Shot Pro oder Trotec IC300, wie sie auch IR-Kameras aus der Mittelklasse aufweisen. In Verbindung mit NETD-Werten von 0,07 Kelvin und weniger sind diese Kameras auch für anspruchsvollere Anwendungen, Gutachten oder Expertisen einsetzbar.

Wo die Grenzen liegen

Die kompakten Abmessungen haben nicht nur Vorteile, sondern bringen auch Einschränkungen mit sich. Neben den schon erwähnten Abstrichen beim IR-Detektor und der Optik ist es beispielsweise auch das Display, das bei den meisten Kompaktkameras nicht dreh- und schwenkbar ist. Das erschwert Überkopf-Aufnahmen, Aufnahmen aus der Froschperspektive oder in unzugänglichen Ecken. Abhilfe schaffen lediglich optionale Kamerasticks, zum Beispiel bei Smartphones mit Wärmebildfunktion. Auch eine Wechseloptik, die Aufnahmen aus verschiedenen Entfernungen und mit unterschiedlichem Sichtfeld ermöglicht, sucht man in der Kompaktklasse vergeblich.

Die Qualität der integrierten visuellen Digitalkamera ist oft ein weiterer Schwachpunkt, sie liefert erst ab fünf Megapixeln halbwegs brauchbare Aufnahmen. Integrierte Messfunktionen zeigen ferner meist nur den Minimal- und Maximalwert der Temperatur an. Auch die Kameraeinstellungen beschränken sich beispielsweise auf die Korrektur des Emissionsgrads und der reflektierten Umgebungstemperatur.

In der Praxis hat all dies zur Folge, dass man mit IR-Kompaktkameras für Einsteiger zwar Temperaturunterschiede relativ gut erkennen und Temperaturen aus der Nähe messen kann. Sie eignen sich aber nicht, um aus der Distanz die Temperaturen kleiner Objekte präzise zu messen oder mit einer Aufnahme kleine Temperaturunterschiede zu erfassen. Dafür eignen sich nur höherpreisige IR-Kameras mit höheren geometrischen und thermischen Auflösungen, einer hochwertigen Kameraoptik, Wechselobjektiven und so weiter.

Problematisch ist vor allem, dass Einsteigerkameras suggerieren, die Thermografie sei ebenso einfach wie die Digitalfotografie. Das ist ein Trugschluss, denn fehlendes Know-how und unzureichendes Equipment führen schnell zu Messfehlern und Fehlschlüssen, die sich verheerend auswirken und teuer werden können. Bei Thermografiekameras handelt es sich um präzise bildgebende Temperaturmessgeräte, deren Interpretation beispielsweise Fachwissen aus den Bereichen Bauphysik, Materialkunde oder Optik voraussetzt. Hat man sich dieses über entsprechende Fachliteratur (siehe Infokasten) oder im Rahmen mehrtägiger Schulungen bei seriösen Schulungsanbietern angeeignet, wird man IR-Kameras mit hochwertiger Technik bevorzugen.

Quellen und Literatur

[1] GEB 01-2024: Profis sehen mehr, https://t1p.de/GEB250940

[2] GEB 09-2018: Mehr sehen lernen, https://t1p.de/GEB250941

[3] Fouad, N.A./Richter T.: Leitfaden Thermografie im Bauwesen, Fraunhofer IRB Verlag, Stuttgart 2025

[4] VATh (Hrsg.): VATh-Richtlinie Bauthermografie, Bundesverband für Angewandte Thermografie e.V., Nürnberg, 2023, https://t1p.de/GEB250943

[5] Wagner, H.: Thermografie – Sicher einsetzen bei der Energieberatung, Bauüberwachung und Schadensanalyse, Verlagsgesellschaft Rudolf Müller, Köln 2011

Lässt sich der IR-Sensor frei bewegen, vereinfacht das Aufnahmen über Kopf, Aufnahmen aus der Froschperspektive oder in unzugänglichen Ecken.

Bild: Teledyne FLIR

Lässt sich der IR-Sensor frei bewegen, vereinfacht das Aufnahmen über Kopf, Aufnahmen aus der Froschperspektive oder in unzugänglichen Ecken.
Je höher die IR-Auflösung und die thermische Empfindlichkeit, desto umfassender lassen sich IR-Kameras einsetzen – etwa für die Lokalisierung von Wärmebrücken an Gebäudefassaden.

Bild: Hikmicro

Je höher die IR-Auflösung und die thermische Empfindlichkeit, desto umfassender lassen sich IR-Kameras einsetzen – etwa für die Lokalisierung von Wärmebrücken an Gebäudefassaden.
IR-Kompaktkameras für Einsteiger sind einfach zu bedienen und passen in jede Hosentasche.

Bild: Hikmicro

IR-Kompaktkameras für Einsteiger sind einfach zu bedienen und passen in jede Hosentasche.

IR-Kompaktkameras – Auswahltipps

  • IR-Kompaktkameras mit Fixfokus sind einfach bedienbar, mobil und flexibel einsetzbar (Ortung von Wärmelecks oder Luftleckagen etc.).
  • Entscheidend für die IR-Bildqualität sind vor allem die Detektorauflösung und der NETD-Wert (siehe Tabelle).
  • Für den professionellen Einsatz sind IR-Kameras mit Detektorauflösungen erst ab 320 × 240 IR-Pixeln sinnvoll.
  • Smartphones mit Wärmebildfunktion oder IR-Kameraaufsätze haben unter anderem den Vorteil, dass man Thermogramme einfacher mit anderen teilen kann.
  • Der Kamerahersteller sollte auch eine Auswertungssoftware für die Analyse der Thermogramme und die Berichterstellung anbieten.
  • Bei IR-Kameraaufsätzen besonders auf den Stromverbrauch und in Verbindung mit dem Smartphone-Akku auf die Betriebsdauer achten.
  • Link- und Literaturtipps

    www.thech.ch
    Thermografie Verband Schweiz

    www.thermografie.co.at
    Österreichische Gesellschaft für Thermografie

    www.thermografie.de
    Dienstleister mit vielen Informationen und Beispielen

    www.vath.de
    Bundesverband für angewandte Thermografie

    www.waermebildkamera-test.de
    Produktvergleich Einsteigerkameras

    www.wikipedia.de
    Basis­infos (Suchwort: Thermo­grafie etc.)

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