Schon länger beschäftigt sich das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN) mit der speziellen Energiedienstleistung Contracting. Einen neuen Impuls aber gab es mit der „Heizhammer“-Debatte 2023. Damals, so Hermann Dannecker, Ehrenvorsitzender des DEN, wollten gewisse Medien den kleinen Eigenheimbesitzer:innen einreden, sie müssten ihr Haus verkaufen, um sich die verordnete neue Heizung leisten zu können. Um nun aufzuzeigen, dass und wie die Energie- und Wärmwende auch für finanziell nicht so gut gestellte Hauseigentümer:innen umsetzbar ist, bewerbe man die Idee des Contractings seitdem noch intensiver. Natürlich sei die Vermittlung von Kund:innen an Dienstleistende nicht Aufgabe des DEN, das widerspräche dem Gebot der Unabhängigkeit. Entsprechend werden auf der Website des Vereins auch mögliche kontraproduktive Effekte hervorgehoben, etwa wenn das reine Energieliefer-Contracting (ELC) dringend erforderliche Effizienzmaßnahmen, wie eine Gebäudedämmung, verhindert. Klar empfohlen wird daher das Performance- oder Energiespar-Contracting (ESC). Hierbei hat der Auftragnehmende die Verantwortung für die Effizienz des Systems. Er muss eine bestimmte Menge an Kilo- oder gar Megawattstunden und an Emissionen einsparen [1]. Schon 2022 hat das DEN einen Arbeitskreis Contracting eingerichtet. Der GEB sprach mit dessen Leiter Ralf Enneking und Aiko Müller-Buchzik, der für das Netzwerk Lehrgänge zum Thema anbietet.
GEB: Herr Enneking, Herr Müller-Buchzik, das DEN stellt auf seiner Internetseite die verschiedenen Contracting-Varianten vor, merkt aber an, dass das Energiespar-Contracting die beste Wahl sei, wolle man Energiekosten und Treibhausgase möglichst nachhaltig reduzieren. Das ESC wird allerdings viel seltener beauftragt als das Energieliefer-Contracting, so hört man. Stimmt das?
Aiko Müller-Buchzik: Das Energieeinspar-Contracting erreicht in guten Zeiten mal acht Prozent, in schlechten Zeiten sind es fünf bis sechs Prozent, den Rest macht das Liefer-Contracting aus.
Die Umstellung auf erneuerbare Energien läuft im Rahmen des Contractings in Wohnbauten eher schleppend, Maßnahmen zur energetischen Sanierung der Gebäudehülle entfallen meist. Woran kann das liegen?
Ralf Enneking: Energetische Sanierungen und die Umstellung auf Erneuerbare bedeuten höhere Kosten, die die Mietenden nicht übernehmen wollen, wenn die Umstellungen nicht mit Einsparungen verbunden sind. Verständlicherweise, sie zahlen ja schon genug. Und deswegen kommt dann im Zuge des Contractings durchaus noch das Blockheizkraftwerk mit dem Spitzenlastkessel zum Einsatz.
Nun erzählte im Vorfeld Ihre Kollegin aus dem Arbeitskreis, Frau Javorovic, dass die Bafa-Förderung der Contracting-Orientierungsberatung nur verhalten nachgefragt wird. Auch solche Beratungen finden dann wohl nicht oft statt.
Müller-Buchzik: Ja, das ist richtig, das zeigen immer auch die Analysen des Bafa. Wir kommen auf so 20 Beratungen im Jahr.
Wie sieht es mit Ihren Lehrgängen zum Contracting aus?
Müller-Buchzik: Wenn es zehn, elf Teilnehmende sind, ist das super. Gefühlt aber lässt derzeit das Interesse ein bisschen nach.
Diese Lehrgänge sind sicher nicht ganz anspruchslos. Was muss man an Vorkenntnissen mitbringen?
Müller-Buchzik: Geht es um die Contracting-Orientierungsberatung, gelten die Anforderungen der Dena und des Bafa, da man sich nur listen lassen darf, wenn man entweder schon im Contracting tätig war oder eine dreijährige Berufserfahrung und entsprechende Vorbildung nachweisen kann. Das ist alles nicht ganz ohne, wir sind im Kommunalrecht mit allen seinen Späßen.
Enneking: Es ist anspruchsvoll, man hat mit den rechtlichen Rahmenbedingungen, mit der Technik, dem Klimaschutz zu tun, das GEG muss eingehalten werden, da ist die Wirtschaftlichkeit – dieses alles zusammen macht die Komplexität aus.
Müller-Buchzik: Aber es ist zu schaffen, die Arbeitsmittel existieren. Und im Zweifel hat man etwa in den Kommunen den Kämmerer und die Vergabestelle mit den angehängten Juristen. Also juristisch ist das alles kein Hexenwerk mehr.
Wie muss man sich denn das Vorgehen bei einer Orientierungsberatung vorstellen?
Müller-Buchzik: Die soll interessierten Unternehmen, und das sind mehrheitlich kommunale Unternehmen, helfen zu entscheiden, welche Gebäude sich für ein Einspar-Contracting eignen. Es wird geschaut, welches Potenzial vorhanden ist, wie die vertraglichen Zeiträume definiert wären. Man vergleicht die Optionen Eigenversorgung und Liefer-Contracting. Der Bertungsprozess soll allerdings die Kommunen schon im Sinne des Modellvorhabens „CO₂ntracting: build the future“ der Dena motivieren, das Einspar-Contracting zu starten.
Man sieht sich an, was grundsätzlich technisch gemacht werden kann, wieviel Investition ungefähr erforderlich, wieviel Einsparung zu erwarten wären. Aber dann gibt es da so eine grundpessimistische Stimmung, nach dem Motto: Das kann doch nicht sein, dass das funktioniert. Trotz Dena-Leitfadens und eines Mustervertrags, den sowohl Contractoren wie Juristen von der kommunalen Seite durchgesehen haben. Ja, das größte Problem ist das fehlende Wissen.
Enneking: Und dann ist die Sache mit der Größenordnung ein echtes Hemmnis. Alle sagen immer „je größer, desto besser“. Wenn man so darangeht, wird auch nichts draus. Ist es kein großes Projekt, wird es gar nicht erst mit dem Geschäftsmodell Contracting in Verbindung gebracht. Wir wollen aber beim DEN gerade den Blick auf die kleinen Objekte und Projekte lenken.
Müller-Buchzik: Ich weiß von einem Fall, da ging es um ESC im Wohnungsbereich, es ging um Mehrfamilienhäuser. Da gab es über mehrere Tage Telefonate zwischen dem Interessenten und dem potenziellen Contracting-Geber. Der Interessent sagte, er habe x Einheiten, der Contractor sagte, ich brauch aber y. Beim nächsten Telefonat hat der Interessent y plus drei, aber der Contractor sagt, nein, ich brauche z. Und so weiter, sodass schnell klar wurde, dass hier jemand das Projekt eigentlich gar nicht übernehmen will.
Contractoren nehmen natürlich gerne viel größere Projekte, weil man da mehr Puffer hat, wenn etwas schief geht. Und beim Einspar-Contracting gibt es eben wenige Anbieter, es ist noch ein kleiner Markt. Man bräuchte halt mehr Unternehmen, die sich auch an kleine Projekte heranwagen, aber diese Situation haben wir einfach noch nicht. Auch wenn sich das hoffentlich alles so langsam ein bisschen hochschaukelt.
Enneking: Ich sehe gerade das als die Herausforderung für uns Energieberater. Aktuell habe ich ein Energieliefer-Projekt mit vier Wohneinheiten, Photovoltaik und Wärmepumpen, es wird Wärme, Kälte und Strom produziert. Sicher sind auch kleine Projekte beratungsaufwendig. Aber es ist mein Anspruch, Lösungen zu liefern, anzupacken, zu fragen, wo die Hindernisse sind und wie wir sie überwinden können.
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz hat die Idee des Social Contracting ins Spiel gebracht. Energiedienstleister sollen energetische Sanierung und die Versorgung mit erneuerbarer Wärme so umsetzen, dass am Ende für sozial schwache Mieter:innen keine Mehrbelastung entsteht, auch mit Zuschüssen aus dem European Social Climate Fund [2].
Müller-Buchzik: Für mich klingt das einfach nach einem Förderprogramm …
Enneking: Ich hatte neulich ein Gespräch im Zusammenhang mit kommunaler Wärmeplanung, ich war aus Sicht der Verwaltung dabei. Die erarbeitet ja Areale in der Kommune, in denen es potenziell Nah- oder Fernwärme geben könnte. Es blieben aber am Ende noch 80 Prozent der Gesamtfläche ohne solch eine Option, und die, die dort wohnen, können sich nicht auf die Kommune verlassen, müssen sich selber kümmern. Und genau für diese Menschen, die eine Lösung für das eigene Haus oder das Haus, in dem sie wohnen, erwarten, müssen diese Ansätze im Kleinen entwickelt werden. Da sollte man nicht über die finanzielle Grenze sprechen, sondern auch für solche Fälle Geschäftsmodelle entwickeln. Und dann sind wir wieder beim Social Contracting.
Um noch einmal auf die Einsparung, die energetische Sanierung zurückzukommen: Im Koalitionsvertrag heißt es ab Zeile 755: „Die erreichbare CO₂-Vermeidung soll zur zentralen Steuerungsgröße werden.“ Von strengeren Anforderungen an die Gebäudeeffizienz ist keine Rede. Wie sehen Sie die Rolle von Effizienzvorgaben?
Müller-Buchzik: Wir haben früher schon Situationen verpasst, in denen wir Veränderungen durch schlaue Regelungen hätten bewirken können, verpasst, weil wir uns auf falsche Faktoren, Parameter, Grenzwerte festgelegt haben. Ich persönlich hätte gern gesehen, wenn Niedrigenergiehäuser viel früher gesetzlich vorgeschrieben worden wären.
Unsere Probleme, die wir jetzt mit dem Liefer-Contracting haben, liegen eben darin begründet, dass es um ineffiziente Gebäude geht. Was man an seinem Haus macht, macht man für sehr lange Zeit. Deswegen will da auch keiner ran. So etwas kenne ich aus dem privaten Umfeld – Häusle gebaut Ende der Neunziger, die Kredite sind abgezahlt, und dann kommen wir als Berater, weil ein Heizungstausch ansteht, reden von Dämm-Maßnahmen, damit wir eine Wärmepumpe einbauen können. Dann heißt es, ich zahl doch jetzt nicht noch einmal 20.000 Euro, ich will auch mal leben. Das ist so ein Beispiel, bei dem die Grenzwerte früher konkret einfach zu niedrig waren. Aber man hätte da auch gleich über den CO₂-Ausstoß gehen können.
Womit wir wieder bei den kleinen Projekten wären. Herr Enneking, Herr Müller-Buchzik, man sieht, es gibt noch einiges zu tun. Vielen Dank für das Gespräch.■
Die Fragen stellte Alexander Borchert