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Debatte zum Gebäudeenergiegesetz

GEG ist bislang vor allem ein Heizungstauschgesetz

Klara Geywitz, Bundesbauministerin

Bild: Fabian Kauschke

Klara Geywitz, Bundesbauministerin

Mitte April hat das das Bundesministerium für Wirtschaft und Klima einen Kabinettsentwurf für das Gebäudeenergiegesetz (GEG) und das Energieeffizienzgesetz vorgelegt und die Förderkulisse zumindest in Grundzügen skizziert. Es ist jedoch zu erwarten, dass es noch zu Änderungen kommt. Das Gebäudeenergiegesetz soll den Umbau der Heizungslandschaft in Richtung Klimaneutralität beschleunigen und dazu beitragen, dass der Gebäudesektor die Klimaziele erreichen kann.

Denn von den rund 41 Millionen Haushalten in Deutschland heizt derzeit nahezu jeder zweite mit Erdgas, gefolgt von Heiz-öl mit knapp 25 Prozent und Fernwärme mit gut 14 Prozent. Stromdirektheizungen und Wärmepumpen machen jeweils nicht einmal 3 Prozent aus. Die übrigen 6 Prozent entfallen auf Feuerungsanlagen für feste Brennstoffe. Bei den neu installierten Heizungen betrug der Anteil von Gasheizungen im Jahr 2021 immer noch 70 Prozent.

Grundsätzlich ist in der Novelle deshalb festgelegt, dass neue Heizungen ab 2024 mit mindestens 65 Prozent erneuerbaren Energien betrieben werden müssen. Ab 2045 dürfen Heizungen nicht mehr mit fossilen Energien funktionieren. „Eine flankierende Förderung und steuerliche Maßnahmen sollen sicherstellen, dass niemand durch die neuen Vorgaben überfordert wird“, sagt Bundesbauministerin Klara Geywitz. „Soziale Härten federn wir ab durch Übergangsfristen, Ausnahmeregelungen und vor allem durch eine Neuaufstellung der Förderung. Wir greifen so Bürgerinnen und Bürgern beim Heizungstausch auch finanziell unter die Arme“, ergänzt Bundeswirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck.

Als soziale Abfederung kündigten die beiden eine Grundförderung für alle Bürgerinnen und Bürger im selbstgenutzten Wohneigentum an. Sie gilt auch für sogenannte private Kleinvermieter. Das sind Vermieter von bis zu sechs Wohneinheiten, wovon sie eine selbst bewohnen. Der Fördersatz beim Tausch einer alten fossilen gegen eine neue klimafreundliche Heizung beträgt künftig einheitlich 30 Prozent für alle Erfüllungsoptionen. Diese Grundförderung ist unabhängig vom Einkommen. Außerdem sind drei Klimaboni geplant. Den Klimabonus I in Höhe von 20 Prozent soll es für Eigentümer geben, die einkommensabhängige Sozialleistungen erhalten. Es gibt ihn aber auch dann, wenn Besitzer ihre alte Heizung erneuern, obwohl sie laut GEG noch nicht zum Tausch verpflichtet sind.

Mit dem Klimabonus II in Höhe von 10 Prozent zusätzlich zur Grundförderung soll ein Anreiz für eine schnellere Dekarbonisierung gesetzt werden, etwa wenn Kohleöfen und Öl- beziehungsweise Gas-Konstanttemperaturkessel mindestens fünf Jahre vor dem Datum der gesetzlichen Austauschpflicht ausgewechselt werden.

Den Klimabonus III gibt es, wenn Heizungen, die jünger als 30 Jahre sind, kaputt gehen und nicht mehr repariert werden können. Für diesen Fall wird ein Bonus in Höhe von 10 Prozent zusätzlich zur Grundförderung bei Austausch von Kohleöfen und Öl- beziehungsweise Gaskesseln jeglicher Art gezahlt.

Zusätzlich zu dem Förderkonzept werden Effizienzmaßnahmen wie etwa zur Gebäudedämmung, Fenstertausch oder Anlagentechnik weiter wie bisher gefördert. Die Fördersätze liegen aber unter denen für den Austausch der Anlagentechnik.

Um die finanzielle Belastung zeitlich zu strecken, werden ergänzend zinsgünstige Förderkredite mit Tilgungszuschüssen für den Heizungstausch angeboten. Dieses Kreditprogramm können alle Bürgerinnen und Bürger in Anspruch nehmen. Die Förderung von Sanierungen auf Effizienzhausniveau durch Förderkredite der KfW bleibt bestehen.

Robert Habeck, Bundeswirtschafts- und Klimaminister

Bild: Dominik Butzmann

Robert Habeck, Bundeswirtschafts- und Klimaminister

Ampel hat zum GEG noch keine einheitliche Meinung

Die Ampel hat das Gesetz zwar im Kabinett verabschiedet, gleichzeitig haben aber sowohl SPD als auch FDP postwendend Nachbesserungen gefordert. Bei der Grundförderung sieht die SPD noch Diskussionsbedarf. „Leute, die richtig gut verdienen, brauchen keine umfassende Unterstützung“, kommentiert der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil. Die Regierung müsse jetzt klären, wie eine soziale Staffelung umgesetzt werden könne. Christian Dürr, Vorsitzender der FDP-Bundestagsfraktion, kündigte in der „Tagesschau“ an, dass es zu Nachbesserungen in Sachen Technologieoffenheit kommen müsse.

Die CDU/CSU hat generellen Widerstand gegen das Gesetz angekündigt. Die Union werde „alles dafür tun, dass dieses Gesetz so nicht kommt“, zitiert der Südkurier den Fraktionsvize Jens Spahn. Jede in diesem Jahr anstehende Wahl sei auch eine Abstimmung über dieses Gesetz. Problematisch sieht Spahn insbesondere, dass der Gesetzentwurf nur auf die Wärmepumpe setze.

Das stört auch den Deutschen Energieholz- und Pelletverband. Geschäftsführer Martin ­Bentele bemängelt die Diskriminierung der Wärmelösungen mit Holz: „Mit einem gleichermaßen unsozialen wie praxisfernen Zwangsprogramm wird der Umbau des Wärmesektors un­nötig teuer, kompliziert und Klimaziele werden versäumt.“ Der neu eingefügte Paragraph 71g regelt, dass Hackschnitzel-, Pellets- und Stückholzkessel zur Verbesserung der Betriebsqualität mit Pufferspeichern und einer solarthermischen Anlage oder einer Photovoltaikanlage ausgestattet werden ­müssen.

Biomasseanlagen müssen zudem mit einer Einrichtung zur Reduktion der Staubemissionen errichtet und betrieben werden, entweder über ein Zusatzgerät wie einen elektrostatischen Abscheider oder über immanente Abgasreinigung, die eine Reduktion der Staubemissionen um 80 Prozent erreicht.

Jens Spahn, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion

Bild: Jens Spahn / Anne Hufnagl

Jens Spahn, stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion

Welche GEG-Neuerungen kritisiert werden

Die Fachöffentlichkeit begrüßt zu großen Teilen, dass es ein Gesetz gibt, mahnt jedoch an zahlreichen Stellen Nachbesserungen an. Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena), hält den Entwurf der Novelle für einen Meilenstein, aber dennoch für ausbaufähig: „Die heute parallel zum GEG beschlossenen Eckpunkte für eine nach sozialen Kriterien angepasste Förderung bedürfen allerdings bedauerlicherweise noch einer Konkretisierung. Besser wäre es sicher gewesen, die Förderthematik vor einer öffentlichen Diskussion der Einzelvorhaben nachvollziehbar kommuniziert zu haben.“ Die Förderrichtlinie richte sich maßgeblich nach dem Alter bestehender Heizungen und berücksichtige bislang soziale Kriterien wie Einkommen oder Vermögen nicht in ausreichendem Maße, gibt der dena-Chef zu bedenken.

Jürgen Leppig vom GIH ist unzufrieden damit, dass die im unmittelbaren Vorfeld durchgeführte Verbändeanhörung kaum mehr Veränderungen nach sich gezogen hat. Dass nunmehr Wohngebäude mit bis zu sechs Wohneinheiten von allen Heizungstausch-Auflagen ausgenommen werden sollen, wenn die Eigentümer mindestens 80 Jahre alt sind und das Gebäude selber bewohnen, sei ein Schlag ins Gesicht der Energiewende. „Diese Erweiterung – bislang sollte sie nur für Ein- und Zweifamilienhäuser gelten –, wird dafür sorgen, dass in deutlich mehr Gebäuden energetisch nichts vorangeht. Was wir hier brauchen, sind nicht weitere Ausnahmefälle, sondern eine angemessene soziale Flankierung von Umsetzungen.“

Die Schornsteinfeger sind empört darüber, dass sie für die Kontrolle des Alters der Hausbesitzer zuständig sein sollen. Vorgesehen ist, dass das Alter im Rahmen der Feuerstättenschau der Heizungsanlage dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger nachzuweisen oder mit schriftlicher Eigenerklärung dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger vorzulegen ist. Alexis Gula, Präsident des Bundesverbands des Schornsteinfegerhandwerks, wehrt sich dagegen: „Einen Vollzug durch das Schornsteinfegerhandwerk, das Alter unserer Kundinnen und Kunden zu überprüfen, um eine mögliche Befreiung von der Heizen-mit-Erneuerbaren-Vorgabe festzustellen, entspricht nicht den Grundsätzen unseres Handwerks im Umgang mit unseren Kundinnen und Kunden.“

Andreas Kuhlmann, Dena

Bild: Thomas Koehler/photothek.de

Andreas Kuhlmann, Dena

Verbändeanhörung hat nicht zu wesentlichen Änderungen geführt

GIH-Chef Leppig begrüßt, dass Klimaboni zusätzlich zur Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) für Empfänger einkommensabhängiger Transferleistungen und weiteren Eigentümergruppen eingeführt werden. Allerdings vermisst er weiter den ganzheitlichen Ansatz: „Neben der sinnvollen und hohen Förderung für den Einsatz erneuerbarer Energien kommt die Sanierung der Gebäudehülle viel zu kurz.“ Dämmmaßnahmen oder der Austausch von hocheffizienten Fenstern und Türen sollten nicht nur einen Bruchteil der Förderung einer neuen Heizung bekommen

Das sieht Marita Klempnow, Vorsitzende des Deutschen Energieberaternetzwerks (DEN), genauso. Ihr fehlt beim jetzt vorgelegten Entwurf der Ansatz, wie die EU- Regelungen zur Energieeffizienz der Gebäudehülle umgesetzt werden sollen. Der Einsatz erneuerbarer Energien werde absehbar für zu schlecht sanierte Gebäude nicht ausreichen, deshalb müsse es auch eine Mindestanforderung an die Endenergie geben.

Wohnungsbauunternehmen, die in der Vergangenheit mit einem hohen Wärmeschutzstandard die Vorgaben des GEG umgesetzt hätten, müssten jetzt im Fall des Heizungsaustausches noch einmal erhebliche Investitionen tätigen, die am Ende zu Mietsteigerungen führen werden. „Insgesamt sehen wir die Gefahr, dass der vorliegende Gesetzentwurf zur Demotivation und zu Verweigerungshaltungen bei Gebäudeeigentümern führen wird, warnt die DEN-­Vorsitzende.

Der Verband fordert außerdem den Verzicht auf kleinteilige und teilweise inkonsistente technische Vorgaben, die Vorgabe eindeutiger Zielwerte sowie den Verweis auf bundesweit einheitliche Ausführungsbestimmungen.

Jürgen Leppig, GIH

Bild: GIH

Jürgen Leppig, GIH

Gebäudehülle fällt immer noch hinten runter

Die vorgestellte Zusatzförderung in Form eines Bonus für den Heizungstausch kritisiert auch der Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle. „Die Strategie der Bundesregierung ist einseitig und droht, zum Fiasko für den Gebäudebestand in Deutschland zu werden“, warnt Geschäftsführer Jan Peter Hinrichs. Ein zusätzlicher Bonus zu den bereits sehr ungleichen Fördersätzen von Heizungen zur Gebäudehülle sei alles andere als sinnvoll, weil noch sehr viele Gebäude nicht auf die erneuerbare Heiztechnik vorbereitet seien. „Dies zeigt, dass das Vorgehen der Bundesregierung nicht zu Ende gedacht ist“, moniert er. „Richtig wäre es, erst den Energiebedarf der Gebäude durch Sanierungsmaßnahmen zu senken, dann kann auch eine Wärmepumpe ihre volle Wirkung entfalten. Und auch die vielerorts überlasteten Stromnetze würden vor dem Kollaps bewahrt.“

Jürgen Leppig vom GIH stört auch, dass Wasserstoff als Option zugelassen wird. „Bürgerinnen und Bürgern das Heizen mit Wasserstoff in Aussicht zu stellen, kommt dem Erzählen eines Märchens gleich: Die Kosten dafür werden sich wohl noch sehr lange auf einem für die meisten unfinanzierbaren Niveau bewegen. Außerdem dürfen H2-ready-Heizungen nur eingebaut werden, wenn der Netzbetreiber verbindliche Pläne für ein Wasserstoffnetz vorlegt – was derzeit ebenfalls illusorisch erscheint. Um einer von mancher Seite geforderten Technologieoffenheit zu genügen, schafft der Gesetzgeber hier nichts anderes als eine unerreichbare Verheißung.“

Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz betont, dass das Erreichen der Ziele eine sektorübergreifende Aufgabe ist. Im Gebäudesektor sei etwa die Einführung von Mindesteffizienzstandards für Bestandsgebäude ein essenzieller Baustein. Dies werde im GEG-Entwurf nur angekündigt, müsse jetzt aber zügig vorbereitet werden. Fehlen würde außerdem die in der Novelle der EU-Energieeffizienzrichtlinie geforderte jährliche Sanierungsrate von 3 Prozent für öffentliche Gebäude. Darüber hinaus sei im GEG die Prüfung und Optimierung von Heizungsanlagen auch bei kleineren Gebäuden sinnvoll, anders als dies für die Novelle nun vorgesehen ist. Positiv sei, dass Ausnahmen für Effizienzanforderungen beim Einbau neuer Stromdirektheizungen weiter eingeschränkt worden seien.

Marita Klempnow, DEN

Bild: DEN / Kerstin Jana Kater

Marita Klempnow, DEN

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