„Gebäudeautomation ist der Schlüssel zur Optimierung des Energieverbrauchs und der Betriebskosten in Gebäuden.“ So steht es in einem Positionspapier des Verbands der deutschen Maschinen- und Anlagenbauer (VDMA). Das Thema gewinnt für die Eigentümer von Nichtwohngebäuden zunehmend an Bedeutung – und dies aus mehreren Gründen.
Zum einen gibt es Druck von Gesetzesseite. Laut Paragraph 71a des GEG müssen Nichtwohngebäude mit entsprechenden Automatisierungssystemen ausgestattet sein, sofern die Nennleistung der gebäudetechnischen Anlagen über 290 kW liegt. Und mit der im vergangenen Jahr überarbeiteten europäischen Gebäuderichtlinie (EPBD) wurde diese Anforderung auch auf kleinere Gebäude erweitert. Ab 2030 müssen auch Nichtwohngebäude mit Anlagen aber 70 kW eine Automatisierung umsetzen.
Die Mensch-Schnittstelle funktioniert nicht immer
Daneben sprechen wirtschaftliche Gründe dafür, sich mit dem Thema zu beschäftigen. Vernetzte und intelligente Steuerungs- und Regelungssysteme ermöglichen es, Heizung, Kühlung, Beleuchtung, Lüftung und andere Gebäudefunktionen automatisiert und bedarfsgerecht anzupassen. Vor allem in der automatisierten Steuerung der Heiz- und Kühlleistung liegt das größte Potenzial, um die Energieeffizienz zu steigern, meint Oliver Hoffmann, Experte für Gebäudeautomation beim Elektrogroßhändler Sonepar. „Wenn die Mensch-Schnittstelle funktioniert – also die Personen in einem Bürogebäude die Klimaanlage nur einschalten, wenn das Fenster geschlossen ist, oder die Heizung ausschalten, wenn sie den Raum verlassen, dann lässt sich Energieeffizienz auch ohne Automatisierung erreichen“, sagt Hoffmann. „Aber wir wissen aus den Alltagserfahrungen, dass dies meistens nicht der Fall ist.“
Mit einem Gebäudeautomationssystem lässt sich sicherstellen, dass nach vorab definierten Regeln geheizt und gekühlt wird oder sich die Klimatisierung an der tatsächlichen Nutzung eines Raums orientiert. Die Daten, die aus Sensoren gewonnen werden, lassen sich außerdem analysieren. Und die so gewonnenen Erkenntnisse können dazu führen, weitere energiesparende Maßnahmen umzusetzen.
Nutzen für die Volkswirtschaft
Malte Hischemöller, Experte für Wirtschaft und Kommunikation im Fachverband Automation + Management für Haus und Gebäude im VDMA (VDMA AMG), nennt in einem Blog-Post Zahlen zum Nutzen, der sich durch eine Gebäudeautomation ergeben. Er zitiert dabei unter anderem den wissenschaftlichen Dienst des deutschen Bundestages, der diesen für ein Standard-Bürogebäude (4.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche, mittlere Ausstattung) errechnet hat. Demnach liegt die Einsparung an jährlichen Energiekosten im Mittel bei zehn Prozent. Die Amortisationszeit eines entsprechenden Systems betrage dann 5,2 Jahre.
Hischmöller bezeichnet diese Berechnung als konservative Annahme. Laut VDMA liege eine realistischere Schätzung bei 20 Prozent Einsparungen, die sich mit einer Gebäudeautomation erreichen lassen. Mit einer vorausschauenden Automation seien sogar bis zu 35 Prozent möglich.
Der Nutzen lässt sich auch gesamtwirtschaftlich betrachten. Laut dem wissenschaftlichen Dienst des Bundestages beträgt der einmalige volkswirtschaftliche Gesamterfüllungsaufwand für die Automatisierung bestehender Nichtwohngebäude 13,8 Milliarden Euro. Dem stehen Einsparungen von circa 39,6 Milliarden Euro über einen Zeitraum von 15 Jahren gegenüber – also eine Nettoersparnis von 25,8 Milliarden Euro.
Klimaresilienz dank Automatisierung
Der Klimawandel wird dafür sorgen, dass Gebäudeautomation noch wichtiger werden wird. Denn sie kann dazu beitragen, Gebäude klimaresilienter zu machen. Der Fachverband AMG weist in einer Pressemeldung darauf hin, dass die Digitalisierung mithilfe von intelligenten und vernetzten Automatisierungssystemen ein wirksamer Hebel sei, um insbesondere in gewerblichen Immobilien optimale Arbeitsbedingungen bei gleichzeitig möglichst geringem Energieeinsatz zu schaffen.
Bei wechselhaften Wetterlagen und langfristig steigenden Temperaturen sei es schwierig und koste es viel Energie, ohne intelligente Regelung ein gleichbleibend gutes Raumklima im Gebäude zu erzielen, erklärt Peter Hug, Geschäftsführer des AMG. „Denn die Klima- und Lüftungsanlagen müssen kontinuierlich und dynamisch an die Außentemperaturen angepasst werden − von einem Tag mit beispielsweise 30 Grad auf kühlere Temperaturen am Folgetag“, so Hug. Seiner Meinung nach können nur vernetzte Automatisierungssysteme dies leisten und gleichzeitig Energie sowie Emissionen einsparen.
Entsprechende Systeme können etwa im Vorhinein – auf Basis von Wetterprognosen, Sonnenstand und Nutzung des Gebäudes – die notwendige Leistung einer Lüftungs- beziehungsweise Klimaanlage sowie den erforderlichen Sonnenschutz berechnen. So lässt sich dieser dann zum richtigen Zeitpunkt automatisch aktivieren, bevor sich das Gebäude aufheizt. Allein mit dem Einsatz einer Außenbeschattung kann der Stromverbrauch einer Klimaanlage laut Hug, um bis zu 50 Prozent reduziert werden.

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Vorausschauende Instandhaltung
Neben der reinen Energieeinsparung gibt es aber noch weitere Vorteile, die eine Gebäudeautomation bietet und die Hischemöller in seinem Blog-Post auflistet. Dazu zählt etwa die Möglichkeit, mithilfe entsprechender Systeme eine Instandhaltung quasi vorausschauend durchzuführen. Will heißen: Schwachstellen in der technischen Gebäudeausstattung lassen sich frühzeitig erkennen – noch bevor eine Komponente ausfällt. „Zum Beispiel ist es möglich, dass ein Sensor in der Lüftungsanlage erkennt, ob sich ein Filter zu sehr zusetzt und getauscht werden muss“, schreibt Hischemöller. „Ein rechtzeitiger Filtertausch verhindert somit einen größeren Schaden.“
Ein Vorteil sei auch die Marktwertsteigerung des Gebäudes. „Immobilienbewertungen beziehen zunehmend auch Nachhaltigkeitskriterien in die Bewertung einer Immobilie ein und analysieren den ökologischen Fußabdruck“, so Hischemöller. Gebäude mit einer modernen Automatisierungstechnik könnten zudem leichter an technologische Entwicklungen angepasst werden, wodurch sich die Lebensdauer der Gebäude erhöht. „Entsprechend steigern sich der Wert und die Attraktivität eines Objekts.“
Beispiele für konkrete Projekte, die zeigen, wie Gebäude-
automation umgesetzt wird und was sie bringt, finden sich unter anderem bei den Anbietern von entsprechenden Systemen wie zum Beispiel Johnson Controls, Siemens oder Schneider Electric. Im IT-Campus 111 des IT-Dienstleisters Datev etwa steuert ein Gebäudeautomationssystem von Johnson Controls die Energieversorgung per Geothermie und Fernwärme sowie die Lüftung, Beschattung und Betonkerntemperierung. Zudem werden auch Anlagendaten gesammelt, ausgewertet und auf einem Dashboard visualisiert. So lassen sich unter anderem mögliche Störungen im Betrieb schon vor ihrem Auftreten erkennen. Die Komponenten der Gebäudeautomation kommunizieren über den offenen Standard Bacnet miteinander. Der IT-Campus bietet 1.800 Arbeitsplätze auf einer Bruttogeschossfläche von 42.000 Quadratmetern.
Im Vier-Sterne-Hotel Grand Monarque im französischen Chartres ist ein System für die Automatisierung und das Energiemanagement installiert, das Schneider Electric für kleine und mittelgroße Gebäude entwickelt hat. Laut Hersteller erbrachte es in dem Hotel schon nach sechs Monaten eine Energieeinsparung von 15 Prozent. Die volle Amortisation soll in weniger als zwölf Monaten erreicht werden.
Komplexe Herausforderungen
Doch während Anbieter die Vorteile ihrer Technologien preisen, sollten sich Betreiber von Nichtwohngebäuden bewusst machen: Automatisierungsprojekte sind anspruchsvoll. „Die Umsetzung von Gebäudeautomation in Gewerbeimmobilien bringt spezifische Herausforderungen mit sich, die deutlich komplexer sind als im privaten Bereich“, sagt Hoffmann von Sonepar. Hier treffen häufig viele verschiedene Gewerke aufeinander. Wenn HLK-Systeme, Beschattungstechnik und andere Komponenten miteinander verknüpft werden sollen, ist Schnittstellen-Know-how gefragt. „Man muss wissen: Welche Schnittstellen gibt es? Auf welche Kommunikationsstandards soll man setzen?“, erklärt Hoffmann. „Wenn die Gewerke zusammenwachsen, braucht man übergreifendes Wissen. Elektrohandwerksbetriebe etwa müssen sich zunehmend mit Schnittstellen zu HLK-Systemen auseinandersetzen, die traditionell von Heizungstechnikern oder Lüftungsspezialisten betreut werden.“ Gerade in Projekten mit kleineren Gebäuden, in denen auch kleinere Betriebe für die Installation der Gebäudeautomation beauftragt werden, sei dies eine Herausforderung. Denn jeder habe häufig noch seinen eigenen Blick auf die Technik.
Eine weitere Herausforderung besteht laut Hoffmann in der Parametrierung und Programmierung der Systeme. Zwar bieten die großen Hersteller Systemkoppelungen an, welche die Integration erleichtern. „Doch bleibt dies ein Bereich, der fundiertes Fachwissen erfordert“, so Hoffmann. Er glaubt, dass hier in Zukunft KI-Lösungen unterstützen könnten, indem sie grundlegende Einstellungen automatisiert vornehmen und so die Hürden für Elektrohandwerker und Planer senken.
Ohne Planung drohen teure Nacharbeiten
Grundsätzlich ist laut Hoffmann in Gebäudeautomationsprojekten eine intensive Vorplanung und eine detaillierte Beratung wichtig, um diese Herausforderungen zu bewältigen. Ähnlich sehen das Björn Brecht und Clemens Nonn vom Unternehmen Kieback & Peter, das ebenfalls Gebäudeautomationslösungen anbietet. Der Anteil der Gebäudeautomation an den Gesamtkosten liege nur im einstelligen Prozentsatz, schreiben die beiden in einem Blog-Post auf der AMG-Website. „Dies führt häufig dazu, dass sie erst spät in den Planungsprozess integriert wird“, so die Experten weiter. „Die Folge: teure Nacharbeiten und mögliche Verzögerungen bei der Inbetriebnahme.“
Die Gebäudeautomation sollte daher von Anfang an eine zentrale Rolle im Bauprozess spielen. Konkret empfehlen Brecht und Nonn, dass sie bereits in die Konzeptphase eingebunden wird. „Hier können die grundlegenden Anforderungen an Steuerung, Regelung und Monitoring definiert und mit den Planungen der Vorgewerke abgestimmt werden.“ Vertreter der Gebäudeautomation sollten schon bei Beginn des Planungsprozesses an relevanten Baubesprechungen teilnehmen.
Ein zentraler Punkt bei der Planung ist laut den beiden Experten die Definition einheitlicher Standards und Schnittstellen für die Kommunikation zwischen den Systemen. „Dies erleichtert die Zusammenarbeit der Gewerke und sichert die Kompatibilität der technischen Anlagen.“ Das gelte auch für die Messtechnik, die meist von den einzelnen Gewerken bereitgestellt wird. „Eine zentrale Beschaffung der Zähler gewährleistet die Interoperabilität der Systeme und die flexible Nutzung der Daten.“
Grundsätzlich sei die Bedeutung der Automatisierung für die Funktionalität und Effizienz eines Gebäudes immens, schreiben Brecht und Nonn. Ihr Fazit: Gebäudeautomation ist ein kleines Gewerk mit großer Wirkung.

Bild: www.fuchs-foto.de