Springe zum Hauptinhalt Skip to main navigation Skip to site search
Energieoptimierung mit KI

Kühlen für die Energiewende

Expertenschätzungen gehen bundesweit von ungefähr 750 großen Kühlhäusern aus. Die kalten Lager benötigen viel Strom zum Kühlen. Einiges davon lässt sich sparen. Dieses Potenzial will das Start-up Flexality aus Bremen heben – und zwar mit Hilfe von künstlicher Intelligenz. „Die von uns entwickelte KI-Energiemanagementsoftware Fenoms trimmt die industriellen Kühlhäuser darauf, durch erneuerbare Energien erzeugten Strom optimal zu nutzen“, erklärt Gründer Dyke Wilke. „Bisher ungenutzte Betriebsdaten werden ausgewertet und mit Strompreisprognosen gekoppelt.“ Durch die Abstimmung von Energiebedarf und Preisen soll Energie effizienter genutzt werden. Das Kühlhaus dient quasi als Energiespeicher. Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt fördert das Start-up mit 125.000 Euro.

Das Funktionsprinzip der Software: Stellt sie Überschuss-Stromspitzen aus regenerativen Energien zu günstigeren Preisen fest, wird die Temperatur in den Kühlanlagen stärker gesenkt als üblich. Ist weniger grüne Energie verfügbar und sind die Preise höher, wird die Temperatur wieder erhöht. So verbrauchen die Kühlhäuser bei reduzierten und teureren Strommengen im Netz weniger Energie und gleichen dies aus, sobald das Stromangebot die Nachfrage übersteigt und der Preis am Markt sinkt. „Dies ermöglicht den Betrieben eine kostengünstigere, zugleich sicherere Nutzung erneuerbarer Energie und trägt zur Stabilisierung des Stromnetzes bei“, erklärt Wilke. Zudem sorge das System dafür, die CO2-Emissionen zu senken, da mehr Strom verbraucht wird, wenn dieser besonders stark aus erneuerbaren Quellen stammt.

Digitales Abbild der Prozesse

Um dies alles zu ermöglichen, koppelt sich Flexality an die Industriesteuerung der Anlagen und liest die relevanten Daten aus. Dies sind Informationen aus dem Betrieb der Kühlhäuser, zum Beispiel wann welche Pumpe startet oder wann und warum die Temperatur steigt oder sinkt. So will Flexality ein digitales Abbild der Prozesse im Kühlhaus schaffen.

Auf dieser Basis lassen sich dann dank künstliche Intelligenz recht genaue Prognosen für den Energiebedarf erstellen. Hinzu kommen Vorhersagen zum Intraday-Handel der Strombörse. Auf diese Weise können Energiebedarf und -angebot optimal aufeinander abgestimmt werden. Und das Kühlhaus lässt sich wie beschrieben als Energiespeicher nutzen. Voraussetzung dafür ist, dass das jeweilige Unternehmen seinen Strom auf dem Spot-Markt bezieht, an dem kurzfristig lieferbare Energiemengen gehandelt werden.

Natürlich könnte der Betriebsleiter eines Kühlhauses die Temperatur auch selbst erhöhen beziehungsweise senken – je nach dem aktuellen Strompreis. Doch er wird in seinem Job noch andere Aufgaben haben als das Beobachten der Entwicklungen an der Strombörse. Mit Flexality kann er diese Tätigkeit einer Software überlassen. Wilke spricht außerdem das Problem des Fachkräftemangels an, das ebenfalls für eine automatisierte Energieoptimierung spreche.

Diese Optimierung kann den Unternehmen laut Flexality zählbaren Nutzen bringen. Mithilfe des KI-Systems sollen sich die jährlichen Stromkosten eines Unternehmens um etwa 20 Prozent reduzieren lassen. Die CO₂-Emissionen pro Kühllager lassen sich um mindestens zehn Prozent senken. Die Lösung ist vor allem für Kühlhäuser geeignet, die zwischen einem und zehn Gigawattstunden Strom im Jahr verbrauchen. Größere Anlagen sind laut Wilke regulatorisch kompliziert. Bei kleineren ist in der Regel die notwendige Datenstruktur nicht vorhanden.

Gewinn wird geteilt

Für die Kühlhausbetreiber ist das finanzielle Risiko überschaubar. In einer Erstanalyse zeigt Flexality dem jeweiligen Unternehmen auf, welche finanziellen Einsparungen möglich sind. Der Service wird dann laut Wilke in einem Profit-Share-Modell angeboten. Das heißt: Flexality erhält für seine Leistung die Hälfte der durch die Lösung eingesparten Kosten.

Ein Risiko könnte höchstens der Kauf des Stroms auf dem Spot-Markt darstellen. Dort ist der Handel mit Strom eher mit Aktiengeschäften vergleichbar – mit der entsprechenden Unsicherheit, was den Preis betrifft. Am Terminmarkt dagegen gibt es größere Planungssicherheit. Dafür kann man dort nicht von den Preisschwankungen profitieren, wie es mit Flexality möglich ist.

Energieflexibilisierung werde durch die zunehmende Integration von erneuerbaren Energien weiter an Bedeutung gewinnen, glaubt Sören Eilenberger, Mitgründer von Flexality. Dies allein schon deshalb, um Netzstabilität gewährleisten zu können. „Netzbetreibern ist es etwas wert, wenn man Strom abnehmen kann, wenn es von diesem zu viel gibt“, sagt Eilenberger kürzlich im Podcast „Mehrweg Heroes“. Dynamische Netzentgelte, die sich nach der aktuellen Netzlast und dem Stromaangebot richten werden die Entwicklung weiter vorantreiben.

Mehr als nur Energiemanagement

Im gleichen Podcast berichtet Eilenberger von den ersten Kunden, die bereits mit Flexality zusammenarbeiten. Dazu gehört etwa die Firma Ecocool, die Produkte wie Verpackungen für die Kühlkettenlogistik anbietet. Zudem gibt es auch Projekte bei Lebensmittelunternehmen. Dabei geht es laut Eilenberger aber nicht nur um Energieflexibilisierung. Denn neben dem Energiemanagement-System Fenoms stellt Flexality auch Dienstleistungen wie Lastgang-Analysen, die Optimierung von Anlagen-Fahrplänen und verfahrenstechnische Beratung bereit.

Zurzeit ist Flexality noch auf der Suche nach einem strategischen Investor, um weiter zu wachsen. Denn neben der Energieflexibilisierung für Kühlhäuser wollen die Gründer noch weitere Anwendungsgebiete ins Visier nehmen. Dampf- und Wärmeprozesse – zum Beispiel in der Lebensmittelindustrie – sind das nächste Ziel. Dort bieten sich ebenfalls zahlreiche Möglichkeiten, die Nutzung von Energie zu optimieren.

Flexality-Mitarbeiter Justus Hinken steht vor einem Schaltschrank, in dem die Daten aus dem Betrieb der Anlage stecken.

Bild: Flexality

Flexality-Mitarbeiter Justus Hinken steht vor einem Schaltschrank, in dem die Daten aus dem Betrieb der Anlage stecken.

KI-Serie

Dieser Beitrag ist Teil einer Artikelserie, welche die vielfältigen Möglichkeiten von künstlicher Intelligenz im Berufsfeld Energieberatung darstellt.

Jetzt weiterlesen und profitieren.

Mit unserer Future Watt Firmenlizenz top informiert und immer auf dem neuesten Wissenstand in ihrem Fachgebiet.

+ Unbegrenzter Zugang zu allen Future Watt Inhalten
+ Vergünstigte Webinarteilnahme
+ E-Paper Ausgaben
+ Sonderhefte zu speziellen Themen
+ uvm.

Wir haben die passende Lizenz für Ihre Unternehmensgröße!

Mehr erfahren