Die Förderung von Einzelmaßnahmen zur energetischen Sanierung ist ein Hebel, um die Energiewende voranzubringen. Mit der Bundesförderung effiziente Gebäude (BEG) erhält ein Hauseigentümer einen Zuschuss von 15 Prozent der förderfähigen Investitionskosten, wenn er etwa sein Haus dämmt, die Fenster austauscht oder die Fassade saniert. Doch die Beantragung der Gelder beim zuständigen Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) ist mit viel bürokratischem Aufwand verbunden.
Das haben Unternehmen erkannt, die diese Arbeit für ihre Kunden übernehmen. Dienstleister wie zum Beispiel Deutsche Sanierungsberatung, Febis oder Renewa bieten einen Fördermittelservice, der die komplette Abwicklung des Antragsverfahrens umfasst. Dazu zählt unter anderem die Prüfung der Angebote der Fachunternehmen auf Förderfähigkeit, das Erstellen der technischen Projektbeschreibung vor sowie des technischen Projektnachweises nach der Sanierung. Eine seitens des Kunden ausgefüllte Vollmacht berechtigt den Förderserviceanbieter, die gesamte Kommunikation mit dem Bafa zu übernehmen.
Dabei fungiert der Dienstleister auch als Energieeffizienzexperte, was bei bestimmten Maßnahmen eine wichtige Voraussetzung für die Förderung ist. Bei Maßnahmen an der Gebäudehülle sowie der Anlagentechnik muss der Antrag zusammen mit einem Energieberatenden erstellt werden. Entsprechend zertifizierte Experten sind bei den Serviceanbietern angestellt, viele Unternehmen wurden sogar von ehemals selbständigen Energieberatern gegründet.
Für die Kunden hat die Nutzung eines Fördermittelservices vor allem zwei Vorteile. Sie müssen sich nicht durch die Mühlen der Bürokratie quälen, weil alles für sie erledigt wird. Und sie sparen Geld, denn die Dienstleistung ist relativ kostengünstig. Zwischen 400 und 600 Euro ist für einen entsprechenden Service zu entrichten. Nehmen Sanierungswillige dagegen einen selbstständigen Energieberatenden dafür in Anspruch, kann dies deutlich teurer werden.
Für so manchen der selbständigen Energieeffizienzexperten sind solche Angebote daher ein Dorn im Auge. Dazu zählt Florian Henle aus der Nähe von München. Er sieht sein eigenes Geschäft gefährdet. Denn für einen Energieberatenden, der seinen Job gewissenhaft ausführt, sei der Aufwand relativ groß. Vor der Beantragung der Fördermittel stehe in der Regel ein Vor-Ort-Termin beim Kunden. Nach der Entscheidung für die Maßnahme kämen dann unter anderem die technische Vorbereitung sowie eine Planungsphase. In dieser werden zum Beispiel bei einem Fenstertausch unter anderem Lüftungs-, Luftdichtheits- und Wärmebrückenkonzepte entwickelt. Der Energieberater prüft außerdem, ob alle U-Werte stimmen und die richtigen Materialien verbaut werden.
„All diese Tätigkeiten finden sich natürlich im Angebot wieder, das der Energieberatende an seinen Kunden schreibt“, erklärt Henle. „Und wenn man seine Arbeit gründlich macht, dann kann der Aufwand relativ groß sein.“ Gerade Luftdichtheits- und Wärmekonzepte seien oft komplex, da die bauliche Situation vor Ort häufig mit Herausforderungen verbunden sei und genau begutachtet werden müsse. Bei einem Fördermittelservice seien diese Tätigkeiten dagegen erledigt, indem man im Auftrag ein paar Häkchen an der richtigen Stelle mache.
Konkret richtet sich seine Kritik gegen das Angebot des Unternehmens Febis. Auch dieses übernimmt für seine Kunden die komplette Beantragung der Fördermittel im Rahmen der BEG EM. Dafür füllt der Antragsteller wenige Seiten mit Angaben zum Projekt und den geplanten Maßnahmen aus. Ein Energieeffizienzexperte bei Febis prüft die Unterlagen und hält gegebenenfalls noch einmal Rücksprache mit dem Kunden.
Febis kooperiert mit dem Verband Fenster + Fassade (VFF), der seinen Mitgliedern – also den Fachbetrieben – in einem 20-minütigen Video auf Youtube erklärt, wie die Seiten für das vereinfachte Antragsverfahren auszufüllen sind. VFF-Geschäftsführer Frank Lange lobt dort den Fördermittelservice, weil damit Zuschüsse im Rahmen der BEG EM einfach beantragt werden könnten, ohne dass weitere Energieffizienzexperten notwendig seien.
Handwerker in der Pflicht
Für die Prüfung, ob die Maßnahme gemäß den Förderbedingungen durchgeführt wird, verlässt sich Febis auf die Angaben der Handwerksbetriebe. „Wir verpflichten den Fachunternehmer in einer frühen Phase per Unterschrift, dass er sich förderkonform verhält“, sagt Febis-Geschäftsführer Martin Kutschka. So erklärt der Fachbetrieb in einem Beiblatt des Fördermittelantrags bereits vorab, dass er sich an alle anerkannten Regeln der Technik halten und einen wärmebrückenminimierten und luftdichten Einbau aller Fenster durchführen wird.
Damit die Mittel nach der Sanierung fließen können, bestätigt Febis die fördergemäße Umsetzung der Maßnahme auf Basis der vorliegenden Handwerkerrechnungen, einer Fachunternehmererklärung und der Bestätigung der wahrheitsgemäßen Angaben aus dem Zuwendungsbescheid. Wird die korrekte Umsetzung irgendwann später einmal geprüft, steht das Fachunternehmen in der Verantwortung. „Wenn bei einer Prüfung zum Beispiel herauskommt, dass der Fachbetrieb eine deutlich schlechtere Wärmeleitgruppe eingebaut hat, ist er dafür haftbar, weil er die Maßnahme abweichend ausgeführt hat“, erklärt Kutschka.
Henle kritisiert hingegen, dass keine Energieberatenden vor Ort sind, um die Qualität der Sanierungsmaßnahme zu sichern. Mit seinen Bedenken ist er direkt an das Bafa herangetreten. In seiner Reaktion hat das Bundesamt darauf hingewiesen, dass Fördermittelberater keine Sonderrechte genießen würden, an geltende Richtlinien gebunden seien und Kontrollen seitens des Bafa bei jeder Maßnahme grundsätzlich möglich seien.
Auch Kutschka verweist darauf, ordnungsgemäß zu handeln: „Wir erhalten vom Eigentümer und vom Fachbetrieb alle relevanten Informationen, um den Kunden sicher zu einer funktionierenden Maßnahme zu bringen. Eine Baubegleitung ist keine Fördervoraussetzung für BEG EM.“ Bei komplexeren Projekten würde Febis aber empfehlen, auf einen Energieberatenden vor Ort zurückzugreifen, der diese begleitet. Das gelte zum Beispiel, wenn mehrere Maßnahmen parallel durchgeführt oder aus einem Bestandsgebäude ein Effizienzhaus gemacht werden sollten. „Wir konzentrieren uns nur auf Einzelmaßnahmen“, sagt Kutschka.
GIH hat Bedenken
Henle ist mit seinen Bedenken nicht allein. „Wir als GIH sind dafür, dass Vorhaben immer von einem Energieeffizienzexperten begleitet werden“, sagt Lennart Feldmann, der beim Energieberatendenverband GIH für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig und selbst als Energieberater tätig ist. Die Beratung sollte im Kundenkontakt stattfinden, was auch Ortstermine beinhalte, so Feldmann.
„Ich sehe es kritisch, wenn bei einem Fördermittelservice der Fördermittelantrag im Vordergrund steht und die Baubegleitung im Hintergrund“, fügt er hinzu. Für eine Qualitätssicherung seien Vorort-Termine notwendig – vor Maßnahmenbeginn, während der Durchführung und auch danach. Eine Fachunternehmererklärung, die bei förderfähigen Maßnahmen verpflichtend ist, kann nach Meinung von Feldmann die Baubegleitung nicht ersetzen. Er habe in seiner beruflichen Praxis schon häufig Fachunternehmererklärungen gesehen, die fehlerhaft gewesen seien. Wenn zum Beispiel in diesen ein bestimmter Dämmstoff aufgeführt werde, müsse sichergestellt sein, dass dieser auch tatsächlich verwendet worden sei. „Das muss natürlich ein Energieeffizienzexperte vor Ort prüfen, sonst ist das Ganze nicht seriös.“
Nach Ansicht von Feldmann wird bei Fördermittelservices eine Maßnahme hauptsächlich aus finanzieller Perspektive betrachtet und nicht aus Sicht der Energieeffizienz. „Beim Beispiel Fenster kann es dann etwa vorkommen, dass Synergieeffekte übersehen werden, die durch eine energetische Modernisierung zusätzlich erzielt werden könnten.“ Wenn kein Energieeffizienzexperte vor Ort sei, bestehe außerdem die Gefahr, dass bauphysikalische Betrachtungen zu kurz kommen würden. „Da ist dann zum Beispiel die Frage: Macht sich jemand Gedanken, ob die wärmegedämmte Dreifachverglasung überhaupt so in den Altbau passt?“
Kosten für Energieberatung im vierstelligen Bereich
Der finanzielle Vorteil, den Unternehmen wie Febis bieten, ist einer der Gründe, weshalb Energieberatende wie Henle Einbußen befürchten. Laut Feldmann kosten die Dienste eines klassischen Energieberatenden für eine Einzelmaßnahme in einem Einfamilienhaus zwischen 1.000 und 2.000 Euro. Damit ist diese Dienstleistung deutlich teurer als der Fördermittelservice von Febis, der bei 399 Euro liegt.
Den preislichen Unterschied verdeutlicht auch das Angebot von Renewa. Denn dieser Dienstleister bindet laut eigener Aussage bei jeder Fördermittelbeantragung einen bei der Deutschen Energie-Agentur gelisteten Energieeffizienzexperten ein, der unter anderem die Umsetzung der Maßnahmen vor Ort begleitet. Für die reine Beantragung der Fördermittel für BEG-Einzelmaßnahmen verlangt Renewa 570 Euro. Für die fachgerechte Baubegleitung und Qualitätssicherung während der Umsetzung fallen zusätzliche Kosten von 600 Euro an.
„Es liegt am Ende des Tages in der Entscheidung des Endkunden, ob er ein besseres Gefühl hat, wenn er von einem Energieberater vor Ort intensiver begleitet wird und dafür bereit ist, deutlich mehr Geld zu bezahlen“, sagt Kutschka. „Und wenn er glaubt, dass er bei einem spezialisierten Dienstleister wie Febis, der das günstiger umsetzen kann, auch sehr gut aufgehoben ist, dann ist das einfach der freie Markt.“ Wichtig sei das Ergebnis: ein zufriedener Kunde mit einer funktionierenden Energieeffizienzmaßnahme.
Möglicherweise sorgen Unternehmen wie Febis dafür, dass Hauseigentümer an die Sanierung ihres Gebäudes gehen, die sonst vom bürokratischen Aufwand abgeschreckt würden. Immerhin sind 2024 allein über Febis circa 6.000 Förderanträge gestellt worden. Für dieses Jahr rechnet Kutschka mit einer ähnlichen Zahl. Und Feldmann bescheinigt den Fördermitteldienstleistern eine Daseinsberechtigung, weil sie mit ihren vereinfachten und standardisierten Prozessen von vielen Kunden genutzt würden. „Wenn sich solche Unternehmen jetzt noch das Thema Qualitätssicherung auf die Fahne schreiben und eine Baubegleitung durchführen würden, wäre ich ein großer Fan von ihnen“, so der GIH-Experte.