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Supermarkt aus Holzbausteinen

Gesteckt und gedübelt

Die Architektur von Discountern und Supermärkten wie Aldi, Edeka, Lidl, Rewe & Co. führte in Deutschland von der Nachkriegszeit bis zur Jahrtausendwende ein recht stiefmütterliches Dasein. Ganz anders als beispielsweise die MPreis-Supermärkte in der Alpenregion, die bereits in den 1980er Jahren der gesichtslosen Zweckarchitektur den Rücken kehrten und den Aspekt der Nachhaltigkeit von den Lebensmitteln auf eine ressourcenschonende Bauweise und individuelles Shopdesign mit regenerativen Energiekonzepten übertrugen, verstellte der harte Preiskampf unter deutschen Discountern lange den Blick auf eine energetisch effiziente und nachhaltige Supermarktarchitektur. Die gebaute Konsequenz – fensterlose, bräsige Schuhschachteln mit flach geneigtem Satteldach – dominiert bis heute hundertfach die Ränder und Industriegebiete von Städten und Kommunen. Nachhaltig und flächensparend kann man die eingeschossigen Systembauten mit durchschnittlich 1.000 Quadratmetern Verkaufsfläche und 100 Stellplätzen drumherum wahrlich nicht nennen. Von einem regenerativen energetischen Konzept ganz zu schweigen.

Doch allmählich setzt ein Umdenken in den Konzernzentralen ein – Supermärkte in Städten werden mit Wohnungen aufgestockt, um dem Ruf nach verdichtetem Bauen gerecht zu werden (in Anbetracht der Mieteinnahmen lohnt sich sowas ja auch) und das langweilige Discountereinerlei verändert sich – wenn auch zögerlich – zu einer ansehnlichen und manchmal auch ressourcenschonenden Architektur.

Supermarkt aus rückbaubarem Massivholz-Bausystem

Ein besonders positiv hervorstechendes Beispiel für diese Entwicklung ist der sich aktuell in den letzten Zügen der Bauphase befindliche Edeka-Markt in Braunschweig-Lamme. Die regionale Zentrale in Minden-Hannover setzt bei dem Pilotprojekt auf ein komplett rückbaubares Massivholz-Bausystem. Entwickelt hat es das Tübinger Unternehmen Triqbriq.

Die sogenannten Briqs – mikro-modulare Holzbausteine aus kostengünstigem Industrie- und Kalamitätsholz sowie rückgebautem Altholz – werden mittels Robotertechnik im Werk präzise gefertigt, zur Baustelle gebracht, dort nach dem allseits bekannten Lego-Prinzip aufeinander gesteckt und über Buchenholzdübel miteinander verriegelt. Künstliche Verbindungsmittel sucht man bei dem Holzbausystem vergebens – die Innen- und Außenwände sind somit komplett rückbaufähig. Trocknungszeiten, wie man sie aus der konventionellen Massivbauweise kennt, fallen beim Zusammenstecken der Briqs nicht an, was den Bauprozess deutlich verkürzt.

Ein weiterer Vorteil des Systems ist die Flexibilität bei der Gestaltung der Wände. So ist es beispielsweise möglich, wie bei einem Mauerwerksmassivbau, Öffnungen auch noch nachträglich in die Wände einzubauen. Im Vergleich zu anderen Holzbauweisen, wie zum Beispiel dem Holzrahmenbau, sind mit dem Triqbriq-Holzbausystem eventuelle spätere Umbauwünsche deutlich einfacher umzusetzen – ein Umstand, der bei einem Supermarkt keine Seltenheit ist.

Neben den Wandkonstruktionen wurde auch das Dach komplett in Holzbauweise konzipiert. Anstatt der üblichen Stahltrapezbleche im Dachtragwerk sind in Braunschweig-Lamme jedoch Mehrschichtholzplatten verbaut. Ein geändertes statisches System ermöglichte kleinere Fundamente, was Beton und CO₂-Emissionen eingespart hat. Insgesamt kommt der Holzbau mit den Briqs aus Kalamitätsholz gegenüber einem konventionellen Massivbau mit halb soviel CO₂-Emissionen aus.

Vorzeigeprojekt für nachhaltiges Bauen

Für den Projektleiter Ben Balon ist der neue Edeka-Markt „nicht nur ein Ort für den täglichen Einkauf, sondern auch ein Vorzeigeprojekt für nachhaltiges Bauen. Die Verwendung von Holz als Baumaterial und das innovative Holzbausystem zeigen, dass es möglich ist, ein modernes Design auf eine nachhaltige Basis zu stellen.“ Auf das Dach des Marktes wird – wie inzwischen bei nahezu allen anderen Edeka-Märkten – eine Photovoltaikanlage installiert. Zudem ist ein ausgeklügeltes Konzept zur Mess-, Steuer- und Regelungstechnik vorgesehen, das alle Energieverbräuche im Objekt überwacht und energieeffizient steuert.

Wichtig ist dem Projektleiter der Kreislaufgrundsatz, denn eine Triq-briq-Konstruktion lässt sich theoretisch jederzeit wieder auf- und abbauen – somit ist der Rohbau komplett rückbaufähig. Neben dem Edeka-Markt wurde das Bausystem bislang nur bei einem Familienhaus in Frankfurt am Main in der Praxis getestet.

In Braunschweig-Lamme wird also zum ersten Mal ein Gewerbebau nach diesem Baukastenprinzip errichtet. „Dass dieser komplett rückbaufähig ist, ist für uns in dieser Form ein Novum. Ungeachtet dessen liegt die übliche Nutzungsdauer unserer Einzelhandelsimmobilien häufig bei 50 Jahren und mehr“, betont Balon und verweist darauf, dass Edeka bei seinen eigenen Neubauprojekten immer nach umweltfreundlichen Alternativen zur herkömmlichen Massivbau- und Stahlbetonbauweise sucht.

„Hierdurch entwickeln und erproben wir nachhaltige Standards, die wir dann gegebenenfalls vermehrt für künftige Standorte nutzen können. Nach Nauen in Brandenburg, wo der Edeka-Zukunftsmarkt entstanden ist, setzen wir in Braunschweig-Lamme damit auf einen weiteren Markt in Holzbauweise. Bei dieser neuen Massivholz-Bauweise sammeln wir wichtige Erkenntnisse, die in kommende Bauprojekte einfließen werden. Wenn das Projekt abgeschlossen ist und wir die Bauweise hinsichtlich Planung, Ausführung und Kosten bewerten können, wird entschieden, ob und an welchen Standorten sie ebenfalls infrage kommen kann.“ Die Eröffnung des rund 1.100 Quadratmeter großen Marktes im Westen von Braunschweig steht kurz bevor.

Die Briqs werden aus kostengünstigem Industrie- und Kalamitätsholz sowie rückgebautem Altholz hergestellt und wie Legosteine zusammengesteckt.

Bild: Christian Schwier

Die Briqs werden aus kostengünstigem Industrie- und Kalamitätsholz sowie rückgebautem Altholz hergestellt und wie Legosteine zusammengesteckt.
Das rückbaubare Holz-Massivbausystem könnte auch für weitere Edeka-Supermärkte infrage kommen, wenn die abschließende Analyse positiv ausfällt.

Bild: Christian Schwier

Das rückbaubare Holz-Massivbausystem könnte auch für weitere Edeka-Supermärkte infrage kommen, wenn die abschließende Analyse positiv ausfällt.
Der Star beim Richtfest in Lamme in Braunschweig war das Triqbriq-Holzbausystem – für Edeka der gebaute Ausdruck seiner Nachhaltigkeitsstrategie.

Bild: Edeka Minden Hannover, Thomas Meinicke

Der Star beim Richtfest in Lamme in Braunschweig war das Triqbriq-Holzbausystem – für Edeka der gebaute Ausdruck seiner Nachhaltigkeitsstrategie.
Die aufeinander gesteckten und über Buchenholzdübel miteinander verriegelten Wände kommen ohne künstliche Verbindungsmittel und Klebstoffe aus.

Bild: Christian Schwier

Die aufeinander gesteckten und über Buchenholzdübel miteinander verriegelten Wände kommen ohne künstliche Verbindungsmittel und Klebstoffe aus.
Der künftige Edeka-Slogan könnte lauten: Wir lieben Lebensmittel – und Holz.

Bild: Edeka Minden Hannover, Thomas Meinicke

Der künftige Edeka-Slogan könnte lauten: Wir lieben Lebensmittel – und Holz.

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