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Sommerumfrage

Berufsbild ist Topthema

Zum elften Mal hat der Gebäude-Energieberater 2023 seine Leserinnen und Leser gebeten, sich an der Sommerumfrage zu beteiligen. Mit über 740 Teilnehmenden haben wir einen neuen Rekord erzielen können. Wie immer waren Partner mit an Bord, die diesen Erfolg mit ermöglicht haben. In diesem Jahr das Energie- und Umweltzentrum am Deister (e-u-z) aus Springe, das Energie- und Umweltzentrum Allgäu (eza) aus Kempten, der Energieberatendenverband GIH, das Ökozentrum NRW aus Hamm, das Zentrum für Energie, Bauen, Architektur und Umwelt (Zebau) aus Hamburg und Zukunft Altbau aus Stuttgart.

Der Markt für Energieberatung ist in den vergangenen Jahren insgesamt enorm gewachsen. Im Vergleich 2020 und 2021 spricht die aktuellste Untersuchung der Bundesstelle für Energieeffizienz von einem Wachstum des Marktes für Energieaudits und Energieberatung von 37 Prozent. Insgesamt hat sich das Umsatzvolumen in diesem Zeitraum einer Milliarde Euro genähert. Vor allem die Vor-Ort-Beratung und die Beratung für Nichtwohngebäude konnten deutlich zulegen.

Die Untersuchung konstatierte 2021 ein insgesamt hohes Alter der Beraterinnen und Berater, sprach aber von einer langsamen Verjüngung. Das belegen auch andere Quellen. So sagte die Deutsche Energie Agentur, die die Energieeffizienzexpertenliste verwaltet, dass sich von September 2022 bis September 2023 2.100 Fachleute neu in die Liste eingetragen haben. Das wäre ein Zuwachs von fast 15 Prozent innerhalb eines einzigen Jahres.

Die beginnenden Veränderungen der Alterspyramide zeichnen sich auch in unserer Umfrage ab. 30 Prozent der Befragten geben an, erst bis zu fünf Jahre im Beruf zu sein (Abb. 2). Diese Frage haben wir auch 2019 gestellt. Da war der Anteil halb so hoch. Dieser Umbruch sei auch notwendig, betont Martin Sambale, Geschäftsführer des eza: „Die Umfrage belegt, vor welchen Herausforderungen wir stehen. Zum einen zeigt die Alterspyramide, dass wir für die Herausforderungen bei der Wärme- und Energiewende dringend Nachwuchs für die Energieberatung benötigen. Zum anderen spiegeln die Rückmeldungen auch die Notwendigkeit eines klaren Berufsbildes mit einem definierten und vor allem für junge Menschen attraktiven Zugang wider.“

Auf zwei Seiten der Medaille verweist Frank Hettler, Leiter von Zukunft Altbau: „Viele der derzeit aktiven Energieberatenden verfügen über eine langjährige Berufserfahrung. Das bedeutet aber leider auch, dass sich rund die Hälfte von ihnen in den nächsten zehn bis 15 Jahren altersbedingt aus der aktiven Berufsphase zurückziehen werden. Die Energieberatungsbranche als essenzieller Akteur auf dem Weg zum klimaneutralen Gebäudebestand hat ein massives Nachwuchsproblem.“

Einer der Gründe könnten auch die im Durchschnitt immer noch niedrigen Umsätze sein. Bei 40 Prozent der Befragten lag der Jahresumsatz mit Energieberatung unter 40.000 Euro
(Abb. 4). „Auffallend sind die relativ geringen Umsätze der Energieberaterinnen und Energieberater, die offensichtlich auf kleinem Fuß leben müssen, aber dennoch eine hohe Verantwortung für das Gelingen der Energiewende tragen“, beobachtet Peter Friemert von der Zebau. Die Zahl derjenigen mit mehr als 100.000 Euro Nettoumsatz pro Kopf und pro Jahr hat sich gegenüber vorhergehenden Umfragen vemindert. Das könnte an einer Verjüngung der Berufsgruppe liegen. Wer neu anfängt, tut dies in der Regel mit geringeren Stundensätzen als die „alten Hasen.“

Immerhin steigt aber der Anteil derjenigen, die mehr als die Hälfte ihres Jahresumsatzes mit Energieberatung erzielen, seit zehn Jahren kontinuierlich und beträgt mittlerweile deutlich über 55 Prozent. „Wenn der Hauptteil der Befragten 81 bis 110 Euro als Stundensatz erhält, ist das immerhin schon ein Beleg für die Anerkennung der Arbeitsleistung“, betont Friemert. Ein Drittel muss aber auch 2023 noch mit geringeren Beträgen auskommen (Abb. 6).

Berufsbild könnte schwarzen Schafen das Leben schwerer machen

Im Zentrum der Befragung standen in diesem Jahr die Themen Weiterbildung und Berufsbild. Das Berufsbild ist für zwei Drittel der Befragten wichtig, nur sieben Prozent halten es für unnötig. „Das zeigt uns, dass es richtig ist, auch zukünftig das Thema weiterzuverfolgen, und dass der Beruf der Energieberatenden geschützt werden sollte“, betont Benjamin Weismann, Geschäftsführer des GIH.

„Vor dem Hintergrund vieler schwarzer Schafe am Markt gewinnt die Forderung nach ausgewiesener Qualität und Integrität der Energieberaterinnen und Energieberater zum Beispiel durch ordnungsrechtliche Vorgaben eine wachsende Bedeutung“, unterstreicht Peter Friemert die Interessen der Kundinnen und Kunden.

Das stehe ganz im Einklang mit den Beobachtungen am Markt: „Ratsuchende sind oft verunsichert durch Haustürangebote und Schnellberatungen unqualifizierter Scheinexperten. Der bisherige Ansatz, keine anerkannte Berufsqualifikation für den Energieberater auszusprechen, hat sich nicht bewährt“, stellt er fest.

Der Wunsch nach einem definierten Berufsbild ist bei den Befragten auch deshalb groß, weil sie eine gute Qualität beim Berufszugang und in der Beratung wollen (Abb. 15). Auch die Verbesserung des Rufs der Branche, angeknackst durch reißerische Medienberichte, aber auch durch schwarze Schafe, waren wichtig. So wollen sich zehn Prozent durch eine Definition des Berufsbilds besser von schlecht ausgebildeten Konkurrenten abgrenzen können. Spannenderweise hat in unserer Befragung die Definition von Honoraren keine wichtige Rolle gespielt.

Einer Kammer kann weniger als die Häfte etwas abgewinnen

Bei der Frage, was denn ein solches Berufsbild beinhalten müsste, ging es den Befragten vor allem darum, die Tätigkeitsfelder genauer zu benennen, in denen Energieberatende untewegs sein können. Die Mehrheit sprach sich dabei für ein Qualitätssiegel aus. Nur etwas mehr als 40 Prozent konnte der Zulassung durch eine Kammer etwas abgewinnen (Abb. 14). Wichtig ist auch die Frage der Differenzierung am Markt durch Teilqualifizierung. Knapp die Hälfte der Befragten kann sich sogar eine Aufteilung der Energieberatung in einzelne Tätigkeitsfelder vorstellen. Mehr als der Hälfte ist eine klare Definition der Tätigkeitsfelder wichtig.

Bei den Themen, die Teil des Berufsbildes sein müssen, liegt der Fokus klar auf den klassischen Aufgaben in der Sanierung, der Beratung zu Einzelmaßnahmen und zur Sanierung von kompletten Gebäuden. Den Schwerpunkt sahen die Befragten dabei im Bereich der Wohngebäude. Wie zu erwarten, soll auch das leidige und volatile Thema der Förderung einen Platz haben, ebenso wie die Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Interessant ist, dass weniger als 17 Prozent das Thema Quartierskonzepte und Energieaudits für einen relevanten Bestandteil des Berufsbilds der Energieberatung halten. Das wird in den kommenden Jahren, auch mit der Wärmeplanung, sicher an Bedeutung gewinnen.

Energieberatende sind offen für Weiterbildung

Die Affinität zum Thema Weiterbildung zeigt, dass Energieberaterinnen und Energieberater eine hohe Motivation haben, ihre Arbeit gut zu machen und dazuzulernen. „Energieberaterinnen und -berater zeigen eine hohe Bereitschaft sich weiterzubilden, um allen neuen Entwicklungen in der Beratung gewachsen und gut aufgestellt zu sein“, erklärt Frank Hettler.

Sie müssen das tun, um ihre Listung in der Effizienzexpertenlisten zu verlängern, aber es ist ihnen auch etwas wert. Kostenlose Weiterbildungen werden honoriert, es gibt aber auch eine ebenso hohe Akzeptanz für bezahlte Kurse. Gut ein Drittel gibt mehr als 1.000 Euro jährlich für Weiterbildung aus (Abb. 12), die Hälfte der Befragen immer noch über 750 Euro.

„Onlinegestützte Fortbildungen stellen auch nach der Corona-Pandemie noch die meistbesuchten Weiterbildungen für die Befragten dar“, ergänzt Peter Friemert. Viele haben wohl die Vorteile erkannt: Es fallen keine Reisezeiten an, nur die Zeit der Weiterbildung selbst ist blockiert und lässt sich, vor allem bei Abendsveranstaltungen, besser mit dem Arbeitsalltag verbinden. Immerhin 64 Prozent sind inzwischen aber auch wieder in Präsenzseminaren untewegs. und schätzen den Kontakt zu Vortragenden und Teilnehmern.

„Insbesondere zu Weiterbildungsangeboten zum Thema „Denkmal“ werden noch Marktangebote vermisst“, konstatiert Peter Friemert nach einer Auswertung der Wunschliste aus unserer Umfrage, die wir hier aufgrund der vielen unterschiedlichen Themen nicht abbilden können, aber unseren Umfragepartnern zur Verfügung gestellt haben. Vielleicht ist der Wunsch nach mehr Weiterbildung zum Bereich Denkmal auch ein Hinweis darauf, dass der Umgang mit historischer Bausubstanz in den Fokus rückt.

„QNG wird immer wichtiger, auch wenn viele Energieberatende dafür noch nicht ausgebildet sind. Viele haben es aber vor, was auch in Zukunft eine wichtige Rolle spielen wird“, verweist Benjamin Weismann auf einen Trend, der gerade beginnt Fahrt aufzunehmen. Als verpflichtenden Teil des Berufsbilds sieht die Lebenszyklusanalyse im Moment nur ein Drittel (Abb. 16). Das könnte sich aber ändern, wenn in der Förderung mehr Wert auf das Thema Nachhaltigkeit gelegt wird, was sich in ersten Ansätzen abzeichnet.

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