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Marktuntersuchung

Wachstum und kein Ende?

Die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) untersucht gemäß § 9 Absatz 2 Nummer 5 Energiedienstleistungs-Gesetz (EDL-G) seit 2016 regelmäßig den Markt für Energiedienstleistungen, Energieaudits und andere Energieeffizienzmaßnahmen und erarbeitet Vorschläge zu deren weiteren Entwicklung. Dazu werden in jedem Jahr umfangreiche Befragungen auf der Seite der Nachfrage (Haushalte, Unternehmen und die öffentliche Hand) und auf der Seite des Angebots durchgeführt.

Im Jahr 2022 haben u. a. über 2000 Energieberaterinnen und Energieberater an der Befragung zur Marktuntersuchung teilgenommen. Mit Hilfe ihrer Angaben kann das aktuelle Marktgeschehen im Bereich der professionellen Energieberatung sehr gut abgebildet werden.

Erneut starkes Wachstum bei den Energieberatungen

Die wichtigste Erkenntnis ist, dass der Markt für Energieberatungen und Energieaudits auch im Bezugsjahr 2021 kräftig gewachsen ist. Das geschätzte Marktvolumen stieg gegenüber dem Vorjahr um 37 Prozent auf 893 Millionen Euro. Dabei sind insbesondere die Bereiche der Energieberatung für Nichtwohngebäude und für Wohngebäude die Wachstumstreiber. Bei den Wohngebäuden wuchs das Marktvolumen um über 70 Prozent, bei Nichtwohngebäuden hat es sich sogar verdoppelt.

Der Anstieg der aktiven Beraterinnen und Berater ist ein wichtiges Element für das Wachstum. Das sind nach Definition der Studie einerseits registrierte Energieauditorinnen und Energieauditoren und andererseits Energieberaterinnen und Energieberater, die in den vergangenen fünf Jahren mindestens einen Förderantrag gestellt haben. Die Zahl der „Aktiven“ stieg von 5000 Personen im Jahr 2019 und 8000 Personen im Jahr 2020 nun auf 9600. Damit steigt anteilig auch die Zahl an durchgeführten Beratungen, besonders im Bereich der Wohngebäude. Denn etwa 70 Prozent der Befragten bieten ausführliche Wohngebäudeberatungen vor Ort an, während es bei Energieaudits nur 28 Prozent sind. Pro Anbietenden, gerechnet in Vollzeitstellen, stieg auch die Anzahl der pro Jahr durchgeführten Beratungen. Besonders stark war dieser Anstieg im Bereich der Nichtwohngebäude, aber auch bei den Wohngebäudeberatungen wurden mehr Beratungen pro Vollzeitstelle durchgeführt. Mehr Aktive, die mehr Beratungen durchführen, sind daher das Resultat.

Erhebung EDL 2018 bis 2022, Umsatz Energieberatung basierend auf Anbietenden-Angaben

Ein Blick auf die Anbietenden

Betrachtet man die Altersstruktur der Anbietenden, zeigt sich gegenüber dem Vorjahr eine leichte Verjüngung. Der Anteil der Energieberaterinnen und Energieberater unter 30 Jahre und zwischen 30 und 59 liegt jeweils zwei Prozent höher als im Vorjahr. Die Struktur der Unternehmen, gekennzeichnet von vielen Klein- und Kleinstbetrieben mit wenig Mitarbeitenden, Umsätzen meist unter 500 000 Euro (über 80 Prozent) und mit den fachlichen Schwerpunkten Architektur, (Bau-) Ingenieurswesen oder Spezialisierung auf Energieberatung, hat sich in den vergangenen Jahren kaum verändert. Nur der Anteil der Handwerksbetriebe ist angewachsen. Das stützt die These, dass die zusätzlich Aktiven solche Personen sind, die schon die nötigen Qualifikationen hatten, ohne Energieberatungen und Audits als Bearbeitungsschwerpunkt zu sehen. Durch den erhöhten Bedarf, steigende Preise und erzielbare Stundensätze sind sie nun verstärkt im Feld der Energieberatung tätig. Dabei zeigt sich, dass weiterhin Raum für eine Ausweitung des Angebots möglich ist. Denn der durchschnittliche Anteil der Beratungsleistungen am Gesamtumsatz ist zwar in den vergangenen Jahren jeweils leicht gestiegen, liegt aber für das Jahr 2021 bei nur 36 Prozent.

Die Qualifikation der Anbietenden wurde während der Erhebungen 2022 nicht abgefragt. Aus den Marktstudien der vergangenen Jahre ist aber bekannt, dass sich die Teilnehmenden an der Befragung durch eine hohe Qualifikation und Spezialisierung auszeichnen. Etwa drei Viertel hatte ein Hochschulstudium abgeschlossen und die anderen zumeist eine handwerkliche Ausbildung. Auch Zusatzqualifikationen waren häufig. Fast alle der befragten Energieberaterinnen und Energieberater nutzen gezielt Angebote zur Fortbildung. Dabei sind Schulungen zum Sanierungsfahrplan und technische Fortbildungen am häufigsten genannt. Etwa ein Drittel der Befragten hat sich zu Energieaudits, Energie- oder Umweltmanagementsystemen, etwa ein Viertel zu Rechtsfragen fortgebildet. Schulungen in Bereich von Marketing oder Kommunikation sind weiterhin ­selten.

Erhebung EDL 2022, Anbietende von Energieberatungen, n=1.591 Mehrfachantworten möglich

Entwicklung der Verkaufspreise und Stundensätze ­uneinheitlich

Ein genauerer Blick in die Marktkennzahlen zeigt bei den Verkaufspreisen ein uneinheitliches Bild. Energieaudits und Energieberatungen für Nichtwohngebäude verzeichnen seit Jahren kontinuierliche Steigerungen der Verkaufspreise, während Beratungen für Anlagen und Systeme oder Wohngebäudeberatungen sowohl bei den umfangreicheren Beratungen als auch bei den Energiechecks ein stabiles Preisniveau aufweisen.

Da sich jedoch nach Angaben der Befragten gleichzeitig der durchschnittliche Aufwand pro Beratung deutlich verändert hat, ergibt sich bei den erzielten Stundensätzen ein anderes Bild. Bei aufwendigeren Beratungen für Unternehmen hat sich ein recht stabiles Niveau eingestellt, wobei mit Beratungen für Nichtwohngebäude die höchsten Stundensätze erzielt werden. Wohngebäudeberatungen dagegen erzielen im Laufe der letzten Jahre zunehmend höhere Stundensätze und schließen vom Niveau her langsam zu den Unternehmensberatungen auf.

Weil die Preise gleichzeitig stabil bleiben und pro Vollzeitstelle mehr Beratungen durchgeführt werden, lässt sich auf eine zunehmende Professionalisierung schließen. Der Bedarf auf Seiten der Nachfrage wird also nicht allein durch die Zahl der aktiven Anbietenden gedeckt, sondern auch durch die Art und Weise, wie Beratungen durchgeführt und bearbeitet werden. Entsprechend verstärkt sich auch ein Trend der vergangenen Jahre, dass Privathaushalte als Kunden an Bedeutung gewinnen. Annähernd zwei Drittel der Befragten halten sie für die wichtigste Kundengruppe, in deutlichem Abstand gefolgt von der Immobilienwirtschaft.

Erhebung EDL 2019 bis 2022, Anbietende von Energieberatung

Förderlandschaft

Der Markt für Energieberatung ist stark beeinflusst durch öffentliche Förderprogramme auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene. Durch die Untersuchungsmethodik reagieren die Marktkennzahlen stark auf Entwicklungen der Förderlandschaft insbesondere auf Bundesebene. So liegt der Anteil staatlich geförderter Beratung bei umfangreicheren Wohngebäudeberatungen beim Kunden bei etwas mehr als drei Viertel. Das Förderprogramm Energieberatung für Wohngebäude der Bafa hat dabei eine herausragende Stellung. Die Antragszahlen spiegeln die Entwicklung des Marktvolumens für Wohngebäudeberatung gut wider. Es wird außerdem sehr deutlich, dass durch eine beinahe Verdopplung der Antragszahlen im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr, ein weiteres Marktwachstum wahrscheinlich ist.

Die starke Entwicklung der Antragszahlen im Förderprogramm wird unterstützt durch ergänzende Anreize wie dem fünfprozentigen Bonus auf BEG-Förderungen im Zusammenhang mit der Nutzung von individuellen Sanierungsfahrplänen. Auch das neu aufgebaute Förderprogramm der BAFA Energieberatung Nichtwohngebäude verzeichnet 2022 einen Zuwachs an Anträgen. Im Modul 1 (Energieaudits) wuchs die Zahl der Anträge von 3.200 im Jahr 2021 auf nun 4000. Im Modul 2 (Din V 18599) stieg die Antragszahl von 1950 auf 2300. Es ist also nicht nur der Bereich der Wohngebäudeberatung, der für 2022 ein weiteres Wachstum des Marktvolumens verspricht.

Entsprechend rosig ist für die befragten Energieberaterinnen und Energieberater der Marktausblick. Jeweils mehr als 90 Prozent glauben an einen wachsenden Markt für Beratungen für Unternehmen und Haushalte und 84 Prozent gehen auch bei Beratungen für die öffentliche Hand von einem Wachstum aus. Eine so positive Einschätzung der zukünftigen Marktentwicklung hat die Marktuntersuchung noch nie gezeigt. Sie ist sogar erstmals seit Beginn der jährlichen Marktbeobachtungen besser als der Ausblick für die ebenfalls betrachteten Energiedienstleistungsbereiche Contracting und Energiemanagement.

Quelle: BAFA Förderstatistik

Grenzen des Wachstums?

Der Marktausblick der Anbieterseite ist sehr gut, und die Antragszahlen großer Förderprogramme verheißen ebenfalls weiteres Wachstum. Gleichzeitig zeigen auch die Befragungen der Nachfrageseite im Rahmen der Marktbeobachtung, dass Potenzial für eine zusätzliche Nachfrage vorhanden ist. So geben zwei Drittel der befragten Eigentümerhaushalte an, noch überhaupt keine Energieberatung genutzt zu haben. Bei Mieterhaushalten sind es sogar 77 Prozent. Wichtigster Grund für die Nichtnutzung ist ein (gefühlt) fehlender Beratungsbedarf, weil keine Baumaßnahmen anstehen oder Gebäudefragen ohne Berater bzw. Beraterinnen geklärt werden. Ebenfalls häufig genannt wird die Befürchtung, Beratungen seien zu teuer oder wiesen einen zu geringen Mehrwert auf.

Allerdings gehören niedrige Energiekosten als Grund für fehlenden Sanierungs- und Beratungsbedarf der Vergangenheit an. Wurde dieser Grund im Jahr 2021 noch von 37 Prozent der befragten Eigentümerhaushalte noch ohne Energieberatung genannt, waren es 2022 nur noch elf Prozent. Auf Seite der Unternehmen waren es ebenfalls fast zwei Drittel, die noch keine externe Energieberatung oder ein externes Energieaudit genutzt hatten. Allerdings gab über die Hälfte der befragten Unternehmen ohne genutzte Beratung an, Effizienzmaßnahmen auch in Eigenregie planen und umsetzen zu können.

Kann die Nachfrage mit weiterem Wachstumspotenzial gedeckt werden? Eine wesentliche Frage in diesem Zusammenhang ist, wie viele Akteure der Markt eigentlich hat. ­Zumindest bisher ergeben sich aus der Marktbeobachtung keine Hinweise auf einen Mangel beim Angebot. So geben nur fünf Prozent der kleinen und mittleren Unternehmen und zwei Prozent der großen Unternehmen, die befragt wurden, an, dass der Grund für die Nicht-Inanspruchnahme von Energiedienstleistungen das Fehlen passender Anbieter ist. Bei befragten Kommunen sind es drei Prozent. Immerhin sieben Prozent der Eigen­tümerhaushalte ohne Energieberatung geben an, dass sie nicht wissen, an wen sie sich wenden können. Das ist jedoch nicht gleichbedeutend mit einem wirklich fehlenden Angebot. Ein Teil dieser Befragten verfügt vermutlich nur nicht über die nötigen Informationen. Die Aussagen in Richtung Angebotsmangel haben sich in den vergangenen Jahren auch nicht erhöht. Und die Marktbeobachtung zeigt, dass parallel zur wachsenden Nachfrage die Zahl der aktiven Energieberaterinnen und Energieberater stieg und weiteres Potenzial vorhanden ist.

Ausblick und Dank

Für die Marktbeobachtung der BfEE werden auch zukünftig jährliche Studien durchgeführt. Wir bedanken uns für die großartige Beteiligung von Energieberaterinnen und Energieberatern und Energieauditorinnen und Energieauditoren und hoffen auch in den nächsten Jahren auf Ihr Wissen und Ihre Meinung zurückgreifen zu dürfen.

Erhebung EDL 2019 bis 2022, Anbietende von Energieberatung

Weitere Ergebnisse der Markterhebung

Am 25. Januar 2023 stellten die BfEE und das Konsortium externer Gutachter (Prognos, ifeu-Institut und Kantar) die Ergebnisse der Markterhebung von 2022 in einem Workshop vor. Sie können die Studienergebnisse gerne im Endbericht nachlesen, die Aufzeichnungen der Präsentation im Bafa-YouTube Kanal ansehen oder Auswertungen zu einzelnen Gruppen nachschlagen. Alle Informationen werden auf www.bfee-online.de im Bereich „Energiedienstleistungen / Allgemeine Marktkennzahlen“ veröffentlicht.

GEB Dossier

Grundlegende Informationen zum -Thema -finden Sie auch in -unserem Dossier Energieberatung mit -Beiträgen und News aus dem GEB:

geb-info.de/energieberatung

Dominik Jessing
arbeitet als Projektleiter am ifeu-Institut Heidelberg im Fachbereich Energie. Sein Arbeitsschwerpunkt sind Evaluationen.

Bild: ifeu-Institut Heidelberg

Anja Happ
studierte Soziologie und Wirtschaftswissenschaften und war wissenschaftliche Mitarbeiterin der Universität Jena. Seit 2013 ist sie Referentin im Bafa und seit 2021 in der BfEE. Ihre Schwerpunkte sind Märkte für Energiedienstleistungen und Energieeffizienz.

Bild: Bundesstelle für Energieeffizienz

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