Bei Energieserviceanbietern (ESA) handelt es sich um spezialisierte Dienstleister, die zwischen Anschlussnutzer und Messstellenbetreiber stehen. Sie stellen ihren Kunden auf Basis von Energiedaten, die sie im Rahmen der Marktkommunikation beschaffen können, nützliche Informationen für die Optimierung und Einsparung von Verbräuchen zusammen. Dazu gehören Analysen und Visualisierungen sowie Energiemanagementlösungen.
Die im Oktober 2022 eingeführte Marktrolle ist ein direktes Ergebnis des steigenden Bewusstseins für Umweltfragen sowie des Bedarfs an kosteneffizienten und nachhaltigen Energielösungen – und damit ein weiterer logischer Schritt auf dem Pfad der Liberalisierung im deutschen Energiemarkt. Doch was genau verbirgt sich hinter der Marktrolle und was kann sie für die Energiewende leisten?
Ein neuer Akteur für Energieeffizienz tritt auf
Im Rahmen der aktuell gültigen Marktkommunikation fragt der Energieserviceanbieter im Auftrag des Anschlussnutzers dessen Verbrauchswerte beim Messstellenbetreiber (MSB) an, wofür eine Einwilligung vorzulegen ist. Grundsätzlich ist der Datentransfer vom Anschlussnutzer und über den „Umweg“ Messstellenbetreiber nur möglich, wenn eine registrierte Lastgangmessung oder ein intelligentes Messsystem (Smart Meter) vorliegen.
Daher beschränken sich aktuell die Geschäftsfelder von Energieserviceanbieter mehrheitlich (noch?) auf gewerbliche Kunden. In Zukunft, das heißt sobald die sternförmige Marktkommunikation vollständig umgesetzt ist, soll er die Messwerte direkt über das Smart-Meter-Gateway (SMGW), die Kommunikationsschnittstelle eines intelligenten Messsystems, beziehen können. Im Fokus der ESA-Aktivitäten stehen die Tarifanwendungsfälle TAF 7 zur Übermittlung von Zählerstandsgängen und TAF 14 zur Bereitstellung von hochfrequenten Messwerten für Mehrwertdienste.
Die Tätigkeit der Energieserviceanbieter stieß zunächst auf Schwierigkeiten, wenn Daten vom Messstellenbetreiber nicht standardisiert bereitgestellt werden konnten, weil zum Beispiel seine IT-Infrastruktur die automatisierte Ausleitung nicht vorsah. Inzwischen läuft die Kommunikation weitgehend flüssig, Optimierungsbedarf besteht allenfalls noch bei Datenformat und Schnelligkeit. Manche Stadtwerke als grundzuständige Messstellenbetreiber bieten mit einer eigenen ESA-Seite auf ihrem Internetauftritt schon vorbildlichen Zugang und Service.
Wesentlich ist, dass Energieserviceanbieter nach dem im Mai 2023 in Kraft getretenen Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende [1] ein Recht darauf haben, Daten diskriminierungsfrei zu erhalten. Zuletzt hat die Bundesnetzagentur im Februar 2024 nochmals ausdrücklich klargestellt, dass Messstellenbetreiber zur Übermittlung von Messwerten an Energieserviceanbieter verpflichtet sind. Dienstleister in der Energieberatung können durch die Übernahme der Marktrolle ihre Position also wesentlich stärken.
Energieeffizienzgesetz verstärkt den Druck
Seit 1. Januar 2024 ist das Energieeffizienzgesetz [2] in Kraft. Es setzt wesentliche Anforderungen aus der laufenden Novelle zur EU-Energieeffizienzrichtlinie [3] um. Ziel ist, dass die öffentliche Hand und die Wirtschaft ihren Endenergieverbrauch im Vergleich zu 2008 um 24 Prozent senken.
Energieintensive Unternehmen mit einem Endenergieverbrauch von über 7,5 Gigawattstunden im Jahr müssen bis zum 1. Juli 2025 ein Energie- und Umweltmanagementsystem nach ISO 50001 oder dem europäischen Umweltmanagementsystem EMAS [4] implementieren, falls noch nicht vorhanden (siehe auch GEB 01-2025, Energiemanagement – amtlich abgenickt). Der Aufwand, ein Energiemanagementsystem einzuführen, ist zwar erheblich, doch auf der Haben-Seite stehen Kosteneinsparungen, Umweltverträglichkeit, rechtliche Konformität und ein gutes Unternehmensimage.
Kleinere Unternehmen mit einem Verbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden pro Jahr müssen Effizienzmaßnahmen in einem Umsetzungsplan definieren und veröffentlichen sowie ein Energieaudit durchführen, sofern sie nicht bereits über ein Energie- und Umweltmanagementsystem verfügen. Neben der Gesetzgebung, die nach und nach „die Schrauben anzieht“, haben steigende Preise und volatile Märkte den Umgang mit Energie zu einer Top-Priorität der Geschäftsführungen werden lassen. Da inhouse meist die entsprechende Expertise fehlt, müssen sie externe Dienstleister heranziehen.
Vom Energieberater zum Energieserviceanbieter
Dabei handelt es sich bei Dienstleistern im Energiemanagement um nichts genuin Neues. Energieaudits durch qualifizierte externe oder interne Auditoren waren laut Energiedienstleistungsgesetz [5] bereits seit 2015 für große Unternehmen (Nicht-KMU) verpflichtend vorgeschrieben. Stellgrößen sind technischerseits zum Beispiel die Gebäudeisolierung, die effizientere Nutzung von Heizungs-, Lüftungs- und Klimaanlagen sowie der Abwärme und begleitend die Sensibilisierung und Schulung der Mitarbeitenden. Dabei wird immer auf Verbrauchsdaten aus der Vergangenheit zurückgegriffen, denn selbst bei Unternehmen mit einer registrierenden Leistungsmessung (RLM) liegen die Daten häufig nur monatlich vor.
Der wesentliche Schritt und der Unterschied zu einem Energiemanagementsystem eines Energieserviceanbieters besteht darin, dass Verbrauchsdaten über Smart Meter und die Marktkommunikation automatisiert, standardisiert und hochfrequent vorliegen. Damit lassen sich Energieverbräuche und -kosten systematisch und „in Echtzeit“ messen, transparent erfassen, analysieren und kontinuierlich verbessern, um damit die Energiekosten sowie CO2-Emissionen nachhaltig zu senken. Ebenso können die Unternehmen auf die Preisentwicklung der zunehmend volatilen Strommärkte flexibel reagieren.
Die meisten Energieserviceanbieter setzen bei ihrer Tätigkeit auf der eines klassischen Energieberatungsunternehmens auf: So haben sie die Zertifizierung nach ISO 50001 mit im Angebot ebenso wie interne Audits gemäß ISO 19011. Personalschulungen zu Energiethemen allgemein und zum jeweiligen Energiemanagement gehören ebenso zum Angebot wie die Klimaberichterstattung auf Basis des Carbon Footprints. Auch die Beratung zu staatlichen Fördermöglichkeiten inklusive der Antragstellung ist häufig Teil des Dienstleistungsportfolios.
In wenigen Schritten zur neuen Marktrolle
Für die Marktrolle des Energieserviceanbieters lässt man sich beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft registrieren (BDEW) beziehungsweise über die Website der energiecodes-services.de der Firma Energie Codes & Services, wo sich ein BDEW-Code beziehungsweise eine Marktpartner-ID beantragen lässt.
Im zweiten Schritt schließen der Energieserviceanbieter und der Messstellenbetreiber eine Vereinbarung über den elektronischen Datenaustausch. Viele Messstellenbetreiber haben die entsprechenden Dokumente auf ihrer Internetseite hinterlegt. Diesem Rahmenvertrag wird die Einwilligungserklärung des Anschlussnutzers beigefügt, dass der Energieserviceanbieter die Daten abfragen darf. Auch hierfür hält der BDEW ein Standardformular bereit, das von vielen Messstellenbertreibern vorausgesetzt wird. Es handelt sich insgesamt um einen unaufwändigen Prozess, der in wenigen Tagen abgeschlossen sein kann.
Für die Umsetzung der Datenbestellungen über die vorgeschriebenen Prozesse und Formate der Marktkommunikation (Electronic Data Interchange for Administration, Commerce and Transport – EDIFACT) bedarf es üblicherweise einer energiewirtschaftlichen Software. Wer eine potenziell umfangreiche Neuinstallation vermeiden möchte, ist beispielweise mit der cloudbasierten Lösung Makoflow von Mako365 gut bedient (Abb. 1).

Mako365
Die Plattform dient als „Übersetzungshilfe“ zwischen dem EDIFACT-Format und gängigen Datenverarbeitungsformaten wie Excel oder CSV. Zugang zu der bedienungsfreundlichen Oberfläche schafft ein einfaches Lizenzabonnement. Hier können Messstellen unkompliziert per Datei-Upload oder manuell eingepflegt, Verbrauchsdaten angefragt und in den genannten Formaten heruntergeladen werden. Alternativ übernimmt eine Schnittstelle per API das Andocken und dann die automatisierten Datenübertragungen – eine Erleichterung der Abläufe dort, wo es um größere Datenmengen und häufige Abrufe geht.
Es geht noch einfacher: Für Energieberater, die die Registrierung und den Umgang mit einer weiteren Plattform scheuen, bietet Mako365 den Datentransfer auch über seine eigene ESA-Marktrolle als Produkt ESA-managed-Service an. Die Daten werden sicher und einfach über eine standardisierte API-Schnittstelle zur Verfügung gestellt. Sie können dann je nach Bedarf ausgewertet, visualisiert oder für weitere Anwendungen genutzt werden. ESA-managed-Service ist damit eine schnelle und einfache Einstiegsmöglichkeit, um Messdaten zu erhalten, ohne selbst die Marktrolle ESA einnehmen zu müssen.
Vielfältige Einsatzbereiche der neuen Marktrolle
Theoretisch betrachtet kann die Palette der Leistungen eines Energieserviceanbieters von der reinen Datenbereitstellung über die Datenauswertung und Energieeffizienzberatung bis hin zum Betrieb von EE-Anlagen und einer Optimierung von Energiemanagement-Gesamtlösungen gehen. ESA sind Berater und Dienstleister für Unternehmen aller Größen und Branchen. Darunter sind, was wohl auf der Hand liegt, Unternehmen der produzierenden Industrie mit einem hohen Energieeinsatz für ihren Maschinenpark.
Dazu kommen Unternehmen kleiner und mittlerer Größe, die sich – im Gegensatz zu hochintensiven Energieverbrauchern – meist noch nicht sehr lange mit Energiemanagement befassen. Auch der Handel, das Gesundheitswesen und die öffentliche Hand sind dabei. Erscheint der Energieverbrauch in einer einzelnen Einrichtung vielleicht noch wenig relevant, bedarf die aufsummierte Menge dann doch einer Effizienzprüfung, und seine Verwaltung über mehrere Standorte hinweg ist eine komplexe Herausforderung.
Beispiele für die Immobilienwirtschaft
Stromverbrauchsdaten sind unabdingbar für eine korrekte Abrechnung von Mieterstrom. Das im Mai 2024 verabschiedete Solarpaket 1 brachte einige Verbesserungen für Mieterstrom durch Bürokratieabbau und erleichterten Zugang, und es ist zu wünschen, dass der Gebäudesektor seinen Rückstand in der Erreichung der Klimaziele aufholen kann. Dienstleister für die Wohnungswirtschaft wie die Firma ABM Messdienst nehmen die ESA-Rolle an, um Verbrauchsdaten von Mieterstromprojekten beschaffen und sauber abrechnen zu können.
Das Unternehmen Empact hat seine ESA-Aktivitäten ebenfalls auf die Immobilienwirtschaft ausgerichtet und bietet für Gebäudekomplexe und Quartiere umfassende Pakete an, die mit der Gesamtplanung dezentraler und regenerativer Energiesysteme inklusive der Finanzierung und der Installation der PV- und E-Mobilität-Hardware weit über das reine Energiemanagement hinausgehen. Adressaten sind Immobiliengesellschaften oder Unternehmen mit mehreren oder komplexen Gebäuden. Dabei geht es nicht zuletzt auch um die Werthaltigkeit von Immobilien und die Nachhaltigkeit von Investitionen.
Chance nutzen
Die Marktrolle Energieserviceanbieter mit klar definierten Pflichten und Rechten eröffnet durch die Automatisierung und Standardisierung der Datenübertragung in der Marktkommunikation neue Möglichkeiten für einen nachhaltigen Umgang mit Energie. Was technokratisch klingt, ist unabdingbare Voraussetzung für die Dienstleistungen der Energieserviceanbieter – nämlich Verbrauchsdaten in Echtzeit erfassen und verarbeiten zu können.
Die Verfügbarkeit von Energiedaten spielt somit eine wichtige Rolle in der Energiewende, weil (Groß-)Verbraucher damit in die Lage versetzt werden, Energie und Kosten einzusparen und sich durch die zeitliche Verlagerung von Verbräuchen netzdienlich zu verhalten. Energieserviceanbieter tragen ihren Teil dazu bei. Wenn sich Umwelt- und Klimaschutz auch wirtschaftlich lohnen, stehen die Chancen gut, dass sie ihren berechtigten Platz im Unternehmensmanagement ausbauen und festigen können.
Literatur
[1] Gesetz zum Neustart der Digitalisierung der Energiewende: https://t1p.de/GEB250561
[2] Gesetz zur Steigerung der Energieeffizienz in Deutschland (Energieeffizienzgesetz – EnEfG): https://t1p.de/GEB250562
[3] EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED): https://t1p.de/GEB250563
[4] Eco-Management and Audit Scheme (EMAS): https://www.emas.de
[5] Gesetz über Energiedienstleistungen und andere Energieeffizienzmaßnahmen (EDL-G): https://t1p.de/GEB250564
GEB Dossier
Grundlegende Informationen zum Thema finden Sie auch in unserem Dossier Energiemanagement mit Beiträgen und News aus dem GEB:
www.geb-info.de/energiemanagement