Auf den Internetseiten von Energieberatern finden sich Aussagen wie die folgende: „Modernes, energetisch hoch anspruchsvolles Bauen und Sanieren erfordert den Einsatz hochwertiger, aufeinander abgestimmter Materialien, besondere handwerkliche Sorgfalt und ein abgestimmtes Bauen. Insbesondere die Anschlüsse der verschiedenene Gewerke sind zu beachten. Am Ende der Baumaßnahme lässt sich deren Qualität häufig aber gar nicht mehr feststellen. Denn viele der zuvor erbrachten Leistungen wurden im weiteren Bauablauf wieder überdeckt. Ein sachverständiger Berater behält schon während der Bauphase im Blick, ob die Güte der einzelnen Arbeiten und die eingesetzten Materialien den vertraglich zugesicherten Leistungen entsprechen, und fordert notfalls Nachbesserungen ein.“
Hier werden hohe Erwartungen beim Kunden geweckt. Wer solche Leistungen anbietet, sollte sich auch über die Haftungsrisiken im Klaren sein. Dass ein Architekt als Bauleiter für eine fehlerhafte Bauüberwachung haftet, ist jedem klar. Wie ist es aber, wenn keine Bauleitung im Sinne einer umfassenden Bauüberwachung angeboten wird, sondern eine sogenannte Baubegleitung?
Der Begriff „Baubegleitung“ ist nicht gesetzlich definiert. Es bestehen gravierende Fehlvorstellungen über die Haftungsrisiken. So schreibt ein Energieberater auf seiner Internetseite: „Der Baubegleiter steht als Berater zur Seite (begleitet), er ist nicht weisungsberechtigt und kann auch für fehlerhafte Bauausführungen nicht haftbar gemacht werden.“
Diese Aussage ist eindeutig falsch. Ein Energieberater, der die Umsetzung der von ihm empfohlenen energetischen Maßnahmen begleitet, haftet dem Bauherrn wie ein mit der Bauüberwachung beauftragter Architekt. Das gilt sogar dann, wenn eine Bauüberwachung nicht ausdrücklich vereinbart war (LG Koblenz, Urteil vom 01.03.2013 – 8 O 134/12).
In dem entschiedenen Fall hatte der Energieberater ein Wärmedämmverbundsystem (WDVS) empfohlen und einen Energiebedarfsausweis erstellt. Nach Abschluss der beratenden Tätigkeit hatte er auch eine Baubegleitung angeboten, die – obwohl nicht ausdrücklich beauftragt – erbracht wurde. Unter anderem führte er den Schriftverkehr mit den Firmen und die Abnahmen mit der Fassadenfirma und der Heizungsfirma durch. Auch prüfte er zumindest eine der Schlussrechnungen und gab diese zur Zahlung frei. Abgerechnet hatte der Energieberater dafür nichts.
Später zeigten sich Mängel am Wärmedämmverbundsystem: Eine unzureichende schlagregendichte Ausbildung des Übergangs zur Dachkonstruktion führte zum Eindringen von Feuchtigkeit. Aufgrund der fehlerhaften Ausführung konnte Wasser hinter das WDVS laufen und dadurch Feuchtigkeit in das Mauerwerk eindringen.
Für Gerichte ist auch die Baubegleitung in der Regel ein Werkvertrag
Das Gericht hielt den Energieberater für diese Mängel voll verantwortlich, da sie bei ordnungsgemäßer Bauüberwachung hätten entdeckt werden können. Den Einwand, es sei gar keine Bauüberwachung vereinbart gewesen, ließ das Gericht nicht gelten. Der Energieberater habe faktisch Bauleitungstätigkeiten ausgeführt, sodass eine stillschweigende Vereinbarung anzunehmen sei. Auch eine Haftungsmilderung wegen fehlender Abrechnung der Leistungen (Gefälligkeitsdienst) komme nicht in Betracht, da der Bauherr darauf vertrauen dürfe, dass trotz fehlender Vergütungsabrede die Baubegleitung fachlich richtig ausgeführt werde.
Handelt es sich um eine Einzelentscheidung oder würden andere Gerichte genauso urteilen? Grundsätzlich sehen die Gerichte auch eine sogenannte Baubegleitung als Werkvertrag an, mit der Konsequenz, dass als „Erfolg“ eine vertragsgerechte und funktionstüchtige Bauleistung herzustellen ist, und der Baubegleiter hierauf hinzuwirken hat. Das wurde vom Bundesgerichtshof schon im Jahr 2002 für die Tätigkeit des TÜV entschieden.
In dem dort abgeschlossenen Vertrag hieß es unter anderem: „Diese monatlichen Baustellenbesuche sind eine gutachterliche Erfassung von Mängeln, Abweichungen von den einschlägigen DIN-Vorschriften und den Regeln der Baukunst. (…) Die Ergebnisse eines jeden Baustellenbesuches werden in einem Bericht erfaßt. Die Mängelerfassung während der Bauausführung ist eine Präventivmaßnahme. Sie hat stichprobenartigen Charakter und ersetzt in keinem Fall die Bauüberwachung nach der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure.“
Der Hinweis hat dem TÜV nicht geholfen. Der Bundesgerichtshof (BGH) argumentierte, dass auch (nur) stichprobenartige Kontrollen eine erfolgsbezogene, auf die Erfassung der bei der jeweiligen Begutachtung erkennbaren Mängel gerichtete Tätigkeit seien. Auch der in Nr. 7 des Vertrags enthaltene Haftungsausschluss für vollständige Mangelfreiheit ändere nichts daran, dass die Mängelerfassung bei den Baubesuchen dergestalt geschuldet war, dass die vorhandenen (und erkennbaren) Mängel festzustellen waren. Würden erkennbare Mängel nicht festgestellt, führe das zu Haftung des baubegleitend tätigen TÜV (BGH, Urteil vom 11.10.2001 - VII ZR 475/00).
Es gibt zahlreiche Urteile zur Haftung von Gutachtern, die baubegleitende Kontrollen durchgeführt haben. Ein Gutachter hatte etwa übersehen, dass auf der Bodenplatte keine Folie gegen aufsteigende Feuchtigkeit eingebaut worden war. Nachdem die Baufirma insolvent wurde, nahmen die Bauherren den Gutachter für den Schaden in Anspruch. Das Honorar des Gutachters für sieben Baustellenbesuche hatte 1000 Euro betragen, der Schadenersatzanspruch der Bauherren betrug 82 000 Euro (OLG Oldenburg, Urteil vom 20.02.2007 – 12 U 57/06).
Dass der Energieberater als Baubegleiter gegenüber den Handwerkern oder Lieferanten nicht offiziell weisungsbefugt ist, ändert nichts an der Haftung. Hierauf hatte sich eine Firma berufen, die Untersuchungen von auf die Baustelle geliefertem Beton übernommen hatte. Ein Vertrag über eine „betontechnologische Betreuung“ stelle sich als Werkvertrag da, entschied das Gericht (OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.04.2018 – 22 U 93/17). Das Gericht argumentierte, dass die Sachverständige den gelieferten Frischbeton zu prüfen gehabt habe und dessen Annahme hätte verweigern müssen, als Abweichungen festgestellt wurden. Durch die Überwachungstätigkeit habe sie die Rügepflicht gegenüber dem Betonlieferanten übernommen.
Haftungsrisiken vermeiden oder wenigstens verringern
Vertragliche Regelungen, dass der Auftragnehmer „keine Haftung für nicht erkannte oder verdeckte Mängel übernimmt“ oder dass „eine Haftung für Schadenersatzforderung jedweder Art infolge nicht erkannter, verdeckter oder sonstiger Mängel nicht besteht“, sind unwirksam, wenn der Energieberater diese standardmäßig in seine Angebote/Verträge aufnimmt. Wird eine Vertragsklausel nämlich mehrfach verwendet, handelt es sich um „Allgemeine Geschäftsbedingungen“.
Gemäß § 309 Ziffer 8b) im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) sind Einschränkungen der Gewährleistungsverpflichtung gegenüber den gesetzlichen Gewährleistungsregelungen unwirksam. Das Argument, man sei bereit gewesen, über alle Vertragsregelungen zu verhandeln, lassen die Gerichte nicht gelten – zu Recht: Wer sich vorformulierte Vertragsregelungen ausdenkt, die seine Haftung beschränken sollen, ist regelmäßig nicht bereit, die Regelungen aus dem Vertrag zu streichen. Damit gelten die Regelungen als „einseitig gestellt“. Die genannte BGB-Vorschrift gilt zwar nur für Verträge mit Verbrauchern, im Ergebnis gilt aber gegenüber Unternehmen als Kunden nichts anderes.
Auf Haftpflichtversicherungsschutz achten
Die Haftung kann nur durch eine enge Eingrenzung des Leistungsumfangs beschränkt werden. Wenn also eine Haftungsbeschränkung in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen nicht funktioniert, kann die Haftung nur durch eine enge Eingrenzung des vertraglich geschuldeten Leistungsumfanges beschränkt werden. Denkbar wäre etwa, dass der Energieberater anbietet, den Bauherren bei der Einholung von Angeboten zu unterstützen und die Ausführung der Leistungen zu kontrollieren, jedoch ausdrücklich beschränkt auf die Übereinstimmung der Angebote und der Ausführung mit den gesetzlichen Vorgaben sowie den Vorgaben der Förderrichtlinien.
Es empfiehlt sich die Klarstellung, dass die Übereinstimmung von Angeboten und Ausführung mit sämtlichen Normen, Zulassungen und Herstellervorgaben nicht Gegenstand der Kontrolle ist. Die Kontrolle und Freigabe von Handwerkerrechnungen sollte nicht angeboten werden. Ist der Leistungsumfang entsprechend eingeschränkt, wird dadurch auch die werkvertragliche Erfolgshaftung wirksam beschränkt.
Das gilt aber nur unter der Voraussetzung, dass der Vertrag dann auch so „gelebt“ wird. Wer als Energieberater bei Vertragsabschluss sagt, ich kontrolliere nicht auf Übereinstimmung mit den Normen und Herstellervorgaben, dies aber später dann doch tut und z. B. Mängel bezüglich Verklebung oder Putzdicke des WDVS rügt, andere Mängel aber übersieht, kann erneut in die Haftung hineinkommen. Hiergegen würde nur helfen, wenn der Energieberater dem Bauherren schreibt, dass er Mängel an den Leistungen einer ausführenden Firma festgestellt hat, aber dazu klarstellen möchte, dass dies eigentlich nicht sein Leistungsumfang ist und er keine Haftung dafür übernehmen will, dass nicht noch andere Mängel vorhanden sind und er alle etwa vorhandenen Mängel entdeckt hat.
Nach der Rechtsprechung muss der Energieberater dem Bauherrn deutlich machen, dass er für ihn eine vertraglich nicht geschuldete Leistung als Gefälligkeit erbringt, dafür nichts abrechnen wird und deshalb auch keine Haftung dafür übernehmen will, alle etwaigen Mängel zu finden. Dieses kann auch noch nach Vertragsabschluss vereinbart werden, wenn der Energieberater merkt, dass er mehr an Aufgaben übernehmen soll als ursprünglich gedacht. Unabhängig hiervon sollte jeder Energieberater auf einen ausreichenden Haftpflicht-Versicherungsschutz achten, damit auch Planungs- und Bauleitungstätigkeiten versichert sind.