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Unterstützung bei der ­Entscheidungsfindung

Entscheiden ist Teamarbeit

Entscheidungsfindung ist das Dauerthema in jedem Unternehmen. Im Bereich Energie sind auf lange Sicht richtige Lösungen häufig scheinbar Glückstreffer, angesichts des rasanten technischen Fortschritts, vor allem aber angesichts sich laufend ändernder, schwer prognostizierbarer politischer Vorgaben.

Sicherlich gibt es unkomplizierte Fälle, mit eindeutig guten und weniger guten Alternativen, in denen sich Auftraggeber schlicht auf die Expertise des Energieberaters verlassen sollten. Ebenso aber Situationen, die aufgrund unvollständiger Informationen, komplexer, unvorhersehbarer Einflüsse und veränderter Wahrnehmungen und Bewertungen eine Entschlussfindung schwierig machen.

Teams anstelle von Einzelnen

Dann sollte insbesondere gewerblichen Kunden empfohlen werden, die Lösung im Team zu suchen, mit dem Energieberater als Teammitglied. Dass bei Einzelpersonen die Entscheidungsqualität schwankt ist eine Binsenweisheit, und der bekannte Versuch mit dem mit Murmeln gefüllten Glas bestätigt sie: Soll ein einzelner Versuchsteilnehmer oder eine kleine Gruppe von Teilnehmern die Anzahl der Murmeln schätzen, liegen die Schätzwerte häufig deutlich daneben. Je mehr Personen jedoch befragt werden, desto besser trifft das gemittelte Ergebnis die tatsächliche Anzahl.

Allgemein darf man gute, vor allem ausgeglichenere Entscheidungen von einer größeren Gruppe erwarten, wobei die Qualität der Resultate wächst, wenn möglichst heterogene Gruppen zusammenarbeiten. Unternehmen setzen diese Herangehensweise mit divers aufgestellten Projektteams um, die nicht formal abnicken, sondern gemeinsam und kritisch-konstruktiv die optimale Lösung suchen. Hierbei folgen sie am besten dem „Entscheidungsprotokoll“, welches ein strukturiertes Vorgehen ermöglicht und die Entscheidungsqualität signifikant steigert, wie Daniel Kahneman nachwies [1], Träger des Wirtschaftsnobelpreises.

Wie man es nicht machen sollte

In der Praxis läuft es allerdings gerade in inhabergeführten Unternehmen, wie sie die mittelständische deutsche Wirtschaft prägen, ganz anders. Ein Entscheider hat eine Idee, lässt in persönlichen Gesprächen einen „Testballon“ steigen. Diese Idee wird anschließend weiterentwickelt, wobei diejenigen Mitentscheider involviert werden, mit deren Zustimmung gerechnet wird.

Die gegenseitige Unterstützung der jeweiligen Vorschläge und Gedanken, in Form von „Deals“, ist oftmals Bestandteil dieser informellen Vorbereitung. Die Verantwortlichen wissen um die Sinnhaftigkeit anderer Ansichten und Perspektiven, fordern diese sogar ausdrücklich ein, präferieren aber, bewusst oder unbewusst, ihre eigene Perspektive. Für den einen Entscheider stellt der Umweltschutz eine zentrale Aufgabe des Unternehmens dar, für den anderen ein notwendiges Übel.

Wie verhalten sich die übrigen Beteiligten, wenn der Inhaber eine Idee präsentiert? Erweist sie sich als erfolgreich, haben sie keinen Nutzen durch die Zustimmung, stehen aber dumm da, wenn sie sich ablehnend äußerten. Misslingt die Umsetzung, profitiert man kaum davon, der einsame Rufer in der Wüste gewesen zu sein; bei einer Zustimmung sind allerdings auch keine Nachteile zu befürchten, schließlich hat der Inhaber die Idee vorgebracht.

Viele Ideen sammeln

Gute Entscheidungen kommen so nicht zustande. Zumal wenn nur eine Person die Unternehmensleitung innehat, gilt es in besonderem Maße, die Ansichten Dritter einzufordern und anschließend zu berücksichtigen. Kein Mensch ist völlig neu-tral und unvoreingenommen. Einer möchte Vorreiter in puncto Energieeffizienz sein, ein anderer lieber abwarten. Man liest Fachveröffentlichungen, trifft den Anbieter einer bestimmten Lösung, kennt Berufskollegen, die vor vergleichbaren Problemen standen, und kennt den geglückten oder missglückten Ausgang.

Nun glaubt jeder grundsätzlich an die Sinnhaftigkeit und Durchsetzbarkeit des eigenen Vorschlags, dennoch sollte eine Ablehnung nicht negativ aufgefasst werden. Im Gegenteil, viele neue Ideen sind gut, ja notwendig, auch wenn die Ablehnung nach gründlicher Erwägung häufiger als die Umsetzung ist. Um eine Analogie aus dem Fußball aufzugreifen: Spiele werden in der Offensive gewonnen, Meisterschaften in der Defensive.

Entscheidungsprotokoll anfertigen

Entscheider möchten alle relevanten Kriterien einbeziehen, nur gelingt dies dem Einzelnen selten. Ein Techniker hat eine andere Perspektive als ein Betriebswirt, wer seinen Arbeitsschwerpunkt auf den Vertrieb legt, sieht die Dinge anders als derjenige, der auf die Produktqualität achten muss. Das Controlling hat einen anderen Blick als der Effizienzexperte. Dennoch gibt es Möglichkeiten der Objektivierung, welche der Energieberater zumindest empfehlen kann.

Dazu wird eine Checkliste mit allen notwendigen Perspektiven und Informationen zusammengestellt, woraus sich einzelne Dimensionen ableiten lassen, wie Kosten, Umweltschutz und Außenwirkung. Die Zuständigkeit für die einzelnen Dimensionen wird verschiedenen Mitarbeitern zugewiesen, in kleineren Unternehmen kann notfalls ein Einzelner mehrere Dimensionen übernehmen. Zusätzlich können Externe mit einbezogen werden: der Steuerberater bei den Finanzdaten, der kürzlich ausgeschiedene Produktionschef bei der Technik, ein externer Vertriebspartner beim Unternehmensimage. Außenperspektiven objektivieren die Informationssammlung. Wenn beispielsweise eine neue Technologie zum Einsatz kommen soll, werden sich Berufskollegen finden, die diese bereits einsetzen. Wenn eine Anlage länger als üblich betrieben werden soll, wird es ebenso Unternehmen geben, die die „alten Schätzchen“ noch nutzen. Ein neues, vergleichbares Produkt wird eventuell schon von Wettbewerbern angeboten.

Entscheidungssitzung organisieren

Die Zusammenführung einzelner, isolierter Standpunkte führt zu besseren Entscheidungen als die gemeinsame Entscheidungsfindung unter gegenseitiger Beobachtung. Wichtig ist daher, dass kein Teammitglied andere im Vorfeld beeinflusst, weshalb auch informelle Gespräche über die eigene Einschätzung unterlassen werden sollten. Was nicht als „Geheimniskrämerei“ verstanden werden sollte, sondern der Verbesserung der Entscheidungsqualität dient.

In der Entscheidungssitzung wird dann tatsächlich entschieden. Dazu bringt der Initiator die Bereitschaft mit, seine Idee zu „beerdigen“, wenn es sinnvoll ist. Unterschiedliche Bewertungen der einzelnen Dimensionen sollen und werden zu Diskussionen führen. Dabei stellt der Informationsaustausch, nicht der Meinungskonsens das Ziel dar. Anschließend gibt jeder Teilnehmer seine Bewertung ab. Hier reicht eine einfache Quantifizierung mit Werten von 0 bis 10 aus. Die Bewertung erfolgt verdeckt, wobei spezielle Apps benutzt, aber auch einfach Zettel ausgefüllt werden können. Die Anonymität wird ernstgenommen, es wird weder zum Nachbarn herübergeblinzelt noch das Stirnrunzeln des Unternehmensleiters berücksichtigt. Die Ergebnisse werden übersichtlich auf einer Tafel festgehalten. Selbstverständlich sollte der Energieberater, falls erforderlich, bestimmte Punkte klar und deutlich als „K.-o.-Kriterien“ identifizieren. Nach Abschluss der Diskussion erfolgt eine erneute, wiederum anonymisierte Bewertung, auf Basis der Bewertungen der Einzelpunkte. Jetzt geht es nur noch darum, ob das Projekt durchgeführt wird oder nicht.

Aufs Bauchgefühl hören

Im Laufe des gesamten Prozesses darf und sollte durchaus jeder ebenso auf sein Bauchgefühl hören und damit auch argumentieren. Damit nicht etwa die „Schere im Kopf“ ein Projekt verhindert oder der Hinweis eines erfolgreichen Berufskollegen zur überstürzten Umsetzung führt, sondern nach intensiver Würdigung der Fakten die Erfahrung sämtlicher Teammitglieder in die Entscheidung einfließt.

Weiterhin sollten die Ergebnisse der Diskussion im Rahmen der Umsetzung genutzt werden, zeigen diese doch kritische Punkte auf, an denen besonders engmaschig begleitet und kontrolliert werden sollte. Ein knappes „Nein“ kann dazu führen, dass besonders kritische Variablen weiter beobachtet werden und bei einer signifikanten Veränderung das Projekt erneut zur Entscheidung vorgelegt wird, ein knappes „Ja“ dazu, dass die Entscheidung in drei oder sechs Monaten erneut vorgelegt wird.

Literatur:

[2] Gigerenzer, Gerd: Risiko, C. Bertelsmann, München, 2013

[1] Kahnemann, Daniel; Sibony, Olivier; Sunstein, Cass: Noise, Siedler, München, 2021

GEB Dossier

Grundlegende Informationen zum -Thema -finden Sie auch in -unserem Dossier Energieberatung mit -Beiträgen und News aus dem GEB:

www.geb-info.de/-energieberatung

Thomas Schneider
ist Diplom-Kaufmann und verantwortet die Compliance bei einem mittelständischen Stahlgroßhändler in Essen.

Bild: Thomas Schneider

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