In einer Masterarbeit wurde am Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) Heidelberg der Weiterentwicklungsbedarf des individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP) analysiert. Inhalt, Didaktik und Layout sollten – wo sinnvoll – erhalten und – wo nötig – gestrafft, geändert oder neu entworfen werden. Maßgeblich dafür war eine Online-Umfrage im Oktober 2022 unter Energieberater:innen, auch über den GEB-Newsletter, um die Meinungen und Erfahrungen eben jener einzuholen, die tagtäglich mit dem iSFP und seinen Kund:innen arbeiten.
Rund 80 Prozent der Energieberater:innen geben an, der iSFP würde „immer“ (4 Prozent), „oft“ (39 Prozent) oder „manchmal“ (37 Prozent) zu mehr Sanierungsschritten als von den Kund:innen ursprünglich angedacht führen. Demnach erfüllt er im Durchschnitt sein Kernziel, die Sanierungsaktivitäten zu erhöhen. Zugleich äußerten viele Energieberater:innen aber auch den Wunsch, das Instrument weiterzuentwickeln. Dieser Artikel stellt Auszüge aus den Umfrageergebnissen und eine kleine Auswahl der Optimierungsvorschläge vor.
Aktuell adressiert der iSFP neben der Konsistenz der Gebäudeenergetik (Erneuerbare Energien) vor allem die Effizienz. Im Vordergrund steht dabei die Gebäudehülle. Die konsequente Vorbereitung eines Gebäudes auf den Einbau von Wärmepumpen (oder, wo vorhanden, auf den Anschluss an Niedertemperatur-Wärmenetze), unter anderem durch eine Absenkung der Vorlauftemperatur, wird bislang nur beiläufig an zwei Stellen im gesamten iSFP thematisiert.
Vor dem Hintergrund der ab 2024 beim Einbau neuer Wärmeerzeuger geltenden 65-Prozent-Regel sowie dem wirtschaftspolitisch beschlossenen Wärmepumpenhochlauf mit dem Ziel, 500 000 Wärmepumpen pro Jahr zu verbauen, wurden die Energieberater:innen zu diesem Thema befragt. 64 Prozent sprechen sich dafür aus, Analyseschritte zu Niedertemperatur- und Wärmepumpentauglichkeit im iSFP fest zu verankern. Zugleich zeichnet sich aber auch die Frage nach dem (zu hohen) Mehraufwand für die damit einhergehenden Heizlastberechnungen und den dafür nötigen Software-Features ab.
In einer anschließenden Nachfrage an diese 64 Prozent der Befürworter:innen, wie dies geschehen solle, findet sich eine knappe Mehrheit für eine verpflichtende Analyse von Maßnahmen zur Temperaturabsenkung (55 Prozent) sowie zur Berechnung der raumspezifischen Heizlasten (62 Prozent) und deren Gegenüberstellung mit den vorhandenen Heizkörpern/-flächen (51 Prozent).
Entsprechend wurde im Neuentwurf des iSFP – zumindest als optionale Leistung – eine Tabelle zu den Raumheizlasten (siehe unten) sowie die Etablierung eines Niedertemperatur-Readiness-Standards (NT-ready) vorgeschlagen. Der Sanierungsfahrplan sollte folgerichtig in den relevanten Gebäuden Vorschläge zur Temperaturabsenkung unterbreiten.

Bestmöglich-Prinzip
Das Bestmöglich-Prinzip, wie es das iSFP-Handbuch derzeit definiert, ist noch nicht mit den zwischenzeitlich aktualisierten Zielen eines vollständig dekarbonisierten Gebäudebestandes im Jahr 2045 kompatibel. Die Bestmöglich-Regel sollte daher auch vor dem Hintergrund der europäischen Diskussion um Mindestanforderungen an Bestandsgebäude überarbeitet werden.
Suffizienz
Im Gegensatz zur Konsistenz und Effizienz behandelt der iSFP die Suffizienz (Frage nach dem „richtigen Maß“ bei Konsum- und Nutzungsverhalten) bisweilen so gut wie gar nicht. Lediglich unter „Tipps für die Nutzung Ihres Gebäudes“ werden der Thematik ein paar Sätze zum Heizen und Lüften gewidmet. Die Befragung zu diesem Thema zeigt, dass die Energieberater:innen hierbei zögerlicher vorgehen als bei der Vorlauftemperaturabsenkung.
Nur gut die Hälfte gibt an, Suffizienz „immer“ (23 Prozent) oder „oft“ (30 Prozent) bei Energieberatungen zu thematisieren; weitere 38 Prozent antworteten mit „manchmal“. In den Kommentaren zeichnen sich durch alle Antwortgruppen hindurch Bedenken ab, Suffizienzthemen könnten von Verbraucher:innen als bevormundend empfunden werden, weshalb sie nur bei gewissen Personen (teilweise) behandelt werden.
Die Nachfrage mit Mehrfachauswahl an die 91 Prozent, die mit „immer/oft/manchmal“ geantwortet haben, wie sie Suffizienz in der Praxis thematisieren, zeigt, dass über Nutzungstipps (80 Prozent) und eine allgemeine Sensibilisierung der Verbraucher:innen (76 Prozent) hinaus weitere Beratungsthemen wie Flächenverbrauch, Personenanzahl, flexible Nutzungsmöglichkeiten von Räumen und ähnliches nur von einer Minderheit von grob 20 bis 30 Prozent in der Praxis thematisiert werden.
Die Wohnraumsuffizienz wurde dezent in die Anforderungssystematik des Neuvorschlags integriert. Außerdem wurden weitere Textvorschläge für die Sensibilisierung der Verbraucher:innen im Glossar von Teil III (siehe unten) erarbeitet.
Struktur und Layout
Außerdem wurde gefragt, wie der iSFP für Lai:innen verständlicher werden könnte. Als überraschendes Ergebnis spricht sich eine knappe Mehrheit der Befragten für eine Zusammenführung von Sanierungsfahrplan und Umsetzungshilfe zu Einem aus. Außerdem befürworten 47 Prozent eine Vereinheitlichung der Anforderungssystematiken; also derjenigen Parameter, anhand derer ein Gebäude energetisch bewertet wird. Im iSFP sind das aktuell vor allem der Primärenergiebedarf und der spezifische Transmissionswärmeverlust; im Energieausweis werden die Effizienzklassen hingegen über den Endenergiebedarf definiert. Dieses Thema geht jedoch weit über den iSFP hinaus.
Der Neuentwurf des ifeu basiert auf einer Zusammenlegung zu einem Dokument, um ihn sowohl für die Verbraucher:innen zugänglicher zu machen, als auch den Energieberater:innen die Erstellung zu erleichtern. Um dennoch Übersichtlichkeit herzustellen, wurde er in vier Abschnitte unterteilt. Teil I bis III sind dabei für die Verbraucher:innen vorgesehen. Als vierter Teil folgen bauliche und technische Details. Darüber hinaus wurde das Layout überholt und das Erscheinungsbild homogenisiert.
„Teil I: Übersicht“ soll den Verbraucher:innen einen niederschwelligen Einstieg ermöglichen und einen Überblick zu den Kernthemen des iSFP geben. Dafür werden primär Bilder, Grafiken und Übersichtstabellen verwendet und die Texte möglichst prägnant gehalten.
„Teil II: Maßnahmenpakete“ soll den Verbraucher:innen ausschließlich als eine Art Gebrauchsanweisung dienen, wie die einzelnen Maßnahmenpakete schrittweise umgesetzt werden können und welche Fachleute dafür zu kontaktieren sind. Sämtliche darüber hinausreichende Informationen und (zu) technische Parameter werden auf die beiden nachfolgenden Abschnitte ausgelagert.
„Teil III: Erläuterungen“ stellt ein mehrseitiges, individuelles Glossar für die Verbraucher:innen dar. Hier können sämtliche Hintergrund- und Zusatzinfos untergebracht werden, die für Teil I oder II zu weitreichend wären, wie beispielsweise Grundsätzliches über Gebäudeenergetik, Bauphysik und die gewählten Technologien, die Förderlandschaft oder Nutzungstipps.
Mit der „Technischen Dokumentation“ folgt der letzte Abschnitt mit allen technischen Details, die für Verbraucher:innen nur noch optional und stattdessen für eingebundene Fachleute und das Bafa gedacht sind. Neu ist dabei vor allem eine Extra-Seite für die Raumheizlasten und Heizkörperleistungen. Sie bezieht sich auf die oben beschriebene Einführung eines NT-ready-Standards.
Die Behandlung des Themas Wirtschaftlichkeit im Sanierungsfahrplan wird – obwohl das Handbuch für Energieberater:innen hier verschiedene Optionen zulässt – kritisch gesehen. Die Energieberater:innen thematisieren die geringe Validität von langfristigen Wirtschaftlichkeitsdarstellungen aufgrund der sowohl aktuell hochdynamischen als auch langfristig kaum abschätzbaren Energiepreisentwicklung. Das Angeben der Sowieso-Kosten wird teilweise kritisch bewertet, da diese für Verbraucher:innen nicht intuitiv verständlich seien und große Spielräume bei der Bewertung der Höhe des Ohnehin-Anteils bestehen.
Weitere Entwicklungsvorschläge betreffen die Digitalisierung durch Schaffung einer Schnittstelle zu einem Gebäudekataster, die Integration von Elementen nachhaltiger Sanierungsmaßnahmen und Baustoffen sowie eine Weiterentwicklung der Berechnungsmethode nach DIN V 18599 zur Verringerung der Abweichungen zwischen Energiebedarf und -verbrauch. Ein wichtiges Element ist auch eine Vereinfachung der Bedienbarkeit der Software und der Schnittstellen zwischen den Energieberatungsprogrammen und der iSFP-Druckapplikation sowie die lange Abwicklungszeit der iSFP-Förderung.
Fazit
Der Neuentwurf wurde an die aktuellen Themen des Gebäudesektors angepasst. Gleichzeitig konnte – trotz Reduktion der Seitenanzahl von etwa 50 auf 37 – eine sowohl quantitative als auch qualitative Steigerung des Informationsgehalts, eine optische Aufwertung und sprachliche Verschlankung erzielt werden. Dabei gilt es stets abzuwägen zwischen Verständlichkeit und Zugänglichkeit einerseits und fachlich-technischer Präzision andererseits. Die Anpassungen sollen dazu beitragen, dass der iSFP den Beratungsempfänger:innen – auch in einem zuletzt sehr bewegten Umfeld – kurz- und langfristige Orientierung bietet.
