Im Zuge der vielfach diskutierten und schon in einigen Bundesländern umgesetzten Solarpflicht rücken Solar-Gründächer, die Kombination von Photovoltaik und Dachbegrünung, immer mehr in den Fokus. Und das zu Recht, wenn man die vielen positiven Wirkungen begrünter Dächer betrachtet. Dachbegrünung und Solartechnik – sowohl Photovoltaik als auch Solarthermie – lassen sich dauerhaft funktionsfähig kombinieren, wenn bestimmte Regeln in der Planung, Ausführung und Instandhaltung beachtet werden. Es muss also kein Zielkonflikt entstehen, wenn Landes- und Kommunalpolitik um Dachflächen diskutieren. Solar-Gründächer bieten multifunktionale Nutzungsmöglichkeiten.
Wie ein Solar-Gründach aufgebaut ist
Der grundsätzliche Aufbau von auflastgehaltenen Solar-Gründächern sieht oberhalb einer geeigneten Dachkonstruktion mit wurzelfester Dachabdichtung wie folgt aus (Abb. 1): Eine Schutzlage dient als Schutz der Dachabdichtung. Als Grundelement für Solar-Gründächer wird in der Regel eine Basisplatte zur Verfüllung und Lastaufnahme verwendet. Die Basisplatte hat meist sowohl Dränungs- als auch Wasserspeicherfunktionen. Eine durchgehende, störungsfreie Entwässerung muss sichergestellt sein – entweder durch die Basisplatte selbst oder eine darunterliegende Dränageschicht.
Auf der Basisplatte ist das Modul-Montagesystem mit dem benötigten Neigungswinkel befestigt. Das Gesamtsystem ist durch Modultragschienen miteinander verbunden. Die Solarmodule werden auf Schienen gelegt und durch Modulklemmen gehalten. Die Basisplatten sind mit Substrat verfüllt und erhalten damit ihre Standfestigkeit. Die Vegetationstragschicht kann durchgehend auf gleicher Aufbauhöhe von etwa 8 bis 10 Zentimetern über die komplette Dachfläche eingebaut werden – abhängig von Begrünungsart, Vegetationsziel und bei auflastgehaltenen Systemen von der erzielenden Mindestauflast.

Bild: Bundesverband GebäudeGrün

Bild: Bundesverband GebäudeGrün
Warum sich Dachbegrünung positiv auf die Photovoltaik auswirkt
Dachbegrünungen bringen neben positiven Wirkungen wie beispielsweise Regenwasserrückhalt (Überflutungsvorsorge) und Kühleffekten (Hitzevorsorge) auch bestimmte Vorteile, die bei einer Kombination mit Photovoltaik besonders ins Gewicht fallen.
Steigert Ertrag: Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass durch die Verdunstungsleistungen von Dachbegrünungen ein Kühleffekt entsteht. Im Gegensatz zu anderen sich stark aufheizenden Oberflächenmaterialien bleibt bei der Begrünung die Oberflächentemperatur nahe an der Außentemperatur. Der Kühleffekt der Dachbegrünung kann dazu beitragen, die Aufheizung der PV-Module zu mindern.
Demnach ergeben sich bei Dachbegrünungen in Kombination mit Solaranlagen Vorteile und Ertragssteigerungen gegenüber nicht begrünten Dächern. Ein genauer Wert lässt sich jedoch nicht ermitteln, da dies vom jeweiligen Objekt abhängig ist, das heißt vor allem von Faktoren wie Lage, Substrataufbau und Modulverlegung.
Schützt Dachabdichtung: Die Dachbegrünung schützt im Gegensatz zu nicht begrünten Flächen die empfindliche Dachabdichtung nicht nur vor Extremtemperaturen und Hagelschlag, sondern auch vor Trittbelastung bei Wartungsgängen. Die Reparatur- und Sanierungsanfälligkeit ist deutlich geringer, wenn die Dachabdichtung durch eine Begrünung geschützt ist.
Bei auflastgehaltenen Systemen zur Kombination von Dachbegrünung und Solaranlage sind zudem Dachdurchdringungen oder sonstige Eingriffe in die Dachabdichtung und Gebäudesubstanz nicht notwendig. Damit lassen sich kostenaufwändige und schadensanfällige Dachabdichtungsarbeiten vermeiden.
Vermeidet Punktlasten: Da auflastgehaltene Solar-Gründachsysteme durch die gleichmäßige Lastverteilung des Substrates gehalten werden, entfallen Punktlasten (beispielsweise durch Betonplatten), wie sie bei herkömmlichen Montagesystemen Anwendung finden.
Einfach zu verlegen: Solar-
Gründachsysteme sind Bestandteil des Gründachaufbaus und können inklusive des Montagesystems für die Solarpaneele vollständig vom Dachbegrüner installiert werden. Dabei sind die Systeme vergleichsweise leicht, dennoch stabil und verwehsicher. Unter Berücksichtigung der notwendigen Auflasten benötigen die Montagesysteme keinen zusätzlichen Windverband.
Steigert Biodiversität: Auch ein Solar-Gründach kann einen Beitrag zum Artenschutz leisten. Bei einem entsprechenden Schichtaufbau und bei entsprechender Pflanzenauswahl kann ein Biodiversitätsgründach geschaffen werden. Aufgrund der unterschiedlichen Licht-Schatten- und Feuchtigkeitsverhältnisse durch die PV-Module entstehen auf dem Dach verschiedene Standortbedingungen, die zusätzlich zu einer Erhöhung der Artenvielfalt von Flora und Fauna beitragen können.

Bilder: Bundesverband GebäudeGrün
Worauf bei Solar-Gründächern zu achten ist
Damit die Kombination aus Photovoltaik und Dachbegrünung für beide Seiten nachhaltig funktioniert, ist eine fachgerechte Planung, Ausführung und Instandhaltung notwendig. Um ein Abrutschen der Systeme zu vermeiden, darf die Dachneigung bei auflastgehaltenen Systemen beispielsweise nicht mehr als fünf Grad betragen. In Kombination mit Dachbegrünungen müssen die Dachabdichtungen als wurzelfest nach dem FLL-Prüfverfahren beziehungsweise der DIN EN 13948 Norm nachgewiesen sein. Die Wärmedämmung muss ausreichend druckstabil und belastbar sein. Bei Umkehrdächern ist die Bauphysik und eine dampfdiffusionsoffene Bauweise zu beachten.
Die Zusatzbelastung durch eine Photovoltaik- oder eine Solarthermieanlage beträgt etwa 20 bis 60 Kilogramm pro Quadratmeter. Bei Dachbegrünungen müssen zusätzlich das Gewicht des Gründachaufbaus und der Vegetation von etwa 100 bis 150 Kilogramm pro Quadratmeter berücksichtigt werden. Die Wahl des Gründachaufbaus hängt bei auflastgehaltenen Solarständerungen davon ab, welche Auflast sie zur Lagesicherung benötigen.
Beachtet werden sollten ausreichend große Abstände zwischen Substratoberfläche und Modulunterkante von mindestens 20 Zentimetern. Je nach gewählter Pflanzenauswahl empfiehlt es sich, die Abstände auf 30 Zentimeter zu vergrößern.
Damit die Solarmodule nicht verschattet werden, sind niedrigwüchsige Pflanzen mit einer maximalen Wuchshöhe von 15 bis 20 cm und dichtem Flächenschluss zu empfehlen, zum Beispiel Sedum-Moos-Kräuter-Begrünungen. Durch die Höhe des Gründachaufbaus und des Substrats lassen sich Pflanzenauswahl und Vegetationsentwicklung in Abhängigkeit der regionalen Gegebenheiten beeinflussen. Grundsätzlich gilt: Je höher der Gründachaufbau, desto mehr Wasser speichert er und desto höher kann die Vegetation ausfallen.
Auch wenn die geringe Substrathöhe und die maximale Wuchshöhe der Pflanzen die Pflanzenauswahl einschränken, sollte versucht werden, eine möglichst artenreiche und von Frühjahr bis Herbst blühende Vegetation aufzubringen. Niedrige, schattenverträgliche Pflanzenarten mit einem hohen Deckungsgrad unter den Solarmodulen hemmen das Aufkommen unerwünschten Fremdbewuchses.
Es empfiehlt sich, einen Kiesstreifen vor den Solarmodulen anzulegen, um die Pflanzenentwicklung einzuschränken und bei Bedarf einfacher pflegen zu können. Das Auslegen von Betonplatten vor den Solarmodulen vermeidet Pflanzenaufwuchs. Gleichzeitig können die verlegten Platten als Wartungswege dienen.
Eine geringe Substrathöhe von etwa 5 bis 8 Zentimetern vor den Solarmodulen schließt höherwüchsige Arten aus. Bei ballastierten Systemen ist die benötigte Mindestauflast zur Standsicherung zu beachten.
Zur Durchführung der Pflege und Wartung sind Wartungswege und Absturzsicherungen vorzusehen. Es ist auf einen ausreichenden Abstand zum Dachrand und einen Abstand der Modulreihen untereinander zu achten, je nach Ausrichtung mindestens 50 bis 80 Zentimeter. Kabel und weitere zur Solaranlage gehörende Bauteile sind so zu montieren, dass zum Beispiel Pflanzenschnitt problemlos möglich ist.
Auflastgehaltene Solar-Gründachsysteme sind zu bevorzugen, da hierbei die Photovoltaikaufständerungen nicht in die Dachabdichtung oder Dachkonstruktion eingreifen und damit Wärmebrücken und Undichtigkeiten vermieden werden. Die Last des Gründachaufbaus hält die Photovoltaikaufständerungen lagesicher auf dem Dach. Mehrere Gründachsystemanbieter haben solche Systeme in ihren Programmen.
Beteiligte Gewerke rechtzeitig einbeziehen
Bei der Planung und Erstellung eines Solar-Gründaches sind verschiedene Gewerke beteiligt, die beispielsweise durch den Architekten oder die Architektin koordiniert werden sollten:
Der Aufbau geht idealerweise in der folgenden Reihenfolge vor sich:

Bild: Bundesverband GebäudeGrün
Nachträglich begrünen und Photovoltaik montieren
Ein Bestandsgebäude, das weder begrünt ist noch eine PV-Anlage hat, kann nachträglich damit ausgestattet werden, wenn die Statik des Daches dafür ausgelegt und die Dachabdichtung wurzelfest ist. Bei der nachträglichen Installation eines Solar-Gründaches ist wie bei einem Neubau vorzugehen und es sind dieselben Planungspunkte zu beachten.
Ein bestehendes PV-Dach nachträglich zu begrünen, ist nur in den seltensten Fällen umsetzbar, da neben der erhöhten Statik vor allem die Wurzelfestigkeit der Dachabdichtung sicherzustellen ist. Sie bei einer vorhandenen PV-Anlage nachträglich aufzubringen, ist sehr aufwändig.
Ein schon vorhandenes Gründach zusätzlich mit einer PV-Anlage zu bestücken, ist machbar, wenn neben der zusätzlichen Auflast durch die PV-Aufständerung und die Module die schon angeführten ausreichenden Abstände zwischen den Modulreihen sowie zwischen Oberkante Substrat und Unterkante PV-Module eingehalten werden. In der Praxis werden leider immer noch sehr häufig flach liegende und kaum aufgeständert Ost-West-Module einfach auf das Gründach gelegt – mit der Folge, dass die Module recht schnell zuwachsen und kaum zu pflegen sind.
Literatur

Bild: Bundesverband GebäudeGrün