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Energie-Contracting in der Energieberatung

Sanieren, ohne zu investieren

Viele Städte und Gemeinden im Südwesten suchen nach geeigneten Wegen für die energetische Sanierung ihrer Liegenschaften. Beim Umsetzen der Energiewende in Kommunen kann Contracting eine entscheidende Rolle spielen. Ein Contractor oder Energiedienstleister finanziert dabei die energetische Sanierung eines Objekts, sodass die Kommune nicht investieren muss. Seine Vergütung erhält er beispielsweise aus den eingesparten Energiekosten. Es ist ein Win-win-Modell. Die Kommunen profitieren zudem von dem Know-how des Dienstleisters und müssen kein eigenes Personal dafür abstellen.

Nutzen von Contracting

Viele Kommunen, soziale Einrichtungen, Wohnungs- und Wirtschaftsunternehmen stehen vor der Herausforderung, nicht mehr länger aufschiebbare Sanierungs- und Modernisierungsvorhaben trotz begrenzter finanzieller und personeller Ressourcen umzusetzen. Zudem fehlt es oft an umfassendem technischem Wissen oder personellen Ressourcen, um nachhaltige und wirtschaftlich sinnvolle Lösungen eigenständig durchzuführen. Ab der Inbetriebnahme sind zudem die Energieerzeugungsanlagen fortlaufend energiesparend zu betreiben und benötigte Brennstoffe zum jeweils richtigen Zeitpunkt zu beschaffen.

Beim Contracting werden notwendige Investitionen für Modernisierungen beziehungsweise für Neuanlagen vom Contractor getragen. Diese Kosten sind dann Teil der Wärmeentgelte, die der Abnehmer über die Vertragslaufzeit an den Contractor bezahlt. Somit behält der Abnehmer seine eigenen Kapitalressourcen für Investitionen in seine Kernbereichsaktivitäten und verlagert das Anlagenrisiko auf den Contractor. Alternativ kann er sich auch über eine Einmalzahlung an den Investitionskosten beteiligen und damit seine periodischen zukünftigen Zahlungen verringern. Mit Contracting lassen sich Projekte auch unter schwierigen Rahmenbedingungen erfolgreich umsetzen – und das ohne oder nur mit einer geringen Anfangsinvestition des Auftraggebers.

Die Kombination macht´s

Contracting-Kunden können sich auf ihre Kernaufgaben konzentrieren, während ein spezialisierter Dienstleister die Planung, Finanzierung und Umsetzung übernimmt. Dieses Modell erleichtert es insbesondere, ambitionierte Klimaziele zu erreichen, denn es es bietet die Chance, die Sanierung eines Gebäudes und die Erneuerung der Energieversorgung in einem ganzheitlichen Ansatz zu planen. Im Gegensatz zu einer schrittweisen, oft unkoordinierten Umsetzung lassen sich umfassendere Sanierungen auf diese Weise in einem einzigen Schritt koor­diniert durchführen und es lassen sich ungeahnte Synergien nutzen.

Ein typisches Beispiel ist die Kombination notwendiger Sanierungen mit der Umstellung auf eine erneuerbare Wärmeerzeugung. Wird beispielsweise eine bestehende Gasheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt, ist es essenziell, parallel energetische Sanierungsarbeiten durchzuführen. Nur so lassen sich die erforderlichen niedrigen Vorlauftemperaturen erzielen und die Effizienz der Wärmepumpe maximieren. Contracting ermöglicht eine integrierte Planung und Finanzierung und sorgt für eine nachhaltige, wirtschaftlich optimierte Umsetzung. Damit entlastet Contracting nicht nur den Auftraggeber finanziell, sondern trägt auch maßgeblich dazu bei, die Klimaziele zu erreichen und eine langfristig wirtschaftliche Betriebsführung zu gewährleisten.

Kommunen haben in der Regel nur wenig Erfahrung mit Contracting – die Chance für ein neues Geschäftsfeld in der Energieberatung.

Bild: KEA-BW

Kommunen haben in der Regel nur wenig Erfahrung mit Contracting – die Chance für ein neues Geschäftsfeld in der Energieberatung.

Das A und O: Contracting richtig vorbereiten

Und doch gibt es immer wieder Fälle, in denen ein Contracting-Projekt nicht rund läuft (siehe GEB 1-2025, Dem Wärmelieferanten ausgeliefert). Passieren kann das nur, wenn die Contractingvergabe unzureichend vorbereitet durchgeführt wird. Die Beispiele unseriöser Kellermieten, einer dauerhaft zu hohen Anlagenleistung, ungeprüfter Verantwortlichkeitszuordnungen, fehlerhafter Preisanpassungsklauseln und zu hoher Restwerte bei Ende des vom Contractor vorgelegten Vertragswerks führen bei derart lang laufenden Vertragsverhältnissen früher oder später zu Konflikten.

KEA-BW bietet Initialberatungen an

Eine Vertragsgestaltung „auf Augenhöhe“ vermeidet diese Vertragsfallen. Die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) geht daher folgendermaßen vor: In einem ersten Schritt bietet sie kostenlose, neutrale Initialberatungen für alle Organisationen und Kommunen mit Liegenschaften in Baden-Württemberg an. Bei diesen Gesprächen werden die Contracting-Eignung festgestellt, erste Potenziale abgeschätzt und nochmals detailliert die verschiedenen Contracting-Modelle und ihre Vorteile erläutert.

Die Auftraggeber sollen Empfehlungen von unabhängigen Fachleuten erhalten, die sich an wirtschaftlichen und technischen Best-Practice-Lösungen orientieren, anstatt den Interessen einzelner Anbieter uneingeschränkt zu vertrauen. Der Verhaltenskodex des Beraternetzwerks Contracting der KEA-BW verspricht für alle denkbaren Fragen eine unabhängige und neutrale Beratung. Qualifizierte Projektentwickler, die das Einsparpotenzial analysieren, Investitionskosten berechnen, die Wirtschaftlichkeit bewerten und – insbesondere bei öffentlichen Auftraggebern – den Vergabeprozess professionell begleiten, gewährleisten die reibungslose Umsetzung eines Contractingprojekts. Ein auf Contractingverträge spezialisierter Rechtsanwalt erstellt und verhandelt ein ausgewogenes Vertragswerk.

Individuelle Bedürfnisse des Auftraggebers beachten

Der wohl wichtigste Punkt ist, dass dem Contractor für jedes Projekt ein Vertrag vorgelegt wird, der individuell auf die Bedürfnisse der Auftraggeberseite zugeschnitten ist. Vorgeprüfte Musterverträge, beispielsweise der KEA-BW oder der Deutschen Energie-Agentur, gewährleisten grundsätzlich faire Rahmenbedingungen für beide Seiten, bedürfen jedoch jeweils einer individuellen Anpassung durch den Auftraggeber.

Es empfiehlt sich in jedem Fall, einen Rechtsanwalt bei der Ausarbeitung des Vertragswerks einzubinden, um schlussendlich zu einer rechtssicheren und nachhaltigen Vereinbarung für beide Vertragspartner zu kommen. Da die in dem Vertrag enthaltenen Regelungen den Contractoren bereits bekannt sind, steigt die Anzahl der Bietenden, was den Wettbewerb fördert und wirtschaftlichere Angebote ermöglicht.

Chancen für Energieberaterinnen und Energieberater

Künftig wird Contracting als Geschäftsmodell eine stärkere Rolle spielen – die Wärmewende wird nicht ohne Dienstleistungen von Unternehmen möglich sein. Somit wird der Bedarf an qualifizierten Contractingberaterinnen und -beratern zunehmen. Um ihre Zahl in Baden-Württemberg zu steigern, bietet die KEA-BW gezielte Qualifizierungsmaßnahmen für Energieberatende, Ingenieurbüros und andere Fachleute an, die in die Projektentwicklung einsteigen oder sich in Bezug auf Contracting fortbilden möchten. Diese Fortbildungen vermitteln nicht nur technisches und wirtschaftliches Know-How, sondern auch wichtige Kenntnisse zu Vergabeverfahren und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Contracting bietet Energieberaterinnen und Energieberatern ein chancenreiches Geschäftsfeld. Indem sie sich an Contracting-Projekten beteiligen, können sie ihre Kunden über den gesamten Projektzyklus hinweg begleiten – von der ersten Analyse über die Planung bis hin zur Umsetzung. Im Gegensatz zur klassischen Beratung, bei der es oft nur bei Konzepten bleibt, können sie hier sicherstellen, dass ihre Vorschläge tatsächlich umgesetzt werden – auch wenn die Kassen knapp sind. Dies stärkt ihre Rolle als praxisorientierte Experten und erhöht die Zufriedenheit der Auftraggeber.

Zeitlicher Ablauf eines Contracting-­Projekts

Bild: KEA-BW

Zeitlicher Ablauf eines Contracting-­Projekts

Verschiedene Contracting-Varianten – was bedeutet was?

Der Begriff Energie-Contracting ist seit Jahren hinreichend definiert und in einer DIN-Norm geregelt (DIN 8930-5 2003-11.2). Im Wesentlichen unterscheidet man zwischen Energieliefer-Contracting – der Energieabnehmer bezahlt für die gelieferte Wärme – und Energieeinspar-Contracting – der Energieabnehmer erhält einen vereinbarten Prozentsatz der Energieeinsparung im Verhältnis zu einem Referenzausgangswert.

Es gibt noch weitere Contracting-Varianten, die ebenfalls klar definiert sind. Das hat zur Folge, dass sich auch Verträge zum Energieliefer-Contracting, Energiespar-Contracting und anderen Contracting-Varianten unterscheiden müssen.

Klare Spielregeln: Gesetze und Verordnungen

Grundsätzlich gilt: Für Contracting-Verträge gibt es gesetzliche Regelungen. Soweit kein Industrieunternehmen der Vertragspartner ist, muss für das Vertragsverhältnis die Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit Fernwärme (AVBFernwärmeV) berücksichtigt werden, die nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bereits seit den 1990er Jahren auch für solche Contractingverträge anzuwenden ist. Dies gilt auch für Wärmelieferungen ohne Versorgung über ein Wärmenetz (Einzelversorgung).

Die AVBFernwärmeV enthält umfassende und ausgewogene Regelungen unter anderem in Bezug auf die Liefer- und Leistungsgrenzen, Vorgaben für die technischen Anlagen, die Wärmelieferung sowie die Nutzung von Räumlichkeiten, Messung und Abrechnung, Informationspflichten, die Vertragslaufzeit und nicht zuletzt über den Aufbau und Inhalt von Preisänderungsklauseln. Im Rahmen individueller vertraglicher Vereinbarungen kann - wenn der Kunde mit den Abweichungen ausdrücklich einverstanden ist - von der AVBFernwärmeV abgewichen werden, etwa zum Zweck einer längeren Vertragslaufzeit. Die grundsätzlichen Regelungen der Verordnung gelten aber weiter.

In Baden-Württemberg bieten viele Unternehmen Contracting als Dienstleistung an (Energie-Contracting). Der Begriff ist zudem bei Kommunen, Krankenhäusern, Sozialeinrichtungen, der Wohnungswirtschaft und bei Wirtschaftsunternehmen fest etabliert. Die KEA-BW organisiert beispielsweise seit über zehn Jahren einen Contracting-Kongress als Austauschplattform der Branche.

Fazit

Contracting ist eine nützliche Dienstleistung für Kommunen, um ihre Liegenschaften energetisch zu sanieren oder die kommunale Wärmeplanung umzusetzen – und das ohne große finanzielle Eigenmittel aufzuwenden. Fachleute der KEA-BW, qualifizierte Energieberatende und Ingenieurbüros zeigen, wie die Contractingvergabe gut vorbereitet und durchgeführt wird. Für die Energieberatungsbranche wird die Dienstleistung künftig ein zusätzliches Geschäftsfeld sein – wer sich hier weiterqualifizieren will, kann sich an die Landesenergieagentur wenden.

Beim Contracting werden notwendige Investitionen für Modernisierung beziehungsweise Neuanlagen vom Contractor getragen.

Bild: KEA-BW

Beim Contracting werden notwendige Investitionen für Modernisierung beziehungsweise Neuanlagen vom Contractor getragen.
Unterstützungsprogramme der KEA-BW fürs Contracting

Bild: KEA-BW

Unterstützungsprogramme der KEA-BW fürs Contracting

Die Landesenergieagentur KEA-BW

Die KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW) trägt dazu bei, den Klimaschutz im Südwesten umzusetzen. Die Landesenergieagentur ist eine zentrale Anlaufstelle bei Fragen zur Energiewende, Wärmewende sowie der Verkehrswende und treibt den Gewässer- und Bodenschutz voran. Sie berät Kommunen, Ministerien, Energieversorger, Netzbetreiber sowie kleine und mittelständische Unternehmen und zeigt auf, wie sie weniger Energie verbrauchen, Energie effizient nutzen, erneuerbare Energien ausbauen und die nachhaltige Mobilität vorantreiben können. Auch Gebäudeeigentümerinnen und -eigentümer, Flächeneigentümerinnen und -eigentümer sowie kirchliche Einrichtungen gehören zu den Zielgruppen.

GEB Dossier

Grundlegende Informationen zum -Thema -finden Sie auch in -unserem Dossier Energieberatung mit -Beiträgen und News aus dem GEB:

www.geb-info.de/energieberatung

Dr. Anders Berg
ist Maschinenbau-Ingenieur und Leiter des Kompetenzzentrums Contracting der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA-BW).

Bild: Anders Berg

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