Beim Boom der Elektroautos handelt es sich nicht um einen kurzzeitigen Trend. Vielmehr braucht es ihn als Start für den Individualverkehr der Zukunft. Allein im Jahr 2022 wurden über 100.000 E-Fahrzeuge in Deutschland neu zugelassen. Auch wenn die Zahlen in 2023 eine Delle aufweisen, zeigt die Tendenz langfristig nach oben. Die öffentlichen und privaten Ladeinfrastrukturen wurden in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. Mit zahlreichen nützlichen Internetseiten lassen sich inzwischen auch für längere Reiserouten zuverlässig öffentliche Ladestationen finden.
Doch wie und wo laden die Fahrzeugbesitzerinnen und -besitzer ihre Autos beispielsweise in einem Mehrfamilienhaus? Parkmöglichkeiten in Form von Tiefgaragen, Stellplätzen oder Flächen rund um die Gebäude sind in der Regel bereits vorhanden. Sie müssten lediglich aufgerüstet werden. Mit einer geschickten Auswahl von Ladestationen – oder auch Wallboxen – lassen sich diese Parkplätze für Elektroautos auf den neuesten Stand bringen. Dabei gilt es vor allem zwei Probleme zu lösen.
Dynamisches Lastmanagement schützt vor Überlastung
Normalerweise reicht die vorhandene Hausanschlussleistung eines Mehrfamilienhauses nicht aus, da sie für Kurzzeitverbraucher ausgelegt ist. Haushalts-Elektrogeräte benötigen Strom nur für wenige Minuten. Selbst eine Herdplatte schaltet beim Kochen alle paar Sekunden ein und aus. Wer seine Hausanschlussleistung erweitern will, muss jedoch mit hohen eigenanteiligen Kosten und einem erheblichen bürokratischen Aufwand rechnen. Abgesehen davon ist eine Erweiterung in der Regel genehmigungspflichtig. Ob und inwieweit sie überhaupt möglich ist, hängt teilweise sogar von der Lage der Immobilie in einzelnen Vierteln und Straßenzügen ab.
Die Einschränkung des Hausanschlusses lässt sich durch ein dynamisches Lastmanagement für den Betrieb und die Verwaltung einer Ladeinfrastruktur lösen. Es regelt automatisch den Ladestrom der einzelnen Wallboxen herunter, indem es der Wandladestation mitteilt, mit wie viel Strom sie laden kann. Das dynamische Lastmanagement ist entweder in der Wallbox-Software integriert und erkennt die jeweils zur Verfügung stehende Ladeleistung, die sie dem Elektroauto mitteilt. Oder ein externes Gerät kommuniziert mit den Wallboxen.
Typischerweise fährt ein Auto etwa 40 Kilometer pro Tag, was einem Verbrauch von rund zehn Kilowattstunden entspricht. Bei elf Kilowatt Ladeleistung tankt es etwa eine Stunde pro Tag. Ohne Lastmanagement müssten für eine Ladeanlage mit zehn Wallboxen mit je elf Kilowatt Leistung mindestens 110 Kilowatt zur Verfügung stehen – etwa das Doppelte der üblicherweise in einem Mehrfamilienhaus vorhandenen Anschlussleistung.
Es ist zwar unwahrscheinlich, dass alle zehn Elektroautos gleichzeitig laden, aber nicht ausgeschlossen. Ohne Lastmanagement würde das gleichzeitige Laden den vorhandenen Hausanschluss in vielen Wohngebäuden überlasten – mit entsprechenden Energieengpässen oder -ausfällen im gesamten Betrieb, falls die Hausanschlussleistung nicht erweitert wurde. Ein Lastmanagement dagegen regelt die Ladeleistung einzelner Wallboxen wenn nötig so weit herunter, dass die vorhandene Anschlussleistung nicht überschritten wird.
Ladevorgänge aufeinander abstimmen
Ein dynamisches Lastmanagement berücksichtigt nicht nur die fest vorgegebene Gesamtleistung, sondern auch noch weitere Verbraucher oder auch Erzeuger, wie beispielsweise eine auf dem Dach installierte Photovoltaikanlage, wenn sie miteinander kommunizieren können. Von der gesamten zur Verfügung stehenden Ladeleistung wird der Gesamtverbrauch der Immobilie dynamisch und automatisch abgezogen. Übermittelt werden die Nutzungsdaten entweder über eine Netzwerkverbindung oder Modbus, alternativ via WLAN.
In Mehrfamilienhäusern fällt der Stromverbrauch tagsüber normalerweise gering aus, nachts sogar sehr gering. Nur in der Zeit zwischen 16 bis 20 Uhr steigt er unter Umständen stark an, wenn die Bewohnerinnen und Bewohner von der Arbeit zurückkehren, kochen und duschen.
Um Verbraucher und Erzeuger der elektrischen Infrastruktur zu integrieren, müssen geeignete Zähler installiert werden, die mit dem Lastmanagement kommunizieren können. Fachkräfte sollten ihren Einsatz vorab entsprechend planen. Am einfachsten ist es, an einer zentralen Stelle – zum Beispiel nahe am Übergabepunkt des Energieversorgers – einen Zähler zu installieren, der die gesamte Leistungsaufnahme des Gebäudes misst und dem Lastmanagement übermittelt.
Es gibt mehrere Möglichkeiten, ein dynamisches Lastmanagement zu betreiben. Einige Wallboxhersteller bieten sie bereits vorinstalliert in ihren Geräten an. Alternativ gibt es Ladecontroller zu kaufen, die zusätzlich zur Wallbox installiert werden müssen. Eine andere Möglichkeit ist der Betrieb über einen externen Controller, eine Art Mini-Computer, der dem Ladepark vorgeschaltet wird und eine bestimmte Zahl an Wallboxen verwalten kann.
Welche Variante sich am besten eignet, hängt von verschiedenen Faktoren ab, die je nach bereits vorliegender Infrastruktur individuell abgewogen werden müssen. So kann bei einer geringen Zahl an Geräten (zwischen zwei und fünf) eine Wallbox das Lastmanagement übernehmen – solange nicht die Gefahr besteht, dass der Besitzer der Masterbox sie ausschaltet, wenn er in den Urlaub fährt. Bei größeren Anlagen sollte ein externes Steuergerät zum Einsatz kommen. Eine gute Beratung ist wichtig und kann unnötige Kosten vermeiden.
Bestandschutz bestehender Elektroinstallation erhalten
Häufig wünscht ein Hauseigentümer oder die Eigentümergemeinschaft, an der bestehenden Zählerinstallation nichts zu ändern, weil dadurch der „Bestandschutz“ verloren gehen würde und die Anlage teuer auf den Stand der neuesten Vorschriften gebracht werden müsste. Um dieses Problem zu lösen, kann der Elektrofachbetrieb einen sogenannten NH-Verteiler installieren, der den gelieferten Strom in den alten Weg zur bestehenden Zähleranlage verteilt und in einen neuen Weg zu einem neuen Verteilerschrank für die Wallboxen.
Netzbetreiber genehmigen normalerweise die Installation eines NH-Verteilers im ungezählten Bereich. In ihm lässt sich auch der oben erwähnte zentrale Zähler unterbringen. Formell gestaltet sich die Beantragung von Ladestationen häufig deutlich einfacher, wenn das Energieversorgungsunternehmen weiß, dass ein Lastmanagement eingesetzt wird und die Hausanschlussleistung nicht erhöht werden muss. Es kann allerdings verlangen, dass es netzdienlich steuerbar funktioniert.
Wie geschildert existieren zwar gewisse Herausforderungen beim Ausrüsten der Parkplätze mit Ladestationen. Sie lassen sich aber mit einer geeigneten Software lösen. So hat der Wallboxhersteller cfos Emobility ein eigenes dynamisches Lastmanagement namens „cfos Charging Manager“ mit zahlreichen Funktionen und Features entwickelt, das in der hauseigenen Wandladestation bereits vorinstalliert ist. So kann ein Ladepark vollständig mit Wallboxen ausgestattet werden, die miteinander kommunizieren und mittels Master-Slave-Prinzip zentral über eine einzelne Wallbox gesteuert werden können.
Mit dem Charging Manager lässt sich eine sinnvolle Steuerung beziehungsweise Erweiterung eines bestehenden Ladeparks realisieren, da er herstellerunabhängig mit nahezu 100 verschiedenen Wallboxen, Wechselrichtern und Zählern kompatibel arbeitet. Pro Ladepunkt braucht es lediglich eine Lizenz, die einmalig und ohne Folge- oder Abokosten berechnet wird. cfos liefert das Gerät ebenfalls auf Mini-Computern installiert oder in einem Steuerungs-Kit.
Das dynamische Lastmanagement lässt sich darüber hinaus an nützliche Abrechnungs-Backends anbinden, um rechtssicher und zuverlässig agieren zu können. Ist eine bestehende Wallbox bereits mit einem Abrechnungs-Backend verbunden, kann der Charging Manager auch diese steuern und die Kommunikation zum Abrechnungs-Backend durchleiten.
Dynamisches Lastmanagement ermöglicht netzdienliche Steuerung
In den vergangene KfW-Förderungen war es Bedingung, dass eine Wallbox durch ein Lastmanagement steuerbar ist. Diese Vorgabe soll die hiesigen Stromnetze vor Überlastung schützen. Die außen- und innenpolitischen Geschehnisse der vergangenen Jahre rücken den Fokus insgesamt immer mehr in Richtung Stromnetz und den dort agierenden Markt. Energieversorger und Netzbetreiber fürchten, dass das Stromnetz nicht für eine umfassende Auslastung durch E-Fahrzeuge vorbereitet ist.
Das bestehende Stromnetz kann durch netzdienliche Steuerung aber durchaus den Strombedarf für Elektroautos decken. Kommuniziert beispielsweise der Netzbetreiber mit dem Lastmanagement vor Ort, kann die Ladeleistung zu Spitzenzeiten reduziert und der Energieüberschuss beispielsweise aus Photovoltaikanlagen in die Fahrzeuge geladen werden, die dadurch eine Pufferfunktion übernehmen. Mehr noch: Das Prinzip des dynamischen Lastmanagements ist auf viele verschiedene Bereiche der hohen Stromauslastung anwendbar und nicht nur für den relativ jungen Markt der E-Mobilität.