Fenster, Türen und Tore erfüllen bereits jetzt gestiegene Energie-, Komfort- und Sicherheitsstandards: Fensterlüftungen mit Wärmerückgewinnung sparen Heizenergie, Schallschutzfenster halten den Straßenlärm draußen, smarte Schließsysteme sorgen für mehr Sicherheit. Doch die Entwicklung geht weiter: Sie reicht von einer automatischen Verdunkelung der Gläser bei Sonneneinstrahlung über Türen und Fenster, die ihren Wartungsbedarf oder Fehlfunktionen selbständig melden, Glasscheiben, die Strom oder Wärme produzieren, bis hin zu Fenstern und Fassaden mit einem integrierten, multimedialen Display.
Bedienfreundlich, barrierefrei
Das Öffnen und Schließen von Dach- und Fassadenfenstern, von Türen und Toren muss schon lange nicht mehr von Hand geschehen. Steuerbare elektrische Antriebe ermöglichen eine komfortable Bedienung. Ältere oder körperlich eingeschränkte Menschen können damit auch schwerere Tür- oder Fensterflügel bewegen. Auch Keimübertragungen in Altenheimen, Arztpraxen und Krankenhäusern werden auf diese Weise verhindert. Je nach Einsatzbereich, Größe und gewünschter Funktion werden Ketten- oder Spindelantriebe eingesetzt. Betätigt werden elektrische Antriebe über Handsender, Wandtaster, berührungslose Sensoren oder per App. Smarte Schlösser von Haustüren oder Toren lassen sich zusätzlich über Fingerabdruckscanner, Gesichtserkennung oder eine Smartwatch bedienen. Per Temperatur-, Regen- oder Windsensoren gesteuerte Systeme sparen Energie und vermeiden Schäden.
Während sich Antriebe mit Funkstandard-Bedienung wie Bluetooth oder WiFi meist auf Öffnungs- und Schließfunktionen beschränken, können in das Smarthome mit Cloud-Anschluss eingebundene Lösungen beispielsweise auch von unterwegs ferngesteuert, konfiguriert oder per Sprachsteuerung bedient werden. Vernetzte Fenster- und Haustürsensoren, Bewegungs- und Rauchmelder oder eine Anwesenheitssimulation bieten ebenso Schutz vor Einbrüchen wie das selbständige Schließen von Haustüren und Fenstern, wenn Bewohner das Gebäude verlassen. Achten sollte man auf Sicherheitsstandards, Wartungs- und Batteriewechselzyklen sowie Notfallszenarien, etwa bei einem Stromausfall. Auch Rollläden oder Markisen lassen sich per Knopfdruck oder von unterwegs per App steuern.
Automatisiert lüften
Energieeffiziente Gebäude müssen luftdichte Außenhüllen haben. Die verhindern die sogenannte Fugenlüftung und damit Lüftungswärmeverluste, machen aber zum Abführen von Luftfeuchte gut dosiertes manuelles oder technisches Lüften erforderlich. Wenn in Bestandsbauten lediglich die alten Fenster durch neue, dicht schließende ersetzt werden, die Gebäudehülle aber nicht gedämmt wird, kondensiert die Luftfeuchte schnell an den weiter kalten Innenseiten der Außenwände und es droht Schimmelbefall. Neben dem automatischen Öffnen und Schließen ist das selbstständige Lüften mit oder ohne Wärmerückgewinnung deshalb ein wichtiger Aspekt smarter Fenster.
Im Blendrahmen oder in der Laibung integrierte Lüftungssysteme mit Ventilator können in bestimmten Fällen eine Alternative zu einer zentralen Lüftungsanlage darstellen und damit eine aufwendige Montage von Lüftungskanälen vermeiden. Zum Beispiel wenn in einem Altbau der Platz fehlt oder wenn das Gebäude als sogenanntes Einzeldenkmal auch innen unter Denkmalschutz steht, ein Kanalsystem samt Zentralgerät also nicht genehmigungsfähig wäre. Bei Systemen mit Wärmerückgewinnung wird ein Teil der Abluftwärme auf die einströmende Frischluft übertragen, was Heizenergie spart.
Energetisch effizienter als die kontinuierliche Fensterlüftung ist das automatisierte Lüften mit entsprechenden Elementen und Steuerungen. Sie öffnen Fenster je nach Bedarf oder aktivieren Fensterlüfter und lassen sich mit der Heizungssteuerung koppeln. Sensoren messen zuvor die Raumtemperatur, die Luftfeuchte oder den CO2-Gehalt. Werden zusätzlich die Sonnenintensität sowei Wind- und Wetterverhältnisse erfasst, kann die Lüftungssteuerung auch passgenau auf die Außenwitterung reagieren. So wird sie Teil einer umfassenden, intelligenten Innenraumklimatisierung, die nebenbei zur Energieeinsparung beiträgt.

Bild: Schüco International
Automatisiert verschatten
Einen weiteren Schritt in Richtung intelligenter Fenster stellen Gläser dar, die ihre Transparenz entsprechend der Sonneneinstrahlung oder einer angelegten Spannung ändern können. Die dafür benötigte Energie erhält das Fenster entweder über einen Stromanschluss oder über integrierte Photovoltaikmodule. Es gibt elektrochrome, thermochrome und LC-Gläser.
Thermochromes Glas ist in der Lage, seine Lichtdurchlässigkeit in Abhängigkeit von der Umgebungstemperatur zu ändern. Sobald thermochrome Gläser durch die Sonne erwärmt werden, färben sie sich ein. Lässt die Sonneneinstrahlung nach, kühlen sie sich ab und entfärben sich. Elektrochromes Glas ändert seinen Lichtdurchlass je nach angelegter Spannung, die manuell oder sensorgesteuert geschaltet wird. Ist sie gleich Null oder wird die Polarität der Spannung geändert, wird das Glas wieder durchsichtig. LC-Glas (Liquid Crystal-Glas) funktioniert ähnlich wie ein LC-Display: Ursprünglich ist es opak und wirkt wie Milchglas, durch das Anlegen einer elektrischen Spannung wird es transparent.
Die Anwendungsmöglichkeiten smarter Gläser sind vielfältig: Sie reichen von Sonnen- oder UV-Schutzgläsern im Fenster- und Fassadenbau bis zu Trennwandsystemen inklusive einem schaltbaren oder in der Intensität dimmbaren Sichtschutz für etwa Großraumbüros, Besprechungs- und Konferenzräume. Gekoppelt mit einem Lichtsensor lassen sich elektrochrome Gläser entsprechend der Intensität der Sonneneinstrahlung abdunkeln. Innenräume überhitzen so weniger und in Arbeitsräumen kann man ungestört von der Blendwirkung durch die Sonne am Bildschirm arbeiten.
Allerdings sind die Preise derzeit noch relativ hoch. Sie liegen je nach Glasart zwischen 1.000 und 2.500 Euro pro Quadratmeter. Hinzu kommen gegebenenfalls noch Steuerelemente, Schalter und andere Systembauteile. Deshalb beschränken sich die Einsatzbereiche bisher eher auf anspruchsvolle Bauvorhaben. Deutlich günstiger sind schaltbare Folien mit 300 bis 600 Euro Quadratmeter. Sie lassen sich individuell zuschneiden und auf das Glas aufkleben. Im ausgeschalteten Zustand bleibt die Folie durchsichtig, wird eine Spannung angelegt, erhält das Fenster als Sichtschutz einen Milchglaseffekt.
Wei sich Fenster zu multifunktionalen Bauelementen entwickeln
Einen Schritt weiter gehen Konzepte, die Fenster und Fassaden für die Energiegewinnung nutzen, Fenster, die nachts als Lichtquelle dienen oder sich in ein multimediales Touchscreen-Display verwandeln. Fassaden- oder Dachverglasungen können mithilfe transparenter oder semitransparenter Solarmodule respektive spezieller Beschichtungen auch Strom erzeugen. Ein weiteres Konzept, noch in der Forschungsphase, sind solarthermische Glasfassaden für die Flächenheizung und -kühlung. Zwischen den Scheiben strömendes Wasser enthält Nanopartikel, die ihm bei Lichteinfall eine dunkle Färbung geben und die Verglasung zum Solarkollektor machen. Die Wärme wird zwischengespeichert anstatt in den Raum abgestrahlt und nachts über die Scheiben wieder an die kühle Umgebung abgegeben.
Das Fenster der Zukunft wird nicht nur am Tag, sondern auch in der Nacht für Licht sorgen. Dabei kommen organische Leuchtdioden – so genannte OLEDs – als dünne, flexible, auf der Fensterscheibe aufgebrachte Folien zum Einsatz. Tagsüber sind sie durchsichtig, nachts verwandeln sie das Fenster in eine energiesparende Lichtquelle. Räume können damit nachts genauso gleichmäßig ausgeleuchtet werden wie am Tag. Noch futuristischer erscheinen Fensterkonzepte, die sich in ein berührungssensitives Computer- oder TV-Display verwandeln können. Damit kann man das Fenster entweder als Bedienpanel für die Haustechnik nutzen oder für die multimediale Anzeige. Im Büroumfeld ist es als großformatiges PC-Display ebenso einsetzbar wie als Bildschirm für die Videotelefonie oder als raumhohe Präsentationsfläche für Multimediavorträge.

Bild: Bosch
Gebäudetechnik vernetzen
Besonders effizient einsetzbar sind smarte Fenster mit Raum- und Gebäudeautomationssystemen. Sie vernetzen alle smarten Objekte mit zentralen Kontroll- und Steuerungseinrichtungen, um Raum- und Gebäudefunktionen zu automatisieren, zu optimieren und deren Bedienung zu vereinfachen. Über eine stationäre Steuerungseinheit, ein mobiles Tablet oder Smartphone lässt sich das System bei Bedarf von unterwegs steuern, kontrollieren und überwachen. Smarte Fenster können über entsprechende Sensoren das Umfeld erfassen und diese Daten an das Steuerungssystem weitergeben. Selbstlernende Steuerungssysteme registrieren die Gewohnheiten der Nutzer:innen, ziehen daraus ihre Schlüsse und richten das Zusammenspiel der Systemkomponenten optimal danach aus. App-, Sprach- und Gestensteuerungen sorgen für zusätzlichen Bedienungskomfort.
Neben dem Komfortgewinn bringen sie Einspareffekte. So sollen Untersuchungen zufolge aufeinander abgestimmte Steuerungen der Belichtung, Beleuchtung, Heizung, Klimatisierung, Lüftung und des Sonnenschutzes zu Heizkosteneinsparungen zwischen neun und 14 Prozent führen [1]. Wird beispielsweise ein steuerbares Fenster mit dem Smarthome-System verbunden, kann beim Öffnen parallel die Heizung heruntergeregelt werden.
Vorteile bietet die vernetzte Geräte- und Gebäudetechnik auch für die Wartung und Instandhaltung: Systembauteile wie Fensterlüfter oder -antriebe können ihren aktuellen Status melden und darauf hinweisen, wenn Verschleißteile zu erneuern sind. Einstellungen und Konfigurationen lassen sich durch Hersteller oder Händler per Fernzugriff ebenfalls vornehmen. Fenster mit einem integrierten Funk-Chip (Bluetooth-, NFC- oder RFID-Transponder) kennen ferner alle für ihre Fertigung, Montage, Wartung, Nutzung und Wiederverwertung relevanten Informationen.
Ist ein Fenster defekt, scannt der Kunde den Chip mit seinem Smartphone und leitet die Fensterdaten per App an den Fachbetrieb weiter. Der kann dann zusätzlich zu den Betriebsdaten auch Fenster- und Profildaten oder Beschlags- und Antriebsdaten abrufen, vorab notwendige Ersatzteile und Werkzeuge zusammenstellen und damit die Reparatur oder Wartung zügiger erledigen.
Beispiele smarter Fenster
Einige smarte, IoT-basierte Fenster- und Fassadensysteme gibt es bereits: So vernetzt beispielsweise die Systemplattform Building Skin Control (BSC) von Schüco Fassadenelemente miteinander und ermöglicht durch offene Schnittstellen eine Anbindung an standardisierte Gebäudeleitsysteme wie BACnet oder KNX. Darüber hinaus kann BSC an die Schüco Cloud angebunden werden. So können Fenster- und Fassadenbauer per Fernzugriff den Status von Wartungsintervallen oder Ereignissen abrufen und auf Kundenanfragen reagieren. Per Fernzugriff oder App lassen sich Einstellungen und Konfigurationen elementübergreifend und individuell vornehmen – etwa eine automatische Raumlüftung oder Nachtauskühlung. Eine sprachgesteuerte Bedienung der Elemente soll für eine weitere Komfortsteigerung sorgen.
In eine andere Richtung will Drutex mit seinem Smart Window. gehen Die Studie für ein interaktives Fenster soll neue funktionelle Möglichkeiten eröffnen: Fernsehen, Videos streamen, im Internet surfen, E-Mails checken, im gewerblichen Bereich Präsentationen anzeigen oder Fenster als interaktive Werbeflächen nutzen. Smart Window besteht aus einem interaktiven Fenster sowie einer Steuereinheit, die über Benutzerschnittstellen für die Kontrolle und Interaktion mit dem Nutzer verantwortlich ist. Das Fenster ist mit einem energieeffizienten Prozessor ausgestattet und besitzt ebenfalls Schnittstellen zur drahtlosen Kommunikation. An das Fenster können ein USB-Stick oder eine externe Festplatte mit Multimediadateien sowie eine Tastatur samt Maus angeschlossen werden.
Mitbewerber Oknoplast hat ebenfalls unter der Bezeichnung Smart Window ein ähnliches Konzept entwickelt. Über das integrierte Touch-Panel kann man im Internet surfen oder in Full HD-Qualität einen Film anschauen. Das Smart Window soll ein Tablet oder Notebook ersetzen können und auch als Sonnenschutz dienen. Schaltet man die Smart Window-Funktion ab, funktioniert es wie ein normales Fenster.
Das Fenster der Zukunft wird kein isoliertes Bauelement mehr sein, sondern Teil einer vernetzten Gebäudehülle, die flexibel auf Wetter- und Umweltbedingungen reagiert, mit den Bewohner:innen beziehungsweise Nutzer:innen und der Umgebung interagiert. Zu den bisherigen Funktionen Belichtung und Belüftung, Wärme- und Schalldämmung sowie Einbruchschutz kommen dank moderner Technologien neue Funktionen hinzu, wie die Beleuchtung, die Heizung, die Kühlung, die Lüftung und die Verschattung, aber auch Information und Entertainment.
Das Fenster wird zum multifunktionalen Bauelement, welches unterschiedliche Aufgaben übernimmt, das Wohnen und Arbeiten komfortabler macht. Welche der oben vorgestellten Technologien und Trends sich tatsächlich am Markt durchsetzen werden, bleibt allerdings abzuwarten.
Fußnoten / Quellen:
[1] Öko-Institut e.V. (Hrsg.): Smart Home – Energieverbrauch und Einsparpotenzial der intelligenten Geräte, Institut für angewandte Ökologie, Eigenverlag, 2019, Freiburg
[2] ift Rosenheim (Hrsg.): ift-Fachinformation EL-03/1 Smart Home mit modernen Bauelementen, Eigenverlag, Rosenheim, 2018, kostenpflichtiger Download: https://t1p.de/geb240280
[3] Verband Fenster + Fassade (Hrsg.): Merkblatt KB.03 Smart Windows, Eigenverlag, Frankfurt/Main, 2019, kostenpflichtiger Download: https://t1p.de/geb240281

Bild: Schüco International

Bild: Sage Glass

Bild: Oknoplast

Bild: Sage Glass

Bild: Solarwatt
GEB Dossier
Grundlegende Informationen zum Thema finden Sie auch in unseren -Dossiers Elektrotechnik und Lüftung mit Beiträgen und News aus dem GEB:
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