Mit Beginn des Krieges in der Ukraine und den damit einhergehenden Auswirkungen auf die Verfügbarkeit von Energieträgern, insbesondere die des Energieträgers Gas, hat in Deutschland die Diskussion zur regenerativen Energiebereitstellung eine besondere Dynamik entwickelt. Schon vor der Novellierung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), das dann sowohl von der Politik als auch von den Medien immer fälschlicherweise als „Heizungsgesetz“ bezeichnet wurde, entbrannten sehr schnell die Diskussionen um den Einsatz von Photovoltaikanlagen im denkmalgeschützten Gebäudebestand, der bislang weitgehend bei der Installation solcher Anlagen nicht zur Diskussion stand. Sehr schnell wurde die Denkmalpflege vielfach als „Verhinderer“ bezeichnet und Denkmalschutz und Klimaschutz wurden oder werden als konkurrierende Schutzziele gesehen.
Auch aufgrund des politischen Drucks wurden in vielen Ländern die Denkmalschutzgesetze novelliert, um gerade dem Einsatz von Photovoltaikanlagen im Denkmalbestand den Weg zu ebnen. Verfechtern der Energiewende gehen dabei die Lockerungen im Allgemeinen nicht weit genug, viele Denkmalpfleger hingegen betrachten diese Lockerungen als sehr kritisch und fürchten den Verlust des kulturellen Erbes. Die Positionen liegen oft weit auseinander und es ist nicht zu erwarten, dass sich das in absehbarer Zeit ändern wird. Es ist jedoch schade, dass sich aktuell die Diskussionen zur Energie in diesem Bereich beinahe ausschließlich auf die Energiebereitstellung beziehen, sprich: auf die Installation von Photovoltaikanlagen, vielleicht hin und wieder auf die Installation von Wärmepumpen. Viel wichtiger wäre die ganzheitliche energetische Modernisierung des denkmalgeschützten Bestands.
Energieeffizientes Denkmal
Die energetische Modernisierung von Baudenkmälern wird bereits seit vielen Jahren sowohl von der „amtlichen Denkmalpflege“ als auch von Planerinnen und Planern praktiziert. Das „Effizienzhaus Denkmal“ als Fördersegment der KfW-Förderbank, beziehungsweise heute als Element der Bundesförderung für effiziente Gebäude, wurde 2012 ins Leben gerufen. Ziel war und ist, die energetische Verbesserung von Baudenkmälern mit Zuschüssen zu fördern und dabei auch Maßnahmen zu unterstützen, die vielleicht nur eine moderate Verbesserung bewirken. Die Zielwerte der energetischen Standards wurden daher für das Fördersegment „Effizienzhaus Denkmal“ bewusst nicht so hoch angesetzt wie bei den anderen Effizienzhaus-Programmen. Mittlerweile gibt es in Deutschland eine sehr große Zahl entsprechend qualifizierter Beraterinnen und Berater, die sich auf die energetische Verbesserung von denkmalgeschützten Bestandsgebäuden spezialisiert haben.
Selbstverständlich geht es auch bei der energetischen Modernisierung von Denkmälern ganz allgemein um die Klimaschutzziele. Für die Denkmaleigentümer geht es allerdings im Wesentlichen schlichtweg darum, einen wirtschaftlich vertretbaren Gebäudebetrieb zu ermöglichen und vor allem auch eine zeitgemäße Nutzung von Denkmälern zu ermöglichen. In Zukunft wird es daher immer wichtiger werden, die Voraussetzungen für eine solche Nutzung zu schaffen und gleichzeitig den historischen Bestand bestmöglich zu respektieren.
Baudenkmäler liegen aus unterschiedlichen Epochen vor. Die Bandbreite erstreckt sich von Bauwerken des Mittelalters – oder älter – bis zu relativ neuen Baudenkmälern der Nachkriegsmoderne, sogar bis hin zu Objekten aus den 1970er Jahren. Erst kürzlich wurden die Zeltdächer des Olympiageländes in München als „Besondere Wahrzeichen der Ingenieurbaukunst“ ausgezeichnet. Die Individualität der Baudenkmäler hinsichtlich ihrer Bauzeit wie auch hinsichtlich der jeweils vorliegenden Konstruktionsweisen, vom Holzfachwerk bis zum Sichtbeton, bedeutet, dass es für die denkmalgerechte Instandsetzung oder Modernisierung keine Musterlösungen gibt. Baudenkmäler sind individuell zu betrachten, die Vorgehensweise und die Werkzeuge sind dabei aber immer ähnlich.

Bild: Klaus-Jürgen Edelhäuser
Bedeutung der Bestandserfassung
Für eine vernünftige Energieberatung ist die genaue Kenntnis der Qualitäten und Defizite des Bestands unerlässlich. Nur dann, wenn eine solche Grundlage vorliegt, können auch zielgerichtete Maßnahmen konzipiert werden, um den Bestand zu verbessern. Diese Bestandserfassung stellt bei denkmalgeschützten Gebäuden eine ganz besondere Herausforderung und eine wichtige Vorbereitungsphase dar. Hier geht es nicht nur um die energetischen Qualitäten, sondern auch darum, inwieweit schützenswerte Bauteile und Oberflächen vorliegen.
Üblicherweise muss unterstützend die Expertise von Restauratoren hinzugezogen werden, um die Wertigkeit von Werkstoffen, Bauteilen und Oberflächen einzuordnen. Gerade bei historischen Gebäuden ist die tiefgehende Untersuchung vor Planung einer energetischen Verbesserung auch unabhängig von den Aspekten der Denkmalpflege von großer Bedeutung. Oftmals begegnen der Planerin oder dem Planer aufgrund des Alters viele Schäden und Mängel in der Substanz, die vor der Konzeption von energetischen Verbesserungen bekannt sein müssen und die unter Umständen sogar im direkten Zusammenhang mit bauphysikalischen Problemen im Bestand stehen.
Für die Voruntersuchung wurde mit der DIN EN 16096:2012 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Zustandserhebung und Bericht für das gebaute Kulturerbe“, unabhängig von vielen anderen Publikationen, ein Leitfaden veröffentlicht, in dem die fachgerechte Vorgehensweise aufgezeigt wird. Schon vor über sechs Jahren wurde außerdem mit der DIN EN 16883 „Erhaltung des kulturellen Erbes – Leitlinien für die Verbesserung der energiebezogenen Leistung historischer Gebäude“ ein Werkzeug zur Verfügung gestellt, das für die Energieberatung im Baudenkmal sehr hilfreich ist.
In der Norm werden Bewertungskriterien und -skalen vorgestellt, mit deren Hilfe die Risiken von energetischen Verbesserungen und der Nutzen der Verbesserungen gegenübergestellt werden können. Die Bewertungskategorien erstrecken sich dabei nicht nur auf kulturgeschichtliche Aspekte, sondern auch beispielsweise auf die Wirtschaftlichkeit, die Qualitäten des Raumklimas und schlichtweg die Energie-Kennwerte. Die Anamnese des historischen Bestands sowie die Ausarbeitung von energetischen Verbesserungsmöglichkeiten sollte unbedingt auf Grundlage der oben genannten Normen erfolgen.

Bild: Klaus-Jürgen Edelhäuser
Haptik und Optik wahren
Oftmals wird in der Öffentlichkeit Denkmalpflege fälschlicherweise auf das optische Erscheinungsbild eines Bauwerks reduziert. „Denkmäler sind von Menschen geschaffene Sachen oder Teile davon aus vergangener Zeit, deren Erhaltung wegen ihrer geschichtlichen, künstlerischen, städtebaulichen, wissenschaftlichen oder volkskundlichen Bedeutung im Interesse der Allgemeinheit liegt.“ Diese Denkmaldefinition aus dem Artikel 1 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes umschreibt den Denkmalbegriff recht gut. Es kann zwar durchaus auch um das Erscheinungsbild gehen, der Schutz geht aber weiter und bezieht sich auch auf Materialien und Bauteile, Oberflächen, Raumstrukturen und so weiter.
Bei der Konzeption von energetischen Verbesserungen muss man sich dessen stets bewusst sein. Wichtig ist der Substanzerhalt und nicht beziehungsweise nicht nur die Optik. Mit der energetischen Modernisierung von Baudenkmälern sollen keine Kulissen geschaffen werden, sondern es müssen Haptik und Optik bewahrt werden. Wird die Wertigkeit all dieser Elemente des Denkmals im Zuge der Voruntersuchung gut erfasst, können sie im Zuge der Planung auch adäquat respektiert werden.
Die eben bereits erwähnte Wertigkeit von Oberflächen ist ein maßgebliches Kriterium dafür, ob Bauteile gedämmt werden können und wo die Dämmebene verlaufen kann. Bei sehr vielen Baudenkmälern scheidet aus gestalterischen Gründen oder aus Gründen des Ensembleschutzes die Anbringung einer Dämmung im Außenbereich aus. Hier kann die Innendämmung eine gute Möglichkeit der energetischen Verbesserung darstellen, die dann aber einerseits mit einem umfangreichen baulichen Eingriff verbunden ist und andererseits umfangreiche Nachweise hinsichtlich des Feuchteschutzes mit sich bringt. Die Dicke der Dämmebene steht dabei üblicherweise in Abhängigkeit zu den Feuchteschutznachweisen, die in der Regel mit hygrothermischen Simulationsberechnungen erbracht werden.
Bei Dächern oder oberen Geschossdecken zum unbeheizten Dachraum sind energetische Verbesserungen oft einfacher umsetzbar, da Dämmebenen häufig so ausgeführt werden können, dass keine Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes stattfindet. Gleichwohl sind auch hier die genauen Betrachtungen zum Feuchteschutz, insbesondere zur Lage der diffusionshemmenden Ebenen wichtig, um Feuchteschäden zu vermeiden. Von besonderer Bedeutung sind dabei sämtliche Anschlusspunkte der diffusionshemmenden Ebene an durchdringende oder flankierende Bauteile. In diesem Zusammenhang wird auf die Beachtung der DIN 4108-7 mit den Anschlussdetails von Luftdichtheitsebenen verwiesen. Bei Baudenkmälern ist zusätzlich unbedingt das WTA Merkblatt 6-10 „Luftdichtheit im Bestand – Teil 2: Detailplanung und Ausführung“ zu beachten.
Modernisierung von Fenstern
Ein wesentliches Bauteil der energetischen Hüllfläche stellen die Fenster eines Gebäudes dar. Üblicherweise sind auch sie wichtige Merkmale des Baudenkmals, ihre sorgfältige Behandlung im Rahmen der energetischen Modernisierung ist so ebenfalls von großer Bedeutung. Dabei geht es sowohl um die Proportionen als auch um technische Details in ihrer Ausführung. Die häufigsten „historischen“ Fenstertypen sind Einfachfenster mit Einfachverglasung, Kasten- oder Winterfenster sowie Verbundfenster.
Für die Ausarbeitung von Modernisierungsmaßnahmen sind hier die Art und der Zustand der Fenster in der Bestandssituation ausschlaggebend. Bei Einfachfenstern mit Einfachverglasung kann schon der Umbau zum Kastenfenster oder die Installation eines filigranen Vorsatzflügels, bei gleichzeitigem Erhalt der historischen Substanz, eine erhebliche Verbesserung bewirken. Der Einsatz von Gläsern mit Wärmeschutzbeschichtung auf der Innenseite, sogenannten Low-E-Verglasungen, reduziert dabei den Wärmedurchgang erheblich. So ergeben sich auch bei historischen Fenstern oft ohne größere Eingriffe Uw-Werte von 1,6 W/(m²K) oder besser (die Uw-Werte historischer Fenster können durchaus bei 3 W/(m²K) oder deutlich höher liegen).
Die Dichtigkeit der Fenster lässt sich in aller Regel mit geringfügigen Maßnahmen ebenfalls erheblich verbessern. Werden neue Zusatzflügel installiert, können dabei entsprechende Dichtungsbänder eingesetzt werden. Doch auch bei bestehenden Fensterflügeln ist die Nachrüstung von Schlauchdichtungen oft nur mit sehr geringen Eingriffen verbunden. Von besonderer Bedeutung ist bei den Fenstern außerdem die sorgfältige Betrachtung der Leibungs-, Sturz- und Brüstungssituation, wodurch flankierende Dämmmaßnahmen raumseitig kritische Oberflächentemperaturen vermieden werden müssen.

Bild: Klaus-Jürgen Edelhäuser
Technik – Wärmeübergabe
Eine große Rolle bei der energetischen Modernisierung von historischen Gebäuden spielt die Gebäudetechnik. Neben der Wärmebereitstellung, bei der natürlich der Fokus auf regenerative Energien gerichtet werden sollte, ist die Wärmeverteilung im Gebäude und die Wärmeübergabe in den Räumen elementar. Ein angenehmes Raumklima stellt sich hauptsächlich dann ein, wenn die uns umgebende Hüllfläche gleichmäßig erwärmt ist. Ideal hierfür ist der Einsatz von Flächenheizungen in Wand- oder Bodenflächen, die dann auch mit niedrigen Vorlauftemperaturen und somit beispielsweise mit einer Wärmepumpe betrieben werden können. Solche Flächenheizungen stellen dann aber üblicherweise wieder einen größeren baulichen Eingriff dar.
Können Außenwände nicht oder nur geringfügig gedämmt werden, ist oftmals auch der Einsatz einer Flächenheizung nicht möglich. Alternativ besteht dann die Möglichkeit, mithilfe einer Sockelleistenheizung eine gleichmäßige Temperierung der Wandflächen zu erzielen. Bei Bodenflächen bieten sich als Fußbodenheizung sogenannte Trockensysteme an, die anders als die herkömmlichen, in Fließestrich eingebetteten Systeme nur eine sehr geringe Aufbauhöhe haben. Mithilfe der Flächenheizung kann auch dem Phänomen der „Fußkälte“ entgegengewirkt werden.
Schlagwort Nachhaltigkeit
Bei der Instandsetzung von Baudenkmälern wird je nach Baualter beziehungsweise Epoche üblicherweise auf traditionelle Handwerkstechniken zurückgegriffen. Zudem werden im Allgemeinen bei der Instandsetzung oder Modernisierung Bau-
stoffe verwendet, die sich am historischen Vorbild orientieren. Der Einsatz von Holz und Holzwerkstoffen sowie von Lehmbaustoffen ist beispielsweise in der Denkmalpflege durchaus üblich und wird oftmals auch explizit gefordert. Gerade diese Baustoffe sind mit ihrem sehr kleinen ökologischen Fußabdruck Materialien, die auch dazu beitragen, die CO₂-Emissionen im Bauwesen gering zu halten. Es sind Baustoffe, die sich auch im Neubaubereich zunehmender Beliebtheit erfreuen. Die denkmalfachlichen Auflagen sind damit sehr modern und tragen zudem dazu bei, den ökologischen Fußabdruck der energetischen Modernisierung insgesamt gering zu halten. Bedauerlicherweise fließen diese Bilanzierungen gegenwärtig noch nicht in die Bewertung der Gesamt-Energieeffizienz von Gebäuden ein. Verschiedene Modellberechnungen zeigen allerdings, dass etwas schlechter, aber dafür nachhaltig gedämmte Baudenkmäler mit ihrem höheren Energiebedarf erst nach vielen Jahrzehnten die Gesamt-CO₂-Emissionen (Gebäudebetrieb und Emissionen der Modernisierung) eines vergleichbaren Neubaus überschreiten.
Resümee
Der Einsatz regenerativer Energien im Baudenkmal und speziell der Einsatz von Photovoltaik hat seit Beginn des Krieges in der Ukraine eine besondere Dynamik bekommen. Zahlreiche Änderungen der Denkmalschutzgesetze der Länder sprechen für sich. Natürlich ist die Nutzung klimafreundlicher Energien auch in Baudenkmälern von großer Bedeutung. Energetische Verbesserungen dürfen sich aber nicht auf die Gebäudetechnik oder die Bereitstellung regenerativer Energien beschränken. Letztlich kommt es auf die ganzheitliche Betrachtung der energetischen Qualität historischer Gebäude an, auf eine Modernisierung unter Nutzung sämtlicher Verbesserungspotenziale. Bei der dann vielleicht die Photovoltaikanlage noch ein kleines Element in der Gesamtbilanz darstellen kann.

Bild: Klaus-Jürgen Edelhäuser

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