

Bild: Sentinel Haus Institut

Die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) an die Luftdichtheit der Gebäudehülle sind hoch. Früher konnten Schadstoffe durch Ritzen und Fugen nach außen und frische Luft nach innen gelangen. Inzwischen findet dieser unkontrollierte Luftaustausch in modernen und sanierten Gebäuden nicht mehr statt. So können sich Schadstoffe aus den unterschiedlichsten Quellen, auch aus Baustoffen, in der Raumluft ansammeln.
Ein schadstoffgeprüftes Haus mit einer sehr guten Innenraumluft ist Grundlage für ein gesundes Leben (Abb. 1). 80 bis 90 Prozent unseres Lebens halten wir uns in geschlossenen Räumen auf und machen dabei 20 000 Atemzüge pro Tag. Kopfschmerzen, Konzentrationsschwäche, Schwindel, Hautausschläge, Asthma – die Liste der Symptome, die durch Schadstoffe im Haus ausgelöst werden können, ist lang. Die unsichtbaren, aber messbaren Stoffe gasen aus Wänden und Böden aus oder stecken in Möbeln. Wichtig für ein gesünderes Haus ist deshalb die richtige Baustoffauswahl. Eine hohe gesundheitliche Qualität in Innenräumen ist also kein Zufall, sondern planbar und lässt sich bezahlbar umsetzen.
Labels geben Orientierung
Von einem wohngesunden Baustoff gasen nur sehr geringe oder gar keine Schadstoffe aus – ist er als wohngesund zertifiziert, bestätigen die transparenten Kriterien unabhängiger Prüfinstitute, wie zum Beispiel des Sentinel Haus Instituts in Freiburg oder des eco-Instituts in Köln, das unkritische Emissionsverhalten. Zahlreiche Siegel und Labels wie zum Beispiel der Blaue Engel, der GEV-Emicode oder natureplus bestätigen die gesundheitliche Unbedenklichkeit zertifizierter Produkte. Da verliert man leicht den Überblick im Dickicht des Label-Dschungels: Welche Labels stammen von unabhängigen Instituten, wofür stehen sie jeweils genau und welche sind eigene Kreationen der Bauindustrie mit oft sehr spezifischen Kriterien? Informativer sind Umweltproduktdeklarationen (EPD) und spezielle Datenbanken – auf www.sentinel-haus.de finden sich zum Beispiel mehrere tausend Produkte von rund 200 Herstellern, die ihre Eignung fürs wohngesunde Bauen mit rund 30 verlässlichen Labels oder individuellen Prüfprotokollen nachgewiesen haben.
Bei einem wohngesunden Baustoff gehen hohe Produktqualität und gute gesundheitliche Eigenschaften Hand in Hand. Viele sind auch besonders nachhaltig in der Produktion und der Wiederverwertung oder Entsorgung. Umgekehrt gilt „Öko ist nicht automatisch gesund!“. Denn auch die Natur hält eine Vielzahl von Stoffen bereit, die unserer Gesundheit schaden können.


Welche Schadstoffe sind gesundheitsschädlich?
Heutzutage finden sich zum Glück besonders gesundheitsgefährdende Schadstoffe wie Asbest, Holzschutzmittel, PCB oder teerhaltige Kleber „nur“ noch in Altbauten. Doch nach wie vor bedrohen Lösemittel (VOC, Formaldehyd), Weichmacher aber auch Konservierungsstoffe unsere Gesundheit im Wohnumfeld (Abb. 2). Diese führen zu Unwohlsein, Müdigkeit, Reizungen der Atemwege, Allergien bis hin zu chronischen Krankheiten. Auch Kohlendioxid das wir ausatmen kann in schlecht gelüfteten Räumen zu Aufmerksamkeitsstörungen, Unwohlsein oder Müdigkeit führen. Besonders gefährdet sind Menschen, deren Immunsystem noch nicht oder nicht mehr vollständig ausgebildet ist, also Babys und Kleinkinder, Ältere oder Kranke. Auch Schwangere sollten aufpassen, denn die Schadstoffe, die sie einatmen, gelangen über die Nabelschnur in den Organismus des ungeborenen Kindes und erhöhen das Risiko für Asthma oder pfeifendes Atmen um das Zehnfache.
Impulse aus der Bauindustrie
Seit mehr als 20 Jahren beschäftigt sich der Hersteller Baumit mit dem Thema Wohngesundheit. Ausgewiesene Expertin auf diesem Gebiet ist die Produktmanagerin Barbara Wiedemann: „Über die Frage nach Inhalts- und Schadstoffen und mit der Fokussierung auf die Wärmedämmung war für uns klar, dass wir über das Gewährleisten eines wohngesunden Umfelds in Innenräumen intensiv nachdenken müssen.“
Mit dem eco-Institut fand Baumit den passenden Partner: ein akkreditiertes Prüflabor für viele verschiedene Prüflabel. Mit seinen inzwischen 74 Produkten, die das eco-Institut-Label tragen, ist es möglich, vom Boden bis zur Decke alle Produkte auf den „Wohngesundheits-Prüfstand“ zu stellen.
Wohngesundheit: Kein Brief mit sieben Siegeln!
So unterschiedlich die vielen Umweltsiegel sein mögen, alle verfolgen dieselbe Absicht: „Labels können Symbole sein, die als Zusatzinformation auf eine bestimmte Qualität von Produkten oder Dienstleistungen hinweisen“, sagt Barbara Wiedemann. „Um die wohngesundheitliche Unbedenklichkeit weiterzugeben und um Klarheit für den Anwender zu vermitteln, haben wir eine kompakte Broschüre zusammengestellt. Das wohngesunde Produktprogramm ist hier zusammengefasst, heruntergebrochen auf alle relevanten Prüfinstitute und deren inhaltlichen Schwerpunkte“. Darüber hinaus entwickelt Baumit das Portfolio an wohngesunden Produkten weiter.

Die GEB-Redaktion hat sich mit Barbara Wiedemann, Produktmanagerin bei Baumit, über das Thema Wohngesundheit unterhalten:

Bild: Baumit
Wie lang ist das Thema Wohngesundheit bei Baumit bereits im Fokus? Was gab dafür den Ausschlag?
Das Thema Gesünder Wohnen beschäftigt uns seit mehr als 20 Jahren. In unserem Unternehmen spielten die Kalkputze schon immer eine große Rolle. Wir wurden oft von unseren Kunden nach Inhaltsstoffen und Schadstoffen gefragt. So haben wir schon sehr früh angefangen, unsere Produkte unter anderem auf Schwermetalle, Formaldehyde und weitere flüchtige Stoffe überprüfen zu lassen. Neben den beiden Reinkalk-Produkten umfassten schon damals die unter der Kennzeichnung NaturLine laufenden Produkte ein breites Sortiment. Mit der Fokussierung auf die Wärmedämmung haben wir begonnen, uns mit dem Thema „Gesünder Wohnen“ zu beschäftigen. Denn wenn gedämmt wird, muss die Gebäudehülle dicht sein, und das wirkt sich automatisch auf den Innenraum aus – und somit auf die Innenraumluftqualität. Energieeinsparung mittels Dämmung und die Herstellung eines wohngesunden Umfeldes in den Innenräumen sind foglich untrennbar verbunden.
Mit der Dichtigkeit der Gebäudehülle verändert sich auch der Luftwechsel im Innenraum. Somit legte sich unser Augenmerk verstärkt auf das raumluftbeeinflussende Potenzial, welches innen verwendete Baustoffe und Materialien mitbringen. Wir hatten den Anspruch, ein breites Sortiment an Putz- und Mörtelprodukten anbieten zu können, um möglichst für jeden Bedarfsaspekt bei Neubau, Renovierung und Sanierung ein geeignetes Produkt anbieten zu können. Damit war das Thema Gesünder Wohnen auf der Baumit Agenda angekommen.
Warum hat man sich primär für Prüfungen am eco-INSTITUT entschieden?
Wir machten uns auf die Suche nach einem Label, das uns hinsichtlich der wohngesundheitlichen Unbedenklichkeit eine Sicherheit bietet. Wir hielten das in Köln ansässige eco-Institut für den geeigneten Partner, weil es ein akkreditiertes Prüflabor für viele verschiedene Prüflabel wie zum Beispiel Blauer Engel, natureplus und EMICODE ist. Gleichzeitig hat es ein eigenes Label – das eco-Institut-Label –, welches damals schon laut Stiftung Warentest und Ökotest eine sehr hohe Reputation und Glaubwürdigkeit hatte und für sich selbst allerstrengste Kriterien vorgibt. Zudem stellte sich bei den Gesprächen heraus, dass das Institut in der europäischen Normengruppe der TC 351 mitarbeitet, die sich mit dem Standard für Innenraumluftqualität und der erforderlichen Messmethodik beschäftigt.
Wie und in welchen Zeitabständen laufen hier die Prüfungen ab? Was bedeutet Re-Zertifizierung?
Eines der erwähnten strengen Kriterien ist die Tatsache, dass das eco-Label-Zertifikat zwei Jahre gültig ist. Danach muss neu zertifiziert – also rezertifiziert werden. Wieder nach denselben Methoden und Kriterien. Wir sehen dies als einen Sicherheitsgewinn für den Verbraucher und es bietet auch uns als Hersteller Sicherheit, dass alle zwei Jahre unsere Roh- und Einsatzstoffe in puncto wohngesundheitlicher Unbedenklichkeit auf „Herz und Nieren” überprüft werden.
Wir haben dann die Prüfungen auf alle Produkte mit Anwendungsrelevanz im Innenraum ausweiten lassen, also auch für Produkte aus den Bereichen Mauermörtel, Boden, Haftmörtel oder Sanierung. Dieses Komplettsortiment bietet den Kunden die Sicherheit, mit unseren eco-geprüften Produkten eine gute Innenraumluftqualität schaffen zu können.
Was wird genau geprüft?
Das Wichtigste ist natürlich die Emissionsanalyse, das heißt, die Prüfung auf flüchtige organische Verbindungen nach 3, 7 und 28 Tagen und deren Ausweisung je nach Flüchtigkeitsgrad in TVOC, TSVOC, VVOC. Es erfolgt eine Geruchsprüfung des Produktes. Es wird auf Phtalate und andere Weichmacher untersucht und auf halogenorganische Verbindungen wie AOX/EOX und auf sog. KMR-Stoffe, d.h. kanzerogene (krebserzeugende), mutagene (erbgut-) und reproduktionstoxische (die Fortpflanzungsfähigkeit verändernde) Substanzen. Wenn es Auffälligkeiten gibt, besteht keine Chance, das eco-Institut-Label zu erhalten. Erst wenn das Produkt unter einer TVOC-Last von kleiner 0,3 mg/m³ Luft bleibt, ist es zertifizierungsfähig.
Wir haben in unserem Portfolio inzwischen 74 Produkte, die das eco-Institut-Label tragen und somit auf wohngesundheitliche Unbedenklichkeit geprüft sind.
