Zur Erreichung der nationalen und internationalen Energie- und Klimaschutzziele sind Maßnahmen in allen Bereichen des Lebens notwendig. Die Energieeffizienz bildet dabei das wesentliche Fundament. Ein wichtiger Hebel zur Steigerung der Energieeffizienz sind Energiedienstleistungen (EDL), die darauf abzielen, dass Energieeffizienzmaßnahmen umgesetzt werden.
Der EDL-Markt unterliegt einer stetigen Veränderung mit neuen Produkten sowie der Zusammenführung und Aufspaltung verschiedener Geschäftsmodelle. Die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) ist laut § 9 Absatz 2 Nummer 5 Energiedienstleistungs-Gesetz (EDL-G) dafür zuständig, den Markt für Energiedienstleistungen, Energieaudits und andere Energieeffizienzmaßnahmen zu beobachten und Vorschläge zu deren weiteren Entwicklung zu erarbeiten.
Die Energieberatung als ein Teilmarkt spielt insbesondere für die Erreichung der Energie- und Klimaziele im Gebäudebereich eine große Rolle.

Quelle: BfEE / ifeu

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Seit 2016 wird im Auftrag der BfEE jährlich eine große Erhebung zum deutschen Energiedienstleistungsmarkt durchgeführt. Kern der Untersuchung sind umfangreiche Befragungen sowohl auf Angebots- als auch der Nachfrageseite. Im Jahr 2021 wurden die Anbietenden telefonisch und online befragt. Daraus ergeben sich für den Teilmarkt der Energieberatung über 1500 auswertbare Datensätze. Auf Nachfrageseite wurden etwa 2750 Unternehmen, 2500 private Haushalte (Eigentümer und Mieter) und über 500 Institutionen der Öffentlichen Hand telefonisch befragt.
Der im Rahmen der Studie 2020 neu eingeführte Betrachtungswinkel mit Fokus auf „Aktive Energieberaterinnen und Energieberater“ (die jeweiligen Kontaktpersonen haben in den vergangenen fünf Jahren mindestens einen Förderantrag gestellt) und registrierte Energieauditorinnen und Energieauditoren wurde beibehalten (siehe auch GEB 5/21). Damit konzentriert sich die Befragung stärker auf den Kernbereich der Studie – die bundesgeförderte Energieberatung, die maßgeblich den qualitativen Anspruch an Energieberaterinnen und Energieberater prägt.
Marktkennzahlen
Das Marktsegment für die betrachteten Energieberatungsleistungen befindet sich in einem starken Wachstum und erreichte im Umsatzjahr 2020 nach konservativer Schätzung ein Volumen von etwas mehr als 650 Mio. Euro. Zur Einordnung lohnt sich ein Blick in die Vorjahre. Das ermittelte Marktvolumen erhöhte sich um über 50 Prozent. In den vier Jahren zuvor zeigte sich in Folge eine weitgehend stabile Marktsituation (Abb. 1).
Das Wachstum des Marktes für Energieberatung wird besonders getragen von den Beratungen für Nichtwohngebäude und für Wohngebäude. Bei der umfangreicheren Vor-Ort-Beratung für Wohngebäude hat sich das Marktvolumen mehr als verdreifacht: von 56 Mio. Euro im Jahr 2019 auf 179 Mio. im Jahr 2020.
Es kam zu einer Verdopplung der Anzahl der für die Marktstudie betrachteten aktiven Energieberaterinnen und Energieberater. Diese Anbietenden führen im Durchschnitt mehr Beratungen pro Vollzeitstelle durch, und zwar im Jahr 2020 ungefähr 20 Stück (2019: 16). Auch die Verkaufspreise und Stundensätze stiegen gegenüber dem Vorjahr deutlich (Abb. 2 und 3). Das Marktvolumen im Bereich der Beratung für Nichtwohngebäude stieg von 80 Mio. Euro auf 113 Mio. Euro. Auch hier stiegen die Zahl der aktiven Energieberaterinnen und Energieberater, Preise und Stundensätze.
Der Anstieg der Verkaufspreise gegenüber dem Vorjahr ist nach Angaben der Befragten kräftig und setzt einen Trend der letzten Jahre fort. Bei einigen Beratungsformen ist gleichzeitig aber auch der Aufwand gestiegen. In der Konsequenz entwickeln sich die Stundensätze für die verschiedenen Beratungsformen divergent. Deutliche Steigerungen gibt es bei Beratungen für Wohngebäude und Nichtwohngebäude, während die Stundensätze (u. a. wegen einer methodischen Verbesserung bei der Erfassung von Beratungsdauern) bei Beratungen für Anlagen und Produktionsprozesse geringer ausfallen. Eine Erklärung für die Beobachtung, dass die Stundensätze für Anlagen und Produktionsprozessberatung gefallen sind, liegt in einer Überschätzung der Werte für 2019.
Eine der großen Unbekannten beim Ausblick auf die Marktentwicklung der letzten beiden Jahre war (und ist) die Corona-Pandemie. Zwei wesentliche Einflussfaktoren, die die Markterwartungen eintrüben, waren die Kontaktbeschränkungen, die sich auch auf den Kontakt zwischen Energieberatendem und Beratungsempfängerinnen und Beratungsempfängern bezogen, sowie der Mangel an Baustoffen und damit verbunden steigende Preise.
Allerdings zeigt sich zunächst für das Jahr 2020, dass die Corona-Pandemie keine negativen Auswirkungen hatte, sondern möglicherweise sogar zum Wachstumsschub beigetragen hat. Denn auf der Nachfrageseite scheinen sich durch die Corona-Maßnahmen freie zeitliche und finanzielle Kapazitäten für energetische Modernisierung von Gebäuden und technischen Anlagen ergeben zu haben. Zudem dürften vielen Menschen die Vorteile einer komfortablen und energieeffizienten Wohnsituation während Zeiten des Lockdowns besonders deutlich geworden sein.

Quelle: BfEE / ifeu

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Entwicklungen in der Förderlandschaft
Auch die Förderprogramme des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) für die Energieberatung in Wohngebäuden verzeichneten einen wahren Antragsboom (Abb. 4). Die Antragszahlen von 2019 auf 2020 und von 2020 auf 2021 verdoppelten sich jeweils. Dieser enorme Anstieg der Förderanträge ist zum einen auf die Erhöhung der Förderung zurückzuführen. Zum 1. Februar 2020 wurde die Förderung von bisher 60 % auf 80 % des förderfähigen Beratungshonorars angehoben. Zum anderen startete Anfang 2021 die „Bundesförderung für Effiziente Gebäude“ (BEG). Dieses Programm vereinheitlicht die Förderstruktur für Wohn- und Nichtwohngebäude und löst die bisherigen Förderprogramme im Gebäudebereich für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien ab.
Bereits im Januar 2021 startete die neue Zuschussförderung für Einzelmaßnahmen beim BAFA. Für Einzelmaßnahmen, wie z. B. die Dämmung der Gebäudehülle oder die Erneuerung der Heizungsanlage, gibt es einen Zuschuss. Am 1. Juli 2021 starteten bei der KfW die Förderangebote für den Neubau, die Komplettsanierung von Wohn- und Nichtwohngebäuden zu Effizienzhäusern bzw. Effizienzgebäuden sowie – in Ergänzung zur Zuschussvariante des BAFA – eine Kreditvariante für Einzelmaßnahmen. Antragstellerinnen und Antragsteller können jetzt zwischen einer Kredit- und einer Zuschussförderung wählen. Neu ist dabei, dass nun auch Unternehmen sowie kommunale und gemeinnützige Akteure eine Zuschussförderung beantragen können.
Im Wohngebäudebereich wurde die investive Förderung mit der Energieberatung verknüpft. Wird ein in der „Bundesförderung für Energieberatung für Wohngebäude“ geförderter individueller Sanierungsfahrplan (iSFP) umgesetzt, erhöht sich der Fördersatz zusätzlich um 5 %. Die Einführung dieses iSFP-Bonus führte ebenfalls zu einem starken Anstieg in den Antragszahlen. Es wird weiter intensiv an der Optimierung und Weiterentwicklung der BEG gearbeitet.
Ausblick auf die Marktentwicklung
Die genannten Entwicklungen und Änderungen der Förderlandschaft lassen für die kommenden Jahre deutliche Veränderungen im Energieberatungsmarkt erwarten. Hinzu kommt, dass die neue Bundesregierung in Bezug auf die Geschwindigkeit und Tiefe der Transformation hin zu einer klimaneutralen Gesellschaft sehr ambitionierte Pläne vorgelegt hat. Steigende Energiepreise verstärken diese Entwicklung. Die Energieberatung ist dabei ein wesentlicher Hebel, der zum Gelingen der Energiewende beitragen soll, und macht damit ein weiteres dynamisches Marktwachstum sehr wahrscheinlich. Zudem gibt es viele Haushalte und Unternehmen, die bisher noch keine Energieberatungsleistungen in Anspruch genommen haben. Es bestehen also weiterhin Wachstumspotenziale.
Passend dazu ist die Markterwartung der Energieberaterinnen und Energieberater sehr positiv. Im Rahmen der Marktstudie wurden noch nie zuvor so gute Marktaussichten gemessen. Die besten Marktentwicklungschancen werden der Energieberatung für Privathaushalte eingeräumt. Fast 90 % aller Befragten gehen von einem wachsenden Markt aus, fast zwei Drittel sogar von einem stark oder sehr stark wachsenden Markt. In den vergangenen Jahren waren dagegen regelmäßig die Energieberatungen für Unternehmen der Bereich mit den besten Wachstumsaussichten.
Entsprechend positiv stellt sich auch die zukünftige Planung der befragten Energieberaterinnen und Energieberater dar. Mehr als zwei Drittel von ihnen plant eine Erhöhung des Umsatzes mit Energieberatungen und Energieaudits.

Bild: BfEE / Prognos

Bild: BfEE / Prognos
Droht ein Angebotsmangel?
Mit dem dynamischen Wachstum rücken aber auch Risiken auf der Angebotsseite in den Vordergrund. Zu nennen sind steigende Preise für Baustoffe, Verfügbarkeitsengpässe bei Material und Technik sowie eine zunehmende Knappheit der Fachkräfte. Grundsätzlich muss man sich vor dem Hintergrund der positiven Entwicklung im Energieberatungsmarkt die Frage stellen: Kann der Markt die steigende Nachfrage decken? Haben wir genug Fachkräfte für die Energieberatung und die anschließende Umsetzung von Maßnahmen?
Die Ergebnisse der Marktstudie zeigen in Bezug auf den Wachstumsschub im Bereich der Energieberatung im Jahr 2020 deutschlandweit jedenfalls noch keine messbaren Engpässe. Es ist weiterhin ein ausreichendes Angebot an qualifizierter Energieberatung gewährleistet. Dazu trägt unter anderem auch die 2020 eingeführte Qualifikationsprüfung Energieberatung bei.
Von Seiten der Nachfrage gibt es ebenfalls kaum Hinweise auf einen Mangel an Angeboten. Für die zukünftigen Marktuntersuchungen wird es jedoch spannend, die Entwicklungen in diesem Bereich weiter zu beobachten.
Die Marktbeobachtung untersucht regelmäßig auch die regionale Abdeckung von Angebot und Nachfrage (Abb. 6 und 7). Das Ergebnis für 2020 ist grundsätzlich sehr zufriedenstellend: Es gibt eine gute regionale Abdeckung des Marktes in der ganzen Bundesrepublik. Wobei sich weiterhin vor allem Baden-Württemberg als Powerhouse im Bereich des Energieberatungsmarktes zeigt. Hier werden mit Abstand die meisten Beratungen im Vergleich zu allen Bundesländern durchgeführt und hier gibt es auch die größte Angebotsdichte.
Schaut man jedoch auf die jetzt schon sehr angespannte Lage im Bereich der Fachkräfte bei der Umsetzung von Effizienzmaßnahmen am Gebäude, werden künftig vermehrt auch innovative Lösungen benötigt, um den Bedarf decken zu können. Die serielle Sanierung von Gebäuden stellt eine solch innovative Maßnahme dar. Dabei werden Bauelemente im industriellen Maßstab vorgefertigt, zur Baustelle gefahren und an den Gebäuden angebracht. Durch Integration unterschiedlicher technischer Lösungen der energetischen Sanierung (Wärmeerzeuger, Versorgungsleitungen, Lüftungselemente, Photovoltaikmodule etc.) in die Bauelemente wird der Installationsaufwand vor Ort reduziert.
Es werden einerseits weniger Handwerkerinnen und Handwerker vor Ort auf der Baustelle benötigt, da die Bauelemente dort ja nur noch installiert und nicht mehr gefertigt werden müssen. Andererseits werden zwar Fachkräfte in der Produktion benötigt, jedoch in geringerem Umfang, da die Bauelemente auch mit Hilfe von Maschinen gefertigt werden. Abstimmungen zwischen den Gewerken werden erleichtert oder fallen sogar ganz weg. Die serielle Sanierung kann somit die Sanierungskosten reduzieren, Bauvorhaben in der Durchführung vor Ort beschleunigen und den Bausektor effizienter machen.
Dass uns dieses Thema zukünftig mehr beschäftigen wird und ein Umdenken in der Sanierung erfordert, hat der Markt bereits erkannt. Unternehmen entwickeln vorgefertigte Module, die die serielle Sanierung unterstützen, und es werden zunehmend Informationsangebote für die Branche geschaffen. Dennoch ist sowohl das Angebot als auch die Nachfrage in diesem neuen Segment noch eher gering.
Um mögliche Markthemmnisse abbauen zu können, lässt die BfEE in einer Marktstudie aktuell untersuchen, wie der aktuelle Status quo der Markteinführung der seriellen Sanierung zu bewerten ist, welche betriebswirtschaftlichen und politischen Maßnahmen diesen Prozess beschleunigen könnten und welche Lehren aus dem Marktgang in anderen Ländern gezogen werden können. Das Gesamtziel des Projektes ist es, konkrete Handlungsoptionen aufzuzeigen, wie der seriellen Sanierung zu einem schnellen Marktdurchbruch in Deutschland verholfen werden kann. Die Ergebnisse der Studie werden im Juni 2022 erwartet.
Marktanalyse wird fortgeführt
Für die Marktbeobachtung der EDL werden im Auftrag der BfEE auch zukünftig jährliche Studien durchgeführt.Wir bedanken uns für die großartige Beteiligung von Energieberaterinnen und Energieberatern und Energieauditorinnen und Energieauditoren und hoffen auch in den nächsten Jahren auf Ihr Wissen und Ihre Meinung zurückgreifen zu dürfen.
Ergebnisse der Markterhebung
Am 27. Januar 2022 stellten die BfEE und das Konsortium externer Gutachter (Prognos, ifeu-Institut und Kantar) die Ergebnisse der Markterhebung von 2021 in einem Workshop vor. Die Aufzeichnungen der Präsentation stehen im BAFA-YouTube-Kanal zur Verfügung. Dort kann man auch Auswertungen zu einzelnen Gruppen nachschlagen. Alle Informationen werden auf der Homepage der BfEE (www.bfee-online.de) im Bereich „Energiedienstleistungen / Allgemeine Marktkennzahlen“ veröffentlicht.
GEB Dossier
Grundlegende Informationen zum -Thema -finden Sie auch in -unserem Dossier Experten-wissen mit -Beiträgen und News aus dem GEB:
https://www.geb-info.de/themen/expertenwissen
