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Ladepunkteausbau in Gebäuden

Tanke in der Tiefgarage

Die Entwicklung der Elektromobilität in Deutschland beschleunigt sich. Was die Lademöglichkeiten anbelangt aber nicht rasch genug. So sind der Bundesnetzagentur im August 2022 bundesweit zwar fast 66 000 öffentlich zugängliche Ladepunkte gemeldet [1], doch waren bereits zu Jahresbeginn mehr als neunmal so viele Elektroautos unterwegs, etwa die Hälfte davon waren 2021 zugelassen worden [2]. Um dem steigenden Bedarf an einer ausreichenden Ladeinfrastruktur gerecht zu werden, hat der Bundestag das Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) [3] beschlossen.

Das Gesetz soll den Ausbau gebäudeintegrierter Lademöglichkeiten bundesweit einheitlich fördern. Es setzt im Wesentlichen Artikel 8 Absatz 2 bis 6 der EU-Richtlinie 2018/844 vom 30. Mai 2018 zur Änderung der EU-Gebäuderichtlinie in nationales Recht um und gilt sowohl für Neubauten als auch bei der Renovierung von Wohngebäuden (ebenso Alten-, Pflege- und Wohnheime) sowie Nichtwohngebäuden mit Tiefgaragen oder Parkplätzen auf dem Grundstück (z. B. Bürogebäude, Hotels, Sportbauten, Universitäten).

Je nach Gebäudetyp müssen Ladeanschlüsse für eine bestimmte Anzahl der Pkw-Stellplätze geschaffen beziehungsweise deren spätere Nachrüstung ermöglicht werden. Dazu gehört es nicht nur, Platz für elektrische Betriebsräume mit Lademanagement-, Schalt- und Umspannsystemen, Transformatoren oder Verteilern vorzuhalten. Auch Trassen und Leerrohre müssen eingeplant werden, damit sich die Kabel- und Leitungsanlagen nachträglich ohne großen Aufwand installieren lassen.

Das GEIG ist am 25. März 2021 ohne Übergangsfrist in Kraft getreten. Vom Geltungsbereich ausgenommen sind kleinere und mittlere Unternehmen, die ihre Gebäude größtenteils selbst nutzen. Nicht inbegriffen sind auch Renovierungen, bei denen die Kosten für die Installation von Lademöglichkeiten sieben Prozent des Gesamtbudgets übersteigen. Keine Ausnahme besteht, wenn der Energieversorger nicht genügend Anschlussleistung zur Verfügung stellen kann. Auch in diesem Fall muss nachgerüstet werden. Bei Nichterfüllung drohen Bußgelder in Höhe von bis zu 10 000 Euro.

Je früher berücksichtigt, desto besser

Wurden beim Bau eines Gebäudes weder die Leitungsinfrastruktur vorgerüstet noch gegebenenfalls betriebsbereite Ladepunkte geschaffen, haben Käufer das Recht auf eine nachträgliche Installation. Entstandene Kosten für die Beseitigung etwaiger Mängel können sie im Rahmen der Gewährleistungspflicht in Rechnung stellen, insofern zum Beispiel der Bauträger nicht seiner Pflicht nachkommt und das GEIG umsetzt. Nach der Abnahme des Gebäudes steht er in der Regel bis zu fünf Jahre in der Verantwortung. Konkret bedeutet das: Für ein Gebäude, das 2020 geplant wurde und zwei Jahre später die Baugenehmigung erhielt, können beispielsweise Wohnungskäufer je nach Bauzeit noch bis 2029 eine nachträgliche Installation verlangen.

Eine Nachrüstung erweist sich meist als unnötig aufwendig, wenn in den vorhandenen Schaltschränken oder Verteilungen nicht genügend Platz für eine zusätzliche Installation besteht oder die Hauptleitungen zu klein dimensioniert sind. Fehlen elektrische Betriebsräume, bleibt bei der Erschließung von Ersatzflächen oft als einzige Option, Parkplätze umzuwidmen. Sie stehen nicht mehr als Stellfläche zur Verfügung, was zusätzlichen Abstimmungsbedarf mit dem Bauamt und gegebenenfalls Anpassungen der Brandschutzmaßnahmen erfordert. Nicht selten müssen bereits asphaltierte oder gepflasterte Parkflächen aufgebaggert werden.

Kosten für Nachbesserungen verzehnfachen sich bei Immobilien erfahrungsgemäß innerhalb des Lebenszyklus von Phase zu Phase. Beispiel: Bei der Dimensionierung der Stellfläche wurde für Elektrofahrzeuge an der Stirnseite zu wenig Platz für eine Ladesäule eingeplant. Bei der Vergrößerung des bereits genutzten Stellplatzes musste vorübergehend Parkfläche hinzugemietet werden und ein kleinerer Umbau erfolgen. Insgesamt fielen 5000 Euro an. Während der Planungsphase wären es 500 Euro gewesen, in der Projektentwicklung nur 50 Euro und bei der Konzeptdefinition gerade einmal fünf Euro.

Vorsorgen statt nachsorgen

Deshalb sollte idealerweise bereits in der Planungsphase analysiert werden, welche Anforderungen an die Ladeinfrastruktur bestehen und wie sie sich am besten umsetzen lassen. So ist es sinnvoll, Technikräume für Nachrüstungen in der Nähe der Stellplatzfläche vorzuhalten und die zugehörige Infrastruktur einzuplanen.

Bei Renovierungen darf zudem eine umfassende Bestandsaufnahme nicht fehlen: Reicht etwa die gegebene Hausanschlussleistung, um die vorgesehenen Ladepunkte zu versorgen? Pro Ladepunkt sollten durchschnittlich zwischen 3,7 und elf Kilowatt zur Verfügung gestellt werden. Je nach Hausanschlussleistung ist dies bei mehreren Ladepunkten selten bis gar nicht realisierbar. Im besten Fall lässt sich nur eine geringe Anzahl an Stellflächen mit einer Lademöglichkeit ausrüsten. Projektierer sollten frühzeitig mit dem kommunalen Energieversorger abstimmen, ob er die gewünschte Leistung bereitstellen kann.

Bedacht werden muss, dass Spitzenleistungen auftreten können, die zu einer Anschlussüberlastung führen. Beispielsweise, wenn energieintensive Verbraucher wie Elektroherde oder Geschirrspüler in den frühen Abendstunden in Betrieb sind und die Bewohner gleichzeitig ihre Elektroautos laden. Im Zweifel hilft die Installation eines Lademanagementsystems, das die Stromaufnahme begrenzt und die verfügbare Leistung gleichmäßig auf alle ladenden Fahrzeuge verteilt. Damit niemand benachteiligt wird, dürfen dabei die individuelle Batteriekapazität oder die maximale Ladestromaufnahme eines Elektrofahrzeugs keine Rolle spielen.

Ob dies technisch umsetzbar ist und welches Konzept dafür infrage kommt, sollte schriftlich und allgemeinverständlich in der Baubeschreibung festgehalten werden. Schließlich muss geprüft werden, ob das Lademanagementsystem sowohl mit den Wallboxen als auch den Messeinrichtungen kommunizieren kann. Wenn das nicht gelingt, ist gegebenenfalls die Überarbeitung oder der Austausch der Schnittstellen nötig.

Was Nachbesserungen bedeuten können

Das bereits erwähnte Beispielgebäude mit fünf Parkplätzen auf dem Grundstück und 20 Stellplätzen in der Tiefgarage wurde im Jahr 2022 neu errichtet. Da die Bewohner vermehrt Lademöglichkeiten anfragten, berief sich die Eigentümergemeinschaft auf die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht des Bauträgers, die erforderliche Infrastruktur bereitzustellen. Das betraf zum einen die Kabeltrassen in der Tiefgarage, die sich problemlos montieren ließen. Zum anderen erforderte es Leerrohre im Außenbereich, die unter bereits asphaltierte Parkplätze verlegt wurden. Dafür musste aufgebaggert werden, was hohe Kosten nach sich zog.

Besonders aufwendig gestalteten sich darüber hinaus nachträgliche Abstimmungen mit dem Netzbetreiber und dem Energieversorger. Denn Verbraucher mit einer Leistung über zwölf Kilowatt sind informations- und zustimmungspflichtig. Netzbetreiber können die Ladeinfrastruktur bei kritischen Schwankungen vom Netz nehmen.

Zum anderen stellte der Energieversorger nur eine maximale Hausanschlussleistung von 250 Kilowatt bereit. Gemäß DIN 18015-1:2020-05 [4] für die Planung von elektrischen Anlagen in Wohngebäuden ist allerdings schon eine Bemessungsscheinleistung von 125 Kilowatt für die Hauptleitungen bei elektrischer Trinkwassererwärmung für Bade- oder Duschzwecke vorzusehen. Einen maximalen Gebäudegrundverbrauch von 125 Kilowatt angenommen bleibt je nach Tageszeit also nur noch bis zur Hälfte der Hausanschlussleistung zum Laden von Elektrofahrzeugen. Würden zugleich viele Ladesäulen genutzt, wäre die Folge eine „Spitzen-Spitzen-Leistung“ mit dem Risiko einer Anschlussüberlastung.

Beim Beispielgebäude half die Installation eines intelligenten Lademanagementsystems. Bei der Elektro- und Gebäudetechnik erforderte sie jedoch zusätzliche Fläche für Schaltschränke und einen Technikraum. Dafür erwarb der Bauträger einen ungenutzten Tiefgaragenstellplatz zurück, den er zuvor verkauft hatte. Bei den baulichen Maßnahmen waren unter anderem mehrere Wanddurchbrüche notwendig, da viele Leitungswege geändert und teils Brandschutzvorkehrungen für bestimmte Hochleistungskabel getroffen werden mussten. Nicht zuletzt wurden alle vorhandenen Unterlagen ergänzt und die technische Dokumentation aktualisiert, was weitere finanzielle Aufwendungen bedeutete.

Fazit: Um hohe Folgekosten durch Umplanungen zu vermeiden, sollten Planungs- und Projektentwicklungsbüros die Anforderungen an die Gebäude-Ladeinfrastruktur frühzeitig analysieren und zugehörige Ausbaukapazitäten vorhalten. Unabhängige Prüforganisationen wie TÜV SÜD unterstützen Bauende, Eigentümer und Investierende genauso wie Bauträger und Planungsbüros bei der Prüfung und Umsetzung der Vorgaben mit baubegleitenden Qualitätscontrollings, Abnahmen und wiederkehrenden Prüfungen der Elektro- und Gebäudetechnik.

Literatur

[1] Bundesnetzagentur, Ladeinfrastruktur in Zahlen (Stand 1. Mai 2022), www.t1p.de/geb220961

[2] Kraftfahrt-Bundesamt, Pressemitteilung Nr. 10/2022, www.t1p.de/geb220960

[3] Gebäude-Elektromobilitätsinfrastruktur-Gesetz (GEIG) vom 18. März 2021, BGBl I vom 24. März 2021, Seite 354, www.t1p.de/geb220963

[4] DIN 18015-1:2020-05. Norm seit Mai 2020 in Kraft. Neue Anforderungen und ­Planungshinweise für die Errichtung von elektrischen Anlagen in Wohngebäuden. ­Blieskastel: Hager Vertriebsgesellschaft, www.hager.de/DIN18015

Eigentümern mehrerer Nichtwohngebäude bietet das Gebäude-Elektro­mobilitätsinfrastruktur-Gesetz die Möglichkeit, die benötigten Ladepunkte bedarfsgerecht an einem Standort zu bündeln.

Bild: TÜV SÜD Industrie Service

Eigentümern mehrerer Nichtwohngebäude bietet das Gebäude-Elektro­mobilitätsinfrastruktur-Gesetz die Möglichkeit, die benötigten Ladepunkte bedarfsgerecht an einem Standort zu bündeln.
Alexander Kleinmagd
ist Abteilungsleiter Elektro- und Gebäudetechnik und Sachverständiger Explosionsschutz und Elektrotechnik bei TÜV SÜD Industrie Service.

Bild: TÜV SÜD Industrie Service

Stefan Veit, MBA, B. Eng.
ist Leiter Produkt- und Qualitätsmanagement Bereich Elektrotechnik, Geschäftsfeld Elektro- und Gebäudetechnik bei TÜV SÜD Industrie Service.

Bild: TÜV SÜD Industrie Service

Dr.-Ing. Markus Weißenberger
ist Experte Gebäudetechnik und Sachverständiger Bautechnik bei TÜV SÜD Industrie Service.

Bild: TÜV SÜD Industrie Service

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