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GIH-Bundeskongress

Energieberatende liefern die ­Antworten

Man müsse im politischen Berlin anwesend sein, klar machen, dass man mitreden wolle, begrüßte der GIH-Bundesvorsitzende Stefan Bolln die Teilnehmenden des Bundeskongresses. Der fand – wie im vergangenen Jahr – im Umweltforum statt, nicht weit vom Alexanderplatz. Insgesamt und unterm Strich stand die Veranstaltung am 19. Mai im Zeichen des politischen Wechsels statt, der keine zwei Wochen nach der Regierungsbildung allerdings noch gar nicht richtig vollzogen oder gar formuliert war. Und so glänzten denn auch alle eingeladenen und frisch gebackenen Minister:innen durch Abwesenheit, weil noch in Orientierungsgespräche vertieft.

Bolln, der zu Beginn vermelden konnte, dass der GIH inzwischen stolze 5.200 Mitglieder zählt, holte im Anschluss Kai Warneke auf die Bühne, Präsident des Eigentümer:innenverbandes Haus & Grund, mit dem der GIH in Schleswig-Holstein kooperiert und das auch in anderen Bundesländern plant. Um endlich die Gruppe der selbstnutzenden Hausbesitzer:innen zu erschließen, deren Angehörige eher selten von sich aus Energieberatende kontaktieren. Obwohl gerade sie von der Beratung profitieren können.

Das Bild der Energieberatenden in der Presse

Dass indes die Wahrnehmung des Berufs ohne Berufsbild in den Medien gar nicht so schlecht ist, das zeigte der Vortrag von Hennig Jauernig vom Spiegel. Jauernig hatte die Berichterstattung seiner Redaktion ab 2018 nach Beiträgen zu Energie- und Bauthemen durchgesehen. Dort tauchen Energieberatende in Interviews und Praxisberichten als durchaus wertgeschätzte, kompetente Expert:innen auf. Ganz anders allerdings sei das Bild in der „Zeitung mit den vier Buchstaben“, die habe ja schon fast eine eigene Rubrik namens „Heizhammer“ gehabt, während man beim Spiegel versucht habe, die Sachverhalte zu klären. Und diese Artikel, viele hinter der Bezahlschranke, hätten nachweislich großes Interesse gefunden. Zentrales Thema war, was Wunder, die Wärmepumpe.

Weiter ging es mit Neuigkeiten rund um die kommunale Wärmeplanung. Eric Eigendorf vom Kompetenzzentrum Kommunale Wärmewende sah die Wärmeplanung auf einem guten Weg, viele der Gemeinden mit über 100.000 Einwohnenden seien schon sehr weit. Im Anschluss an seinen Vortrag aber regte sich Kritik im Publikum: Fern- oder Nahwärme sei meist zu teuer. Vereinfachte, beschleunige Auslegung sei erforderlich, sodass die, die ohne Netz bleiben würden, das auch früh erführen und handeln könnten.

Vorsicht: Haftungsrisiken für Effizienzexpert:innen

Keine Zeit fürs Suppenkoma gab es nach der Mittagspause, dank zweier Vorträge, die eigentlich Warntafeln waren, sehr groß und sehr rot. Rechtsanwalt Stefan Johannsen von der Kanzlei Johannsen klärte über die enormen Haftungsrisiken für Energieberatende im Streitfall auf. Die Gerichte seien mit der Beurteilung der Fälle meist überfordert, was an der hohen Spezialisierung der Effizienzexpert:innen liege, und entschieden deswegen meist im Sinne der Verbraucher:inen, denen gegenüber eine sehr weitgehende Aufklärungspflicht der Beratenden vorausgesetzt werde. Wichtig sei es, vertraglich genau festzulegen, worin die Leistung der Expertin oder des Experten bestehe. Gefährlich seien etwa Leistungen aus Gefälligkeit. Deutlich riet Johannsen davon ab, für die Kund:innen die Vollmacht bei der Beantragung zu übernehmen.

Ins selbe Horn musste Marcus Reichenberg stoßen, Geschäftsführer der Greensurance-Stiftung. Titel seines Vortrags: „Warum Versicherer keine EEE mehr versichern“. Auch er bezog sich auf das große Kompetenzgefälle zwischen Kundschaft und Expert:innen. Man müsse alles, was man an Aufklärungen erteile, unbedingt dokumentieren und sich unterschreiben lassen. Auch Reichenberg warnte ausdrücklich vor der Übernahme der Vollmacht bei Bafa-Anträgen. 40 Prozent der Energieberatenden machten das immer noch – zu viele.

Wie es mit dem GEG ­weitergehen könnte

Wieder zurück auf die politische Ebene ging es mit dem Vortrag von Klaus Lambrecht, Ausrichter des alljährlichen Energieberatertags. Er sprach über die mögliche weitere Entwicklung beim Gebäudeenergiegesetz, das die Koalition fälschlich „Heizungsgesetz“ nennt und bekanntlich abschaffen will. Lambrecht führte aus, dass es durchaus Verbesserungsmöglichkeiten gebe. In seiner jetzigen Form sei man mit dem Gesetz nicht auf dem Zielpfad in Richtung Klimaneutralität, und wie der Klimarat bestätigt habe, hinke neben dem Verkehrs- gerade der Gebäudesektor hinterher.

Das Referenzgebäude im Gebäudeenergiegesetz sei uralt, habe noch eine Gasheizung. Als eine mögliche Vereinfachung schlug Lambrecht vor, anstatt des Transmissionswärmeverlusts (HT’) den Heizwärmebedarf als Maßstab einzusetzen. Ansonsten umfassten die nötigen Anpassungen an die EU-Gebäuderichtlinie, bis Mai 2026 umzusetzen, strengere Regulierungen, etwa die energetische Sanierung der schlechtesten 16 Prozent der Nichtwohngebäude bis 2030.

Applaus für die Expert:innen und fürs Bafa

Den Themenblock Förderung eröffneten Sebastian Schmitt und Nadja Helweg vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa). Sie berichteten von Erfolgen, boten aber auch eine Liste von immer wieder vorkommenden Fehlern in den Anträgen und Formularen, die die Bearbeitungszeiten in die Länge zögen. Es würden Antragstellende und Bevollmächtigte vertauscht, Adressangaben seien oft unvollständig, Grenzen der thermischen Hüllen in den Gebäuden falsch angelegt, beispielsweise für Keller und Treppenhäuser.

Eckard von Schwerin von der KfW informierte über das noch junge Förderprogramm 308 „Wohneigentum für Familien - Bestandserwerb“, das sich jedoch erst entwickele, über die Heizungsförderung, die sehr gut laufe – 233.000 Zusagen im letzten Jahr –, und bei der jeder fünfte Antragteller vom Einkommensbonus profitiere.

Venio Piero Quinque, Leiter der Abteilung Klimaschutz Gebäude, Energie-Info-Center beim Bafa, sparte nicht mit Lob für die Energieberatenden, äußerte aber wie seine Kolleg:innen auch Kritik. Er bat um vollständige Unterlagen und die Auflistung nur förderfähiger Rechnungspositionen. Anwesende seien natürlich ausgenommen. Die Stimmung im Saal war positiv, Quinque bekam Applaus und applaudiert zurück. Spontanen Applaus gab es auch, als ein Hörer anregte, die E-Mails an die antragstellenden Kund:innen immer auch an die Energieberatenden zu schicken.

Podiumsdiskussion: Zuversicht in unruhigen Zeiten

In der abschließenden Podiumsdiskussion gab sich die Mehrheit der Anwesenden auf der Bühne skeptisch angesichts der Ankündigungen aus der Politik. Klaus Lambrecht wies darauf hin, dass Energieeffizienz auch wirtschaftlich relevant sei. Aus dem Publikum beteiligte sich auf Einladung von Moderator Benjamin Weismann, Leiter der GIH-Geschäftsstelle, der Grünen-Politiker Bernhard Herrmann: Das neue Schlagwort der Emissionseffizienz, angeblich die Alternative zur Gebäudeeffizienz, komme aus der Immobilienbranche, die gegen die Dämmvorschriften angehe.

Jan Peter Hinrichs vom Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle pflichtete ihm bei, die Idee dahinter sei „maximal unsozial“, Mieter blieben so auf ihren Heizrechnungen sitzen. Lambrecht, der zuerst die im Koalitionsvertrag versprochene Förderung für den Bau von EH-55-Projekten noch mit subtilem Humor kritisiert hatte („Das hat für mich etwas Nostalgisches“), wurde dann deutlicher: Die Förderung sei wie „Wasser zum Bach zu tragen“. Jens Acker, als Referatsleiter im Bundeswirtschaftsministerium für die Bundesförderung für effiziente Gebäude zuständig, meinte, Energieberatung werde in Zukunft noch höher angesehen sein und selbstverständlicher werden.

Der GIH-Bundesvorsitzende Bolln, der angesichts der politischen Lage zur Ruhe mahnte („Es wird nichts so heiß gegessen, wie es gekocht wird“), lenkte die Aufmerksamkeit der Anwesenden auf die vielen Eigentümer:innen der unsanierten Häuschen auf dem Land, mehrheitlich reifere Jahrgänge, die mit keinem Anschluss an irgendein Wärmenetz rechnen dürften. Sein Appell: Auf die Dörfer gehen, dort Sammelberatungen organisieren, in den Gaststätten zum Beispiel. „Denn da sitzen die alten Leute und haben Fragen – und Sie können sie beantworten.“

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