Die Adresse „Straße des Bohrhammers 5“ mag für Auswärtige erstaunlich klingen. Doch in Herne, das den Beinamen „Stadt der Bohrhämmer“ trägt, ist diese Bezeichnung selbsterklärend. Schließlich wurden hier jene Werkzeuge gefertigt, ohne die der industrialisierte Steinkohleabbau im Ruhrgebiet kaum denkbar gewesen wäre.
Die Maschinenfabrik H. Flottmann & Co. gründete hier nach der Jahrhundertwende eine Schmiede, eine Schlosserei sowie eine Ausstellungs- und Versandhalle. Nach den Plänen der Architekten Schmidtmann und Klemp wurde hierfür 1908 ein fünfschiffiger, symmetrisch gegliederter Gebäudekomplex errichtet, der den Jugendstil Darmstädter Prägung reflektiert und diesen mit moderner Zweckmäßigkeit verbindet.
Der unternehmerische Erfolg ließ die Belegschaft im Herner Werk vor der Weltwirtschaftskrise der Zwanzigerjahre auf 1.520 Mitarbeiter anwachsen. Es folgte eine äußerst unrühmliche Phase der Firmengeschichte, als sich die Geschäftsführung der NSDAP-Ideologie anschloss, was nach dem Zweiten Weltkrieg übergangsweise zu einer Stilllegung des Betriebs führte. Während der Zeit des Wiederaufbaus in den Sechzigerjahren konnte der Enkel des Firmengründers, Friedrich Heinrich Flottmann, das Unternehmen nochmals beleben, aber in den Siebzigerjahren begann der letzten Endes doch unaufhaltsame Abstieg. Die Flottmann-Hallen wurden für die Produktion nicht mehr benötigt, verwaisten und begannen zu verfallen.
Vom Abrisskandidaten zum Industriedenkmal
1980 übernahm die Stadt Herne die Immobilie, 1983 stand der Abriss kurz bevor. Der konnte jedoch noch einmal abgewendet werden und 1986 erfolgte die Anerkennung als Industriedenkmal. Damals begann bereits der Kulturbetrieb, und die „wohnungsnahe Freizeit- und Erholungsanlage mit integrierter Begegnungsstätte“ erarbeitete sich einen guten Ruf in der überregionalen Kulturszene.
Doch der Zustand des Gebäudes verschlechterte sich zusehends, was seine Nutzung mehr und mehr einschränkte. Die Dachflächen waren ungedämmt, und die noch aus den Vorkriegsjahren stammenden Fenster mit eingekitteten Einscheibenverglasungen schlossen nicht mehr richtig. Unterhalb der Oberlichter trugen zudem 1,5 bis zwei Zentimeter breite Luftspalte ebenfalls zu Undichtigkeiten und regelrechten Wassereinbrüchen bei. Im Winter war es in den Räumlichkeiten bitterkalt, im Sommer herrschte brütende Hitze.
Im Spannungsfeld zwischen Sanierung und Denkmalschutz
Eine umfassende energetische Sanierung war nicht mehr länger aufschiebbar – wobei der bauliche Wärmeschutz im Fokus stand. Darüber hinaus mussten auch die Lüftungs- und Beleuchtungsanlagen erneuert werden, auch die Barrierefreiheit war ein Thema. All das war mit den Belangen des Denkmalschutzes zu vereinbaren.
Nur ein Beispiel von vielen war der barrierefreie Zugang zum Gebäude, denn die schweren Stahltüren durften nicht ersetzt werden – was mit dem Einbau neuer Türtechnik für das erleichterte Öffnen und Schließen relativ einfach zu lösen war. Auch die Installation einer neuen Lüftungsanlage sowie der Austausch der Beleuchtung durch moderne LED-Tiefstrahler und -Langfeldleuchten stellten hinsichtlich des Denkmalschutzes keine großen Hürden dar.
Energetische Sanierung und Erhalt der Architektur
Anders verhielt es sich mit den Verglasungen, die mit rund 600 Quadratmeter einen erheblichen Teil der Dachfläche ausmachten. Die Herausforderung: Sämtliche Einscheiben-Schrägverglasungen auszutauschen, ohne dafür den Charme des Industriedenkmals zu opfern. Die historische filigrane Stahlkonstruktion war statisch nicht dafür gemacht, deutlich schwergewichtigere Wärmeschutzgläser aufzunehmen.
Die langwierige Recherche nach einem Hersteller, der dieses Problem zu lösen wusste, führte zu dem Unternehmen Glasolux aus Bielefeld (www.glasolux.com), das in der Lage war, entsprechend filigrane und stabile Aluminiumeinfassungen zu fertigen, die für dreifach verglaste Fenster uneingeschränkt geeignet sind. So erhielt der Hersteller den Zuschlag für die Fertigung und Montage von vier großen Firstverglasungen und insgesamt zehn Lichtbändern.
Das insgesamt 2,5 Millionen Euro teure Projekt konnte zum größten Teil über das Bundesprogramm „Sanierung kommunaler Einrichtungen in den Bereichen Sport, Jugend und Kultur“ finanziert werden; der Eigenanteil der Stadt Herne belief sich auf 250.000 Euro. Den ersten beiden Hallen widmete man sich ab 2022, die nächsten beiden folgten 2023.
Optisch kaum ein Unterschied – energetisch umso mehr
Vor dem Einbau der neuen Firstverglasungen und Lichtbänder mussten die Satteldächer noch gedämmt und mit einer neuen bituminösen Abdichtung versehen werden – auch die Luftspalte wurden verschlossen. Die neuen Firstverglasungen und Lichtbänder unterscheiden sich optisch nicht von der historischen Stahlkonstruktion, wohl aber hinsichtlich ihrer Funktionalität und Energieeffizienz. Zudem profitieren die Hallen von mehr Tageslicht.
Laut Architektin Sabrina Gronotte sparen die neuen Verglasungen bis zu 30 Prozent Energie ein und verbessern spürbar das Raumklima. Insgesamt 26 einfach ansteuerbare Öffnungsmodule gewährleisten eine bedarfsgerechte Klimatisierung.

Bild: Cornelia Suhan

Bild: Glasolux

Bild: Glasolux
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