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Gibt Europäische Union dem großen Biogas-Flexibilitäts-Tender eine Chance?

Noch bangt die Bioenergiebranche um die rechtzeitige beihilferechtliche Freigabe des Gesetzespakets durch die Europäische Union (EU) – durch die EU-Kommission in Brüssel. Falls das Biomassepaket vor der Ausschreibung am 1. Oktober grünes Licht aus der belgischen und EU-Hauptstadt bekommt, kann die Bundesnetzagentur (BNetzA) ein großes Volumen an Bioenergie-Erzeugungskapazität ausschreiben. Das Notifizierungsverfahren soll immerhin Mitte August begonnen haben, wie die politische Vertretung der Bioenergiebranche. Dies hatte das Hauptstadtbüro Bioenergie zu Beginn der dritten Augustwoche verlautbart.

Notifizierungsverfahren nennt sich der Prüfungs- und Entscheidungsprozess bei der EU-Kommission um festzustellen, ob sich nationale Fördergesetze als mit EU-Wirtschaftsregeln vereinbar freigeben lassen. Die EU-Kommission darf sich für ihr Prüfverfahren zwei Monate Zeit lassen, muss es aber nicht. Gibt sie das Gesetzespaket bis 30. September frei, so hatte die BNetzA angedeutet, könnte die nächste Ausschreibung gemäß der vorteilhaften Regelungen des Biomassepakets stattfinden.

Weil die EU-Behörde Europäische Kommission mit der Notifizierung einstweilen noch auf sich warten lässt, hatte die BNetzA am 27. August indes schon Ausschreibungsbedingungen für die nächste Biomasse-Auktion veröffentlicht. Diese richten sich nun entsprechend nach den Regeln vor dem Biomassepaket: Ausgeschrieben sind für die zweite der zwei Ausschreibungsrunden dieses Jahres zum 1. Oktober 363 Megawatt (MW) flexibilisierte Biogaskraftwerksleistung – mit weniger Ausschreibungsvolumen und zu schlechteren Finanzierungsbedingungen als vom Biomassepaket in Aussicht gestellt. Würde das Biomassepaket hingegen schon gelten, hätte die BNetzA wohl 813 MW ausgeschrieben und die im Biomassepaket enthaltene bessere Vergütung für eine flexibilisierte Anlagenleistung angeboten: Statt 65 Euro erhalten die bezuschlagten Bieter dann jährlich 100 Euro pro Kilowatt (kW) Anlagenleistung. Und die Weiterförderung bestehender Anlagen nach Ende ihrer Erstförderung dauert 12 statt wie bisher 10 Jahre. Eine erste Ausschreibungsrunde mit dem Gebotstermin 1. April hatte nach noch alten Bedingungen nur Zuschläge für 187 MW zugelassen. Hier hatten die Bieter in einer völlig überzeichneten Auktion 538 MW alleine für die Weiterförderung von Bestandsanlagen eingebracht sowie 5 MW für neue Anlagen.

Die BNetzA hat bereits am 27. August erklärt, sie wolle die ausstehende Änderung der Ausschreibungsbedingungen auch noch so kurzfristig dann zulassen, wenn die Genehmigung des Biomassepakets bis 30. September erfolge. Für diesen Fall erlaubte die BNetzA am 27. August es Bietenden, nun zwei Gebote abzugeben: Eines für die Bedingungen unter den alten Regeln und eines für die Bedingungen des Biomassepakets. Die Bietenden müssen dann nur bis Ende der Gebotsphase am 1. Oktober um 24 Uhr eines der beiden Gebote zurückgenommen haben, weil sonst beide Gebote ungültig werden. Alternativ dürfen sie auch nur ein Gebot gemäß den alten Bedingungen abgeben und es im Falle eines rechtzeitig genehmigten Biomassepakets noch bis Mitternacht am 1. Oktober gegen ein auf die neuen Bedingungen angepasstes Gebot ausgetauscht haben. Falls das nicht rechtzeitig geschähe, gilt das zuerst eingereichte Gebot dennoch.

Die Bioenergie-Verbände fürchten seit Jahren um die bestehenden Kapazitäten der Biomasseanlagen, weil immer mehr Anlagen das Ende ihrer Höchstförderdauer erreicht haben und ihre Betreiber sie ohne Weiterförderung mutmaßlich großenteils schließen werden. Alleine 400 MW von aktuell 6 Gigawatt (GW) betriebener Biomasseleistung stünden somit bis zum Jahresanfang 2026 vor dem Aus, lauten die Berechnungen. Umgekehrt habe die Bioenergie-Branche das Potenzial, mittelfristig sogar 24 GW bis 2040 in Betrieb zu nehmen – und zwar ohne mehr Biomasse zur Verwertung zu benötigen. Sie würde damit einen Großteil des von der neuen Bundesregierung seit diesem Jahr vorgesehenen Baus von neuen Erdgaskraftwerken mit einem Erzeugungspotenzial von 20 GW erübrigen.

Würde die Bundesregierung die geplanten Gaskraftwerkskapazitäten indes bauen, so lautet die Befürchtung in der Biomassebranche, würde dies die Rolle der Bioenergie als flexible Zulieferin grüner Energie in Ergänzung wetterabhängiger Wind- und Sonnenstromerzeugung stark begrenzen. Denn mit dem Bau der Gaskraftwerke würde die Bundespolitik diese Rolle vermutlich auf Jahrzehnte einer fossilen Energiequelle zuschreiben.

Ziel des Biomassepakets ist auch eine starke Überbauung der Anlagenkapazitäten, um somit flexibel Strom zu erzeugen. So sieht das Biomassepaket künftige eine genaue Abrechnung nach Betriebsviertelstunden vor und bei größeren Anlagen eine Förderung von bis zu 33 Prozent der Jahresstunden. Anlagenbetreiber sollen demnach ihre Erzeugung in Methantanks speichern und bei Bedarf ins Stromnetz mehr als die bezuschlagte Nennleistung einspeisen. Die nun als sinnvoll erscheinende Überbauung für größere Anlagen würde beispielsweise für bestehende 1-MW-Anlagen eine Überbauung mit 1,4 MW sinnvoll werden lassen, wie es beispielsweise das Kölner Stromdirektvermarktungsunternehmen Next Kraftwerke rät.

In Berlin ansässige Branchenvertreter zeigen vorsichtigen Optimismus, dass die EU-Kommission die Genehmigung des Biomassepakets noch pünktlich liefern will. „Für gewöhnlich braucht es für die EU-Kommission nicht zwei Monate, um über ihre beihilferechtliche Genehmigung zu entscheiden“, ist hier sinngemäß zu hören. So ist von einer womöglich schon erreichten Einigung zwischen dem Bundeswirtschaftsministerium und den zuständigen in der Kommission die Rede, die „relativ schnell, nun jeden Tag kommen könnte“.

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