Zwischen Klimaschutz und Vertragsfreiheit, Marktlogik und Akzeptanz: Der Ruf nach gesetzlich gedeckelten Flächenpachten enthält Zündstoff – und bislang wenig belastbare Antworten.
Ein Gespenst geht um in der Energiepolitik: „Die zulässige Höhe der Flächenpachten für im EEG geförderte Windenergieanlagen werden wir begrenzen“, schreiben Union und SPD unter Ziffer 1044 ihres Koalitionsvertrags. Hinter diesem unscheinbaren Satz verbirgt sich eine Debatte, die Projektierern bekannt sein dürfte, spätestens seitdem sich ihr kürzlich mehrere große Tageszeitungen widmeten. Die Politik stört sich daran, dass im Zuge der fortschreitenden Energiewende und Verknappung attraktiver Flächen für Windenergie auch die Pachtpreise steigen. Schließlich werden diese mittelbar aus dem EEG-Konto und damit vom Steuerzahler finanziert. Die Koalitionspartner scheinen nun zu der Ansicht gelangt zu sein, dass hohe Pachten im Wege einer schlichten Deckelung verhindert und damit Stromkosten gesenkt werden könnten. Ihnen wird hoffentlich bewusst sein, welche ökonomischen und (verfassungs-) rechtlichen Komplexitäten sie mit ihrer knappen Formulierung übergehen.
Gegenstand des Privatrechts
Doch eines nach dem anderen: Pachtverträge sind Gegenstand des Privatrechts, ihre Preisfindung richtet sich nach Angebot und Nachfrage. Die Nachfrageseite allerdings ist durch den EEG-Förderungsmechanismus gesetzlich verzerrt: Höhere Preise führen nicht automatisch zu einer adäquaten Verringerung der Nachfrage, die stabile Preisentwicklung gewährleisten würde. Stattdessen scheint sie sich in Form kollektiv höherer Gebote bei den EEG-Zuschlagsverfahren auszuwirken. Das könnte wiederum Signalwirkung für Grundstückseigentümer haben, was in einer Preisspirale resultiert. Die Politik hegt daher den Verdacht, dass eine Begrenzung von Pachten nicht zu einer Verknappung des Angebots, sondern lediglich zu einer Korrektur bereits bestehender Ungleichgewichte führen würde.
Dieser Gedanke ist nicht von der Hand zu weisen. Doch entbehrt er bislang einer fundierten ökonomischen Analyse. Ähnliche Regelungen, etwa der allseits bekannte Berliner Mietendeckel, endeten in einem Desaster. Bevor marktwirtschaftliche Mechanismen gesetzlich modifiziert werden, sollte die Regierung daher umfassend untersuchen, welche Auswirkungen hohe Pachtpreise auf den Zubau von Wind und Solar haben. Immerhin nahm dieser zuletzt wieder an Fahrt auf. Angesichts des sich beschleunigenden Klimawandels ist nun nicht die Zeit für Experimente.
Angesichts des sich beschleunigenden Klimawandels ist nun nicht die Zeit für Experimente.
Die aus der Politik zu hörende Kritik ist allerdings nicht rein fiskalischen Ursprungs. Gegenüber anderen Posten machen die Pachten ohnehin einen Bruchteil der Stromkosten aus. Die Energiewende, insbesondere der Zubau von Windenergieanlagen, litt in den vergangenen Jahren unter massiven Akzeptanzproblemen. Auch wenn die neuen sogenannten „Windenergiebeteiligungsgesetze“ auf Landesebene einen wichtigen Beitrag zur Akzeptanzförderung leisten, verbleibt ein unter Bürgern und Beamten verbreitetes Gefühl der ungerechten Verteilung von Lasten und Vorteilen der Energiewende als Hemmnis in Genehmigungsverfahren. Es macht sich der Eindruck breit, dass eine zunehmende Monetarisierung von Standortflächen zu sozialen Konflikten und einem damit einhergehenden Imageverlust der Erneuerbaren führen könnten.
Keinen Unmut bei Bauern provizieren
Fraglich ist jedoch, ob eine Deckelung der Pachteinnahmen die Problematik nicht zu einseitig betrachtet und gerade bei Bauern auf (weiteren) Unmut stieße. Stattdessen sollten die wirtschaftlichen Vorteile der Energiewende für ländliche Regionen transparenter dargestellt werden: Denkbar wäre etwa, bestehende Beteiligungsgesetze auf Verfahren zur gemeinschaftlichen Preisverhandlung per Flächenpoolverträge auszudehnen. Auch die konkrete Verwendung landesgesetzlicher Akzeptanzabgaben durch die Gemeinde könnte unter aktiver Einbeziehung der Bürgerschaft diskutiert oder einem zu diesem Zweck gegründeten Verein überlassen werden.
Sollte der Gesetzgeber dennoch zu der Entscheidung gelangen, die zu beobachtende Preisentwicklung durchbrechen zu wollen, wird unumgänglich sein, die Expertise der Erneuerbaren-Branche einzubeziehen. Der Regelungszweck – saubere, günstige Energie – könnte andernfalls in sein Gegenteil umschlagen.
Problematisch wäre etwa, wie teilweise diskutiert wird, die Obergrenze rechtlich allein an das EEG-Ausschreibungsverfahren zu koppeln, was Windenergieanlagen gegenüber durch PPAs finanzierte Solaranlagen unattraktiv erscheinen ließe. Eine clevere Umsetzung muss jedenfalls die unterschiedlichen Verhandlungsbedingungen je nach Windhöffigkeit der Standorte berücksichtigen.
Auch sollte nicht unterschätzt werden, wie mannigfaltig Gesetzesumgehungen ausfallen können – ob per Anwaltsgeschick oder „Bauernschläue“. Es wäre nicht die erste energierechtliche Regelung, die aufgrund unsorgfältiger Vorbereitung am Widerstand der Praxis scheitert, sofern nicht bereits an der Hellhörigkeit deutscher Verfassungsrechtler.
Martin Maslaton,
geschäftsführender Gesellschafter der Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, die sich mit Fragen des Rechts der erneuerbaren Energien befasst.
Foto: Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH
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