Springe zum Hauptinhalt Skip to main navigation Skip to site search

Emotionen für die Wärmewende: Gesprächsstrategien in der Energieberatung

 Viele Energieberatende richten ihre Kommunikation an einer Zielgruppe aus, die längst abgeholt wurde – den technikaffinen Early Adopters. Das sagt Anja Floetenmeyer-Woltmann, Strategieberaterin und Kommunikationsprofi für die Wärme- und Mobilitätswende, in der Podcast-Folge „Effektive Kommunikation“. Die breite Masse, die heute überzeugt werden muss, tickt jedoch anders. Diese interessiert sich nicht für Technik. „Die wollen wissen: Funktioniert das? Ist das sicher? Was machen die anderen?“, sagt Floetenmeyer-Woltmann. „Technikkommunikation ist nur ein ganz kleiner Teil der Beratung.“

Wer kommuniziert, muss wissen, mit wem er spricht. Ob konservativ-etabliert, adaptiv-pragmatisch oder technologieaffin – jede Zielgruppe hat eigene Werte, Sorgen und Prioritäten. „Du kannst nicht mit allen gleich sprechen und erwarten, dass alle dich verstehen. Du musst den Fisch nicht klettern lassen – du musst so sprechen, dass der Fisch dich versteht und der Kletterer dich versteht“, bringt es Floetenmeyer-Woltmann auf den Punkt.

Basis dafür ist, die Funktionsweise des menschlichen Gehirns zu verstehen. Die meisten Entscheidungen treffen Menschen intuitiv – auf Basis von Emotionen. Kommunikation muss daher laut Floetenmeyer-Woltmann zuerst das System 1 im Gehirn ansprechen: Bauchgefühl, Sicherheit, soziale Orientierung. Erst danach folgt die rationale Ebene. „95 Prozent unserer täglichen Entscheidungen laufen vollautomatisch ab. Wir denken, wir entscheiden rational – das ist ein Trugschluss“, erklärt die Expertin. Wer mit Fachsprache und Zahlen beginnt, überfordert sein Gegenüber – und verliert potenzielle Kunden schon in der ersten Minute.

Ein wiederkehrendes Motiv im Gespräch ist Vertrauen. Kundinnen und Kunden wollen keine technischen Details, sondern das Gefühl, gut aufgehoben zu sein. „Ich habe eine Steuerberaterin. Ich möchte nicht selbst Steuerberaterin werden, sondern ich möchte, dass sie mir den ganzen Quatsch abnimmt. Das ist ihr Job“, sagt Floetenmeyer-Woltmann. Dieses Prinzip lässt sich auch auf die Energieberatung übertragen: „Du musst den Leuten nicht erklären, wie eine Wärmepumpe genau funktioniert – sie müssen dir nur zutrauen, dass du weißt, was du tust.“

Verlust wiegt schwerer als Gewinn

Anja Floetenmeyer-Woltmann

Anja Floetenmeyer-Woltmann

Anja Floetenmeyer-Woltmann

Ein zentraler psychologischer Hebel ist die Verlustaversion. Menschen reagieren deutlich stärker auf mögliche Verluste als auf potenzielle Gewinne: „Du wirst dich über einen 10-Euro-Schein freuen – aber überproportional mehr ärgern, wenn er dir geklaut wurde.“ In der Energieberatung heißt das: Statt mit Einsparungen zu werben, lieber auf künftige Risiken hinweisen – etwa steigende Gaspreise oder auslaufende Förderprogramme.

Mehr noch als Reden sei allerdings Zuhören gefragt. „Heute schon geschwiegen?“ – diesen Satz empfiehlt Floetenmeyer-Woltmann allen Beratenden. Dieser könne auch gerne als ständige Erinnerung auf einem Zettel am Computer kleben. Denn wer gut zuhört, versteht die Bedürfnisse seiner Kunden und kann individuell darauf eingehen.

„Niemand will zuhören, alle wollen gehört werden. Dein Job ist, dass sich dein Kunde mit dir gut fühlt“, betont sie. Statt zu überzeugen, gehe es darum, Resonanz zu erzeugen. Menschen lassen sich nicht von Fakten überzeugen, sondern durch das eigene Handeln: „Vom Wissen ins Handeln funktioniert nicht – aber vom Handeln ins Wissen sehr wohl.“

Auch bei aufgeheizten Diskussionen – etwa um das Gebäudeenergiegesetz – empfiehlt Floetenmeyer-Woltmann der eigenen Strategie treu zu bleiben. „Was willst du machen – dich mit dem Kunden über die Bild-Zeitung streiten? Das führt zu Reaktanz“, sagt sie. „Du überzeugst niemanden durch Streit.“ Ihr Rat: Nicht auf Diskussionen einlassen, sondern Sicherheit bieten, den eigenen Fahrplan beibehalten und Orientierung geben.

Die Botschaft von Floetenmeyer-Woltmann lautet: Wer auf Augenhöhe kommuniziert, emotionale Bedürfnisse erkennt und verständlich bleibt, erreicht mehr Menschen – und bringt so die Wärmewende einen großen Schritt voran.

Den Podcast finden Sie auf folgenden Plattformen:

Podigee

Spotify

Apple Podcast

Youtube