Wie hat sich der Markt für Fronius im vergangenen Jahr 2024 entwickelt?
Harald Scherleitner: Für uns war es ein sehr schwieriges Jahr, denn die Lagerbestände bei den Großhändlern und den Installateuren waren extrem hoch. Faktisch kamen keine Nachbestellungen rein. Das bedeutete, dass wir uns schweren Herzens von Personal verabschieden mussten. Wir haben uns neu aufgestellt und schlanke Strukturen etabliert. Und wir haben neue Produkte entwickelt.
Wie muss man sich die Neustrukturierung des Solargeschäfts bei Fronius vorstellen?
Wir haben die Produktion flexibilisiert und die Zahl der Schichten in unseren Werken reduziert. Das war leider unumgänglich. Der Abschied von jeder Mitarbeiterin und jedem Mitarbeiter ist schmerzhaft. Solartechnik und Batterien bilden nunmehr einen gemeinsamen Geschäftsbereich.
Welche Vorteile bieten diese Maßnahmen?
Dadurch straffen wir unsere Strukturen, wir bündeln unsere Kräfte und arbeiten dadurch noch effizienter. Wir haben also drei Business-Units zu zwei schlagkräftigen Einheiten verschmolzen. Die Schweißtechnik bleibt bei Fronius weiterhin ein starkes Standbein.
Welche neuen Produkte haben Sie in diesem Jahr vorgestellt?
Zur Intersolar haben wir zum Beispiel die neuen Wechselrichter Verto mit dem zugehörigen Hybridwechselrichter Verto Plus gezeigt sowie unsere DC-Batterie Reserva. Das Speichersystem läuft bei den Bestellungen super an, zumal wir damit auch die Anforderungen von Gewerbekunden bedienen können. Die Wechselrichter und das Lademanagement für E-Autos legen gleichfalls zu. Die Anfragen steigen konstant an, auch beim neuen Gewerbewechselrichter Argeno.
Sehen Sie mittlerweile Licht am Ende des Tunnels?
Die ersten beiden Monate in diesem Jahr liefen noch schleppend, aber seit dem Frühjahr geht es bergauf. Jetzt kommen die Bestellungen. Allerdings gehen wir davon aus, dass der Weltmarkt in diesem Jahr rund 20 Prozent unter den Umsätzen liegen wird, die wir 2022 und 2023 verzeichnet haben. Das gilt nicht nur für die deutschsprachigen Märkte oder für Europa. Das sehen wir auch in den USA oder Australien.
Wird es in diesem Jahr gut weitergehen?
Davon gehen wir aus. Die Lagerbestände sind abverkauft, jetzt wird bestellt und ausgeliefert. Wir stellen uns auf weiteres Wachstum ein. Zumal wir uns auf ein starkes Netz an Fachhändlern und loyalen Installateuren stützen können.
Ändert sich für Fronius-Kunden etwas, weil Sie umstrukturiert haben?
Nein, im operativen Geschäft wird das niemand spüren. Im Gegenteil: Wir nutzen die Synergien der Solartechnik und der Batterietechnik besser aus. Unsere Kunden haben immer einen festen Ansprechpartner mit hoher Kompetenz.
Neben den technischen Aspekten wird die Sicherheit des Energiesystems immer wichtiger. Stichwort Cybersecurity. Welche Bedeutung hat dieses Thema für Fronius?
Wir nehmen dieses Thema sehr ernst und arbeiten sehr intensiv daran, denn den Wechselrichtern kommt eine zentrale Bedeutung zu. Wir beschäftigen Expertinnen und Experten, die Vollzeit daran arbeiten, unsere Produkte sicher zu halten. Es geht um die technische Sicherung der Anlagen gegen unbefugten Zugriff. Es geht aber auch um die Sicherheit der Betriebsdaten. Die Systeme werden in Europa entwickelt und erfüllen strengste Sicherheitsanforderungen.
Wo liegen die Betriebsdaten der Wechselrichter?
Die Datenhaltung erfolgt ausschließlich auf eigenen Servern in Österreich und in europäischen Clouds. Cybersecurity ist ein integraler Bestandteil der Entwicklungsarbeit, um Schutz vor digitalen Angriffen auf kritische Infrastrukturen zu gewährleisten. Bereits 2022 wurde das Informationssicherheits-Managementsystem bei Fronius nach dem internationalen Standard ISO 27001 zertifiziert.
Warum rückt das Thema jetzt in den Vordergrund? Welche Probleme sind damit verknüpft?
Für uns ist neben der Cybersecurity auf Produktebene auch die Energiesicherheit Europas ein wichtiges Argument. In Zeiten von geopolitischen Spannungen und Konflikten hat sich Europa in eine neue Abhängigkeit bei der Ausrüstung der Energieinfrastruktur von China begeben. In anderen Bereichen der kritischen Infrastruktur wie der Telekommunikation besteht bereits ein höheres Risikobewusstsein für nicht vertrauenswürdige Hersteller. Das wird bei der solaren Energieinfrastruktur noch viel weniger beachtet.
Wie kann man das ändern?
Wir schlagen vor, auf europäischer Ebene nach dem Vorbild der „5G Security-Toolbox“ eine „Inverter Security Toolbox“ zu implementieren. Dann könnte eine Whitelist von vertrauenswürdigen Herstellern den Zugang zur Einspeisung ins europäische Netz regeln.
In Österreich gibt es neuerdings einen Bonus für Komponenten aus europäischer Produktion. Spüren Sie eine wachsende Nachfrage?
Die Regularien stehen erst seit Kurzem fest, aber das Interesse der Solarkunden ist riesig. Das merken vor allem die Installateure, bei denen die Fragen eingehen. Deshalb werden wir ganz bestimmt auch bei den Bestellungen sehen, dass diese Strategie richtig ist. Generell spüren wir eine wachsende Nachfrage nach in Europa gefertigten Produkten. Der Ausbau der Produktionskapazitäten in Österreich und die Betonung der regionalen Wertschöpfung treffen auf positive Resonanz bei Kunden, die zunehmend Wert auf europäische Herkunft legen.
Die EU hat sich die Renaissance der Solarwirtschaft auf die Fahnen geschrieben. Gibt es schon konkrete Maßnahmen aus Brüssel, die Ihnen helfen? Beispielsweise Fördergelder?
Bislang gibt es nichts Handfestes. Helfen würden hier weniger Bürokratie und ein lukrativer Bonus, der die Wahl europäischer Produzenten unterstützt. Des Weiteren sehen wir die Notwendigkeit von Planungssicherheit und Netzausbau. Trotz positiver Förderimpulse fehlen oft klare Genehmigungsprozesse, insbesondere auf kommunaler Ebene. Der Ausbau von Speicherinfrastruktur und Stromnetzen ist essenziell, um die Energiewende in der Fläche umzusetzen.
Sie erwähnten loyale Installateure, die Fronius in schwierigen Zeiten treu geblieben sind. Wie wichtig war diese Unterstützung, um die Krise zu bewältigen?
Die Fachinstallateure sind unsere wichtigsten Partner. Ohne sie könnten wir uns nicht weiterentwickeln. Wir haben eine sehr ehrliche Loyalität erlebt, das hat uns immens geholfen. So können wir gemeinsam unsere Position ausbauen. Denn wir unterstützen die Arbeit der Installateure mit vielfältigen Komponenten aus einer Hand.
Wie viele Installateure laufen bei Ihnen durch die Schulungen?
Pro Jahr zwischen 5.000 und 6.000 hier bei uns in Wels. Insgesamt, für beide Geschäftsbereiche, verzeichnen wir mehr als 28.000 Teilnahmen bei Schulungen und virtuellen Veranstaltungen.
Wie schulen Sie Ihre Fachpartner im internationalen Geschäft?
Das hängt vom Reifegrad der jeweiligen Märkte ab und wie stark unsere Tochtergesellschaft dort ausgebaut ist. Bei kleineren Teams vor Ort kombinieren wir die Schulungen meist mit Veranstaltungen des Vertriebs. In reifen Märkten, in denen wir eigene Technikteams und Support anbieten, machen wir auch größere Schulungen für unsere Systempartner. Um Fronius-Technik zu installieren, muss man aber nicht unbedingt Systempartner sein.
Welche europäischen Märkte sind in diesem Jahr für Sie besonders interessant?
Besonders spannend sind für uns Spanien, Italien und Frankreich. Auch Tschechien und Polen entwickeln sich äußerst vielversprechend und bieten interessante Wachstumschancen.
Auch in Benelux ist der Markt in diesem Jahr ruhiger. Bleibt diese Region für Fronius bedeutsam?
Die Benelux-Region bleibt ein wichtiger Bestandteil unserer europäischen Strategie, auch wenn der Markt aktuell etwas ruhiger wirkt als in der Vergangenheit. Wir sind gespannt, wie sich dieser im weiteren Jahresverlauf entwickeln wird. Die Ukraine war einst ein bedeutender Markt für uns. Trotz der schwierigen Umstände durch den anhaltenden Krieg sind wir stolz darauf, weiterhin mit einem kleinen, engagierten Team in Kiew präsent zu sein.
Das Gespräch führte Heiko Schwarzburger.

Foto: Fronius International

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Fronius International
Messe in München: Notstrom und neues Speichersystem gezeigt
Die Österreicher setzen ihre Vision von 24 Stunden Sonne weiter konsequent um. Mit dem neuen Speicher Reserva und den Wechselrichtern Verto, Verto Plus sowie Argeno erhalten die Installateure noch mehr Auswahl für ihre Kundinnen und Kunden.
Der neue Energiespeicher Fronius Reserva ist ein Speichersystem, das optimal auf die Hybridwechselrichter von Fronius zugeschnitten wurde. „Damit schließen wir die Lücke zu unserer Vision 24 Stunden Sonne“, erklärt Harald Scherleitner, der bei Fronius das Solargeschäft führt. Der Energiespeicher ist für private und gewerbliche Kunden gleichermaßen geeignet.
Mit Kapazitäten von 6,3 bis 15,8 Kilowattstunden verteilt auf zwei bis fünf Batteriemodule lässt sich der Speicher einfach an die Bedürfnisse der Solarkunden anpassen. Die Betriebsdaten werden ausschließlich auf europäischen Servern gespeichert.
Der neue Hybridwechselrichter Verto Plus ist leistungsstark, sehr effizient und wird vielfältig eingesetzt. Er bietet zuverlässige Notstromversorgung bei Netzausfall und optimiert die Energieausbeute.
Das Gerät ist für landwirtschaftliche Betriebe, Kleingewerbe oder Mehrfamilienhäuser geeignet. Das innovative Multi-MPPT-Konzept verarbeitet hohe Ströme und bietet einen breiten Bereich für die Eingangsspannung an.
In Kombination mit dem Batteriespeicher Fronius Reserva garantiert der neue Hybridwechselrichter stets eine zuverlässige Stromquelle. Selbst große Verbraucher werden mit dreiphasiger Notstromversorgung rund um die Uhr und bei Netzausfällen sicher mit Strom versorgt.
Die Funktion Backup Power Boost erlaubt es, die Ausgangsleistung im Notfall kurzfristig zu erhöhen, um wichtige Stromverbraucher wieder unmittelbar in Betrieb zu nehmen. In Kombination mit einer Batterie steigert das System die nutzbare Leistung der Photovoltaikanlage auf bis zu 150 Prozent.
Intelligentes Verschattungsmanagement mit Dynamic Peak Manager garantiert beste Erträge auch bei schwierigen Einstrahlungsverhältnissen. Für zuverlässigen Schutz sorgen der integrierte und tauschbare AC- und DC-Überspannungsschutz, die Schutzklasse IP66 sowie die automatische Lichtbogenerkennung (AFCI).
Speziell für den gewerblichen Bereich wurde der C & I-Wechselrichter Argeno entwickelt. Er leistet bis 125 Kilowatt und erreicht einen Wirkungsgrad von 99,1 Prozent. Die Leistungstransistoren bestehen aus Siliziumkarbid.
Mit zehn MPP-Trackern optimiert er den Energieertrag von Strings mit unterschiedlichen Modultypen und Ausrichtungen. Er lässt sich bis 200 Prozent überdimensionieren, Überspannungsschutz Typ 1 und Typ 2 sind integriert.
https://www.fronius.com/de/solarenergie/installateure-partner/infocente…
Im Interview
Dr. Harald Scherleitner MBA
ist Chief Sales Officer (CSO) und Mitglied der Geschäftsleitung der Fronius International GmbH. Der gebürtige Oberösterreicher begann seine berufliche Laufbahn mit einer Lehre als Elektromechaniker. Danach absolvierte er ein MBA-Studium und diplomierte als Betriebswirt. Im Jahr 2024 promovierte er im Fach internationales Management. Nach mehrjähriger Leitungsfunktion in der Fronius-Batterieladetechnik kehrte er 2016 zu seiner Ursprungsleidenschaft, der Schweißtechnologie, zurück und wurde Business-Unit-Leiter und Global Director Sales & Marketing von Fronius Perfect Welding. Heute ist er als CSO verantwortlich für den globalen Vertrieb, das Marketing und den Service der strategischen Geschäftsfelder Welding Solutions sowie Solar & Energy von Fronius.