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GEB Topthema

Leidensfähigkeit bleibt gefragt

Änderungen in der Bundesförderung für effiziente Gebäude waren erwartet worden, aber der Kahlschlag durch das abrupte Aus der Zuschüsse für Effizienzhäuser in der KfW-Förderung Ende Juli war für viele Beraterinnen und Berater eine kalte Dusche, der Frust entsprechend groß. Mit der kurzfristen Änderung der Förderung energetischer Gebäudesanierung gehe jede Planungssicherheit verloren, „daher hätten wir uns statt einer scheibchenweisen Reform der BEG, die Bauherren und Planer verunsichert, eine einheitliche Reform gewünscht, wie sie ursprünglich zum 1. Januar 2023 angekündigt war“, meldete sich der Präsident der Bundesingenieurkammer Heinrich Bökamp zu Wort. „Die aktuelle Absenkung von Förderungen bei gleichzeitiger Verschärfung der Mindestanforderungen an zu sanierende Gebäude laufen den ausgerufenen Klimaschutzzielen zuwider. Viele Bauherren werden jetzt nur das unbedingt Notwendige zu tun, weil sie nicht mehr auf staatliche Unterstützung vertrauen können“, kommentiert Marita Klempnow, Vorsitzende des Deutschen Energieberaternetzwerks. „Die erneute kurzfristige Änderung der Förderkonditionen macht es Energieberatern unmöglich, ihren Aufgaben professionell und glaubwürdig nachzukommen“, schrieb der Energieberaterverband GIH in einer ersten Stellungnahme.

Das Stop-and-go ist nur ein Teil der Misere. Grundlegend ist, dass die Ampelkoalition nach wie vor keinen Plan zu haben scheint, wie sie den Gebäudebereich in Richtung Klimaneutralität bekommt. Der Expertenrat für Klimafragen ist skeptisch, ob die bislang beschlossenen Maßnahmen im Gebäudebereich ausreichen, um die Klimaziele zu erreichen. Insbesondere kritisieren die Fachleute in ihrem im August vorgelegten Bericht, dass eine Minderung erst zum Ende des Planjahrzehnts erfolgen soll. Bis 2027 ist eine Überschreitung eingeplant.

Viele Maßnahmen sind zudem Schnellschüsse und nicht in Gesamtszenarien für Gebäude und Quartiere eingebunden. Dazu zählt auch die Wärmepumpenoffensive. Anstatt den strategischen Ansatz einer angestrebten Komplettsanierung zu verfolgen, in der auch Wärmepumpen einen Platz haben können, die aber auch die Gebäudehülle adressieren muss, droht hier ein Strohfeuer, das angesichts der eben auch begrenzten Verfügbarkeit erneuerbaren Stroms zu einem Lock-In führen kann, der zielführenden Lösungen entgegensteht.

Dazu kommt, dass die Strukturen, die eine vernünftige Abwicklung der eigentlich gewünschten steigenden Nachfrage nach energieeffizienten Sanierungen, nach vorbildlichen Neubauten sowie nach guter Beratung und Baubegleitung nicht stimmen. Viele Fachleute haben sich in den vergangenen Jahren in der und für die Energieberatung qualifiziert und engagiert, sich immer wieder weitergebildet und den Boden dafür bereitet, dass Menschen sich mit ihren Gebäuden auseinandersetzen. Die Übergabe der Einzelmaßnahmen an die Bafa im Rahmen der BEG-Reform ging nicht einher mit einem vernünftigen Aufbau von Strukturen bei Personal und IT bei der neuen Behörde in Weißwasser. Das führte dazu, dass Energieberaterinnen und Energieberater extrem lange auf Antworten und auch auf die Auszahlung der ihnen zustehenden Zuschussanteile etwa beim iSFP warten müssen. Das hat auch unsere Frage des Monats ergeben: Fast die Hälfte der befragten Energieberatenden haben allein durch iSFP-Beratungen Außenstände von über 15 000 Euro. Bei einem Fünftel der Beraterbüros summieren sich diese ausstehenden Zahlungen derzeit gar auf über 45 000 Euro.

Das Bafa erklärte auf Anfrage des Gebäude-Energieberater, man nehme die aus den hohen Antragszahlen resultierende Wartezeit bis zur Auszahlung der Zuschüsse „sehr ernst. Dies gilt auch für die erheblichen wirtschaftlichen Belastungen für die Energieberaterinnen und Energieberater, die daraus entstehen.“ Aber: Mehr als 20 Prozent der eingereichten iSFP entspräche qualitativ nicht den Anforderungen einer förderfähigen Energieberatung, so das Amt. Das führe zu zeitaufwändigen Prüfungen. Man habe den für die Bundesförderung für Energieberatung für Wohngebäude zuständigen Berreich vor kurzem nochmals personell verstärkt, so das Amt weiter. „In Zukunft ist eine weitere Aufstockung von Personal in diesem Bereich geplant. Das Bafa erwartet zudem, dass demnächst (nach weiteren IT-Anpassungen) zusätzliche Maßnahmen zur Vereinfachung des Verfahrens umgesetzt und auf diese Weise noch bestehende haushaltsrechtliche Spielräume ausgenutzt werden können.“ Insgesamt sei zu erwarten, dass alle diese Maßnahmen „mittelfristig wieder zu kürzeren Bearbeitungszeiten“ führen würden. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass bis auf Weiteres mit den bisherigen langen Zeiten zu rechnen ist.

Von dem fürs Bafa zuständigen Wirtschafts- und Klimaministerium hat die GEB-Redaktion eine Stellungnahme angefordert, die aber bis Redaktionsschluss nicht vorlag.

Dazu kommen immer wieder Ausfälle der Systeme. Unbefriedigend ist auch die Situation, dass keine Transparenz herrscht. Weder Beraterinnen und Berater noch Bau- und Sanierungswillige können abschätzen, wie lange sie auf eine Bearbeitung und Genehmigung warten müssen. Der GIH hat dazu jetzt die Initiative ergriffen und unter www.gih.de/foerdermonitor/ einen Fördermonitor vorgelegt, der diese Lücke füllt. Der Verband erfasst sowohl die Genehmigungsdauer als auch die Prüfungsdauer bei Einzelmaßnahmen in der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG EM) sowie bei der EBW inklusive des individuellen Sanierungsfahrplans (iSFP).

Erste Ergebnisse des Monitors liegen vor und belegen, was auch Leserinnen und Leser des GEB berichten: Sowohl bei Antragstellung als auch bei Auszahlung sind die Fristen extrem lang. BEG-Einzelmaßnahmen würden durchschnittlich erst nach 47 Tagen genehmigt (Dauer von der Antragsstellung bis zum Erhalt der Förderzusage), die Prüfungszeit betrage 50 Tage (Dauer von der Einreichung des Verwendungsnachweises bis zum Erhalt des Auszahlungsbescheids), erklärt der GIH. Der GIH-Vorsitzende Jürgen Leppig hält diese Fristen für untragbar: „Es ist nicht nachvollziehbar, dass man bei der KfW meist innerhalb von Sekunden eine Förderzusage erhält, beim Bafa aber fast zwei Monate auf eine händische Prüfung warten muss. Wir fordern daher, dass das Bundesamt – trotz des scheinbar eingeschränkten Haushaltsrechts – die gleichen digitalen Möglichkeiten bekommt, um rasch und bürgerfreundlich zu agieren.“ Das Bafa solle daher das lang erprobte KfW-System übernehmen, das nach einer intelligenten Plausibilitätsprüfung die Anträge sofort freigibt, fordert Leppig.

So konkrete Vorschläge scheinen angesichts der Langwierigkeit, die das Bafa selbst bei der Lösung der Probleme an den Tag legt, notwendig zu sein. Das Amt und das Wirtschafts- und Klimaministerium sind den Energieberatenden eine Lösung schuldig. Nicht allein, weil alle in der Beratung gebraucht werden, um die Gebäudewende zu stemmen. Es geht auch um die Existenzgrundlage von Selbstständigen und Beratungs-
büros, die aufgrund der chaotischen Rahmenbedingen in ihrer Existenz ernsthaft gefährdet sind. Das kann weder Ministerium noch Bafa gleichgültig sein. Daher: Ändern bitte. Und zwar möglichst schnell.

Wir tragen mit unseren Webinaren dazu bei, dass unsere Leserinnen und Leser in einem schwierigen Fahrwasser Hilfe bei der Navigation bekommen. Zur aktuellen Lage in Sachen Bundesförderung informieren wir am 20. September in einem Webinar mit Klaus Lambrecht.

Anmeldung: www.geb-info.de/webinar-bundesfoerderung-2022

Energieberatertag 2022

Die hohe Schlagzahl an Veränderungen ist für alle Akteure eine Herausforderung. Der Deutsche Energieberatertag will beitragen, hierzu Sicherheit und Orientierung zu bieten. Zum Deutschen Energieberatertag am 4. Oktober sind Referenten aus der Politik, Wissenschaft und den Förderinstitutionen eingeladen. Fragen der Teilnehmenden werden direkt im Dialog mit den Machern von Gesetzen und Förderprogrammen beantwortet.

Unter der Tagungsleitung von Klaus Lambrecht wird in Halle 9.0 auf der Building Plaza von 9:30 bis 16 Uhr ein vielfaltiges Themenspektrum geboten. Dabei werden diejenigen Themen behandelt, die sich konkret auf die tägliche Arbeit bei der Energieberatung auswirken. Dazu zählen die Beschlüsse der Bundesregierung für mehr Klimaschutz im Gebäudebereich. Präsentiert werden auch aktuelle Erkenntnisse zum Energieberatungsmarkt und zur Qualifikationsprüfung. Am Nachmittag stehen die Gebäudestrategie und die Förderprogramme im Fokus. Im Rahmen der neuen „Bundesförderung für effiziente Gebäude“ wird die Förderung vorrangig auf die Gebäudesanierung ausgerichtet. Die Veranstaltung schließt mit einer Podiumsdiskussion, welche Impulse durch die neuen Klimaziele, den Umbau auf regenerative Energien, gestiegene Energiepreisen und Fachkräftemangel für die Energieberatung zu erwarten sind.

Die Teilnahmegebühr zum Deutschen Energieberatertag ist in der Eintrittskarte zur Light & Building enthalten. Bei Voranmeldung per E-Mail mit Angabe von Vorname, Name, Firma, Adresse, E-Mail an GEB@messefrankfurt.com bis zum 3. Oktober 2022 können GEB-Leserinnen und -Leser einen kostenfreien Eintrittskartengutschein erhalten.

Anmeldung unter www.energieberatertag.de

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