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Batteriespeicher: Rückgrat einer klimaneutralen Energieversorgung

Deutschland bleibt beim Ausbau der Windenergie europäischer Spitzenreiter. Doch der schnelle Zubau stellt das Energiesystem vor Herausforderungen: Mit der zunehmenden Einspeisung aus Wind- und Solaranlagen wächst der Bedarf an flexiblen Speicherlösungen, die Stromnetze stabilisieren und erneuerbare Energie verlässlich verfügbar machen. Im Interview sprechen Sjoerd Bazen, Managing Director beim Batteriegroßspeicher-Spezialisten Return, und Hans-Günter Börgmann, Co-Geschäftsführer und COO des IT-Dienstleisters Allgeier Inovar, über den aktuellen Stand des Speicherausbaus, technologische und regulatorische Herausforderungen sowie die Rolle der Digitalisierung bei der Steuerung und wirtschaftlichen Integration von Batteriespeichern.

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Deutschland führt den europäischen Ausbau der Windenergie weiterhin an. Laut Windeurope entfiel im ersten Halbjahr 2025 fast ein Drittel der neu installierten Leistung von 6,8 GW auf den deutschen Markt. Wie ordnen Sie diese Entwicklung ein?

Sjoerd Bazen: Das sind sehr erfreuliche Nachrichten: Deutschland macht beim Ausbau der Windkraft deutliche Fortschritte. Mit dem rasanten Zubau wächst jedoch auch die Herausforderung, erneuerbare Energien effizient zu nutzen. Wenn Sonne und Wind im Überfluss vorhanden sind, übersteigt das Angebot häufig die Nachfrage. Um Netzüberlastungen zu vermeiden, müssen Anlagen abgeregelt werden. Bei Flaute hingegen müssen fossile Kraftwerke einspringen, was die Dekarbonisierung verlangsamt. Diese Volatilität führt zu erheblichen Preisschwankungen.

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Batteriespeicher sind daher das Rückgrat einer klimaneutralen Energieversorgung. Ihr zunehmender Einsatz trägt dazu bei, Schwankungen abzufedern und die Einspeisung erneuerbarer Energien verlässlicher zu gestalten. Bis allerdings die Mehrheit der geplanten Batteriegroßspeicher-Projekte tatsächlich ans Netz geht, wird es noch einige Jahre dauern.

Hans-Günter Börgmann: Die aktuellen Zahlen stimmen mich zuversichtlich, dass Deutschland seine Ausbauziele erreichen kann: Bis 2030 sollen 80 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen gedeckt werden, bis 2035 vollständig. Für uns als IT-Dienstleister, der auf Wind- und Solarprojekte spezialisiert ist, ist das eine ausgesprochen positive Entwicklung. Wir sind überzeugt, dass wir davon profitieren werden. Unsere Softwarelösung Aurelo Energiepark Manager wird unter anderem von Unternehmen wie Westfalen Wind und WPD eingesetzt, zusammengenommen betreiben unsere Kunden rund 68.500 Liegenschaften.

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Gleichzeitig ist klar: Der Ausbau von Batteriespeichern hält mit dem Tempo von Wind- und Solarenergie noch nicht Schritt. Nach Berechnungen des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme steigt der Bedarf an Speicherkapazität von rund 100 Gigawattstunden (GWh) im Jahr 2030 auf etwa 180 GWh im Jahr 2045. In Deutschland waren laut Marktstammdatenregister Ende des ersten Halbjahres 2025 Batteriespeicher mit einer Gesamtkapazität von 22 GWh installiert – davon entfallen rund 3 GWh auf Großspeicher. Deutschland müsste seine Speicherkapazitäten also mehr als verachtfachen, um den Bedarf im Jahr 2045 zu decken.

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Der Ausbau von Batteriegroßspeichern gleicht derzeit einem regelrechten Wettlauf an die Spitze. Viele Anbieter überbieten sich mit der Ankündigung von Projekten, die erst in ein paar Jahren realisiert werden. Ist Schnelligkeit aktuell der entscheidende Erfolgsfaktor?

Sjoerd Bazen: Geschwindigkeit ist wichtig, doch Zusammenarbeit ist noch wichtiger. Bei Return konzentrieren wir uns darauf, die richtigen Partner zusammenzubringen und frühzeitig in Deutschland und ganz Europa strategisch wichtige Standorte zu sichern, um zum Gleichgewicht des Energiesystems beizutragen.

Ein Großspeicher im baden-württembergischen Rickenbach mit einer Leistung von 500 MW befindet sich bereits in der Realisierung, die Inbetriebnahme ist in rund fünf Jahren geplant. Ein weiteres Projekt im niedersächsischen Brietlingen mit 12 MW hat vor Kurzem den Vertragsabschluss erreicht. Zudem haben wir in Ostdeutschland Flächen für weitere 310 MW gesichert. Mit langfristigen Kundenverträgen im Umfang von über zwei Milliarden Euro sind wir bestens aufgestellt, um die wachsende Nachfrage nach erneuerbaren Energien durch ein gesamteuropäisches Speichernetzwerk zu bedienen.

Ein wichtiger aktueller Meilenstein ist unsere Partnerschaft mit APG, einem der größten institutionellen Kapitalgeber weltweit. APG investiert 300 Millionen Euro Wachstumskapital in Return und hält nun eine Minderheitsbeteiligung. Diese Zusammenarbeit verleiht uns die finanzielle Stärke, unser europäisches Speicherportfolio weiter gezielt auszubauen und die Energiewende aktiv mitzugestalten.

Wie schätzen Sie bei Allgeier Inovar den Stand der Digitalisierung im Bereich der Batteriegroßspeicher ein? Und worin bestehen die IT-seitigen Unterschiede zu Windkraftanlagen?

Hans-Günter Börgmann: Aktuell liegt der Fokus der Batteriespeicheranbieter vor allem darauf, Projekte zu entwickeln und im Dialog mit Gemeinden oder Netzbetreibern Akzeptanz zu schaffen. IT-Themen spielen dabei bislang eine eher untergeordnete Rolle – werden aber rasant an Bedeutung gewinnen, insbesondere sobald die Speicher in größerem Umfang in Betrieb gehen und wirtschaftlich gemanagt werden müssen.

Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen zwei IT-Ebenen: Zum einen der technischen IT, die den Betrieb der Speicheranlagen steuert – also beispielsweise Lade- und Entladevorgänge, Netzstabilität und Performance überwacht. Zum anderen der unternehmerischen IT, die im Hintergrund für reibungslose Geschäftsprozesse sorgt: Projektmanagement, Vertragsmanagement, Abrechnung, Reporting und Controlling.

Unser Schwerpunkt liegt auf dieser zweiten Ebene, also auf ERP-Systemen, die Planung, Projektierung, Betrieb und kaufmännische Prozesse integrieren. Für uns macht es dabei keinen großen Unterschied, ob es sich um eine Windkraftanlage oder einen Batteriespeicher handelt. Die logische Struktur ist nahezu identisch: Wir erweitern bestehende Systeme einfach um die jeweiligen projektspezifischen Module. So lassen sich Batteriespeicher nahtlos in die bestehende IT-Landschaft einbinden und effizient managen.

Damit unsere Leserinnen und Leser besser nachvollziehen können, was Allgeier Inovar genau macht: Können Sie ein Beispiel nennen, wie ein Kunde aus der Erneuerbare-Energien-Branche Ihre Lösung in der Praxis einsetzt?

Hans-Günter Börgmann: Ein sehr gutes Beispiel ist unser Kunde Westfalen Wind. Der Energieparkbetreiber nutzt unsere Lösung, um Projekte über alle Phasen hinweg digital zu steuern – von der Entwicklung über die Bauphase bis zur kaufmännischen Betriebsführung. Über die integrierte Software-Plattform werden sämtliche technischen und wirtschaftlichen Daten zentral erfasst und miteinander verknüpft. So behält Westfalen Wind jederzeit den Überblick über Verträge, Wartungsintervalle oder Energieerträge und kann Einnahmen und Ausgaben automatisiert steuern.

Genau dieses Prinzip lässt sich auch auf Batteriespeicher übertragen. Denn Speicher sind heute nicht mehr nur ein technisches Bindeglied im Energiesystem, sondern ein eigenständiger betriebswirtschaftlicher Faktor. Mit der Integration in ein ERP-System lassen sich beispielsweise Erlöse aus Arbitragegeschäften oder Netzdienstleistungen automatisch zuordnen, Kosten transparent verfolgen und Cashflows optimieren. Gleichzeitig ermöglicht die zentrale Datenbasis fundierte Investitionsentscheidungen und eine präzisere Steuerung des Anlagenportfolios. Kurz gesagt: Der Einsatz von ERP macht Batteriespeicher zum Wertschöpfungsfaktor.

Welche Schritte geht Return bei der Digitalisierung? Und welche Rolle spielt der Einsatz von ERP-Systemen im Management Ihrer Unternehmensprozesse?

Sjoerd Bazen: Unser Plattformansatz ist ein zentraler Motor der digitalen Transformation. Mit unserer BESS-Plattform (Battery Energy Storage System) vernetzen wir Speicherstandorte und erfassen in Echtzeit, wo Energie verfügbar ist und wo sie benötigt wird. Diese Vernetzung ermöglicht es uns, die Stabilität des Stromnetzes zu fördern und ein Ökosystem aufzubauen, das zu einem intelligenteren und widerstandsfähigeren europäischen Energiemarkt beiträgt.

Im Zuge unserer Expansion entwickeln wir auch unsere internen Systeme weiter. Dafür implementieren wir ein skalierbares ERP-System, das alle kaufmännischen und operativen Prozesse – von der Projektplanung und Beschaffung bis zum Vertragsmanagement und zur Abrechnung – miteinander verbindet. So automatisieren wir Abläufe, bündeln Daten zentral und schaffen Transparenz entlang der gesamten Wertschöpfungskette, um Partner und Kunden bestmöglich zu unterstützen.

Ein entscheidender Erfolgsfaktor beim Ausbau erneuerbarer Energien ist die Akzeptanz vor Ort, sowohl in der Bevölkerung als auch in der lokalen Politik. Hat es der Ausbau von Batteriespeichern hier leichter oder schwerer als die Windkraft, Überzeugungsarbeit zu leisten? Und wie geht Return mit regulatorischen Herausforderungen und Unsicherheiten im Markt um?

Sjoerd Bazen: An den geplanten Standorten führen wir regelmäßig Informationsveranstaltungen durch und das Feedback ist durchweg positiv. Batteriespeicher arbeiten leise, fügen sich unauffällig in ihre Umgebung ein und werden von den Gemeinden in der Regel gut angenommen. Anstatt Technologien gegeneinander abzuwägen, betrachten wir Windkraft und Speicher als Ergänzung zueinander. Beide sind entscheidend, um erneuerbare Energien verlässlich nutzbar zu machen. Unser Fokus liegt darauf, gemeinsam die Energiewende in Europa voranzubringen.

Um flexibel auf Marktveränderungen zu reagieren und gleichzeitig widerstandsfähig gegenüber regulatorischen Anpassungen zu bleiben, behalten wir Eigentum und Betrieb unserer Speicher vollständig in eigener Hand. Langfristige Partnerschaften, etwa mit Vattenfall, sichern uns zudem stabile und planbare Erträge.