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Rechtsgutachten: Mehr Sicherheit bei Genehmigung von solarthermischen Freiflächenanlagen

Solaranlagen auf der Freifläche haben es schwer, wenn es um die Genehmigungspraxis durch kommunale Behörden geht. Schon bei Photovoltaikanlagen tun sich viele Kommunen schwer, was für eine Genehmigung alles vorzuweisen ist. Doch inzwischen gibt es so viele Photovoltaikanlagen, dass sich hier eine Genehmigungspraxis einstellt.

Anders bei der Solarthermie. Aufgrund der bisher geringen Anzahl von realisierten Anlagen bleibt bei den kommunalen Behörden viel Unsicherheit, worauf die Mitarbeiter:innen zu achten haben und was die Planer und Errichter alles vorweisen und welche Sicherheitseinrichtungen zu installieren sind. Das Ergebnis: Oftmals werden unverhältnismäßig hohe Anforderungen gestellt.

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Privilegierung ist möglich

Doch ein Gutachten der Berliner RE Rechtsanwälte Part hat die gesamten planungsrechtlichen Genehmigungsvorschriften durchforstet. Es zeigt, dass die Vorgaben der Kommunen gar nicht so umfangreich sein müssen, wie es in der Praxis der Fall ist. Konkret müssen unter anderem die Vorgaben des Baugesetzbuches (BauGB) beachtet werden. Die auf Energierecht spezialisierten Anwält:innen verweisen hier auf die Möglichkeit der Privilegierung solcher Anlagen nach Paragraph 35 Absatz 1 Nummer 8b des BauGB. Dieser privilegiert Anlagen zur ortsgebundenen Wärmeerzeugung, wenn für diese ein anderer Standort infrage kommt. Dies ist bei solarthermischen Anlagen zur Nah- und Fernwärmeerzeugung regelmäßig der Fall.

Keine Gefahr fürs Grundwasser

Da diese Anlagen allerdings im Innenbereich der Kommunen gebaut werden müssen – schließlich müssen sie in der Nähe des Nah- oder Fernwärmenetzes stehen –, muss ein entsprechender Bebauungsplan vorliegen. Allerdings müssen sie nicht wasserrechtlich zugelassen werden. Auch separate Vorkehrungen für das Auffangen von Solarflüssigkeit bei einem eventuellen Leck eines Kollektors sind nur in Ausnahmefällen notwendig – etwa wenn die Anlage in einem ausgewiesenen Wasserschutzgebiet steht. Die Rechtsanwält:innen verweisen darauf, dass inzwischen ein Gemisch aus Propylen und Glykol eingesetzt wird, das in der Wassergefährdungsklasse 1 eingestuft ist. Das heißt, es ist nur schwach wassergefährdend.

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Umweltverträglichkeit prüfen

Außerdem können die kommunalen Behörden ein Blendgutachten verlangen, auch wenn die solarthermischen Anlagen immissionsschutzrechtlich nicht genehmigungsbedürftig sind. Ebenso muss eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt werden. Weitere Auflagen sind aber für die Genehmigung einer solchen Anlage nicht notwendig. Zu diesem Schluss kommen die Anwält:innen in ihrem Gutachten.

Keine weiteren Auflagen notwendig

In der Solarbranche stößt dieses Gutachten auf offene Ohren. „Das Gutachten der Kanzlei ist von großem Wert für Planer:innen und Behörden und den weiteren Ausbau der Solarthermie“, sagt Torsten Lütten, Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Sonnenenergie (DGS). „Zahlreiche rechtliche Aspekte, die bisher individuell und teilweise übervorsichtig interpretiert wurden, sind nun juristisch geprüft und geklärt.“

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Das Gutachten bestätige, dass der Bau und Betrieb von Solarthermieanlagen auf freier Fläche bereits hinreichend vielen und strengen Auflagen unterliege, sodass sie keine weiteren Auflagen benötigen, betont Torsten Lütten. „Mithin sind solarthermische Anlagen auf Freiflächen als sicher einzustufen und somit genehmigungsfähig“, fasst er die Erkenntnisse aus dem Gutachten zusammen. „Auch die Verunsicherung der Behördenmitarbeiter:innen bezüglich der Bewertung von Solarflüssigkeiten hat jetzt ein Ende.“

Potenzial für Solarthermie nicht ausgeschöpft

Dies ist umso wichtiger, da der Anteil der erneuerbaren Energien an der Wärmeerzeugung in Deutschland nach Angaben der DGS mit 18 Prozent weit unter dem Wert des Anteils der Photovoltaik an der Stromerzeugung liegt. So waren Ende 2024 über 4,8 Millionen Photovoltaikanlagen mit über 100 Gigawatt Leistung in Deutschland in Betrieb. Diese sind auch wichtig. Doch dem stehen rund 2,59 Millionen Solarthermieanlagen mit einer Gesamtleistung von rund 14,2 Gigawatt gegenüber. „Wir brauchen alle Technologien für die Wärmewende“, betont Torsten Lütten. „Solarthermische Direktwärme ist eine hocheffiziente Lösung. Sie kann auf der gleichen Fläche etwa drei- bis viermal so viel Energie ernten wie die Photovoltaik und braucht für die gleiche Menge Wärme gut 40 Mal weniger Strom als eine Wärmepumpe. So entlasten wir mit Freiflächen-Solarthermieanlagen auch die Stromnetze“, erklärt er.

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Er geht davon aus, dass das neue Gutachten zu der dringend nötigen Beschleunigung des Zubaus an Solarthermie-Freiflächenanlagen beitragen werde. „Der Platz dafür ist vorhanden, er sollte aber auch zur Verfügung gestellt werden“, fordert Torsten Lütten angesichts des Rechtsgutachtens.

Das Gutachten „Genehmigungssituation solarthermischer Freiflächenanlagen in Deutschland“ hat die DGS auf ihrer Webseite vollständig veröffentlicht.