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Neues Lüftungskonzept für Bildungseinrichtungen

Schulpausen als Lüftungs­strategie

Beim Bauantrag für die Planung einer Schullüftung verweisen die Gesundheitsämter auf die Anforderungen des Umweltbundesamts [1]. Hierin wird in der Infobox 7 das Rechentool zur VDI 6040 [2] sowie das CO2-Onlinemodell des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes [3] als Planungsunterstützung benannt. Auch die Richtlinie zur Planung und Ausführung von Raumlufttechnischen Anlagen für öffentliche Gebäude des Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV) [4] empfiehlt die Ausführungshinweise der VDI 6040-2. Bei beiden Verfahren erfolgt die Volumenstromberechnung anhand der instationären CO2-Konzentration in einem Unterrichtsraum.

Der Autor geht daher auf die Ermittlung der CO2-Produktionsraten von Personen in Gebäuden ein. Dazu vergleicht er die bisherige Berechnungsmethodik nach DIN EN ISO 8996 [5] sowie die Standards zur Expositionsabschätzung [6] mit einer neuen Methode [7], die bereits in der US-Norm ASTM D6245-24 ihren Eingang gefunden hat. Derzeit wird sie für eine neue EN 16798-1 [8] in Erwägung gezogen.

Ab einem Alter von 15 Jahren ergeben sich große Unterschiede bei den Berechnungsergebnissen, wobei die ISO-Methode in der Regel höhere CO2-Produktionsraten liefert und damit zu höheren Volumenströmen führt. Mit ihr liegt man lüftungstechnisch zwar auf der sicheren Seite, muss dies aber mit einem erhöhten Heizaufwand erkaufen. Denn das Volumenstromverhältnis ist direkt proportional zum Verhältnis des Lüftungswärmebedarfs. Es bleibt abzuwarten, ob die Methodik von Persily und de Jonge aus Gründen der Energieeinsparung normativ in die EN 16798-1 übernommen wird, in dem Auslegungstool MindLW ist sie als Option enthalten.

Sowohl das Umweltbundesamt als auch die AMEV empfehlen die Einhaltung einer mittleren CO2-Konzentration von 1.000 ppm während der Unterrichtszeit. Die Berechnung ist über ein Lüftungskonzept zu dokumentieren. Auch aus der neuen europäischen Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive, EPBD) kann als Planungsziel eine Auslegung nach CO2 anstelle einer vorgegebenen Personenluftrate gefolgert werden. Sie schreibt ab dem 29. Mai 2026 in Nichtwohngebäuden die Überwachung der Raumluftqualität vor – sofern technisch und wirtschaftlich realisierbar [9].

Wegen der kurzen Belegungszeit eines Unterrichtsraums erfolgt die CO2-basierte Auslegung der notwendigen Luftvolumenströme nach VDI 6040-2 folgerichtig instationär. Laut Anhang C ist jedoch ein kompletter Schultag mit dem Wechsel zwischen Unterricht und Pausen zu simulieren. Diese Auslegungsmethodik setzt die Vorgabe der Volumenströme im Unterricht und in der Pause voraus, um damit zu überprüfen, ob die mittlere CO2-Konzentration von 1.000 ppm während aller Unterrichtszeiten eingehalten beziehungsweise unterschritten wird. Das kann sehr aufwendig sein, da man iterativ vorgehen muss. Außerdem kann eine Abhängigkeit vom jeweiligen Stundenplan vorliegen, der in der Planungsphase zu beschaffen ist oder für den Annahmen getroffen werden müssen.

Über die Vorteile einer instationären Volumenstromauslegung hat der Autor bereits in dem Beitrag Immer gute Luft, GEB 03/2022 [10] berichtet. Besonders bei der Auslegung für eine mittlere CO2-Konzentration kann durch die instationäre Variante eine große Einsparung erzielt werden, die auch einen geringeren Heizaufwand zur Folge hat. Dieser Beitrag beschreibt daher eine Methodik, die nur von einer Unterrichtszeit mit einer anschließenden Pause ausgeht. Weiterhin wird berücksichtigt, dass in Grundschulen und Kitas die CO2-Abgabe jüngerer Kinder wesentlich geringer ist.

CO₂-Produktionsraten von Personen in ­Gebäuden …

Normen und Richtlinien geben Personenluftraten in m³/h pro Person oder CO2-Produktionsraten in l CO2/h pro Person an, für die bestimmte Randbedingungen gelten. Die Berechnungsannahmen hierzu werden nicht immer genannt, ebenso nicht die Literaturquellen. Da sich das Thema derzeit im europäischen Normenausschuss für die Revision der in der EPBD 2024 referenzierten EN 16798-1 befindet, gibt die folgende Aufstellung einen Überblick über historische und aktuelle Verfahren zur Ermittlung der CO₂-Produktionsrate von Personen.

… in der DIN EN ISO 8996

Der US-amerikanische Ingenieurverband ASHRAE favorisiert die Algorithmen in der internationalen Norm. Für die Berechnung braucht es unter anderem die Körperoberfläche und der Aktivitätsgrad in met. In die Körperoberfläche gehen Größe und Gewicht einer Person ein, wodurch eine Abhängigkeit vom Alter und Geschlecht besteht. Das Ergebnis bezieht sich auf den Normzustand 0 °C und 1.013,325 hPa.

In der DIN EN ISO 8996 ist keine Umrechnung des Normzustands auf die Verhältnisse im Planungsprojekt angegeben. Mit dem idealen Gasgesetz sollte jedoch eine Umrechnung durchgeführt werden. Der Luftdruck in der Höhe des Projekts kann mit der internationalen Höhenformel abgeschätzt werden. Die Berechnung der CO2-Produktionsrate von Personen nach DIN EN ISO 8996 geht auf das Jahr 1981 zurück und soll eine geringe Datenlage zur Grundlage haben.

… in den Standards zur Expositionsabschätzung

Eine von der Hamburger Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales 1995 veröffentlichten wissenschaftlichen Publikation gibt eine Atemrate für eine zeitlich begrenzte Exposition bei unterschiedlichen Aktivitätsgraden und Altersstufen an. Für die Ausatmungsluft lässt sich demnach eine CO2-Konzentration von 40.000 ppm annehmen. Damit lassen sich die in Abb. 1 dargestellten CO2-Produktionsraten berechnen. Das CO2-Tool des Niedersächsischen Landesgesundheitsamtes (NLGA) hatte diese Produktionsraten als Grundlage verwendet.

Nimmt man für den Ruhezustand den Aktivitätsgrad 1 met an, dann lassen sich durch Bezug auf die Ruhekurve die anderen Aktivitätsgrade ermitteln (eingefügtes Diagramm in Abb. 1). Diese Werte erscheinen sehr hoch, wenn man sie mit der Tabelle B.1 im informativen Anhang B der DIN EN ISO 7730 [11] vergleicht. Dort wird ein Bereich von 0,8 met (liegend) bis 3,4 met (gehend mit 5 km/h) angegeben. Das aktuelle CO2-Tool des NLGA verzichtet deshalb auf diese Grundlage und setzt dafür nun die Kenntnis einer CO2-Produktionsrate voraus.

In den Standards wird nicht zwischen männlich und weiblich unterschieden, eine Druck-/Temperaturkorrektur ist nicht vorhanden und die Verwendung von Altersstufen ist für Kitas und Grundschulen nicht zielführend (siehe unten).

… im PdJ-Verfahren

Neuere Erkenntnisse haben 2017 Andrew Persily und Lilian de Jonge veröffentlicht. Sie basieren auf dem Stoffwechsel-Grundumsatz und der Aktivität. Eine Temperatur-/Druck-Umrechnung ist im Algorithmus bereits enthalten. Für die Berechnung des Grundumsatzes (Ruheenergiebedarf) verwenden Persily und de Jonge (PdJ) die Gleichungen von Schofield, die zwar veraltet sind, aber von der WHO in ihrer Fachberichtsreihe noch verwendet werden. Aktuell wird das PdJ-Verfahren in den Normenausschüssen diskutiert [12]. Die US-Norm ASTM D6245-24 hat bereits auf dieses Verfahren umgestellt.

Anhand von Bland-Altman-Diagrammen haben Oluwatobi Oke und Persily in [13] nachgewiesen, dass die Vorhersagen mit den PdJ-Formeln geringere Abweichungen von Messergebnissen aufweisen als die von ASHRAE beziehungsweise ISO 8996. Beide unterschreiten jedoch die Messergebnisse, ASHRAE im Mittel um 28 Prozent, PdJ um sieben Prozent. Eine weitere messtechnische Studie aus China mit über 1.100 Teilnehmern im Alter von fünf bis 70 Jahren [14] ergaben ebenfalls bei gleichem Aktivitätsgrad eine leichte Unterschätzung durch das PdJ-Verfahren. Die Studie empfiehlt daher, für die ASTM D6245-24 etwas höhere Aktivitätsgrade anzusetzen. Die Genauigkeit der hier vorgestellten Verfahren hängt daher ganz entscheidend von der Schätzung des Aktivitätsgrads ab.

Vergleich der CO₂-Produktionsraten

Die Körperdaten lassen sich für Deutschland aus Veröffentlichungen des Robert-Koch-Instituts entnehmen. Abb. 2 zeigt, dass ab dem 15. Lebensjahr eine Unterscheidung nach dem Geschlecht empfehlenswert ist. Damit fließen nur die Personenzahl, das Alter und die Zusammensetzung männlich/weiblich im Raum in die Berechnung ein. Im Normalfall ist der Geschlechteranteil zu je 50 Prozent ansetzbar, womit eine Wichtung der CO2-Produktionsraten erfolgen sollte. Mit diesen Daten lassen sich sowohl die Körperoberfläche als auch der Grundumsatz errechnen und die Berechnungsarten vergleichen.

Abb. 3 zeigt den Unterschied der Berechnungsarten für einen Aktivitätsgrad von 1,5 met, wie man ihn für Unterrichtsräume annehmen kann. Für die Standards zur Expositionsabschätzung ist allerdings die Ruhekurve eingetragen. Der mit der Temperatur-/Druck-Umrechnung erweiterte Algorithmus nach DIN EN ISO 8996 ergibt wesentlich höhere CO2-Produktionsraten als der nach Persily und de Jonge, woraus auch höhere Volumenströme resultieren. Die Temperatur-/Druck-Umrechnung erhöht die Werte um etwa sieben Prozent. Die nicht stetig verlaufenden PdJ-Kurven resultieren aus den Schofield-Gleichungen für den Grundumsatz. Diese Geradengleichungen gelten für verschiedene Altersbereiche, wobei der Wechsel zum nächsten Altersbereich Sprünge erzeugt.

Aus dem Verlauf der Kurven ist bei allen drei Berechnungsvarianten zu entnehmen, dass für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren eine kontinuierlich abnehmende CO2-Produktion zu berücksichtigen ist, welche Einfluss auf den notwendigen Luftvolumenstrom hat. Das heißt: Eine möglichst realistische Alters-
angabe für Schulen und Kitas ist von Bedeutung.

In den Bundesländern Berlin und Brandenburg wechseln die Schüler bis zu zwei Altersjahre später an eine weiterführende Schule als in den anderen Bundesländern. Dies wird in der VDI 6040-2 mit ihren beiden Jahrgangsstufen 1-4 und 5-13 nicht berücksichtigt. Mit der Jahrgangsstufe 1-4 wird der Volumenstrom für Grundschulen in Berlin und Brandenburg daher grundsätzlich um zirka 25 Prozent unterdimensioniert.

Die gelbe Gerade repräsentiert die Standardemission von 20 l/h pro Person aus der DIN EN 16798-1 [6, Tabelle NA.9, Fußnote a] für das Verfahren 2 unter Anwendung von Grenzwerten der Stoffkonzentration. Der Vergleich mit den drei Berechnungsvarianten belegt, dass man nicht mit einem einzigen Wert für alle Personengruppen rechnen kann. Das gilt auch für die zwei Werte für Personen in einem Unterrichts-/Fachraum aus der VDI 6040-2.

Problematik des Wechsels zwischen Unterricht und Pause

Legt man den Volumenstrom für die Unterrichtszeit aus, so ist bei dem instationären Verfahren ein CO2-Anfangszustand zu Beginn der Schulstunde festzulegen. Dieser kann derzeit im ersten Schritt mit 400 bis 450 ppm als Außenluftwert angenommen werden. Wird in der folgenden kürzeren Pause mit dem gleichen Volumenstrom gelüftet, so gilt diese Annahme nicht mehr, da die Pausenzeit mit verminderter CO2-Belastung in der Regel nicht ausreicht, den CO2-Anfangszustand für die nächste Unterrichtsstunde wieder herzustellen. Das Umweltbundesamt empfiehlt daher eine unterstützende intensive Fensterlüftung in den Pausen, damit für die nächste Schulstunde wieder Außenluftqualität vorliegt.

Das ist aber aus organisatorischen Gründen nicht immer möglich, beispielsweise wenn Schüler und Lehrer die Klassenzimmer in der Pause verlassen beziehungsweise wechseln und somit die Zuständigkeit nicht klar ist. Außerdem muss im Lüftungskonzept nachgewiesen werden, dass eine zusätzliche Fensterlüftung in den kurzen Pausen ausreichend ist, wozu der hierfür notwendige Volumenstrom bekannt sein muss. Bei einer automatisch CO2-geführten Pausenlüftung mit einer Lüftungsanlage oder automatisierten Fensterlüftung würde der Volumenstrom sogar abnehmen, wird der Sollwert unterschritten. Das heißt es sind regelungstechnische Maßnahmen notwendig.

Es ist daher naheliegend, Unterricht und Pause zusammen zu betrachten. Dabei wird der CO2-Endwert der Pause als Anfangswert der Unterrichtszeit eingesetzt. Das wird solange fortgesetzt, bis sich ein gemeinsamer Volumenstrom für Unterricht und Pause nicht mehr ändert, welcher die CO2-Anforderung im Unterricht dauerhaft erfüllt. Dieser Volumenstrom bildet die Auslegungsgrundlage für eine Lüftungsanlage oder für eine Fensterlüftung unter Beachtung von Wind und Thermik.

Abb. 4 stellt ein Berechnungsbeispiel für diese Problematik dar. Für die Unterrichtszeit wird ein Luftvolumenstrom von 583 m³/h für die Bedingung 1.000 ppm CO2 im Mittel von 45 Minuten ermittelt. In der anschließenden Pause von zehn Minuten sinkt die CO2-Konzentration bei gleichem Volumenstrom, da keine Personen mehr im Klassenzimmer anwesend sind. Der CO2-Endwert beträgt nach der Pause 930 ppm. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Regelung ein Absenken des Volumenstroms in der Pause verhindert. Läuft der Betrieb in den folgenden Unterrichtszeiten mit dem gleichen Volumenstrom weiter, kann sich die CO2-Konzentration im Tagesablauf aufschaukeln. 1.000 ppm im Unterricht sind somit nicht mehr gewährleistet. Im eingeschwungenen Zustand mit 583 m³/h ergibt sich eine mittlere CO2-Konzentration von 1.195 ppm. Der Maximalwert am Ende des Unterrichts liegt bei 1.300 ppm.

Programmtechnische Lösung

Mit dem Programm MindLW [15] des Autors kann in der Version 10 eine schnelle Planungslösung gelingen. Es ermittelt jeweils für Unterricht und Pause die CO2-Belastung getrennt für Schüler und Lehrer (Abb. 5). Mit dem errechneten Volumenstrom von 799 m³/h (plus 37 Prozent) wird im eingeschwungenen Zustand erreicht, dass der CO2-Endwert der Pause dem CO2-Anfangswert des Unterrichts entspricht. Das heißt, dass für die folgenden Unterrichtszeiten die gleichen Anfangsbedingungen von 762 ppm gelten. Zudem ist der CO2-End- beziehungsweise Maximalwert des Unterrichts – entsprechende regelungstechnische Maßnahmen für die Pausenlüftung vorausgesetzt – deutlich geringer als bei der Auslegungsmethodik ohne Einbeziehung der Pause (vgl. Abb. 4).

Die Unterrichtszeit beträgt normalerweise 45 Minuten, bei Blockunterricht 90 Minuten. Die kleine Pause ist mit fünf bis zehn Minuten anzunehmen, die große Pause mit 15 bis 25 Minuten. Bei der für die Berechnung festzulegenden Pausenzeit ist zu beachten, dass der erforderliche Volumenstrom mit kürzeren Pausenzeiten zunimmt. Es muss also eine Festlegung erfolgen, die mit dem Auftraggeber abzustimmen ist. Die Simulation der Abfolge eines Stundenplanes für einen Tag kann jedoch entfallen.

Da die CO2-Produktion und damit der erforderliche Volumenstrom mit dem Alter zunimmt, empfiehlt sich das jeweilige höchste Alter je Bildungsstätte zu wählen (Abb. 6). Für Unterricht und Pause können unterschiedliche Lüftungssysteme angenommen werden, welche sich durch ihre Effektivität unterscheiden. Es ist auch eine freie Eingabe von Volumenströmen getrennt für Unterricht und Pause möglich, mit der man die sich einstellende CO2-Konzentration überprüfen kann.

Optional sind die oben genannten Berechnungsvarianten ISO und PdJ für die CO2-Produktion einschließlich der Temperatur-/Druck-Umrechnung implementiert. So werden auch höhere Ortslagen durch einen niedrigeren Luftdruck berücksichtigt. Ein Luftdruck von 910 hPa steigert bei beiden Berechnungsvarianten den erforderlichen Volumenstrom um zirka zwölf Prozent. Der Einfluss einer höheren Raumlufttemperatur fällt dagegen mit einem bis drei Prozent deutlich geringer aus.

Möchte man die maximale CO2-Konzentration auf 1.000 ppm in der Unterrichtszeit begrenzen, ist ebenfalls ein höherer Volumenstrom notwendig (zirka 16 Prozent). Dieses Ergebnis könnte zum Beispiel bei einer automatischen CO2-Regelung von Interesse sein, wenn der Regler nur auf Momentanwerte reagiert.

Die Tabelle zur CO2-Produktion unterscheidet bei der Belastung zwischen Unterricht und Pause sowie zwischen Schüler und Lehrer. Damit berücksichtigt MindLW, dass auch in der Pausenzeit noch Personen anwesend sein können. Befinden sich in der Pause beispielsweise noch 15 Schüler im Klassenraum, so ist ein Volumenstrom von 876 m³/h (plus zehn Prozent) notwendig.

Sollten andere Körperdaten als die aus Abb. 1 Verwendung finden oder ist die CO2-Produktionsrate aus anderen Quellen bekannt, so besteht mithilfe der Spalte „CO2Set/Kommentar“ die Möglichkeit, diese mit einem Kommentar in der Spalte „CO2-Prod“ einzugeben. Im Reiter „HygAusl“ sind ebenfalls beide Berechnungsvarianten implementiert und man kann optional eigene Daten für Gewicht und Größe hinterlegen. Die in „HygAusl“ errechnete CO2-Produktionsrate wäre in diesem Fall in die Tabelle im Reiter „Schule“ zu übernehmen.

Mit MindLW lässt sich durch Parametervariationen schnell ein Worst-Case-Szenario ermitteln, um im Anschluss mit den Ergebnissen den Auftraggeber zu beraten und mit ihm die gewünschten Parameter – Alter der Schüler, Pausenzeit, Anwesenheiten in der Pause, … – zu vereinbaren. Damit wird der Forderung des Umweltbundesamts Rechnung getragen, dass das Lüftungskonzept auf Praxistauglichkeit der Lüftung rechnerisch nachzuweisen ist. Auch laut der neuen AMEV-Richtlinie muss die Funktionsfähigkeit eines projektspezifischen Lüftungskonzeptes überprüft werden. Eine solche Überprüfung ist mit der Verwendung einer pauschalen Personenluftrate nicht möglich.

Vergleich der Volumenströme

Die VDI 6040-2 gibt ein Beispiel für die CO2-Konzentration in einem Unterrichtsraum an. Der Raum hat eine Grundfläche von 62 Quadratmetern und eine Höhe von drei Metern. Er wird für acht Unterrichtsstunden von 30 Schülern (Jahrgangsstufe 5-13) und einem Lehrer belegt. Die Dauer der kleinen Pausen betragen jeweils fünf Minuten. Es gibt eine große Pause mit 15 Minuten, in der noch 15 Schüler anwesend sind. Abb. 7 stellt die Ergebnisse für die oben genannten Berechnungsverfahren ISO und PdJ zusammen und vergleicht sie mit der VDI 6040-2.

Der CO2-Konzentrationsverlauf ist in der VDI 6040-2 für die Zeit von acht bis 16 Uhr bei einem Volumenstrom von 926 m³/h dargestellt. Für die Schüler und Lehrer wurden 18,9 
l CO2/h pro Person angesetzt. Setzt man diese Produktionsrate für nur eine Unterrichtszeit von 45 Minuten und nur eine Pause von fünf Minuen in MindLW 10 ein, ergibt sich das fast identische Ergebnis von 931 m³/h. Damit ist belegt, dass eine Simulation über einen ganzen Schultag nicht notwendig ist.

Bezüglich der Mittelwertbildung des CO2-Konzentrationsverlaufes ist anzumerken, dass in dem Beispiel der VDI 6040-2 ein laufender Mittelwert über den ganzen Schultag einschließlich der Pausen gebildet wird. Dies entspricht nicht der Forderung des Umweltbundesamts nach einem Mittelwert von 1.000 ppm nur in der Unterrichtszeit. Ein laufender Mittelwert wird sich rechnerisch von diesem Mittelwert unterscheiden. Wird die CO2-Produktionsrate nach den Berechnungsvarianten ermittelt, erhält man abweichende Ergebnisse. Dabei wurde angenommen, dass die 15 Schüler in der Pause einen höheren Aktivitätsgrad von 1,6 met haben.

Zusammenfassung

Ein neues Konzept für die Berechnung des notwendigen Volumenstroms in Bildungseinrichtungen für eine vorgegebene mittlere CO2-Konzentration während der Unterrichtszeit geht von einem permanenten Wechsel zwischen Unterricht und Pause aus. Legt man den Volumenstrom nur für die Unterrichtzeit aus, kann die CO2-Konzentration über den Tag auf inakzeptable Werte ansteigen.

Wird die Pause berücksichtigt, ergibt sich zwar ein höherer Volumenstrom, aber der Planer erhält damit die Information, mit welchem Volumenstrom in der Pause zu lüften ist, um die Anforderung von 1.000 ppm CO2-Konzentration im Mittel der Unterrichtszeit einzuhalten ist. Mit dieser Information kann eine zusätzliche oder ausschließliche Fensterlüftung untersucht werden.

Bei einer automatisierten CO2-Regelung ist darauf zu achten, dass die Pausenlüftung mit einem maximalen Volumenstrom erfolgt. Nur so kann sichergestellt werden, dass zu Beginn des folgenden Unterrichts akzeptable Startwerte erreicht werden. Sind noch weitere Schadstoffe im Raum abzuführen oder soll mit einer Nachtlüftung der Raum ausgekühlt werden, so ist für die Volumenstromauslegung der Lüftungsanlage das Maximum der jeweiligen Komponente zu nehmen.

Literatur

[1] Anforderungen an Lüftungskonzeptionen in Gebäuden – Teil I: Bildungseinrichtungen. Bundesgesundheitsblatt 61, 239–248. Umweltbundesamt, Dessau-Roßlau 2018

[2] VDI 6040 Blatt 2:2015-09: Raumlufttechnik - Schulen - Ausführungshinweise (VDI-Lüftungsregeln, VDI-Schulbaurichtlinien). Beuth-Verlag.

[3] CO2-Tool des Niedersächsischen Landesgesundheitsamts (NLGA) QUIRL/CO2 V1.4. https://t1p.de/GEB250965

[4] RLT – Anlagen 2023. Hinweise zur Planung und Ausführung von Raumlufttechnischen Anlagen für öffentliche Gebäude. Empfehlung Nr. 166. Arbeitskreis Maschinen- und Elektrotechnik staatlicher und kommunaler Verwaltungen (AMEV).

[5] DIN EN ISO 8996:2022-10: Ergonomie der thermischen Umgebung – Bestimmung des körpereigenen Energieumsatzes. Beuth-Verlag.

[6] Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Hamburg: Standards zur Expositionsabschätzung. Bericht des Ausschusses für Umwelthygiene, Arbeitsgemeinschaft der leitenden Medizinalbeamtinnen und -beamten der Länder. AUH, 1995.

[7] Andrew Persily, Lilian de Jonge: Carbon dioxide generation rates for building ­occupants. Indoor Air. 2017; 27:868–879. https://t1p.de/GEB250966

[8] DIN EN 16798-1:2022-03: Energetische Bewertung von Gebäuden — Lüftung von Gebäuden — Teil 1: Eingangsparameter für das Innenraumklima zur Auslegung und Bewertung der Energieeffizienz von Gebäuden bezüglich Raumluftqualität, Temperatur, Licht und Akustik. Beuth-Verlag.

[9] Richtlinie (EU) 2024/1275 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24.04.2024 über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung).

[10] Norbert Nadler: Immer gute Luft. GEB 03/2022, S. 30-34. Gentner Verlag.
https://t1p.de/GEB250964

[11] DIN EN ISO 7730:2023-04 (Entwurf) Ergonomie der thermischen Umgebung – Analytische Bestimmung und Interpretation der thermischen Behaglichkeit durch Berechnung des PMV- und des PPD-Indexes und Kriterien der lokalen thermischen Behaglichkeit. Beuth-Verlag.

[12] A. Persily, B. Olesen, M. Mendell, J. Saffel: Recent standards and guidelines on CO₂ application and interpretation on March 17, 2025. Air Infiltration and Ventilation Centre (AIVC). Webinar am 17. März 2025.

[13] Oke Oluwatobi, Andrew Persily: Assessing the Prediction of Human CO₂ Emissions for IAQ Applications. 44th AIVC - 12th TightVent - 10th venticool Conference, Dublin, 2024. https://t1p.de/GEB250967

[14] Li et al: A method for estimating occupant carbon dioxide generation rates. Energy & Buildings, Volume 312, (2024-06), 114163.

[15] www.cse-nadler.de

1 CO₂-Produktionsraten nach den Standards zur Expositionsabschätzung

Bild: Norbert Nadler

1 CO₂-Produktionsraten nach den Standards zur Expositionsabschätzung
2 Körpergröße und Gewicht für männlich und weiblich nach Robert-Koch-­Institut

Bild: Norbert Nadler

2 Körpergröße und Gewicht für männlich und weiblich nach Robert-Koch-­Institut
3 CO₂-Produktionsrate von Personen mit den Körperdaten aus Abb. 2 und unterschiedlichen Berechnungsarten (1,5 met, 20 °C, 1.013 hPa)

Bild: Norbert Nadler

3 CO₂-Produktionsrate von Personen mit den Körperdaten aus Abb. 2 und unterschiedlichen Berechnungsarten (1,5 met, 20 °C, 1.013 hPa)
4 Zeitverlauf der CO₂-Konzentration in Unterricht und Pause mit unterschiedlichen Volumenströmen

Bild: Norbert Nadler

4 Zeitverlauf der CO₂-Konzentration in Unterricht und Pause mit unterschiedlichen Volumenströmen
5 Auslegung der Schullüftung für das Beispiel in Abb. 4 mit MindLW 10

Bild: Norbert Nadler

5 Auslegung der Schullüftung für das Beispiel in Abb. 4 mit MindLW 10
6 Wahl des Alters für verschiedene Bildungseinrichtungen

6 Wahl des Alters für verschiedene Bildungseinrichtungen
7 Volumenströme im Unterrichtsraum nach verschiedenen Berechnungsverfahren für ein Beispiel aus der VDI 6040-2

7 Volumenströme im Unterrichtsraum nach verschiedenen Berechnungsverfahren für ein Beispiel aus der VDI 6040-2

Kurz und knackig

Eine neue Methodik zur Auslegung von Lüftungsanlagen in Bildungseinrichtungen berücksichtigt sowohl Unterrichts- als auch Pausenzeiten. Außerdem nimmt sie die CO₂-Konzentration statt fixer Personenluftraten als Grundlage für die Berechnung des Volumenluftstroms. Damit soll sie eine realistische und energieeffiziente Planung ermöglichen.

Der Artikel thematisiert die Ungenauigkeit pauschaler CO₂-Produktionsraten, besonders bei Kindern. Er vergleicht verschiedene Verfahren zur Bestimmung instationärer CO₂-Konzentrationen – darunter DIN EN ISO 8996 und Persily/de Jonge –, um alters- und aktivitätsabhängige Unterschiede zu berücksichtigen.

Dipl.-Ing. Norbert Nadler
führt in Oranienburg ein Ingenieurbüro für Heizung, Klima, Sanitär, Solar und thermische Bauphysik. Er hat elf Jahre in Normenausschüssen mitgearbeitet.

Bild: Norbert Nadler

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