Nach der in erster Lesung beschlossenen Abänderung der geplanten Neufassung der EU-Gebäuderichtlinie im März 2023 sollen Neubauten ab 2028 emissionsfrei sein. Für von Behörden genutzte, betriebene oder in Besitz befindliche Neubauten soll dies bereits ab 2026 gelten [1]. Um diese Ziele zu erreichen, hat die Europäische Kommission unter anderem die Förderung von Smart Buildings als politisches Ziel für alle EU-Staaten vorgegeben. Dabei soll der Intelligenzfähigkeitsindikator verwendet werden. Er dient dazu, die Fähigkeit von Gebäuden zu messen, Informations- und Kommunikationstechnologien sowie elektronische Systeme zu nutzen, um den Betrieb an den Bedarf der Bewohner und des Netzes anzupassen sowie die Gesamtenergieeffizienz zu verbessern [2].
Definition smarter Gebäudetechnologien
Der Begriff „smart“ wurde in den 1980er Jahren aus dem Amerikanischen übernommen. Wegen der klimatischen, gesellschaftlichen und technologischen Veränderungen haben sich die Charakteristika intelligenter Gebäudetechnologien seitdem stetig weiterentwickelt. Trotz dieser Entwicklung existiert bis heute keine allgemein anerkannte Definition.
Frühe Definitionen betonten die Optimierung von Systemen, die Struktur, Dienstleistungen und das Management sowie die Verknüpfung derselben in Gebäuden [3, 4]. In den späten 1990er und frühen 2000er Jahren wurden Aspekte wie die dynamischen Bedürfnisse, die Lebensqualität der Nutzenden und Wechselwirkungen zwischen den Nutzenden und Gebäuden sowie die Umwelt um das Gebäude in die Definitionen einbezogen [5, 6]. In den vergangenen zehn Jahren haben neuere Definitionen die Digitalisierung und künstliche Intelligenz integriert, um das Potenzial zur Steigerung des Nutzendenkomforts sowie der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und Quartieren voll auszuschöpfen [7, 8].
Ein weiterer Aspekt betrifft die Entwicklung der Stromnetze mit einem wachsenden Anteil erneuerbarer Energien in Deutschland [9]. Um Netzstabilität und hohe Versorgungseffizienz sicherzustellen, wird angestrebt, das Netz direkt am Anschlusspunkt mit den Endverbrauchern smart zu machen. Das geschieht durch den Einsatz von Smart Metern und Smart Meter Gateways. Sie tauschen Informationen mit dem Stromnetz aus, um die technischen Rahmenbedingungen für eine Lastregelung auf der Verbraucherseite (Demand Response) und gebäuderelevante Datenbanken für die dezentrale, intelligente Regelung auf der Verteilnetzebene zu schaffen [10, 11].
Smarte Gebäude unterscheiden sich von herkömmlich automatisierten Gebäuden dadurch, dass sie Daten durch Sensoren sammeln und über eine zentrale Plattform (Gebäudeleittechnik) analysieren, um automatisierte Befehle für ein optimales Zusammenspiel der Gebäudekomponenten zu senden [12, 13]. Im Gegensatz dazu basiert die konventionelle Gebäuderegelung auf dezentralen vorprogrammierten Reglern ohne integrierte Kommunikation zwischen den technischen Komponenten, wie zum Beispiel PID- und On-off-Reglern. Weitere Merkmale smarter Gebäudetechnologien beleuchten wir mit der folgenden Querauswertung von Forschungsvorhaben.

Bild: Fraunhofer IBP
Intelligente Gebäudetechnologien in der Forschung
Auch innerhalb der Forschungsinitiative Energiewendebauen (EWB) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz werden in den geförderten Vorhaben zunehmend smarte Technologien eingesetzt. Die Umsetzung dieser Technologien ist eng mit einer Implementierung von Betriebsoptimierungsstrategien verknüpft. Die Begleitforschung EWB (Fkz 03EWB002A - B) wertet die Forschungsvorhaben hinsichtlich verschiedener Aspekte aus. Sie hat im Jahr 2021 einen umfassenden Fragebogen entwickelt, mit dessen Hilfe wesentliche Erkenntnisse aus den Einzelvorhaben generiert werden können. Innerhalb des Forschungsschwerpunkts Gebäude konnten 95 Antwortdatensätze aus den Vorhaben ausgewertet werden.
Basierend auf den Fragebogenrückläufen beschäftigen sich 40 Prozent mit Betriebsüberwachungs- und optimierungssystemen (38 Vorhaben). Innerhalb dieser Gruppe geben 18 Vorhaben an, smarte Technologien zu entwickeln, zu bewerten oder einzusetzen. Weitere sechs beschäftigen sich nicht mit Betriebsüberwachung, wohl aber mit smarten Technologien. Innerhalb der Gruppe, die sich mit Betriebsüberwachung oder -optimierung beschäftigen, ist der Anteil smarter Technologien mit 47 Prozent hoch und belegt die zunehmende Wichtigkeit neuer digitalisierter Strategien (Abb. 1).
Arten, Methoden und Verfahren smarter Technologien
Obwohl keine eindeutige Definition von smarten Technologien existiert, lassen sie sich doch von konventionellen Regelstrategien wie beispielsweise regelbasierten Steuerungen in der Gebäudeautomation abgrenzen. Smarte Technologien im Sinne von intelligenten und vernetzten Regelstrategien umfassen vor allem datengetriebene Modelle, die das zukünftige Verhalten von Energiesystemen mithilfe vergangener Daten beschreiben können. Wesentliche Methoden stellen wir kurz vor.

Bild: Fraunhofer IBP
Methoden und Optimierungsziele
Zum besseren Verständnis, welche Methoden für welche Optimierungsziele erforscht werden, hat die Begleitforschung innerhalb der Forschungsschwerpunkte Gebäude und Digitalisierung im Jahr 2023 einen weiteren spezifischen Expertenfragebogen entwickelt und den Fokus auf Gebäude- und Quartiersprojekte erweitert. Dieser wurde an diejenigen Verbund- und Teilvorhaben – das sind thematisch abgegrenzte Teilprojekte innerhalb der Verbundvorhaben – versendet, die smarte Technologien nutzen. Mehrfachnennungen zu den untersuchten Methoden waren bei der Beantwortung möglich.
Von den 139 angefragten Vorhaben (37 Verbundvorhaben und deren 102 Teilvorhaben) liegen 32 Antworten (27 Verbundvorhaben und fünf Teilprojekte) zum Fragebogen vor. Gemäß den Antworten der Verbundvorhaben (27 Vorhaben) findet eine Betriebsoptimierung mehrheitlich innerhalb des Gebäudes statt (15). Bei acht Vorhaben werden sowohl die Gebäudeenergiesysteme als auch angrenzende Netze betrachtet. Ein kleinerer Teil (vier Vorhaben) erforscht darüber hinaus Möglichkeiten zur Teilnahme am Strommarkt.
Die Auswertung zeigt weiterhin, dass sich der überwiegende Teil der Vorhaben mit Methoden der MPC (11) beschäftigt (Abb. 2). Des Weiteren verfolgen acht Vorhaben die Methode der adaptiven Regelung. Sie adressieren insbesondere einzelne Komponenten des Energiesystems in Gebäuden. HIL und agentenbasierte Modellierung werden weniger häufig eingesetzt.
Zur Modellierung werden größtenteils Werkzeuge der künstlichen Intelligenz (KI) genutzt (neun Vorhaben). Verfahren des maschinellen Lernens, wie für neuronale Netze oder für die Mustererkennung bei Fehlererkennungsverfahren – fault detection and diagnosis –, stehen im Vordergrund.
Die Auswertung enthält auch die befragten Teilvorhaben, da bei ihnen der Einsatz verschiedener Technologien möglich ist.
Sowohl konventionelle als auch intelligente Technologien werden eingesetzt, um die Ziele einer Betriebsoptimierung erreichen zu können. Die Optimierungsziele variieren innerhalb der befragten Vorhaben. Zunächst wurden die teilnehmenden Vorhaben inklusive der Teilprojekte in Forschungsverbünden befragt, welche Energieströme im Fokus der Optimierung liegen. Die meisten Vorhaben (25) optimieren multimodale Systeme mit den Energieströmen Wärme, Kälte und Strom. Bei einigen werden ausschließlich Strom (ein Vorhaben) oder Wärme (vier Vorhaben) optimiert. Bei zwei Vorhaben liegt der Fokus auf der Luftverteilung.
Abb. 3 dokumentiert die Angaben von 27 Vorhaben (ohne Teilvorhaben) hinsichtlich der Wichtigkeit der verfolgten Optimierungsziele. Wie erwartet messen sie mehrheitlich der Energieeinsparung sowie der Steigerung der Wirtschaftlichkeit eine hohe Bedeutung bei. Der Einsatz von Betriebsoptimierungen zur Lebensdauererhöhung oder Komfortsteigerung stufen die Teilnehmenden als weniger wichtig ein. Als weitere Ziele nannten fünf Vorhaben die Netzdienlichkeit beziehungsweise eine erleichterte Einbindung von erneuerbarer Energie.

Bild: Fraunhofer IBP
Evaluation der Potenziale
Bei den überwiegend genannten Optimierungszielen, welche durch die Betriebsoptimierung mit smarten Technologien erreicht werden sollen, stellt sich die Frage, wie sich der Erfolg einer Maßnahme quantifizieren lässt. Eine in der Fachwelt anerkannte Methode zur Evaluation von Einsparmaßnahmen ist im International Performance Measurement & Verification Protocol (IPMVP) [16] beschrieben. Es definiert die Einsparung als Differenz zwischen Verbrauch im Referenzfall (Baseline) und Verbrauch im Berichtszeitraum unter Berücksichtigung von Anpassungen und nennt vier Methoden:
Aus den Angaben der Teilnehmenden zu der Frage, wie mögliche Einsparungen, die durch die Betriebsoptimierung erzielt werden, erfasst werden können, wurde eine Zuordnung der Optionen gemäß IPMVP vorgenommen. Während sieben Vorhaben keine Angaben zu möglichen Einsparpotenzialen gemacht haben, lassen sich zehn Projekte identifizieren, die Option C nutzen. Das bedeutet, sie vergleichen komplette Gebäude oder Quartiere real mit und ohne Optimierungsmaßnahme und nach Anpassung der Randbedingungen, zum Beispiel des Klimas.
Die Vorhaben, die Komponenten oder Einzelräume im Fokus haben, verwenden meistens Option A (sieben Vorhaben). Sie ermitteln häufig den Referenzfall durch einfache Berechnungen oder teilweise Simulationen. Die Ausnahme bilden vollständige Messungen im Referenz- und Realfall nach Option B (zwei Vorhaben) oder die vollständige kalibrierte Simulation (ein Vorhaben).
Literatur
[1] Europäisches Parlament, Schwerpunkte der Plenarsitzung vom 13. März bis 16. März 2023 – Straßburg: Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden: Klimaneutralität bis 2050. Verfügbar unter https://t1p.de/geb240260 (Zugriff am 5. Juli 2023)
[2] Europäisches Parlament, Bericht über den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Neufassung). Verfügbar unter https://t1p.de/geb240265 (Zugriff am 23. Februar 2024)
[3] M. Wigginton und J. Harris, Intelligent skins. Oxford: Architectural Press, 2002
[4] T. A. Nguyen und M. Aiello, „Energy intelligent buildings based on user activity: A survey“, Energy and Buildings, Jg. 56, S. 244–257, 2013, doi: 10.1016/
j.enbuild.2012.09.005
[5] D. Clements-Croome, Hg., Intelligent buildings: Design, management and operation. London: Telford, 2004
[6] J. Wong, H. Li und S. W. Wang, „Intelligent building research: a review“, Automation in Construction, Jg. 14, Nr. 1, S. 143–159, 2005, doi: 10.1016/j.autcon.2004.06.001
[7] D. Clements-Croome, Hg., Intelligent buildings: Design, management and operation, 2. Auflage. London: ICE Publ, 2013
[8] C. S. Kerr, „A review of the evidence on the importance of sensory design for intelligent buildings“, Intelligent Buildings International, Jg. 5, Nr. 4, S. 204–212, 2013, doi: 10.1080/17508975.2013.808982
[9] Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, Energiewende-Plattform Energienetze. Verfügbar unter https://t1p.de/geb240262 (Zugriff am 29. August 2019)
[10] H. Farhangi, „The path of the smart grid“, IEEE Power and Energy Magazine, Jg. 8, Nr. 1, S. 18–28, 2010, doi: 10.1109/MPE.2009.934876
[11] A. Chaudhari und P. Mulay, „A bibliometric survey on incremental clustering algorithm for electricity smart meter data analysis“, Iran J Comput Sci, Jg. 2, Nr. 4, S. 197–206, 2019, doi: 10.1007/s42044-019-00043-0
[12] How to build a Smart Building – Eine Case Study: Hammerbrooklyn.DigitalPavillon. Verfügbar unter https://t1p.de/geb240263 (Zugriff am 30. März 2023)
[13] Gebäudeautomation vs. Smart Building – Eliona | Eliona. Verfügbar unter
https://t1p.de/geb240264 (Zugriff am: 30. März 2023)
[14] B.-M. Pfeiffer und R. Dittmar, Modellbasierte prädiktive Regelung. München: De Gruyter, 2004
[15] J. Weyer und M. Roos, „Agentenbasierte Modellierung und Simulation“, TATuP, Jg. 26, Nr. 3, S. 11–16, 2017, doi: 10.14512/tatup.26.3.11
[16] IPMVP International Performance Measurement and Verification Protocol Volume III Part I: Concepts and Practices for Determining Energy Savings in New Construction, EVO 30000-1:2006, Efficiency Valuation Organization (EVO), 2006
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