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Verfassungsgericht prüft Klimaklagen

Die deutsche Klimapolitik steht erneut auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand. In einem bedeutenden Schritt hat das Bundesverfassungsgericht die Bundesregierung, den Bundestag und weitere zentrale Institutionen zur Stellungnahme zu den Klimaklagen von fünf führenden Umweltverbänden aufgefordert. Diese Entwicklung markiert einen potenziellen Wendepunkt im juristischen Ringen um effektiven Klimaschutz in Deutschland.

Klimaklagen nehmen wichtige Hürde

Die Verfassungsbeschwerden, eingereicht von Greenpeace, Germanwatch, dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND), dem Solarenergie-Förderverein Deutschland (SFV) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH), haben eine entscheidende Etappe erreicht. Unterstützt von über 54.000 Einzelpersonen, zielen die Klagen darauf ab, die nach Ansicht der Verbände unzureichende Klimapolitik der Bundesregierung zu korrigieren. Die Aufforderung zur Stellungnahme durch das Bundesverfassungsgericht signalisiert, dass die Richter in Karlsruhe die vorgebrachten Argumente und Anträge ernsthaft prüfen. Dies ist ein bedeutender Schritt, der die Hoffnungen der Umweltschützer auf einen juristischen Erfolg nährt.

Internationale Rechtsprechung stärkt Position der Kläger

Die Argumentation der Umweltverbände erhält zusätzliches Gewicht durch ein jüngst ergangenes Votum des Internationalen Gerichtshofs (IGH). Dieser stellte klar, dass alle Staaten zu schnellem und effektivem Klimaschutz verpflichtet sind, um Menschenrechte und Völkerrecht zu wahren. Diese internationale Rechtsprechung untermauert die Position der Kläger und könnte den Druck auf die deutsche Regierung erhöhen, ihre Klimaschutzbemühungen zu intensivieren.

Susanne Jung, Geschäftsführerin des SFV, betont die Bedeutung des IGH-Urteils: „Der IGH hat deutlich gemacht, dass sich die Klimapolitik rechtsverbindlich an 1,5 Grad orientieren muss, nicht an 2 Grad – und dass dafür viel schneller und ambitionierter gehandelt werden muss, als es Deutschland und die EU bisher tun.“ Verena Graichen, politische Geschäftsführerin des BUND, sieht in der Entscheidung des Verfassungsgerichts einen Hoffnungsschimmer: „Diese Zwischenentscheidung des Verfassungsgerichts macht uns große Hoffnung, dass das Gericht die neue Bundesregierung zu mehr Klimaschutz verpflichtet. Der verantwortungslose Kurs zurück ins fossile Zeitalter muss schnellstens beendet werden.“

Kernargumente der Klimaklagen

Die Kläger argumentieren, dass das Ziel- und Ambitionsniveau der deutschen Klimapolitik deutlich zu niedrig sei. Sie fordern, dass sich das Handeln der Regierung an der klimawissenschaftlich fundierten und rechtlich verankerten Grenze von maximal 1,5 Grad globaler Erderwärmung orientieren müsse.

Besonders kritisch sehen die Umweltverbände, dass das Deutschland zustehende „Treibhausgas-Budget“ bereits aufgebraucht und sogar überzogen sei. Zudem bemängeln sie, dass die jüngste Novelle des Klimaschutzgesetzes (KSG) es unwahrscheinlich mache, dass Deutschland selbst seine eigenen – als unambitioniert kritisierten – Klimaziele erreiche.

Die aufgeforderten Institutionen haben nun bis zum 15. Oktober 2025 Zeit, ihre Stellungnahmen einzureichen. Der weitere Verlauf des Verfahrens, einschließlich einer möglichen mündlichen Verhandlung, liegt im Ermessen des Bundesverfassungsgerichts. Die Verfassungsbeschwerde wird von Rechtsanwältin Franziska Heß und Felix Ekardt juristisch vertreten, die bereits 2018 eine erfolgreiche Klimaklage vor dem Bundesverfassungsgericht geführt hatten.

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Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Klimaklagen zur Stellungnahme anzunehmen, markiert einen wichtigen Meilenstein im juristischen Kampf für ambitionierten Klimaschutz in Deutschland. Sie unterstreicht die wachsende Bedeutung des Rechtswegs als Instrument zur Durchsetzung effektiver Klimaschutzmaßnahmen und könnte weitreichende Folgen für die deutsche Klimapolitik haben. Die kommenden Monate werden zeigen, ob das höchste deutsche Gericht erneut die Weichen für eine Verschärfung der Klimaschutzziele stellen wird.