Die österreichische Bundesregierung drängt mit einer Regelung im Elektrizitätswirtschaftsgesetz (ElWG) darauf, die Einspeisung von Solarstrom mit einem zusätzlichen Netzentgelt zu verhindern. Damit sollen die Netze entlastet und die Strompreise an der Börse auf einem höheren Niveau stabilisiert werden. Doch dieses Ansinnen hat auch negative Auswirkungen, wie eine aktuelle Studie der Energieberatung Enervis im Auftrag der österreichischen IG Wind zeigt.
Denn damit würde die einheimische Stromproduktion reduziert, was auf der anderen Seite die notwendigen Importe von Strom aus den Nachbarstaaten in Verbindung mit einem Kaufkraftabfluss ins Ausland erhöhen würde. „Die im ElWG geplanten Einspeisenetzentgelte für erneuerbare Stromerzeuger verteuern grundsätzlich die österreichische Erzeugung und machen dadurch Importe im Vergleich günstiger“, fasst Studienautor Thomas Rosenzopf zusammen. „Es findet eine Verdrängung der österreichischen Erzeugung durch Importe aus Nachbarmärkten statt.“
Importe kosten bis zu einer halben Milliarde Euro
Dieser Effekt ist umso größer, je höher die geplanten zusätzlichen Netzentgelte für Erzeuger ausfallen. Die Analysten von Enervis haben zwei Szenarien berechnet. Bei einem Netzentgelt von nur 50 Cent pro Megawattstunde im Jahr 2030 die Stromimporte um 700 Gigawattstunden zulegen. Bis 2035 würde sich dieser Wert auf 2,9 Terawattstunden erhöhen. Bei einer Netzgebühr von fünf Euro pro eingespeister Megawattstunde läge der Import schon 2030 um 2,3 Terawattstunden höher als ohne Österreich-Aufschlag. Diese Importmengen würden sich bis 2035 auf fünf Terawattstunden erhöhen.
Solarmarkt in Österreich bricht ein
Damit würden die österreichischen Haushalte und Unternehmen nach Berechnung des von Erneuerbare Energien Österreich (EEÖ) – bezogen auf den durchschnittlichen Börsenstrompreis des Jahres 2025 – 290 bis 490 Millionen Euro allein für zusätzliche Stromimporte bezahlen. Gleichzeitig würden die in Österreich installierten Ökostromanlagen durch die höheren Netzgebühren anteilig von Erzeugern aus Anrainerstaaten ohne Österreich-Aufschlag verdrängt, kritisiert EEÖ die Wettbewerbsverzerrung.
Weniger Investitionen in neue Anlagen
Dadurch würde die österreichische Solarstromproduktion im Jahr 2035 bei einem Österreich-Aufschlag von 50 Cent pro Megawattstunde rund sieben Prozent unter der liegen, die ohne Netzentgelte zu erwarten wäre. Bei einer Einspeisenetzgebühr von fünf Euro pro Megawattstunde läge die Stromproduktion aus österreichischen Solaranlagen sogar neun Prozent unter dem Referenzwert. Bei der Windkraft wäre der Effekt mit neun und 13 Prozent unter Referenzwert sogar noch größer.
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Ausbau von Solar- und Windkraft sinkt
Aufgrund der Marktverzerrung würde bei Einführung des Österreich-Aufschlags weniger in Kraftwerke investiert, warnen die Branchenvertreter – mit entsprechenden Auswirkungen auf die Wertschöpfung und den Wirtschaftsstandort in Österreich. Denn in diesem Fall würde die Leistung neuer Solaranlagen so ausgelegt, dass möglichst der gesamte Strom vor Ort genutzt werden könnte. Bei größeren Anlagen werden sich die geringeren Erlöse und Erzeugungsmengen auf die Zuschlagswerte bei Ausschreibungen auswirken. Es wären höhere Förderkosten für Ökostromprojekte notwendig.
Österreichs Solarbranche verlangt Planungssicherheit
Zusätzlich käme der Ausbau von Ökostromanlagen, die mit Stromlieferverträgen (PPA) finanziert werden, durch die Preisverzerrungen weitgehend zum Erliegen. Denn sie würden bei freien Übertragungskapazitäten aus den Nachbarländern sofort abgeregelt. Ein wirtschaftlich sinnvoller Zubau solcher Kapazitäten ohne explizite Förderung würde damit vermehrt ins Ausland verlagert werden, lautet die eindringliche Warnung aus der Branche.
Die gesamte „Kurzstudie zu den Effekten der Einführung von Netzentgelten für Einspeiser in Österreich“ finden Sie hier zum Download.