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Panasonic in Pilsen: Von der Unterhaltungselektronik zur Wärmewende

Es ist ein Stück Industriegeschichte, das sich in der westböhmischen Stadt Pilsen abspielt. Fast drei Jahrzehnte lang war Panasonic hier vor allem als Hersteller von Fernsehern bekannt: 1996 eröffnet, verließen von hier aus Millionen von Röhren-, Plasma- und später LCD-Geräten die Fabrikhallen. 40 Millionen Geräte insgesamt – ein Symbol für die Globalisierung der Unterhaltungselektronik.
Doch Anfang der 2020er-Jahre endete diese Ära. Inzwischen ist Pilsen wieder ein industrielles Zukunftszentrum, denn Panasonic hat die Weichen in Richtung Wärmepumpenproduktion neu gestellt – und damit auch den Standort zukunftsfähig gemacht. Wir sprechen mit den Panasonic-Managern José Alves, Regional Director DACH, UK and Republic of Ireland · Panasonic Heating & Cooling Solutions Europe,  und Enrique Vilamitjana, Managing Director Panasonic Heating & Cooling.

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Herr Vilamitjana, warum hat Panasonic beschlossen, die Wärmepumpenproduktion gerade in Pilsen anzusiedeln?

Enrique Vilamitjana: Der Standort ergab sich aus einer Kombination von Faktoren. Panasonic hat dort seit Langem eine Fabrik betrieben, die eng mit der Region verbunden ist. Bis 2021 wurden hier am Standort einige unserer Unterhaltungselektronik-Produkte gefertigt. Das wurde in eine andere Fabrik transferiert. Für uns war es naheliegend, diesen Standort zu transformieren, statt komplett neu aufzubauen. So konnten wir die Belegschaft von der Unterhaltungselektronik-Produktion zur Wärmepumpentechnologie mitnehmen. Hinzu kommt: Die Tschechische Republik verfügt über hochqualifizierte Fachkräfte, und die Produktion „Made in Europe“ ist ein wichtiger Wettbewerbsvorteil.

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Bedeutet das, dass viele ehemalige Beschäftigte für Unterhaltungselektronik heute Wärmepumpen herstellen?

Enrique Vilamitjana: Genau. Bis 2018 waren diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter noch zu 100 Prozent in der Produktion für unsere Unterhaltungselektroniksparte. Heute sind es ausgewiesene Fachkräfte für Wärmepumpen, die Innovationen vorantreiben. Für uns war das eine hervorragende Investition, die sich mehrfach ausgezahlt hat – sowohl für Panasonic als auch für die Region.

Manche Unternehmen zieht es wegen steuerlicher Vorteile nach Osteuropa. War das für Sie ein Argument?

Enrique Vilamitjana: Nein, Steuern spielten keine Rolle. Entscheidend war, dass Europa immer stärker Wert auf europäische Produktion legt – nicht nur politisch, sondern auch aus Verbrauchersicht. Ein bereits bestehendes Werk umzurüsten, war außerdem weitaus einfacher, als eine Fabrik neu aufzubauen.

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Herr Alves, Ihre Produktion ist stark automatisiert. Wie weit kann diese Automatisierung noch gehen?

José Alves: Wir sind derzeit etwa auf halbem Weg. Ursprünglich hatte man mit deutlich mehr Personal gerechnet, doch durch den technologischen Fortschritt konnte die Effizienz stark gesteigert werden. Automatisierung wird künftig noch tiefer greifen.

Herr Vilamitjana, welche Bedeutung hat der europäische Markt für Panasonic?

Enrique Vilamitjana: Eine entscheidende. Der Wärmepumpenmarkt ist für uns in erster Linie europäisch geprägt. Europa hat die Chance, Vorreiter bei Energieeinsparung und Gebäudetechnik zu sein. Dafür braucht es aber auch politische Rahmenbedingungen, die Innovation und Export ermöglichen – statt durch Überregulierung zu hemmen.

Panasonic hat bereits Ende der 1950er-Jahren Wärmepumpentechnologie entwickelt. Wie hat sich der Markt seither verändert?

Enrique Vilamitjana: Unsere Geschichte reicht weit zurück, damals waren wir einer der ersten Anbieter. Doch die Technologie konnte sich erst in den letzten Jahren wirklich durchsetzen. Heute sind Wärmepumpen ein Schlüsselfaktor der Energiewende.

Wie unterscheidet sich der Wärmepumpenmarkt in Japan von dem in Europa?

José Alves: In Japan ist er riesig – allerdings mit anderen Schwerpunkten. Dort werden Luft-zu-Luft-Wärmepumpen  - allgemein als Klimaanlagen bekannt - nicht nur zum Kühlen, sondern auch ganz selbstverständlich zum Heizen genutzt. Diese Entwicklung setzt sich auch hier in Europa immer mehr durch. Mittlerweile werden 81% der in Europa installierten Klimageräte auch zum Heizen genutzt, in Deutschland sind dies immerhin noch 69,8%, so die Analyse von Januar – Dezember 2024.

Die in Europa und Deutschland prominente Technologie fürs Heizen ist die Luft-Wasser-Wärmepumpe. Diese wird auch zur Erzeugung von warmem Brauchwasser zu Hause genutzt.
Nicht ganz so verbreitet, aber technisch durchaus praktikabel, ist auch die Nutzung von Luft-Wasser-Wärmepumpen zum Kühlen von Räumen.  Diese Vielfalt zeigt, dass die Technologie enorm flexibel ist.

Wohin steuert die Wärmepumpentechnologie insgesamt?

José Alves: Wir sehen das größte Potenzial der Luft-Wasser-Wärmepumpen darin, dass wir der „breiten Bevölkerung“ die Vorteile noch stärker ins Blickfeld bringen. Unser Ziel: Wärmepumpen, die auch ohne staatliche Förderung, für die meisten Haushalte attraktiv sind.

Gleichzeitig gewinnen große Anlagen für ganze Gebäude oder Wohnkomplexe an Bedeutung. Besonders spannend finde ich die sogenannten „Water-Loop-Wärmepumpen“. Damit lässt sich in bestehenden Wohnungen das Heizsystem so nachrüsten, dass es zugleich kühlen kann – was mit Blick auf steigende Temperaturen immer wichtiger wird.

Insgesamt glauben wir an die Wärmepumpe als einen wichtigen Bestandteil eines Gebäudes und der Energiewende – nicht, weil sie vorgeschrieben ist, sondern weil sie für die Menschen wirtschaftlich, zuverlässig und zukunftssicher ist. Eine Wärmepumpe ist dann erfolgreich, wenn sie zu einem fairen Preis angeschafft und über Jahrzehnte hinweg günstig und energieeffizient betrieben werden kann.

Die zentrale Herausforderung bleibt: den Menschen das volle Potenzial der Wärmepumpe bewusst zu machen.