Welches sind die zentralen Themen, an denen Sie im Forschungsinstitut für Wärmeforschung (FIW) im Moment bei Dämmung an Optimierung und neuen Lösungen forschen?
Das sind Recycling, Nachhaltigkeit und bessere Wärmeleitfähigkeit.
Das FIW hat sich auch mit dem Thema Aerogele beschäftigt. Sind das immer noch Nischenlösungen?
Ja, das sind Nischenlösungen, die aber vermehrt für verschiedene Anwendungen kommen. Aber es ist besser, Nischen zu behandeln, als dafür keine Lösungen zu haben. Da wo die Dämmstärke ein Problem ist, hat man früher nichts gemacht und jetzt kann man etwas tun.
Braucht man für Aerogele neue Ansätze, wie zum Beispiel Lösungen auf Basis von Lignin, zu denen geforscht wird?
Man forscht an verschiedenen Komponenten. Da es Industrieprojekte sind, darf ich dazu aber nichts sagen.
Ist es sinnvoll, bei Aerogelen an der Rohstoffschraube zu drehen, da sind ja ohnehin kaum Rohstoffe drin?
Das Problem bei den Aerogelen ist immer noch der immens große Energieaufwand bei der Herstellung. Da ist es schön, wenn man Alternativen findet, die energieeffizienter sind. Das ist eine wichtige Stellschraube. Außerdem geht es darum, in den Massenmarkt einzusteigen.
Bei den nachwachsenden Rohstoffen geht es im Moment bei Dämmung nicht wirklich zackig voran. Wo sehen Sie die Herausforderungen?
Das sehe ich anders. Holzfaser kann ihre Marktanteile absolut und relativ ausbauen, das ist gut. Es gibt dazu keine Marktzahlen, aber wir sehen bei WDVS eine zunehmende Anzahl von Gebäuden mit Holzfasern. Insgesamt ist das aber ein Anteil von deutlich unter 10 Prozent. Das finde ich auch nicht schlimm. Im Endeffekt spart jeder Dämmstoff Geld und Energie. Das ist ja in der jetzigen Zeit gleich wichtig.
Wie wichtig sind im Moment Ansätze, Materialien wie Holzschaum einzusetzen? Da gab es ja einige Projekte…
Da hat man Fortschritte gemacht, aber die Relevanz ist noch überschaubar.
Stroh und Hanf gewinnen Bedeutung. Wie sehen sie deren Chancen?
Sie gewinnen an Relevanz, werden aber weiterhin die Nische sein. Wir werden bei allen nachwachsenden Rohstoffen nie die Kapazitäten haben, um die traditionellen Dämmstoffe zu verdrängen. Ich bin davon überzeugt, dass wir alle Dämmstoffe brauchen. Es gibt Punkte wie Brand oder Schall, die man bei den Einsatzfeldern berücksichtigen muss, es geht ja nicht nur um die Energieeffizienz.
Bringt das Thema Ökobilanzierung bei den Dämmstoffen etwas in Bewegung?
Das Thema Ökobilanzierung wird stärker beleuchtet. De facto ist es so, dass bei der Gesamtbilanz eines Gebäudes der Dämmstoff Energie aufwendet, aber als einer der wenigen Stoffe im Gebäude über den Lebenszyklus Energie einspart. Die energetische Amortisation ist bei den Dämmstoffen unterschiedlich, aber in Summe spart man deutlich Energie und Treibhausgase.
Wo sehen Sie Optimierungspotenzial bei klassischen Dämmstoffen wie EPS, zum Beispiel durch Biomassebilanzierung?
Das ist ein Thema, das kommt und an dem die Industrie heftig arbeitet. Man muss es tun, aber es ist nicht so, dass man das bislang nicht getan hätte. Es rückt nur mehr in den Fokus, alle Dämmstoffhersteller sind in dieser Richtung unterwegs.
Wo ist bei der Ökobilanz von Mineralwolle Optimierungspotenzial bei Wiederverwendung und Rückbau?
Das ist generell bei allen Dämmstoffen ein Thema, aber nicht nur bei den Dämmstoffen, sondern bei allen Baumaterialien. Das ist in der Vergangenheit stiefmütterlich behandelt worden. Am Bau gibt es viele Verbundwerkstoffe, es wird vieles verklebt, damit muss man sich auseinandersetzen. Das ist aber kein Dämmstoffthema, sondern ein allgemeines Thema am Bau, wir benötigen Lösungen, auch für Fliesen und Böden. Es wird gerne auf dem Dämmstoff rumgehackt. Auch Heizungsrohre werden ausgeschäumt. Ich finde das Thema sehr relevant, jedoch für alle am Bau beteiligten Gewerke.
Für EPS gibt es Creasolv als Verfahren für den Rückbau, wie sieht es da bei Mineralwolle aus?
Für Steinwolle gibt es ein gutes Konzept für die Wiederverwendung, Glaswolle arbeitet auch daran. Im Moment ist das Problem aber, dass wir noch keine großen Rückbaumengen haben. Es gibt Lösungen, aber die sind wirtschaftlich noch nicht abbildbar.
Das Gespräch führte Pia Grund-Ludwig.