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Energetische Sanierung im bewohnten Zustand

Warme Wände

Insbesondere bei der Sanierung von Bestandsbauten und denkmalgeschützten Gebäuden ermöglicht die Bauteilaktivierung eine energetische Optimierung des gesamten Gebäudes. Denkmalgeschützte Gebäude und Fassaden erfordern eine behutsame und ressourcenschonende Modernisierung. Durch den Einbau moderner Heizungssysteme kann der Gebäudebestand energieeffizient und ressourcenschonend saniert, instandgesetzt und ertüchtigt werden. Somit sind die klimapolitischen Ziele der Bundesregierung hinsichtlich der Energieeffizienz und des ressourcenschonenden Einsatzes und Umgangs mit Energien in großen Maßen erfüllt.

Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen und des Primärenergiebedarfs von Bestandsgebäuden soll überwiegend durch die Nutzung regenerativer Energiequellen erfolgen. Der Endenergiebedarf wird gesenkt, indem geringere Innenraumlufttemperaturen bei gleichbleibender operativer Raumtemperatur angestrebt werden. Das geschieht durch die Anhebung der Oberflächentemperaturen des Raumes. Um einen Raum zu beheizen, kann entweder das Medium Luft direkt aufgeheizt werden oder über den Strahlungsaustausch mit wärmeren Oberflächen ein behagliches Klima hergestellt werden (Abb. 1). Die thermische Außenwandaktivierung erwirkt dadurch einen deutlich positiven Einfluss auf die Behaglichkeit.

Die Methode der Bauteilaktivierung

Bei der thermischen Bauteilaktivierung werden die Außenwände des Gebäudes als wärmeübertragendes Medium genutzt. Die Wände werden mit einer geringen Vorlauftemperatur beheizt, was für die Energieversorgung den Einsatz von Wärmepumpen und dadurch die Nutzung von Geothermie oder Solarthermie begünstigt und effizient umsetzbar macht.

Die Außenwandtemperierung stellt somit eine effiziente Schnittstelle für die Nutzung von Niedertemperatur dar. Darüber hinaus ermöglicht diese Methode den Verzicht auf eine Außendämmung und schützt damit den Gebäudebestand, was insbesondere bei denkmalgeschützten Fassaden von Gebäuden von zentraler Bedeutung ist.

Die Taupunkttemperatur wird an und in der Wand nicht unterschritten, wodurch die feuchte Raumluft an der Außenwand, den Fugen und zu angrenzenden Flächen nicht kondensiert, was einer Schimmelbildung sowie eine Schädigung der Bausubstanz erfolgreich vorbeugt. Eine trockene Wand minimiert zusätzlich die Wärmeleitfähigkeit, was einen besseren U-Wert nach sich zieht. Zusätzlich kann die Methode in den Sommermonaten bei langanhaltenden Hitzeperioden als passive Kühlung fungieren. Wird Geothermie als Primärenergiequelle genutzt, können die über Rohrleitungen an die Wand abgegebenen inneren Lasten als Wärme das Erdreich im Sommer thermisch regenerieren.

Das Prinzip der thermischen Bauteilaktivierung

Für die Methode eignen sich Bestandsgebäude mit massiven, mehr als 38 Zentimeter dicken Außenwänden, die meist vor 1930 gebaut wurden. An der Innenseite werden circa acht Zentimeter tiefe Schlitze gezogen, in die sich Heizungsrohre mit 20 Millimeter Nenndurchmesser (DN20) verlegen lassen. Durch die Verlegung von Leitungen in den Außenwänden wird Wärme direkt an das Bauteil abgegeben, wodurch der Raum über die temperierten Wandflächen beheizt wird.

Das Heizungswasser zirkuliert in den in den Bauteilen integrierten Rohrleitungen (Abb. 2). Um den Wärmestrom in den Raum zu lenken und Wärmeverluste nach außen zu vermeiden, wird hinter den Heizungsrohren in der Außenwand eine Dämmung eingelegt. Die Hohlräume werden mit einem Füllmaterial überdeckt. Abb. 3 zeigt die Leitungsführung in der Wand und zum Wärmeerzeuger. Bei der Anbindung wurde darauf geachtet, dass beide Seiten rechts und links vom Fenster hydraulisch abgeglichen sind (Tichelmann-Prinzip).

Die Materialien für die Bauteilaktivierung

Bei der thermischen Bauteilaktivierung spielen die verwendeten Materialien eine große Rolle. Durch die Verwendung von optimal geeigneten wärmeübertragenden Materialien kann die Leistung der Temperierung, die Behaglichkeit im Raum sowie die gesamte Energieeffizienz des Gebäudes spürbar verbessert werden. So müssen die Rohre für die Leitung in der Außenwand besondere Anforderungen erfüllen und eine hohe Lebensdauer sowie Sauerstoffdichtheit aufweisen.

Generell haben Metalle im Vergleich zu Kunststoffen eine höhere Wärmeleitfähigkeit. Die Metallrohre sind jedoch aufgrund ihrer Kristallstruktur wenig elastisch. Dadurch erfordern sie zahlreiche Verbindungsstücke, die langfristig ein Risiko für Undichtigkeiten darstellen (Abb. 4).

Unter den Kunststoffen zeigen die peroxidisch vernetzten Polyethylene (PF-Xa) sehr gute thermische und physikalische Eigenschaften: eine hohe Flexibilität, Sauerstoffdichtigkeit, eine geringe Dichte und eine hohe Temperaturbeständigkeit sowie Widerstandsfähigkeit gegen Spannrissbildung. Aufgrund der peroxidischen Vernetzung ist der Polyethylen dauerelastisch und sehr widerstandsfähig. Außerdem sind die PE-Xa-Rohre unter dem Aspekt der Ökobilanz für thermisch aktive Bauteile sehr gut geeignet (EIP99 < 0,1) [1].

Durch die integrierte Dämmebene können Wärmebedarf sowie Treibgasemissionen deutlich reduziert werden. Die besten thermischen und physikalischen Eigenschaften zeigen unter anderem die Elastomere. Sie können sich bei Zug- und Druckbelastung verformen, nehmen danach aber wieder ihre ursprüngliche Form an. Dank ihrer Mikrozellstruktur lassen sie sich gut schneiden und sind zudem wasserabweisend. Wegen des wiederverwendbaren Rohstoffs eignen sich Elastomere nach ihrer Lebensdauer zur Herstellung von originären und neuen hochwertigen Produkten und sind damit ressourcenschonend und umweltfreundlich [2]. Die Tabelle in Abb. 5 zeigt die physikalischen und thermischen Eigenschaften für eine im Forschungsprojekt „Energieeffiziente Modernisierung von Bestandsquartieren als modulare Instandsetzungsverfahren“
(EffTecSo-modIn [3]) ausgewählte Materialkombination [4] [5].

Die Heizlastabdeckung

Durch die Rohrleitungen wird die Wärme an die Umgebung abgegeben: an die Raumluft sowie umgebende Bauteile. Ist der Anteil der durch die Rohre abgegebenen Wärme hoch, kann dies die Berechnung der Heizkosten erheblich beeinflussen. Räume, durch die solche Rohrleitungen führen, profitieren großenteils von der abgegebenen Wärme und müssen daher weniger oder gar nicht zusätzlich über Heizkörper beheizt werden.

Die Ergebnisse von EffTecSo-modIn zeigen: Die Außenwandaktivierung reicht aus, um den Energiebedarf in einem Raum eines klassischen Altbaus in Deutschland komplett zu decken. Bei einer mittleren Außenlufttemperatur von circa minus fünf Grad Celsius wird keine zusätzliche Heizung benötigt, um eine Innenlufttemperatur von 18 bis 20 Grad Celsius aufrechtzuhalten (Abb. 6).

Literatur

[1] EIP99 (Eco-indicator pp-Punkte) nach Klempkes, C., S. 25: Klempkes, Christoph et al.: Energetische Bewertung thermisch aktiver Bauteile. Dynamisch thermische Simulation, messtechnische Validation, vereinfachte Bewertungsansätze. Forschungsbericht. Stuttgart: Frauenhofer IRB Verlag, 2009

[2] Geisler, H., Klie, B.: Elastomer-Recycling („Devulkanisation“), Deutsches Institut für Kautschuktechnologie, https://t1p.de/GEB251060, Stand: 21.10.2025

[3] FuE-Projekt EffTecSo-ModIn: https://t1p.de/GEB251061, Stand: 21.10.2025

[4] Technische Daten Rautherm S, https://t1p.de/GEB251062, Stand: 16.04.2024

[5] Technische Daten AF/Armaflex, https://t1p.de/GEB251063, Stand: 16.04.2024

1 Vergleich von Konvektionsheizung (links) und Flächenheizung (Mitte) mit entsprechendem Behaglichkeitsdiagramm (rechts)

Bild: Bantec

1 Vergleich von Konvektionsheizung (links) und Flächenheizung (Mitte) mit entsprechendem Behaglichkeitsdiagramm (rechts)
2 Bauteile der Außenwand im Forschungsprojekt EffTecSo-modIn: links ohne und rechts mit Wandaktivierung

Bild: Bantec/EffTecSo-modIn

2 Bauteile der Außenwand im Forschungsprojekt EffTecSo-modIn: links ohne und rechts mit Wandaktivierung
3 Leitungsführung in der Versuchswohnung des Forschungsprojekts EffTecSo-modIn

Bild: Bantec

3 Leitungsführung in der Versuchswohnung des Forschungsprojekts EffTecSo-modIn
4 Leitungsführung für die Bauteil­aktivierung: links ­schematisch und rechts realisiert

Bild: Bantec

4 Leitungsführung für die Bauteil­aktivierung: links ­schematisch und rechts realisiert
5 Materialien für die Außenwandaktivierung mit ihren physikalischen Eigenschaften und Kosten

5 Materialien für die Außenwandaktivierung mit ihren physikalischen Eigenschaften und Kosten
6 Ergebnisübersicht der Simulationen im Forschungsprojekt EffTecSo-modIn zu der realisierten Leitungsführung mit Hinweisen zur Heizlastdeckung und Zusatzleistung

6 Ergebnisübersicht der Simulationen im Forschungsprojekt EffTecSo-modIn zu der realisierten Leitungsführung mit Hinweisen zur Heizlastdeckung und Zusatzleistung

Lesetipp

Das Buch Bauteilaktivierung – Gebäudehüllen nutzen liefert praxisnahe Lösungen und detaillierte Beschreibungen zur modularen Umsetzung der energieeffizienten Altbausanierung, hilft, den Gebäudebestand zu schützen und die klimapolitischen Ziele im Rahmen der aktuellen Energiewende zu erfüllen.

Das Buch erläutert die Umsetzung der Außenwandaktivierung und zeigt praxisorientierte Lösungen auf. Dank der Zusammenarbeit mit renommierten Partnern wie der Berliner Hochschule für Technik, dem IREES Institut für Ressourceneffizienz und Energiestrategien, der Postbaugenossenschaft München und Oberbayern sowie dem Fraunhofer IRB bietet es fundiertes Wissen und praxisnahe Ansätze.

Katja Biek (Hrsg.): Bauteilaktivierung – Gebäudehüllen nutzen. Kostenoptimierte und energieeffiziente Altbausanierung. Fraunhofer IRB (2024), ISBN: 978-3-7388-0984-8

Professorin Katja Biek
ist geschäftsführende Gesellschafterin des Architektur- und Ingenieurbüros Bantec in Berlin. Sie lehrte an der Berliner Hochschule für Technik die Fachgebiete Heizung- und Sanitärtechnik, Projekt- und Ressourcenmanagement sowie Bauen im Bestand.

Bild: Bantec

Maria Kuzminskaia
hat Materialwissenschaft an der RWTH-Aachen studiert. Bei Bantec arbeitet sie im Forschungsbereich. Sie unterstützt bei aktuellen Forschungsprojekten mit der Auswertung von Ergebnissen und dem Erstellen und Verfassen von Berichten und wissenschaftlichen Artikeln.

Bild: Maria Kuzminskaia

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