Die Windenergie in Deutschland verzeichnet einen deutlichen Aufschwung: Mit 7,8 Gigawatt genehmigter Leistung wurde im ersten Halbjahr 2025 ein neuer Rekordwert erreicht. In den ersten sechs Monaten 2025 gingen 409 Windenergieanlagen (WEA) an Land mit einer Gesamtleistung von 2,2 Gigawatt ans Netz - der höchste Wert seit 2017. Die Inbetriebnahmen stiegen damit im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 67 Prozent. Die durchschnittliche Genehmigungsdauer verkürzte sich auf 18 Monate, was einer Verbesserung von mehr als 20 Prozent gegenüber 2024 entspricht.
Lesen Sie hier eine Analyse der jüngsten Ausschreibungsergebnisse.
Neugenehmigungen übertrafen den Vergleichszeitraum des Vorjahres um 55 Prozent
Diese Daten basieren auf einer Analyse der Fachagentur Wind und Solar, die im Auftrag des Bundesverbands Windenergie (BWE) und des VDMA Power Systems durchgeführt wurde. Für die Fachagentur stellte Jürgen Quentin die Zahlen vor und erklärte bezüglich neuer Genehmigungen: „Es ist mit großem Abstand das meiste an Windenergieleistung, das in einem ersten Halbjahr bislang in Deutschland erteilt wurde. Auch gegenüber dem letzten Jahr – da waren wir schon bei 5.000 Megawatt, auch das war bereits ein sehr guter Wert für das erste Halbjahr - haben wir jetzt noch mal eine Steigerung um 55 Prozent erlebt in diesem ersten Halbjahr.“
600 MW: Bayern mischt wieder mit
Bezüglich der Bundesländer, in denen besonders viele Genehmigungen erteilt wurden, erklärte Quentin: „Schauen wir uns die regionale Verteilung an: mit großem Abstand an erster Stelle steht hier Nordrhein-Westfalen, wo 2677 Megawatt genehmigt wurden. Das ist bereits das dritte Jahr in Folge, dass NRW bei den Genehmigungszahlen die Nase vorn hat.“ Der Unterschied zum zweitplatzierten Niedersachsen betrage fast 1.000 Megawatt. Ebenfalls erwähnenswert sei, dass in diesem Halbjahr Bayern an dritter Stelle steht - mit knapp 600 Megawatt. „Das ist insofern erfreulich, als in Bayern in der Vergangenheit bei der Windenergie nicht allzu viel passiert ist, aber jetzt in diesem Jahr geht es auch dort mit großen Schritten voran. Diese 600 Megawatt sind jetzt schon mehr genehmigte Leistung, als was in Bayern im gesamten letzten Jahr dort erteilt wurde.“
Erfahren Sie hier mehr über die Stimmung in der Windbranche.
Auch beim Bruttozubau sieht es gut aus für die Windenergie. „Wir haben im ersten Halbjahr 2.200 Megawatt, die mit neuen Windenergieanlagen ans Netz gegangen sind.“ Das sei immerhin eine Steigerung um zwei Drittel gegenüber dem letzten Jahr. „Das erste Halbjahr ist beim Bruttozubau das beste seit dem Jahr 2017.“ Insgesamt sind Deutschland rund 28.900 Anlagen installiert, die sich derzeit drehen mit 63,5 Gigawatt.
Fast 10.000 Anlagen seien bereits aus der EEG-Förderung gefallen, also älter als 20 Jahr. Auf viele dieser Anlagen kommt ein Repowering zu, also der Ersatz durch neue Anlage. Im ersten Halbjahr lag die Repoweringquote wie im Vorjahr bei 35 Prozent.
„Ob wir wirklich am Ziel ankommen, das ist noch nicht sicher“
Bärbel Heidebroek, Präsidentin Bundesverband Windenergie BWE, richtete den Blick auf mögliche politische Hürden. Metaphorisch erklärte sie: „Die Tickets sind verkauft, der Zug steht am Gleis. Wir sitzen im Zug, aber ob wir wirklich am Ziel ankommen, das ist noch nicht sicher.“ Sie lobte die guten Zahlen bei Genehmigungen und Installationen, fügte aber auch an: „Wenn wir aber auf die Ziele gucken, die wir brauchen, um die Klimaneutralität zu erreichen, die bei 10 Gigawatt pro Jahr liegen, dann merken wir, dass wir hier durchaus noch hinterherhinken.“
Lesen Sie hier, warum die Windenergie weniger Flächen braucht als Golfspieler.
Bremsklötze gibt es reichlich. „Die Bundesregierung hat jetzt ein Monitoring in Auftrag gegeben, wo sie feststellen will, wie viel Strom wir brauchen. Und da ist es ganz wichtig, dass wir hier von den richtigen Annahmen ausgehen“, so Heidebroek. Sie spielt damit auf Wirtschaftsministerin Katherina Reiche an, die hier einen „Realitätscheck“ will. Befürchtet wird von der Branche, dass Reiche einen Vorwand sucht, um die Erneuerbaren auszubremsen. Tatsächlich hatte konservative Wirtschaftsminister wie Peter Altmaier hier immer verkehrt gelegten. Der Strombedarf wächst im Sinne einer zunehmend elektrifizierten Wärme/Kälte und Mobilität, sowie wachsender Digitalisierung. Entsprechend betont Heidebroek, dass ein Festhalten an den Ausbauzielen elementar für die Investitionssicherheit beim weiteren Windausbau ist.
Als weitere wichtige Punkte nannte sie die weitere Ausweisung von Flächen für die Windkraft, die fortgesetzte Genehmigungsbeschleunigung und die Finanzierung: „Wir brauchen gesicherte Finanzierungsbedingungen, wir brauchen Bankability bei den Projekten.“ Außerdem die Netze: „Wir haben Versäumnisse beim Netzausbau. Wir waren da zu langsam. Das darf aber nicht dazu führen, dass wir jetzt die erneuerbaren Energien ausbremsen. Wir müssen dafür sorgen, dass unsere Netze deutlich intelligenter werden.“
Die Windindustrie kann liefern
Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems, ging auf die Windindustrie ein: „Kann die Windindustrie überhaupt liefern? Unsere Antwort ist hier, ja, sie kann.“ Auch bei der dynamischen Marktentwicklung sei die Branche in der Lage, ihre Produktionskapazitäten auszuweiten. Damit das gelingt, brauche es aber verlässliche politische Rahmenbedingungen und klare Ausbaupfade.
Die Lieferkette sei vorhanden in Europa, die Produktionskapazitäten seien da. Fertigungskapazitäten würden hochgefahren, über die Fundamente, über die Kabel, über die Turbinen selbst, über Netztechnologien, alles das werde in Europa hochgefahren an Produktionskapazität. Laut europäischem Windenergieverband Wind Europe hat die europäische Lieferkette in den vergangenen zwei Jahren Investitionen in Höhe von 13 Milliarden Euro angekündigt. In diesem Jahr seien die bereitgestellten Produktionskapazitäten noch nicht voll ausgelastet. „Die Skalierung ist möglich, wenn die Rahmenbedingungen passen und wenn ein verlässlicher Markt vorhanden ist.“
Abonnieren Sie unseren Youtube-Kanal und Sie sind gut informiert.
Mit Blick auf Deutschland in Europa betonte Rendschmidt: „Wir haben eine doppelte Schlüsselrolle. Wir sind einerseits der führende Markt mit der höchsten installierten Kapazität und dem höchsten Ausbau, aber wir sind eben auch der wichtigste Produktionsstandort und das Zentrum für die Entwicklung und das Know-how für Windenergieanlagen und die Kernkomponenten. Das heißt, der Ausbau hier bei uns in Deutschland stärkt eben auch die industrielle Wertschöpfung entlang der gesamten Lieferkette und verleiht dem Standort in Europa wirtschaftlichen Auftrieb. Das ist eine Rolle als Leitmarkt und Produktionsstandort, die wir aus unserer Sicht gestärkt sehen sollten.“

FA Wind und Sonne