Königsmacher verhelfen jemand anderen zur Macht. Und weil Energieberatende ihre Kund:innen dabei unterstützen, über ihren eigenen Energiever- und -gebrauch entscheiden zu können, nennt Martin Schöpe sie Königsmacher. So jedenfalls beschrieb der Rechtsreferent vom Bundeswirtschaftsministerium die Anwesenden beim Energieberatertag am 5. März 2024. Bei seinem Vortrag wurde allerdings auch deutlich, dass sich die Königsmacher in Deutschland schwertun, was weniger mit politischen Widerständen zu tun hat als mit den vielfältigen Bestimmungen des Gebäudeenergiegesetzes und der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG).
Das zeigte sich nicht nur bei den Wortmeldungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die sich über immer wieder neue Förderbestimmungen beklagten oder die Schwierigkeiten bei der Antragsabwicklung, sondern auch beim Vortrag von Jan-Felix Mogk. Für seine Beschreibung des Antragsprozesses und der aktuellen Neuerungen sowie seine Hinweise zur Antragsstellung hatte der BEG-Referatsleiter beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) 16 Folien angefertigt. Sie stellen das gesamte Dilemma dar, in dem sich Energieberaterinnen und Energieberater derzeit befinden und die ein Teilnehmer am Mikrofon so formulierte: „Ich sehe mich trotz meiner 20 Jahre Erfahrung nicht in der Lage, beispielsweise eine Wohneigentümergemeinschaft zu beraten.“
Eigentlich sollen die Gebäudeenergiexpert:innen ihre Kundschaft darüber beraten, wie sie die Energieeffizienz in ihren Zuhause steigern können. Doch ein Großteil ihrer Arbeitszeit geht drauf, sich mit Formalien herumzuschlagen und sich bei den Förderbedingungen auf dem Laufenden zu halten. Klaus Lambrecht vertrat seine Rolle über die des Organisators, Moderators und Leiters des Energieberatertags hinaus als die eines Motivators: „Die Fördersituation derzeit ist exzellent. Gehen Sie mit der Information raus zu ihren Kunden.“ So gesehen boten die Vorträge der anwesenden Vertreter:innen von Bafa und KfW einiges an wertvollen Informationen für die berufliche Praxis. Und sie scheuten sich nicht, sich den kritischen Fragen der Anwesenden zu stellen.
Wohnwert schaffen
Lambrecht ist es zu verdanken, mit Suffizienz ein Thema in die Diskussion gebracht zu haben, das künftig eine wichtige Rolle in der Beratungspraxis spielen könnte. Denn in Deutschland steht viel Wohnraum leer, weil das ursprünglich für eine Familie konzipierte Gebäude nach dem Auszug der Kinder teilweise ungenutzt bleibt. Die Thematik wiegt umso schwerer als Ein- und Zweifamilienhäuser einen doppelt so hohen Heiz- und Kühlbedarf und einen höheren Ressourcenverbrauch sowohl im Bau wie im Betrieb sowie doppelt so hohen Erschließungsaufwand und einen siebenfachen Flächenverbrauch mit sich bringen, wie Themenleiter Lars-Arvid Brischke vom ifeu-Institut in seinem Vortrag erläuterte.
Als allgemeine Hemmnisse für eine optimale Wohnraumnutzung hat er unter anderem in seinen Untersuchungen mangelndes Problembewusstsein, keine vorausschauende Planung der Wohnsituation und den hohen Sanierungsaufwand bei gleichzeitig fehlenden Mitteln zum Umbau ausgemacht. Aus seinen Erkenntnissen hat er das Beratungsmodul „Wohnen nach Maß“ entwickelt. Es soll helfen, dass Wohnraum künftig an die Lebensphase und das Alter der Bewohner;innen angepasst genutzt und in seiner energetischen Qualität verbessert werden kann. Auch den Vorschlag für ein Förderprogramm „Umbau und Sanierung des Nachfamilien-Hauses“ stellte er vor.
In der sich anschließenden Podiumsdiskussion zeigte sich, dass die eingeladenen Verbandsvertreter:innen in den Ansätzen zwar einen wertvollen und wichtigen Beitrag zu den künftigen Perspektiven der Energieberatung sehen, die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Energieberatertags sich derzeit aber mehr Sorgen über die aktuell gültigen gesetzlichen Rahmenbedingungen machen. Doch der Gedanke, mit der energetischen Sanierung das altersgerechte Wohnen zu einem Geschäftsmodell zu entwickeln, könnte der Energieberatung tatsächlich künftig neue Perspektiven eröffnen – und Energieberatenden helfen, weiterhin Königsmacher zu sein.