Die Forscher:innen der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geotechnologien (IEG) untersuchen die ganzjährige Nutzung von Oberflächengewässern wie Seen und Flüssen für die Wärmeversorgung. Dazu haben sie im Rahmen des Projekts Aqva-Heat III ein integriertes System entwickelt, das diese Gewässer als Wärmequelle für Wärmepumpen nutzt.
Basis ist ein Vakuum-Flüsssigeis-Erzeuger (VFE). Dieser zieht sich das Wasser aus dem See oder Fluss an. Diesem Wasser wird über eine Direktverdampfung Energie entzogen und es fließt als Flüssigeis zurück ins Gewässer. Das verdampfte Wasser steigt im VFE nach oben und wird über einen Turboverdichter auf konstante zwölf Grad Celsius weiter erwärmt. Dieses erwärmte Wasser dient als Wärmequelle für eine klassische zweistufige Wärmepumpe. Diese hebt die Temperatur weiter von zwölf auf bis zu 90 Grad Celsius an.
Ganzjähriger Betrieb möglich
Das Fluss- oder Seewasser kann für das System ab einer Temperatur von null Grad Celsius genutzt werden. Da diese Temperatur unterhalb der Gewässeroberfläche selbst an kalten Wintertagen nicht unterschritten wird, kann das System ganzjährig betrieben werden. Ein weiterer Vorteil ist die Nutzung des natürlichen, ungiftigen, nicht brennbaren und preiswerten Kältemittels Wasser, welches durch seine hohe Energiedichte – im Unterschied zu herkömmlichen Wärmepumpen – auch kleinere Gewässer erschließen kann.
Bis in den Megawattbereich skalieren
Zudem ist eine Skalierung des Gesamtsystems von 100 Kilowatt thermischer Leistung bis in den Megawattbereich möglich. Durch die Nutzung der Direktverdampfung ist die benötigte Menge an Flusswasser und die eingesetzte Strommenge sehr gering, teilen die Forscher:innen des Fraunhofer IEG mit. Sie erproben dieses System derzeit gemeinsam mit den Stadtwerken Zittau. Der Plan ist es, die erzeugte Wärme in das Netz der Stadt in der sächsischen Oberlausitz einzuspeisen.
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Wärmepumpe speziell entwickelt
Bis es so weit ist, dauert es noch ein paar Monate. Denn jüngst wurde die Wärmepumpe vom Hersteller im dänischen Aarhus übernommen. Diese haben die Wissenschaftler:innen des Fraunhofer IEG selbst konzipiert. Zentrale Merkmale sind eine zweistufige Auslegung mit einem hohen Temperaturhub von zwölf auf 90 Grad Celsius sowie der Einsatz von Ammoniak als einem natürlichen Kältemittel. Außerdem erfüllt die Wärmepumpe die umfassenden Brandschutz- und Sicherheitsanforderungen, die für die Aufstellung in einer Halle der Stadtwerke Zittau gelten.
Gewässerökologie beobachten
Im nächsten Schritt untersucht das Projektteam nach der Inbetriebnahme der Wärmepumpe die gewässerökologischen Folgen der Nutzung von Oberflächengewässern. Schließlich wird durch das System sehr kaltes Wasser in den Fluss zurückgeführt. Dazu simulieren die Forscher:innen verschiedene Varianten der Wasserentnahme und Wasserrückführung und prüfen diese danach auch experimentell. „Die Kernleistung von Aqva-Heat III liegt in der nahtlosen Verknüpfung von Auslegung, automatisierter Steuerung und Feldmessung. So wird eine robuste, skalierbare Lösung für die Wärmeversorgung aus Wasser möglich“, erklärt Clemens Schneider, Projektleiter am Fraunhofer IEG, das Ziel. „Durch die enge Verzahnung aller Komponenten schaffen wir belastbare Grundlagen für eine breit nutzbare Nah- und Fernwärmeinfrastruktur – und liefern praxisnahe Erkenntnisse für Planer und Betreiber“, sagt er.