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Sanierung in Höchstgeschwindigkeit

Es gebe zu wenige Lösungsansätze für den energetisch schlechten Gebäudebestand, sagt Frank Hettler, Bereichsleiter beim Informationsprogramm Zukunft Altbau, das Hauseigentümer in Sachen energetische Sanierung berät. „Viele Leute arrangieren sich nur mit Einzelmaßnahmen, wir brauchen aber Konzepte, die das ganze Thema insgesamt voranbringen.“

Eine Lösung könnte der so genannte Sanierungssprint sein. Mit dem Konzept, das Bauingenieur Ronald Meyer entwickelt hat, soll eine energetische Sanierung in gerade mal 22 Werktagen gelingen. Es wurde für Ein- und Zweifamilienhäuser entwickelt und umfasst die Sanierung von Innen- und Außenflächen.

Solche Arbeiten innerhalb von Wochen statt Monaten zu erledigen, könne für manche Leute ein Befreiungsschlag sein, erklärt Hettler im Podcast. Schließlich möchte niemand Dauerbaustellen mit langfristiger Belästigung der Bewohner und Nachbarn. „Eine kurze Bauzeit sorgt für schnellere Ergebnisse“, sagt Hettler. Und für Bauherren bedeute ein solches Konzept Planungssicherheit.

Gewerke arbeiten gleichzeitig

Um Gebäude im Höchsttempo energetisch zu sanieren, setzt das Konzept auf mehrere Hebel. Einer davon ist eine gute Vorplanung. „Man braucht einen gewissen Vorlauf – in der Regel drei bis vier Monate“, berichtet Hettler. In dieser Zeit finden Ausschreibung und Vergabe statt sowie die Klärung von grundlegenden Fragen. „Man muss wissen, was bis wann angeschoben und entschieden werden muss“, so Hettler.

Ein weiterer wichtiger Faktor für den Sanierungsturbo: Die Gewerke arbeiten nebeneinander auf der Baustelle, nicht nacheinander wie im herkömmlichen Fließbandprinzip. Es gehe darum, viele Handwerker gleichzeitig auf der Baustelle zu haben, die gemeinsam kooperativ ein Ziel verfolgen, so Hettler. Statt tagelang auf die nächste Bauetappe zu warten, übernehmen Teams nahtlos voneinander – oder arbeiten parallel in unterschiedlichen Bereichen des Hauses. Ein solches Vorgehen sei zwar ungewöhnlich. „Aber es funktioniert in der Praxis, wenn es richtig gemacht wird“, berichtet Hettler.

Frank Hettler

Zukunft Altbau / Fotograf: Martin Stollberg

Frank Hettler

Wie der Sanierungssprint gelingen kann, zeigen erste Projekte, die vor kurzem in Baden-Württemberg abgeschlossen wurden und in die Zukunft Altbau involviert war. In Esslingen-Berkheim sowie Stuttgart-Bad-Cannstadt wurden Einfamilienhäuser gemäß dem Konzept saniert. Und dabei zeigt sich, dass das Konzept funktioniert. In beiden Fällen konnten die Sanierungsmaßnahmen in der vorgegebenen Zeit umgesetzt werden.

Zentrales Element war ein Taktplan der vorab entwickelt wurde und in Halbtagesschritte unterteilt war. Das heißt: Die Handwerksbetriebe hatten klare Vorgaben, welche Arbeiten jeweils innerhalb eines halben Tages durchgeführt werden sollten.

Mehr als ein Bauleiter: der Sanierungskoordinater

Verantwortlich für diesen Plan war ein Sanierungskoordinator, der im Konzept Sanierungssprint grundsätzlich eine wichtige Rolle spielt. Dessen Funktion gehe über die eines klassischen Bauleiters hinaus, so Hettler. „Er muss die Bedürfnisse der Bauherrschaft im Vorfeld abfragen, das Ganze in entsprechende Ausschreibungen übersetzen, die Vergabe an die Handwerker übernehmen und aus diesen dann ein Team formen.“

Gerade letzteres ist entscheidend für das Gelingen der Highspeed-Sanierung. Denn wenn alle Arbeiten in 22 Werktagen abgeschlossen werden sollen, müssen die Handwerker aus den unterschiedlichen Bereichen zusammen funktionieren. „Man braucht ein gegenseitiges Verständnis dafür, dass man miteinander und im Extremfall sogar mal füreinander arbeitet“, betont Hettler.

Daher sei es auch wichtig, auf der Baustelle für eine gute Atmosphäre zu sorgen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das gemeinsame Mittagessen. Am Tisch werden oft Absprachen getroffen, die sonst viele Telefonate erfordern würden. Das steigere Vertrauen und Motivation, so Hettler.

Nicht jede Firma passt zum Sanierungssprint

Die größte Herausforderung im Sanierungssprint besteht laut Hettler darin, die richtigen Akteure finden. Das haben die bisher durchgeführten Projekte gezeigt. Nicht jede Firma passt ins Sprint-Team. Ein-Mann-Betriebe sind oft zu klein. Leistungsfähigkeit und die Bereitschaft, eng mit anderen Gewerken zusammenzuarbeiten, sind Pflicht.

Damit ungeplante Situation, wie sie auf der Bausteller naturgemäß immer wieder vorkommen, den Sprint nicht gefährden, sei gutes Management im Vorfeld wichtig. Als Beispiel nennt Hettler, dass man sich schon vorab mit dem Abbruch und möglichen Schadstoffen in der Bausubstanz beschäftigt. So ließen sich später unliebsame Überraschungen verhindern.

Zukunft Altbau will den Sanierungssprint nun noch stärker verbreiten. In der Region Stuttgart sind weitere Projekte geplant. Hettler weist außerdem darauf hin, dass das Konzept für Energieberatende ein spannendes Betätigungsfeld bietet. Diese könnten etwa als Sanierungskoordinater fungieren. Wir freuen uns sehr, wenn Energieberatende mit dem fachlichen Hintergrund Architekturingenieurwesen oder mit Bauleitungserfahrung den Sanierungssprint für sich entdecken“, sagt Hettler.

Erfolgsfaktoren für den Sanierungssprint:

  • Präzise Vorplanung
    Mindestens drei bis vier Monate Vorlauf: Alle Arbeitsschritte, Materialien, Logistik und Gewerke müssen im Vorfeld exakt abgestimmt werden.
  • Der Taktplan als Herzstück
    Halbtages-Schritte statt vager Zeitrahmen – Gewerke arbeiten parallel statt nacheinander. Schnittstellenprobleme werden so minimiert.
  • Die richtige Organisation
    Ein Sanierungskoordinator hält das Team zusammen – fachlich und menschlich. Dafür benötigt er Bauleitungserfahrung, Organisationstalent und Empathie im Umgang mit Handwerkern und Bauherren.
  • Teamgeist & Kommunikation
    Offene Abstimmung, gegenseitige Unterstützung und kurze Entscheidungswege – zum Beispiel durch gemeinsame Mittagspausen, in denen Absprachen schnell geklärt werden.
  • Flexibilität bei Überraschungen
    Auch im Sprint gilt: Unerwartetes passiert. Direkte Abstimmung mit den Gewerken und lösungsorientiertes Handeln sichern den Zeitplan.
  • Extra-Tipp:
    Nicht jeder Betrieb ist sprinttauglich – Leistungsfähigkeit und die Bereitschaft, Hand in Hand mit anderen Gewerken zu arbeiten, sind unverzichtbar.
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