Welche Leistungen bieten Sie im Bereich grüner Wasserstoff an?
Fred Wendt: Wir bieten umfassende Consulting- und Engineering-Leistungen entlang der gesamten Power-to-X-Wertschöpfungskette – von der frühen Machbarkeitsstudie über die Detailplanung bis hin zur Bauüberwachung. Unser Fokus liegt auf Projekten im Megawattbereich, einschließlich Großprojekte mit 100+ MW bis hin zu Gigawattmaßstab. Dabei begleiten wir unsere Kunden technologieoffen und unabhängig durch alle Projektphasen.
Warum ist es für Sie wichtig die gesamte Wertschöpfungskette abzubilden?
Fred Wendt: Nur durch ein ganzheitliches Verständnis aller Systemkomponenten – von der Stromerzeugung über Netzstabilität bis hin zu den Prozessanlagen – lassen sich Power-to-X-Projekte effizient und wirtschaftlich realisieren. Unser Ziel ist die systemische Optimierung mit Blick auf die Gesamtkosten, insbesondere LCoH beziehungsweise LCoX. Deshalb beraten wir unsere Kunden entlang der gesamten Wertschöpfungskette – mit dem Fokus auf das Gesamtsystem.
Welche Erfahrungen haben Sie aus dem Umsetzen von Machbarkeits- und Marktstudien mitnehmen können?
Fred Wendt: Grüner Wasserstoff steht im intensiven Wettbewerb mit fossilen Alternativen. Daher legen wir großen Wert auf techno-ökonomische Optimierung und tragfähige Geschäftsmodelle. Frühzeitige Risikoanalysen – etwa zu Standortwahl, Technologieeinsatz und Offtake-Strategien – sind entscheidend. Besonders herausfordernd ist derzeit der Offtake-Markt, der sich noch im Aufbau befindet. Ein zentrales Thema ist die Entwicklung gemeinsamer Infrastrukturen (Common User Infrastructure) in sonnen- und windreichen Regionen – etwa Pipelines, Entsalzungsanlagen, Häfen oder Stromleitungen. Ohne diese ist ein wettbewerbsfähiger Wasserstoffpreis kaum realisierbar.
Welche Fortschritte und Herausforderungen sehen Sie in der Umrüstung von Gasinfrastruktur für Wasserstoff?
Michel Kneller: Europa ist hier technologisch gesehen bereits sehr weit. Die Umrüstung bestehender Erdgasnetze auf H₂-ready ist technisch machbar und vielerorts bereits in Planung – etwa im Rahmen des European Hydrogen Backbone. In anderen Regionen, wie Nordamerika, bestehen noch größere Herausforderungen im Umgang mit Wasserstoff. Europa kann hier als Vorbild dienen, insbesondere im Hinblick auf regulatorische Klarheit und technische Standards.
Es braucht keine nationale, sondern eine internationale Anstrengung, um einen nachhaltigen Wasserstoffmarkt zu etablieren.
Sie planen Elektrolyseanlagen von einigen wenigen Megawatt bis in den dreistelligen Leistungsbereich? Wie unterscheiden sich die Herausforderungen bei der Verschiedenheit der Projekte?
Michel Kneller: Im Megawattbereich stehen vor allem die Verfügbarkeit von H₂-ready Materialien und Komponenten sowie die Einhaltung straffer Zeitpläne im Fokus – häufig im Rahmen geförderter, kommunal verankerter Projekte. Gigawattprojekte hingegen sind international ausgerichtet und erfordern intensive politische Abstimmung – sowohl im Erzeugerland (zum Beispiel Namibia) als auch auf den Abnahmemärkten (zum Beispiel Europa, Japan, Südkorea). Hier sind geopolitische, regulatorische und logistische Aspekte entscheidend.
Die Elektrolyse ist das Herzstück der grünen Wasserstofferzeugung, aber eben auch nur ein Teil. Welche wichtigen Anlagen- und Infrastrukturabschnitte werden gern übersehen?
Fred Wendt: Häufig unterschätzt werden essenzielle Infrastrukturkomponenten wie Meerwasserentsalzung, Netzintegration (inklusive Netzstabilität bei On- und Off-Grid-Systemen) sowie gemeinsame Nutzungsinfrastrukturen (CUI). Diese sind jedoch entscheidend für die Skalierbarkeit und Wirtschaftlichkeit von Wasserstoffprojekten.
Sie sind international beteiligt an Wasserstoffprojekten. Welche Technologien sind dabei besonders gefragt?
Michel Kneller: In internationalen Großprojekten stehen weniger die Technologien selbst im Vordergrund, sondern vielmehr die Rahmenbedingungen: günstige Stromgestehungskosten, eine funktionierende Logistikkette sowie die Fähigkeit, komplexe Großprojekte mit Milliardenvolumen zu managen. Wir bringen hier unsere Erfahrung in der Projektleitung und -organisation ein. Ebenso wichtig sind stabile politische und finanzielle Rahmenbedingungen.
Von welchen Ländern kann Deutschland etwas für den nationalen H2-Hochlauf lernen?
Michel Kneller: Deutschland ist bei der Förderung von H₂-Erzeugungsprojekten bereits sehr gut aufgestellt. Die größte Herausforderung liegt derzeit im Aufbau eines funktionierenden Offtake-Markts. Hier braucht es jedoch keine nationale, sondern eine internationale Anstrengung, um einen nachhaltigen Wasserstoffmarkt zu etablieren. (FK)