In Schünow bei Zossen stehen die beiden ältesten Windenergieanlagen Brandenburgs jetzt unter Denkmalschutz.
In Brandenburg stehen jetzt zwei Enercon E-33 als technische Denkmäler unter Schutz – als erste Windturbinen in Deutschland.
Katharina Wolf
Windenergieanlagen und Denkmalschutz – wenn diese beiden Wörter fallen, vermeint man aus der Windbranche ein leises Stöhnen zu hören, so groß sind oft die Probleme zwischen Projektentwicklern und Denkmalschützern. Sei es, weil eine alte Mühle eine moderne Windenergieanlage verhindert, Sichtachsen auf historische Gebäude nicht eingeschränkt werden dürfen oder bislang unbekannte Bodendenkmäler einen Windpark ausbremsen. Wer sich bei Projektentwicklern umhört, bekommt in der Regel eine absurde Geschichte nach der anderen präsentiert.
Doch es geht auch anders. Denn mittlerweile ist die moderne Windenergie selbst denkmalwürdig – zumindest unter bestimmten Voraussetzungen.
Wir wollten die beiden Anlagen als Teil unserer Technologiegeschichte für die Nachwelt erhalten.
Doch der Reihe nach. Christian Busse ist Geschäftsführer des Unternehmens 20 plus X, das sich auf den Weiterbetrieb von Windenergieanlagen nach Ende der EEG-Vergütung spezialisiert hat. 2020 meldeten sich die Erben eines Betreibers bei ihm. Sie suchten Unterstützung für das ererbte Anlagenportfolio, zu dem auch zwei E-33 des Herstellers Enercon in der Nähe von Zossen gehörten. Dicht an der Ortschaft Schünow waren die beiden Turbinen 1992 errichtet worden – als Teil des ersten Windparks in Brandenburg. „Beide Anlagen waren defekt, deshalb war ein kommerzieller Weiterbetrieb nicht möglich“, erinnert sich Busse. Doch einfach abreißen mochten er und die Erben die beiden Windkraft-Oldtimer auch nicht. „Wir wollten sie als Teil unserer Technologiegeschichte für die Nachwelt erhalten.“ Die Idee: Ein Verein sollte die Schirmherrschaft über die beiden E-33 übernehmen, sie reparieren und dann ohne Gewinn weiterbetreiben.
Gesagt, getan. Der Verein Windkraftarche wurde mit sieben Mitgliedern gegründet, die Anlagen in Obhut genommen. „Doch wir wollten es richtig machen“, so Busse, der auch als Sachverständiger Windenergieanlagen prüft. Das bedeutete in diesem Fall, 2022 einen Antrag auf Denkmalschutz für die beiden alten Turbinen zu stellen.
3 Megawatt hatte Growian, die 1983 aufgestellt wurde, aber nur kurz in Betrieb war. 1987 wurde sie stillgelegt.
Zeugnis für Alternativen zu fossiler Energie
„Wir waren positiv überrascht, als der Antrag kam, und haben ihn offen und gründlich geprüft“, erinnert sich Viviane Taubert, beim Brandenburgischen Landesamt für Denkmalpflege zuständig für Technikdenkmäler. Mit dem Ergebnis: Jawohl, die beiden E-33 sind schutzwürdig. Die E-33 sei zwischen 1988 und 1993 als eine der leistungsstärksten Anlagen entwickelt und errichtet worden, daher komme ihnen eine technische Bedeutung zu, heißt es in der Beurteilung des Denkmals. Als Teil des ersten zusammenhängenden Windparks in Brandenburg und als Zeugnis früher Alternativen zur fossilen und atomaren Energieerzeugung komme ihnen auch geschichtliche und wissenschaftliche Bedeutung zu. „Für uns war wichtig, dass noch viel vom Originalobjekt erhalten ist“, so Taubert. Dass Windturbinen technische Denkmäler sein können, ist für sie eindeutig: „Wir haben in Brandenburg ganz unterschiedliche Energieerzeugungsanlagen unter Denkmalschutz wie Wasserwerke oder Anlagen zur Kohleverstromung. Da ist Windkraft der nächste logische Schritt.“
Damit haben die Brandenburger seit gut zwei Jahren einen denkmalgeschützten Windpark – bislang der einzige in Deutschland. Zwar sei in Niedersachsen bereits 2015 ein Antrag für eine E-32 aus dem Jahr 1988 im Windpark Pilsum geprüft worden, teilt das Niedersächsische Landesamt für Denkmalpflege mit. Doch erfolglos, denn nach einem Blitzschlag und Brand wurde sie 1990 neu errichtet. In Schleswig-Holstein, dem „Mutterland“ der modernen Windenergienutzung, gibt es nach Auskunft der dortigen Behörde ebenso wenig eine moderne Windenergieanlage unter Denkmalschutz wie in Nordrhein-Westfalen.
Mir sind funktionierende Windenergieanlagen, die zum Erfolg der Energiewende und damit zur Versorgungssicherheit der Menschen beitragen, lieber als Denkmäler.
Nur Rückbaukosten sparen?
Doch nicht jeder ist glücklich über die beiden Denkmäler. „Diese Entscheidung ist völlig abwegig“, sagt Regina Pankrath, Ortsvorsteherin in Schünow. Windenergieanlagen unter Denkmalschutz zu stellen, nur weil sie 30 Jahre alt sind, könne sie nicht nachvollziehen. Stattdessen, so vermutet sie, sei es eher darum gegangen, die Rückbaukosten zu sparen. „Anders als heute erhielten die Betreiber damals keine Rückbauverpflichtung und bildeten auch keine entsprechende Rücklage“, kritisiert sie. Es sei auch nicht zu erkennen, dass es mit der Wiederinbetriebnahme vorangehe. „Wer haftet dann am Ende, wenn etwas abstürzt?“, fragt sie. Schließlich stünden die Anlagen nur 300 Meter vom nächsten Haus entfernt.
Manchen gilt der Windpark Schünow gar als Präzedenzfall – könnten jetzt bundesweit Betreiber alter Anlagen auf die Idee kommen, ihre Turbinen schützen zu lassen, um Kosten zu sparen? Diese Befürchtung hält Sebastian Haase, Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien Berlin Brandenburg zwar für völlig unbegründet, sagt aber bei aller Freude über das Engagement des Vereins: „Mir sind allerdings funktionierende Windenergieanlagen, die zum Erfolg der Energiewende und damit zur Versorgungssicherheit der Menschen beitragen, lieber als Denkmäler.“
200 KILOWATT Nennleistung hatte die Vestas-Anlage V25, die hier nicht abgebildet ist, aber zu den Klassikern gehört. Die erste wurden 1989 in Deutschland installiert.
Nicht Schrott unter Denkmalschutz stellen
Christian Busse kennt die Bedenken in Schünow. Aber er betont: „Wir wollten nicht einfach Schrott unter Denkmalschutz stellen.“ In der „Windkraftarche“ seien Branchenexperten versammelt, technische Gutachter und Betriebsführer, „um wirklich sicherzustellen, dass die Anlagen gut betreut sind und auch wieder laufen werden“. Er geht davon aus, dass eine der beiden Anlagen im kommenden Jahr wieder ans Netz geht. Bei der zweiten werde es länger dauern, bedauert er – keine Ersatzteile.
Wenn es denn so weit ist, will der Verein jährlich ein Grillfest veranstalten, zu dem dann auch die Schünower eingeladen sind. „Spätestens dann wird die Stimmung auch wieder besser“, ist Busse überzeugt.
Oldtimer E-33
Die E-33 von Enercon zählt zu den ältesten Windenergieanlagen in Deutschland und wurde Ende der 1980er-Jahre in den Markt gebracht. Sie besitzt eine Nennleistung von 330 Kilowatt und eine Turmhöhe von typischerweise 32 bis 47 Metern. Die Betontürme stammten großteils von Pfleiderer. Der Rotordurchmesser beträgt 33 Meter, die Rotorfläche 855 Quadratmeter. Das Getriebe ist als zweistufiges Planetengetriebe ausgeführt. Die Anlage wurde besonders für windschwache Binnenlandstandorte konzipiert, und von diesem Typ wurden deutschlandweit zahlreiche Exemplare in Betrieb genommen – konkrete Zahlen bewegen sich im unteren vierstelligen Bereich. Die E-33 war ein wichtiger Meilenstein für die frühe Kommerzialisierung der Windenergie in Deutschland.
Sebastian Haase
Geschäftsführer des Landesverbandes Erneuerbare Energien Berlin Brandenburg