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Vehicle-to-Grid: Elektroauto wird Teil des Energiesystems

Die BMW Group und Eon haben das erste kommerzielle Vehicle-to-Grid-Angebot (V2G) in Deutschland gestartet. Mit der Einführung des bidirektionalen Ladens wird das Elektrofahrzeug erstmals nicht nur als reiner Stromabnehmer, sondern als aktiver Akteur im Energiemarkt positioniert. Der BMW iX3 wird damit Pilotmodell für eine Technologie, die weit über klassische Elektromobilität hinausgeht: Das Fahrzeug kann Energie aufnehmen, bei Bedarf wieder ins Netz einspeisen und auf diese Weise zur Stabilisierung des Stromsystems beitragen.

Vom Auto zum Energiespeicher

V2G gilt als Schlüsseltechnologie für die flexible und nachhaltige Energieversorgung der Zukunft. In Zeiten, in denen der Anteil erneuerbarer Energien schnell wächst, sind Flexibilität und intelligente Speicherlösungen entscheidend. Solar- und Windkraft liefern naturgemäß schwankend Strom: An windigen oder sonnigen Tagen besteht oft ein Überangebot, das Netz stößt dann an seine Kapazitätsgrenzen. Umgekehrt können in Flauten oder bei geringer Sonneneinstrahlung Versorgungslücken entstehen.

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Hier setzt das V2G-Konzept an: Die Hochvoltbatterien von Elektroautos dienen gewissermaßen als verteilte Speicherkapazitäten, die Energieüberschüsse kurzfristig aufnehmen und bei Bedarf wieder abgeben können. Jedes angeschlossene Fahrzeug wird damit Teil eines virtuellen Großspeichers, der Netzbetreiber und Energieversorger bei der Balance von Erzeugung und Verbrauch unterstützt.

Wirtschaftliche Anreize für Kundinnen und Kunden

Das neue Angebot von BMW und Eon verbindet ökologischen Nutzen mit wirtschaftlichen Vorteilen. Kundinnen und Kunden, die ihr Fahrzeug für das intelligente Laden und Entladen zur Verfügung stellen, erhalten einen jährlichen Bonus von bis zu 720 Euro. Dies entspricht Fahrleistungen von bis zu 14.000 Kilometern, die praktisch kostenlos absolviert werden können.

Lesen Sie mehr über V2G in diesem Special.

Die Teilnahme erfolgt über eine eigens entwickelte Wallbox und einen neuen Stromtarif, den Eon auf den Markt bringt. Besonders kundenfreundlich ist dabei die Flexibilität: Es gibt keine vorgeschriebene Mindestzeit, in der das Auto angeschlossen bleiben muss. Jede Minute, die der BMW iX3 mit dem Netz verbunden ist, zählt und trägt zum Bonus bei. Darüber hinaus wird die ins Netz zurückgespeiste Energie transparent vergütet.

Ein wesentliches Argument für V2G ist die technische Sicherheit. Laut BMW und Eon führt das wiederholte Be- und Entladen nicht zu einer Beeinträchtigung der Batterielebensdauer – intelligente Steuermechanismen stellen sicher, dass die Zyklen im optimalen Bereich für die Akkuschonung bleiben. Für die Mobilität bedeutet dies: Kundinnen und Kunden entscheiden jederzeit selbst über das Ladeziel und können sicherstellen, dass ihr Fahrzeug zum gewünschten Zeitpunkt fahrbereit ist.

Damit wird eine der häufigsten Bedenken gegenüber bidirektionalem Laden adressiert: dass es Einbußen bei Reichweite oder Batterieleistung geben könnte. Die Anbieter betonen, dass weder Komfort noch Zuverlässigkeit leiden – im Gegenteil: Wer sein Fahrzeug regelmäßig anschließt, trägt aktiv zur Netzentlastung bei und profitiert gleichzeitig finanziell.

Sektorkopplung als strategische Perspektive

Die Markteinführung des V2G-Angebots im BMW iX3 ist erst der Anfang. Weitere Modellreihen sollen folgen; langfristig planen die Partner, die Lösung in ein umfassendes Energie-Ökosystem einzubetten. Dieses soll nicht nur Fahrzeuge und Ladeinfrastruktur umfassen, sondern auch Photovoltaikanlagen, Wärmepumpen und Smart-Home-Technologien intelligent miteinander vernetzen.

Hier finden Sie mehr zum bidirektionalen Laden.

Damit deutet sich ein Wandel an: Elektroautos werden nicht nur als Verkehrsmittel verstanden, sondern als wesentlicher Bestandteil einer sektorübergreifenden Energiearchitektur. Für die Energiewende bedeutet dies zweierlei: Zum einen mehr Flexibilität im Netz, zum anderen eine Senkung der Gesamtkosten des Energiesystems. Denn durch die bessere Integration erneuerbarer Energien lassen sich teure Netzstabilisierungsmaßnahmen verringern und zusätzliche fossile Reservekapazitäten vermeiden.

Ein Meilenstein mit Signalwirkung

Mit der Einführung von Vehicle-to-Grid im Alltag privater Nutzerinnen und Nutzer betreten BMW und Eon in Deutschland Neuland. Während die Technologie bislang vor allem in Pilotprojekten und in wissenschaftlichen Studien getestet wurde, findet sie nun Eingang in den Kundenmarkt. Der Schritt gilt als Durchbruch, weil er die lange diskutierte Idee der dezentral verteilten Stromspeicherung praktisch erfahrbar macht – und zwar dort, wo die Energiewende ohnehin stark sichtbar ist: bei der Elektromobilität.

Für die Energiewirtschaft eröffnet sich damit ein erhebliches Potenzial. Millionen von Fahrzeugbatterien könnten künftig wie ein Schwarm flexibel steuerbare Energiespeicher agieren. Gerade im Hinblick auf das 2030er-Ziel, den Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch auf 80 Prozent auszubauen, könnte dies ein entscheidender Baustein sein.