Zusammen mit dem Berliner Bauunternehmen Nane Bau und dem Immobilienunternehmen Rohrer aus München will Solarexperte Timo Leukefeld das Konzept des bezahlbaren Wohnraums mit Energieflatrate auch für Großstädte realisieren. Im Mittelpunkt steht dabei, die Wohnkosten auf 12,50 Euro pro Quadratmeter zu begrenzen – ohne staatliche Förderung. In diesem Quadratmeterpreis sind die Energie- und Nebenkosten schon enthalten.
Dies gelingt, indem Solaranlagen auf den Mehrfamilienhäusern über 50 Prozent der Wärme- und Stromversorgung abdecken. Dazu nutzen die Planer aber keine Wärmepumpen. Vielmehr sparen sie Baukosten, indem sie auf eine aufwendige Verlegung von Rohren für die Wärmeversorgung verzichten. Die Raumwärme der gut gedämmten Gebäude wird durch Infrarotpaneele sichergestellt. Die Warmwasserversorgung übernehmen Boiler, die in jeder einzelnen Wohnung installiert werden und die den Strom direkt von der Solaranlage auf dem Dach bekommen.
Ohne Rohre preiswert bauen
Diese Lösung reduziert zusätzlich auch die Betriebs- und Wartungskosten. Denn diese Anlagen müssen nicht mehr jährlich überprüft werden wie eine Gasheizung. Außerdem müssen keine Zähler mehr abgelesen und auch keine Rechnungen mehr erstellt werden.
Dazu kommen weitere Sparfaktoren wie serielles Bauen mit vorgefertigten Elementen sowie der Verzicht auf Tiefgarage und Keller. Dazu muss allerdings vor Baustart eine Befreiung von der Tiefgaragenpflicht vorliegen. Entscheidend ist aber auch die Finanzierung der Bauprojekte über sogenannte ESG-Bonds. Diese Anleihen werden für Projekte emittiert, die 17 Ziele der nachhaltigen Entwicklung der UNO erfüllen. Energy Flat Living erfüllt mehrere davon. Die Gebäude werden so als nachhaltige Investition qualifiziert. Dadurch sinken die Finanzierungskosten.
Bezahlbaren Wohnraum schaffen
Zunächst wollen die Projektpartner in Bayern Mehrfamilienhäuser mit 1.000 Wohnungen mit ihrem Konzept errichten. Mittelfristig sollen aber auch in Metropolen anderer Bundesländer weitere solche Häuser entstehen. Dafür suchen sie derzeit noch erschlossene, baureifen Grundstücke. Denn diese sind die Voraussetzung dafür, das sogenannte Energy Flat Living-Modell in die Realität umzusetzen.
Alter Plattenbau ist auf dem Weg zum energieautarken Mehrfamilienhaus
Dazu fordern die Partner Bund, Länder, Städte und Gemeinden, aber auch Kirchen, Unternehmen und private Eigentümer auf, ihre Grundstücke gegen ein Nutzungsentgelt im Rahmen eines Erbpachtvertrages über 99 Jahre zur Verfügung zu stellen. „Wir wollen einen Weg aus der Wohnungsnot aufzeigen, aber dafür müssen alle mitspielen“, sagt Lars Keussen, Gründer des Kompetenzzentrums 3 Lectrify, das ebenfalls als Partner am Netzwerk beteiligt ist. „Die Eigentümer von ungenutzten Grundstücken können eine gesellschaftlich notwendige Aufgabe erfüllen, indem sie mit der Verpachtung ihrer Grundstücke die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum ermöglichen.“
Grundstücke müssen erschlossen sein
Dabei gehen die Grundstückseigentümer kein Risiko ein, sondern verdienen jahrzehntelang sicher durch das Modell. „Wichtig ist, dass das Grundstück vollständig erschlossen ist“, betonte Sven Keussen, Geschäftsführer von Rohrer Immobilien. „So sollte beispielsweise der Anschluss an Wasser, Strom und Abwasser vorhanden sein. Um einen schnellen Baustart zu ermöglichen, ist das Grundstück baureif. Wenn alle nötigen Genehmigungen vorliegen, entfällt die Wartezeit für Genehmigungen. Im Idealfall ist es möglich, mit Pultdach zu bauen, um viel Fläche für die Solarstrommodule zu schaffen.“
Beispielprojekte existieren bereits
Das grundlegende Modell des Energy Flat Living ist erprobt. Seit 2018 hat Timo Leukefeld Energiekonzepte für hochgradig energieunabhängige Gebäude mit rund 1.200 Wohnungen geplant, davon etwa 900 mit Photovoltaikanlagen, Batteriespeichersystemen, Infrarotheizungen und dezentralen Autarkieboilern. In diesen Gebäuden zahlen die Mieter:innen Pauschalmietpreise inklusive Strom- und Wärmekosten zwischen 11,50 und 14,50 Euro je Quadratmeter. In der Regel werden die Pauschalmietpreise zunächst für fünf Jahre vereinbart.
Bayerns erstes energieautarkes Wohnhaus
Solaranteil mindestens 50 Prozent
Voraussetzung für die Pauschalmiete ist, dass mindestens 50 Prozent des Energiebedarfs solar gedeckt werden. „Dann fällt das Gebäude aus der Heizkostenverordnung“, weiß Timo Leukefeld. Zudem sinken die Heizkosten. Denn die Infrarotpaneele heizen nur dann, wenn tatsächlich auch Menschen im Raum sind. Geregelt werden die Heizgeräte durch Thermostate. Durch die sehr gute Gebäudehülle – aktuell mit Effizienzhaus-Standard KfW 40 – ist der Heizenergiebedarf ohnehin äußerst niedrig, was einfache und kostengünstige Heizsysteme begünstigt.