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Gasnetz mit Zukunftspotenzial

Als eine der größten örtlichen Verteilnetzbetreiberinnen in Deutschland und Tochter des Berliner Energieversorgers Gasag hat sich die NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg (NBB) schon vor Jahren intensiv mit der Wärmewende beschäftigt und Alternativen zur konventionellen Versorgung mit Erdgas geprüft. Denn der Anteil von Gas an der Wärmeversorgung im gesamten Netzgebiet der NBB beläuft sich mit fast 40 Millionen verbrauchten Gigawattstunden (GWh) auf etwa 60 bis 65 Prozent.

Politische Rahmenbedingungen wie der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und das damit verbundene Ende der Importe russischen Erdgases haben diesen Prozess beschleunigt und insbesondere die Gasbranche zeitlich unter weiteren enormen Druck gesetzt: So galt es mit dem Ende von russischen Erdgaslieferungen einerseits die Versorgungssicherheit aus anderen Quellen sicherzustellen. Andererseits waren technologische Alternativen zum Gas in der Energie- und Wärmewende noch intensiver und schneller umzusetzen.

89 Millionen Euro erreichten die jähr­lichen Investitionen zur Integration weitgehend klimaneutraler Gase in die vorhandene NBB-Gasnetz-Infra­struktur bereits als Spitzenwert.

Derzeit versorgt das über 14.000 Kilometer lange Netz der NBB mit mehr als 350.000 Gasanschlüssen etwa 800.000 Kundinnen und Kunden – vorrangig in Berlin und Brandenburg, aber auch in Teilen von Sachsen und Sachsen-Anhalt. Während sich die Netzlänge jeweils etwa hälftig auf die dicht besiedelte Hauptstadt und das Flächenland Brandenburg verteilt, könnten die Voraussetzungen für die Transformation zur klimaneutralen Versorgung in diesen Gebietshälften unterschiedlicher nicht sein. In Berlin besteht ein stark vermaschtes Netz für rund 570.000 angeschlossene Kunden. In dieser Netzstruktur lassen sich einzelne Netzteile für eine Versorgung mit klimaneutralen Gasen wie Wasserstoff (H2 ) leichter zur Verfügung stellen. Die regionale Fläche hingegen mit nur einem Viertel der Kunden im Netzgebiet wird über ein strahlenförmiges (weniger modulares) Netz versorgt.

Reichlich Potenzial für Umnutzungen

Das vorhandene Netz bietet dessen ungeachtet Zukunftslösungen für beide Bundesländer: Große Teile, die heute Erdgas befördern, können morgen umgewidmet werden und Wasserstoff transportieren. Verglichen mit einem Netzneubau ließen sich damit Bautätigkeit, Genehmigungsverfahren und Investitionsaufwand reduzieren und ordentlich Tempo im Transformationsprozess gewinnen.

Unser Netz ist zudem wie gemacht für die Einspeisung von Biogas und die Umsetzung von Nahwärmeprojekten. Die mehr als 150 Kommunen in unserem Netzgebiet diskutieren darüber bei der Kommunalen Wärmeplanung konstruktiv. In den Diskussionen auf kommunaler Ebene schwingt dabei die Sorge mit, dass die NBB wie andere Netzbetreiber in Deutschland ihr Netz in den kommenden Jahren ganz oder in Teilen stilllegen könnte. Allerdings werden wir unsere Kundinnen und Kunden weiterhin bedarfsgerecht versorgen, so dass es solche Pläne bei der NBB aktuell nicht gibt.

Durch die frühzeitige Weichenstellung ist die NBB speziell auch beim Wasserstoff-Transport auf einem guten Weg. Sie zählt mit Beschluss der Bundesnetzagentur vom Oktober 2024 zu den wenigen Betreibern des künftigen nationalen, gut 9.000 Kilometer langen Wasserstoff-Kernnetzes in Deutschland. Zur finanziellen Absicherung der betroffenen Netzbetreiber ist die sogenannte Amortisationskonto-Gesellschaft (AMKG) gegründet worden, an der auch die NBB beteiligt ist. Auch die Umrüstung von zwei insgesamt über 50 Kilometer langen Hochdruckleitungen im Osten und Westen Berlins bis 2032 wird über die AMKG finanziell abgesichert, sollten die Netznutzungsentgelte für die Belieferung mit Wasserstoff nicht alle Kosten decken.

5.000 Normkubikmeter/Stunde betrug Ende 2024 die Netzeinspeisenennleistung der neun am NBB-Gasnetz angeschlossenen Biogaseinspeiseanlagen. 2025 wird weitere Einspeisenennleistung dazu kommen.

Diese beiden Leitungen nämlich sollen als Bestandteil des H2-Kernnetzes die heute noch gasversorgten Heizkraftwerk-Standorte der BEW Berliner Energie und Wärme über das Kernnetz mit Wasserstoff beliefern. Mit deren Umstellung könnte etwa ein Fünftel der Berliner Wohngebäude, die über einen Fernwärme-Anschluss verfügen, vom Einsatz des CO2-freien und klimaneutralen Wasserstoffs profitieren.

Dennoch: Auch wenn die geplante Umwidmung günstiger als ein Neubau von Leitungen ist, sind – das haben Überprüfungen durch externe Gutachter und den TÜV ergeben – nicht unerhebliche Investitionen in den Umbau von Übernahmestationen und den Austausch von Armaturen notwendig, was unter anderem an der etwa um zwei Drittel geringeren Energiedichte von Wasserstoff im Vergleich zum Erdgas liegt.

Die beiden Trassen der NBB übernehmen den Wasserstoff gemäß dem Konzept an den Stationen am Rande der Stadt vom Ferngasnetzbetreiber und transportieren ihn zu den Heizkraftwerken, von denen heute jedes eine Gasanschlussleistung von mehr als 500 Megawatt hat. Parallel dazu prüft die NBB vor allem in Brandenburg, wie die vorhandene Netzinfrastruktur am effizientesten für die Einspeisung von klimafreundlichem Biomethan ins vorhandene Netz genutzt werden kann. Neun Biogaseinspeiseanlagen mit einer Gesamtnennwertleistung von 5.000 Normkubikmeter pro Stunde waren Ende 2024 schon am Netz. In diesem Jahr werden weitere hinzukommen. Inzwischen liegt der NBB ein Vielfaches an weiteren Anschlussanfragen vor.

Investitionsbedarf zu Nah- und Fernwärme

Auch die Biogasanschlüsse sind jeweils mit einem sehr hohen Investitionsaufwand verbunden, der stark von den Gegebenheiten vor Ort und insbesondere der Länge der Anschlussleitung abhängig ist. Das bedarf einer auskömmlichen Regulierung, das heißt einer Fortführung der aktuellen Systematik, nach der alle Anschlusskosten über die Kunden aller Netzgebiete gewälzt werden.

Im Bereich der Nahwärmenetze wiederum profitiert die Gasag-Gruppe insbesondere bei Projekten in Berlin von ihrem Know-how und Synergie-Effekten in den eigenen Reihen. Nahwärmenetze sind ein Grundstein der Wärmewende. Über sie lassen sich beispielsweise Abwärme oder oberflächennahe Geothermie hervorragend zum Heizen von Wohn- und Gewerbequartieren nutzen.

Generell bleibt die Integration klimafreundlicher Gase wie Wasserstoff und Biomethan in die bestehende Infrastruktur eine Herausforderung und bringt enorme Investitionen mit sich – zwischen 2020 und 2024 bewegten sie sich jährlich zwischen 71 und 89 Millionen Euro. Gleichzeitig werden sich die sinkenden Absatzmengen, die mit neuen Technologien und klimafreundlicheren Energielösungen einhergehen, auf die Kosten für die Vorhaltung einer breiten Infrastruktur und der Versorgungssicherheit auswirken. Durch die aktuelle Regulierung, die die Auskömmlichkeit der zugestandenen Erlöse bestimmt und damit die Wirtschaftlichkeit des Gasnetzbetriebes determiniert, können wir aber die finanziellen Auswirkungen für die derzeit noch hohe Kundenzahl geringhalten.

Claudia Rathfux,
kaufmännische Geschäftsführung, NBB Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg

Foto: Annette Riedl - NBB

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