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Schnee von morgen

Wenn die Schneekanonen schweigen, die Skiraupen sich verpuppen und die Schneebretterl sommers im Keller überwintern, dann ist Frühling angesagt und der Wintertourismus wird von der Sommersaison abgelöst. An die Stelle der Skistöcke treten die Wanderstecken. Die Skipisten können sich erholen, nun sind die Wanderwege dran. Ach, diese Ruhe in den Bergen, sie zieht ganzjährig Naturbegeisterte an wie das Licht die Motten. Entweder sausen sie wie die Bekloppten mit Skiern oder Mountainbike den Hang hinunter oder steigen und klettern schwitzend den Berg hinauf. Das macht hungrig und durstig, lustig und müde. Entsprechend voll und gut gebucht sind die Hotels, Ferienwohnungen, Restaurants und Hütten. Der Alpentourismus ist ganzjährig ein brummender Wirtschaftszweig, da stören diese lästigen Naturundumweltkümmerer und Klimawandelmahner nur. Man hat schließlich Urlaub, und da gehört ja wohl ein zünftiger CO₂-Fußabdruck mit dazu!

Doch allmählich mehren sich Zweifel an diesem Unbekümmertsein – sowohl seitens der Profiteure des Tourismus als auch der Akteure. Nicht nur die dahinschmelzenden Gletscher, polternden Felsstürze und die sich in obere Regionen zurückziehende Schneedecke setzen klare Zeichen. Nein, auch die Kunst am Berge widmet sich mittlerweile der Spaß-
haben-Konsequenzen-Diskrepanz: Am Speicherteich Hartkaiser unterhalb des Wilden Kaisers in Ellmau übersommern zirka 200 Skier in einem Speicherteich für Schneekanonen, fragil aufgestellt und aus dem Wasser ragend wie die Ausrufezeichen an einem – den Klimawandel anprangernden – Satzende.

Das Projekt mit dem Titel Schnee von morgen des Künstlers und Fotografen Lois Hechenblaikner thematisiert so rätselhaft wie treffend die enge Verknüpfung des Klimawandels mit dem
(Alpen-)Tourismus. Wer die Installation nicht nur oberflächlich als Hintergrund fürs Handyselfie missbraucht, sondenr die Botschaft der im Wasser abgestellten Skier versteht und sie sich wie geschmolzenen Schnee auf der Zunge zergehen lässt, ahnt, dass der „Schnee von morgen“ den Kunstschnee von heute meint: 1,5 Millionen Liter Wasser und 21.000 Kilowattstunden Strom für das Beschneien von nur einem Hektar Skipiste – zum Vergleich: ein Zwei-Personen-Haushalt verbraucht im Schnitt 3.000 Kilowattstunden Strom und 70 Kubikmeter Wasser pro Jahr, Bedarf ansteigend. Nicht zu vergessen, woher das Wasser kommt, wenn der Speichersee leer gesaugt ist: aus Flüssen, Bächen und Seen. Aktuell steht der Bodensee-Pegel in Konstanz bei etwas mehr als 2,70 Meter, und Schiffe in Köln können wegen des niedrigen Wasserstands nur noch mit etwa halber Ladung fahren – es heißt, die Trinkwasserversorgung sei noch nicht gefährdet und die Sorge darum Schnee von morgen. si