Flächen kaufen oder pachten? Es gibt Alternativen.
Der oft übersehene Dienstbarkeitsbestellungsvertrag könnte eine rechtlich interessante Alternative zur Flächensicherung sein.
Die energiewirtschaftliche Transformation stellt nicht nur technische und wirtschaftliche Herausforderungen, sondern verlangt auch nach belastbaren rechtlichen Strukturen. Projektentwicklende und Betreibende von Wind- und Solaranlagen stehen dabei regelmäßig vor der Aufgabe, die Nutzung fremder Grundstücke langfristig abzusichern. Hierzu hat die Branche in den vergangenen 25 Jahren meist auf Nutzungsverträge gesetzt. Diese sind rechtlich als Mietverträge einzuordnen. Die Erfahrung mit Nutzungsverträgen ist in der Branche entsprechend groß, sie sind bei Projektierern und Eigentümer:innen bekannt. Kurzum: Sie sind der Standard bei der Flächensicherung.
Der Nachteil: Nutzungsverträge sind lang, komplex und für Laien schwer verständlich. Probleme können zudem entstehen, wenn die vertragsgegenständlichen Grundstücke durch Grundstückseigentümer:innen veräußert werden oder übertragen werden sollen.
Eine alternative Sicherungsmöglichkeit bieten Dienstbarkeitsbestellungsverträge. Die klassische Energiebranche verwendet diese Art von Verträgen seit jeher, etwa wenn Netzbetreibende Stromleitungen errichten oder Energieversorgende Gasleitungen verlegen. Erstaunlich, dass die Erneuerbaren-Branche Dienstbarkeitsbestellungsverträge bislang nicht für die Flächensicherung genutzt hat.
Was sind Dienstbarkeitsbestellungsverträge? Der Dienstbarkeitsbestellungsvertrag ist die schuldrechtliche Grundlage zur Einräumung einer beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gemäß §§ 1090 ff. BGB durch Grundstückseigentümer:innen. Berechtigte erhalten ein dingliches Nutzungsrecht, das bestimmte Nutzungen oder Einwirkungen auf das Grundstück erlaubt. Wesentlich ist, dass das Recht durch Eintragung im Grundbuch dinglich gesichert wird und damit gegenüber Dritten – einschließlich künftiger Erwerbender – wirkt. Daneben können schuldrechtlich weitere Regelungen getroffen werden, beispielsweise zum Umfang der Dienstbarkeit, zum Entgelt und weiteren Nutzungsmodalitäten.
Mehr Planungssicherheit
Welche Vorteile bieten Dienstbarkeitsbestellungsverträge? Im Gegensatz zu einem schuldrechtlichen Nutzungsvertrag gilt die Dienstbarkeit gegenüber jeder Person. Sie bleibt auch bei einem Verkauf des Grundstücks bestehen und bindet künftige Eigentümer:innen. Zudem sind die eingetragenen Dienstbarkeiten gemäß § 1092 Abs. 3 BGB übertragbar, ohne dass Eigentümer:innen zustimmen müssen.
Ein weiterer Vorteil: Für Dienstbarkeitsbestellungsverträge gelten nicht die Kündigungsvorschriften des Mietrechts. Um die Kündigungsmöglichkeiten zu begrenzen, werden Nutzungsverträge in der Regel für die Dauer von 20 bis 30 Jahren befristet abgeschlossen. Eine Befristung ist beim Dienstbarkeitsbestellungsvertrag nicht erforderlich – aber dennoch möglich. Ebenso ist § 544 BGB, der bei einer Vertragsdauer von über 30 Jahren nach Überlassung des Grundstücks zwingend ein Kündigungsrecht vorsieht, nicht anwendbar. Das Beendigungsrisiko ist damit insgesamt niedriger.
Die klassische Energiebranche verwendet diese Art von Verträgen seit jeher, etwa wenn Netzbetreibende Stromleitungen errichten oder Energieversorgende Gasleitungen verlegen.
Dienstbarkeitsbestellungsverträge zeichnen sich zudem dadurch aus, dass sie eine größere gestalterische Flexibilität bieten als Nutzungsverträge, die den Vorschriften des Mietrechts unterliegen. Sie können deshalb einfacher, kürzer, und auch für Laien verständlicher sein – insbesondere für die, die bereits Dienstbarkeitsbestellungsverträge mit der Energiewirtschaft abgeschlossen haben. Zudem besteht nicht das Risiko eines Kündigungsrechts wie im Fall von Nutzungsverträgen, wenn der Vertrag wegen eines Formverstoßes für unbestimmte Zeit gilt.
Hinzu kommt: Die Vereinbarung von Einmalzahlungen ist leichter möglich, da die Vorschriften der §§ 566b, 566c, 1124 BGB und § 57 ZVG nicht anwendbar sind. Einmalzahlungen bleiben auch gegenüber Erwerbenden wirksam. Im Gegensatz zu Nutzungsverträgen besteht hier also nicht das Risiko, erneut zahlen zu müssen, ohne die bereits geleistete Zahlung von dem/der ursprünglichen Eigentümer:in zurückerhalten zu können.
Was gibt es zu bedenken?
Ist die Dienstbarkeit noch nicht in das Grundbuch eingetragen, hat im Fall einer Insolvenz der Insolvenzverwalter gemäß § 103 InsO die Wahl, ob die Eintragung erfolgen soll oder nicht. Um dies zu vermeiden, sollte die Dienstbarkeit deshalb frühzeitig eingetragen werden. Eine gleichzeitige Zahlung ist hingegen nicht erforderlich, da bereits die Eintragung für den Ausschluss des Wahlrechts ausreichend ist.
Weiterhin gilt es bei der Wahl des richtigen Vertrags zu bedenken: Die Eintragung ins Grundbuch verursacht Notar- und Gebührenkosten. Im Fall eines Flächenpoolings sind Dienstbarkeitsbestellungsverträge daher nicht das Mittel der Wahl. Hier bräuchte es mehrere Grundbucheintragungen, für die jeweils die entsprechenden Kosten anfallen. Hinzu kommt: Änderungen oder die Löschung der Dienstbarkeit sind nur mit Zustimmung der Beteiligten und einer erneuten Grundbuchänderung möglich.
Fazit: Alternative, außer bei Poolings
Dienstbarkeitsbestellungsverträge bieten außerhalb des Flächenpoolings interessante Chancen: Durch sie kann eine hohe Planungssicherheit bei größerer gestalterischer Flexibilität erzielt werden. Projektentwicklende, Betreibende oder Investor:innen erhalten eine langfristige Absicherung aufgrund der beliebig wählbaren Laufzeit, ohne das Risiko einer Kündigung nach 30 Jahren ab Überlassung der Grundstücke. Zudem ist die Vereinbarung von Einmalzahlungen ohne weiteres möglich. Darüber hinaus sind die Dienstbarkeiten frei übertragbar, ohne dass es der Zustimmung der Grundstückseigentümer:innen bedarf. Um vorhandene Risiken zu minimieren, sollte die Eintragung in das Grundbuch möglichst zeitnah erfolgen. Der Dienstbarkeitsbestellungsvertrag ist somit, insbesondere für die Sicherung von Infrastruktur sowie für PV- und Speicher-Standorte, eine rechtlich interessante Alternative zum klassischen Nutzungsvertrag und kann so ein zentrales Instrument für die Flächensicherung werden.
Carolin Schröder,
Rechtsanwältin bei Sterr-Kölln & Partner
Foto: Sterr-Kölln & Partner
Jetzt weiterlesen und profitieren.
Mit unserer Future Watt Firmenlizenz top informiert und immer auf dem neuesten Wissenstand in ihrem Fachgebiet.
+ Unbegrenzter Zugang zu allen Future Watt Inhalten + Vergünstigte Webinarteilnahme + E-Paper Ausgaben + Sonderhefte zu speziellen Themen + uvm.
Wir haben die passende Lizenz für Ihre Unternehmensgröße!