Unternehmen wie CalWave aus Kalifornien setzen auf das Prinzip der „oszillierenden Dämpfungsglieder“. Diese Konverter arbeiten vollständig unter Wasser und nutzen die Druckdifferenzen aus, die durch die Wellenbewegung entstehen. Hier: eine Testanlage des kalifornischen Unternehmens.
Die Nutzung ist noch ganz am Anfang, aber Meeresenergie könnte einst einen wesentlichen Beitrag zum stabilen, verlässlichen Stromnetz leisten.
Maritime Energie bezieht ihren Reiz daraus, dass sie fast unerschöpflich ist und im Gegensatz zur volatilen Wind- und Solarenergie permanent zur Verfügung steht, selbst bei scheinbar stiller See. Auf 29.500 Terawattstunden pro Jahr wird das weltweite Potenzial der Wellenenergie geschätzt, was etwa dem derzeitigen globalen Stromverbrauch entspricht. Einige Kilometer vor der Küste verfügen Wellen über das größte Energiepotenzial. Mit sogenannten Wellenenergiekonvertern, die im Meeresboden verankert werden, lässt sich dieses nutzen. Hier werden auf der ganzen Welt unterschiedliche technische Ansätze erprobt. Die derzeit wichtigsten:
Punktabsorber wie das CETO-System von Carnegie Clean Energy verwerten die vertikalen Bewegungen der Wellen. Im Gegensatz zu anderen Systemen arbeiten sie unabhängig von der Wellenrichtung und können die Energie aus allen Richtungen aufnehmen. Durch eine stabförmige Boje oder einen ringförmigen Schwimmkörper wird die oszillierende Auf- und Ab-Bewegung direkt in elektrische Energie umgewandelt. Punktabsorber werden vor allem an küstennahen Standorten eingesetzt.
Bei den pneumatischen Kammern (englisch: Oscillating Water Columns – OWC) wird Luft komprimiert und dekomprimiert. Die Kammern besitzen eine Öffnung unterhalb der Wasseroberfläche. Durch diese Öffnung strömt Wasser in einen Hohlraum ein und aus und nutzt dabei die eingeschlossene Luft als Antriebsmedium für eine Turbine. Ein entscheidender Vorteil bei dieser Bauform ist, dass spezielle Turbinen sowohl beim Eintreten des Wassers (Komprimierung der Luft) als auch beim Austreten (Dekomprimierung) Strom erzeugen. OWC kommen vor allem an steilen Küsten zum Einsatz, wo starke Wellen auftreten.
Attenuatoren sind langgestreckte, in Wellenrichtung liegende Geräte, die die Hebe- und Senkbewegungen der Wellen nutzen. Sie bestehen typischerweise aus mehreren miteinander verbundenen Segmenten, die parallel zur Wellenausbreitungsrichtung schwimmen und sich relativ zueinander bewegen können. Die Bewegung an den Gelenken zwischen den Segmenten wird genutzt, um Hydraulikzylinder zu betätigen, deren Energie dann zur Stromerzeugung verwendet wird. Die modulare Bauweise ermöglicht eine einfache Skalierung für hohe Leistungsklassen, was ideal für Offshore-Großprojekte ist.
Bei Stromerzeugern nach dem Prinzip der überspülenden Wellen fließt Wasser über eine Rampe in ein Reservoir. Der Höhenunterschied wird zur Stromerzeugung genutzt, ähnlich wie bei kleinen Wasserkraftwerken. Diese Technik ähnelt einem Pumpspeicherkraftwerk und eignet sich besonders gut für Standorte mit hohem Tidenhub.
Unternehmen wie CalWave aus Kalifornien setzen auf oszillierende Dämpfungsglieder. Diese Konverter arbeiten vollständig unter Wasser und nutzen die Druckdifferenzen, die durch die Wellenbewegung entstehen. Die Plattformen sind am Meeresboden verankert, und durch die Wellenbewegungen, die es auch unter Wasser gibt, ändert sich der Auftrieb ständig. Antriebsstränge wandeln die ständige Bewegung in Strom um. Durch die Positionierung unter Wasser sind die Systeme vor Stürmen geschützt.
29,5 Petastunden oder gebräuchlicher gerechnet: 29.500 Terawattstunden pro Jahr, darauf belaufen sich Expertenschätzungen, beträgt das weltweite Potenzial der Wellenenergie. Das entspricht etwa dem heutigen globalen Stromverbrauch.
Erfolgsfaktor Steuerung
Ein besonderes technisches Augenmerk liegt auf den Steuerungssystemen. Mittels der Regelalgorithmen können die Konverter dynamisch auf unterschiedliche Wellenhöhen und -frequenzen abgestimmt werden und so immer den optimalen Ertrag liefern. Zudem schützt eine intelligente Steuerung die Anlagen vor Überlastung, beispielsweise bei Sturmfluten, und verlängert die Lebensdauer.
CalWave unternahm vor einiger Zeit einen halben Kilometer vor der Küste von San Diego (Kalifornien) einen erfolgreichen ersten Langzeitversuch. Während des zehnmonatigen Pilotprojekts war das System rund um die Uhr autonom in Betrieb. Die Steuerung meisterte die Herausforderungen bravourös und trug einen entscheidenden Teil zu der mehr als 99-prozentigen Verfügbarkeit des Gesamtsystems bei. Während des Projekts waren keinerlei Eingriffe nötig.
Hauptstation mit MC220-Prozessor
Dessen XWave-System mit 15 Kilowatt (kW) Nennleistung wurde über eine Bachmann-Hauptstation mit MC220-Prozessormodul gesteuert. Mehrere Unterstationen der Steuerung, die über Fastbus mit der Hauptstation verbunden waren, übernahmen die komplexe Antriebssteuerung. Darüber hinaus war der Wellenergiekonverter mit einem Lastmanagement ausgestattet: Abhängig von der unmittelbaren Wellenausbreitung ließ sich XWave relativ zum Meeresgrund senken oder anheben und so die Wellenenergie in der für die Absorption idealen Tiefe nutzen.
Innerhalb des Steuerungssystems wurden die Steuerungsaufgaben auf die vier verfügbaren Prozessorkerne aufgeteilt. Dadurch konnten Lasten wie Sensordatenverarbeitung, Regelung oder die Kommunikation mit Peripheriegeräten parallel und zeitgleich verarbeitet werden, anstatt sequenziell abzulaufen. Die geschickte Verteilung der Aufgaben erhöhte die Reaktionsgeschwindigkeit der ohnehin sehr leistungsfähigen Steuerung noch weiter, was bei komplexen Anwendungen wie der adaptiven Regelung von Wellenenergie-Konvertern in dynamischen Meeresbedingungen wichtig für eine optimale Energieausbeute ist. Obwohl für die komplexen Regelungen mehr als 1.000 Variablen zwischen den parallellaufenden Applikationsprogrammen ausgetauscht wurden, übertraf die Systemlast der vier verfügbaren Rechenkerne nie die 50-Prozent-Marke.
Kluge Verteilung der Steuerungsaufgaben auf vier Prozessorkerne erhöht Reaktionsgeschwindigkeit.
Dafür, dass CalWave den aktuellen Status seiner Pilotanlage stets im Blick hatte, sorgte ein Software-Oszilloskop von Bachmann. Im Gegensatz zum Hardware-Oszilloskop – das die Verläufe der elektrischen Spannungskurven direkt auf dem Bildschirm abbildet – bildet sie das „Scope 3“ in einer Software ab, analysiert und speichert sie damit. Ein großer Vorteil ist die enge Integration in die Steuerungssoftware, was eine gleichzeitige Visualisierung von Prozessdaten, Speicherung großer Datenmengen und die Anwendung komplexer Auswertelogik ermöglicht. Die Visualisierung der Daten mit WebMI pro ermöglichte eine umfassende Anlagen-Ferndiagnose und die gezielte Steuerung aller wichtigen Parameter.
Aufwändige Entwicklung
Die Komplexität des Antriebsstrangs und der Steuerung sowie die Signal- und Datenorganisation stellten große Herausforderungen dar. Und während der Testphase optimierte das Team von CalWave das dynamische System mit umfangreichen Simulationen immer weiter. Die Wellenergie-Spezialisten generierten im Rahmen dieses Prozesses angepasste neue Steuerungsprogramme automatisch mittels M-Target for Simulink. Als besonders wertvoll erwies sich die Möglichkeit, einen neuen Programm-Code zu jedem beliebigen Zeitpunkt über das Netzwerk auf die Steuerung zu laden, ohne die Produktion des Konverters unterbrechen zu müssen.
Als großer Vorteil erwies sich zudem, dass die Bachmann-Steuerung die Programmiersprache C++ unterstützt. Bei anspruchsvollen Anwendungen wie der Wellenenergie können Ingenieure leistungsfähige, individuell angepasste Regelungsstrategien implementieren, die über die Möglichkeiten klassischer SPS-Programmierung hinausgehen.
Nächste Stufe: Test mit digitalem Zwilling
Im nächsten Schritt arbeitet CalWave am Bau einer 100-kW-Version. Diese soll zwei Jahre lang in „PacWave South“ betrieben werden, eine akkreditierte, netzgekoppelte und genehmigte Testanlage auf offenem Meer. Voraussichtlich ab Mitte 2026 sollen dort über vorinstallierte Kabel 20 Megawatt Leistung in das lokale Netz auf dem Festland gespeist werden.
Abgesehen von dieser größeren Leistung möchte CalWave hier auch die Arbeit an einem digitalen Zwilling erproben – einem Simulationsmodell, das mit den Daten des echten Systems trainiert wird. Regelung und Simulation sollen dann in Echtzeit parallel laufen und die Ergebnisse des realen Systems mit denen der Simulation verglichen werden. Langfristiges Ziel sind Wellenenergie-Konverter mit mehr als einem Megawatt pro System. Aber auch Plattformen mit niedrigeren Nennleistungen wie die des Pilotprojekts haben eine Bedeutung: Sie könnten zukünftig beispielsweise als Energieversorgung für Offshore-Messstationen Einsatz finden.
Stabile Nachfrage für Industrialisierung
Die Nutzung von Wellenenergie erfordert weiterhin erhebliche Forschungs- und Entwicklungsanstrengungen. Einige Inselstaaten wie die Faröer, Orkney oder Tahiti haben aber bereits nahe Ziele abgesteckt: Sie wollen sich ab 2030 zur Gänze mit Ozean-Strom versorgen und so die teuren Importe von fossilen Brennstoffen per Schiff stoppen.
Für die Hersteller entsteht so ein Anreiz, die Wellenenergie auf einen industriellen Maßstab hochzuskalieren.
Foto: CorPower Ocean
Ein echt großes Ding: Dieser Wellenenergiekonverter hat einen Durchmesser von 8 Meter, eine Höhe von 40 Meter und ein Gewicht von 70 Tonnen. Damit übersteht er auch extreme Sturmwellen.
Bild: Bachmann Electronic
Die Visualisierung mit WebMI pro ermöglicht von jedem beliebigen Ort aus eine umfassende Anlagendiagnose.
Wellen-Energie
Technologien: Punktabsorber, pneumatische Kammern, Attenuatoren, das Prinzip der überspülenden Wellen, oszillierende Dämpfungsglieder sind die wichtigsten Spielarten der Wellenenergiekraftwerke (siehe Aufzählung und Beschreibungen links). Test- und Pilotanlagen gibt oder gab es unter anderem in Schottland, Portugal, Spanien, Australien, China und in den USA, wo Mitte 2026 eine Testanlage mit bis zu 20 Megawatt ans Netz angeschlossen werden könnte.
Foto: CalWave
Autoren:
Michael Kocher, Key Account Manger, Business Unit Renewables
Bachmann electronic
Frank Fladerer, Unternehmenskommunikation Beide Bachmann Electronic
Bachmann electronic
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