Windenergie als Regelenergielieferant könnte das Netz noch mehr unterstützen und stärken.
Flexibilitätsvermarktung im Regelenergiemarkt bietet neue wirtschaftliche Potenziale für Windparkbetreiber – wenn man als First Mover dabei ist.
Die Vermarktung von Windstrom bestand in den letzten Jahren vor allem aus der Direktvermarktung über das EEG und über standardisierte PPA-Modelle (Power Purchase Agreements). Doch die Märkte öffnen sich: Der Einstieg von Windparks in die Regelenergievermarktung wird attraktiver – sowohl aus Sicht der Systemstabilität als auch für die Erschließung zusätzlicher Erlöspotenziale.
„Die Zeiten niedriger Strompreise und häufiger negativer Börsenstunden machen Flexibilität immer wertvoller. Für Windparkbetreiber ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Teilnahme am Regelenergiemarkt zu prüfen“, erklärte Lena Lehmeier, Head of Renewables Origination Germany bei Engelhart CTP Renewables GmbH, bei einer Branchenveranstaltung im August in Rostock, als sie das Thema vorstellte. Seit 2024 ist Engelhart in Deutschland als Direktvermarkter aktiv und betreut dabei ein Portfolio von rund 3.500 Megawatt.
Für Windparkbetreiber ist jetzt der richtige Zeitpunkt, die Teilnahme am Regelenergiemarkt zu prüfen.
Flexibilität als knappe Ressource
Der massive Zubau von Erneuerbaren, insbesondere Photovoltaik ohne Regelbarkeit, verschärft die Lastsituationen im Netz. Häufige Preisnegative und hohe Volatilität im Day-Ahead- und Intraday-Markt erhöhen den Bedarf an Systemdienstleistungen. Während Primärregelleistung zunehmend von Batteriespeichern dominiert wird, gewinnen automatische sowie manuelle Sekundärreserven (aFRR/mFRR) an Attraktivität, da hier die Preise für Leistung und Arbeit zuletzt deutlich gestiegen sind. Wer früh in diesen Markt einsteigt, kann mit guten Einnahmen rechnen. Wenn das Geschäftsmodell erst einmal im Mainstream angekommen ist, sollten sich die Einnahmen schmälern.
Ökonomischer Hebel für Betreiber
Für Windparks bietet die Teilnahme zwei Einnahmepfade:
Leistungspreis – allein die Bereitstellung von Flexibilität wird vergütet, unabhängig von einer Aktivierung.
Arbeitspreis – bei einem Abruf entstehen zusätzliche Erlöse.
Die Integration erfolgt meist über Poollösungen, bei denen mehrere Parks einer Regelzone ihre Kapazitäten bündeln. So sinken Eintrittsbarrieren wie Mindestleistungsgrößen, und gleichzeitig erhöhen sich die Chancen auf marktwirksame Teilnahme. Wichtig: Die klassische Direktvermarktung bleibt unberührt – die Regelenergieerlöse wirken zusätzlich.
Technische Anforderungen und Präqualifikation
Der Zugang zu Regelenergiemärkten ist anspruchsvoll. Betreiber müssen unter anderem präzise Echtzeitdaten wie sogenannte P-Possible bereitstellen, schnelle Reaktionsfähigkeit der Parkregler sicherstellen (≤ 5 Minuten bei aFRR), sichere Kommunikationsschnittstellen (wie IEC104) nutzen, eine vom Regelenergieanbieter gestellte Box installieren.
Nach der Installation dauert die Präqualifikation üblicherweise zwei bis drei Monate.
Beispiele aus der Praxis
Seit Mitte Juli 2025 nimmt erstmals ein Onshore-Windpark des Energieversorgers MVV am Regelreservemarkt teil. Der Windpark „Siegfriedeiche und Buhlenberg“ in Hessen war einer der ersten Onshore-Windparks in Deutschland, der die technische Präqualifikation zur Bereitstellung von Sekundärregelleistung erfolgreich absolviert hat.
Regelenergie kann für Betreiber ein realistisches Zusatzerlösmodell sein – mit langfristiger Relevanz und wachsender Marktattraktivität.
Während viele Betreiber bislang vor allem auf Erlöse aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz und Spotmärkte setzten, zeigt die aktuelle Entwicklung: Regelenergie kann zu einem entscheidenden Erlöstreiber werden. Steigende Preise für Flexibilität, neue Poolmodelle und die wachsende Systembedeutung von negativen mFRR machen die Teilnahme für Windparks zunehmend attraktiv.
Gleichzeitig leisten Betreiber damit einen messbaren Beitrag zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit – und sichern sich Wettbewerbsvorteile in einem Energie- und Erlösumfeld, das von hoher Unsicherheit geprägt bleibt. Nicole Weinhold
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